Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 112 V 30



112 V 30

7. Auszug aus dem Urteil vom 24. Februar 1986 i.S. Schweizerische
Unfallversicherungsanstalt gegen J. und Versicherungsgericht des Kantons
Basel-Stadt Regeste

    Art. 67, 91 KUVG; Art. 6, 36 UVG. Die Adäquanz des Kausalzusammenhangs
darf nicht deshalb verneint werden, weil die durch den Unfall ausgelösten
- in casu psychischen - Störungen auf einer besonderen Veranlagung des
Betroffenen beruhen (Änderung der Rechtsprechung; Erw. 3c).

Sachverhalt

    A.- Der 1932 geborene, aus Italien stammende Versicherte erlitt am
24. Oktober 1981 mit seinem Motorfahrrad einen Verkehrsunfall und zog sich
dabei eine Jochbeinfraktur, eine Abrissfraktur des linken Mittelfingers
sowie eine Peronaeusläsion links zu, was eine Hospitalisation während 8
Tagen erforderte. Am 15. April 1982 verunfallte er ein weiteres Mal, indem
er auf der Treppe ausrutschte und sich den linken Daumen verstauchte. Die
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) anerkannte ihre
Entschädigungspflicht für beide Schadenfälle und richtete die gesetzlichen
Leistungen aus, wobei sie ab 1. Juni 1982 hälftige Arbeitsfähigkeit annahm.

    Der Versicherte arbeitete seit dem 1. Juni 1982 halbtags und erbrachte
auch bei diesem Pensum nur 50% der erwarteten Leistung. Mehrere
kreisärztliche Untersuchungen durch Frau Dr. med. F. sowie eine
Nachkontrolle durch die Neurologische Universitätsklinik des Kantonsspitals
Basel ergaben eine Arbeitsfähigkeit von 100%, auch wenn hinsichtlich
der Peronaeusläsion ein persistierender leichterer Residualschaden
nicht ausgeschlossen werden konnte. Die SUVA stellte daraufhin ihre
Krankengeldleistungen auf Ende September 1982 ein. Im Hinblick auf eine
mögliche Peronaeusparese sprach sie dem Versicherten mit Verfügung vom
25. November 1982 gestützt auf einen angenommenen Invaliditätsgrad von 10%
und ein Jahreseinkommen von Fr. ... ab 1. Oktober 1982 eine Invalidenrente
von Fr. ... im Monat zu. Da der Versicherte auch in der Zeit von Oktober
1982 bis Januar 1983 nur vormittags arbeitete und nur eine Leistung von
höchstens einem Drittel erbrachte, wurde er vom Arbeitgeber auf Ende
Januar 1983 entlassen.

    B.- Beschwerdeweise liess der Versicherte beantragen, es seien ihm eine
dem tatsächlichen Invaliditätsgrad entsprechende Invalidenrente sowie eine
Abfindung zu gewähren. Das Versicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt
hiess die Beschwerde nach Einholen eines Gutachtens der Psychiatrischen
Universitätspoliklinik des Kantonsspitals Basel (Prof. B.; 2. August 1984)
teilweise gut, hob die angefochtene Verfügung auf und wies die Sache
zum Erlass einer neuen Verfügung im Sinne der Erwägungen an die SUVA
zurück. Dabei stellte es gestützt auf jenes Gutachten fest, es liege seit
dem Unfall vom 24. Oktober 1981 eine vollständige und seit längerer Zeit,
spätestens seit dem 23. August 1982 ausschliesslich psychisch bedingte
Arbeitsunfähigkeit vor, welche zur Hälfte auf jenen Unfall zurückzuführen
sei. Infolgedessen stehe dem Versicherten eine entsprechend gekürzte
Invalidenrente von 50% zu (Entscheid vom 10. Mai 1985).

    C.- Die SUVA führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt, der
vorinstanzliche Entscheid sei insoweit aufzuheben, als dem Versicherten
für die psychisch bedingte Erwerbsunfähigkeit eine Invalidenrente von
50% zugesprochen wurde. Ferner sei der kantonale Entscheid insofern zu
bestätigen, als festgestellt wurde, dass die aufgrund einer angenommenen,
somatisch bedingten Erwerbsunfähigkeit von 10% gewährte Invalidenrente
gemäss Verfügung vom 25. November 1982 nicht mehr begründet und daher
aufzuheben sei.

    Der Versicherte lässt beantragen, es sei ihm eine um
einen Viertel gekürzte ganze Invalidenrente zuzusprechen; die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde der SUVA sei abzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) Die Leistungspflicht der SUVA als Unfallversicherer
setzt zunächst voraus, dass zwischen dem Unfallereignis und dem
eingetretenen Schaden (Krankheit, Invalidität, Tod) ein natürlicher
Kausalzusammenhang besteht. Ursachen im Sinne des natürlichen
Kausalzusammenhanges sind alle Umstände, ohne deren Vorhandensein der
eingetretene Erfolg nicht als eingetreten oder nicht als in der gleichen
Weise bzw. nicht zur gleichen Zeit eingetreten gedacht werden kann
(OFTINGER, Schweizerisches Haftpflichtrecht, Bd. I, 4. Aufl., S. 71
f.; MAURER, Schweizerisches Sozialversicherungsrecht, Bd. I, S. 338;
KELLER, Haftpflicht im Privatrecht, 3. Aufl., S. 47; BREM, Natürlicher
und naturgesetzlicher Kausalzusammenhang im Haftpflichtrecht, in: ZSR
102/1983 I S. 311). Entsprechend dieser Umschreibung ist für die Bejahung
des natürlichen Kausalzusammenhangs nicht erforderlich, dass ein Unfall
die alleinige oder unmittelbare Ursache gesundheitlicher Störungen ist;
es genügt, dass das schädigende Ereignis zusammen mit anderen Bedingungen
die körperliche oder geistige Integrität des Versicherten beeinträchtigt
hat, der Unfall mit andern Worten nicht weggedacht werden kann, ohne dass
auch die eingetretene gesundheitliche Störung entfiele (BGE 96 II 395 f.).

    Ob zwischen einem schädigenden Ereignis und einer gesundheitlichen
Störung ein natürlicher Kausalzusammenhang besteht, ist eine Tatfrage,
worüber die Verwaltung bzw. im Beschwerdefall der Richter im Rahmen der
ihm obliegenden Beweiswürdigung nach dem im Sozialversicherungsrecht
üblichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu befinden
hat (BGE 111 V 188 Erw. 2b, 105 V 229 Erw. 3a; vgl. auch BGE 109 V 153
Erw. 3a). Die blosse Möglichkeit eines Zusammenhangs genügt für die
Begründung eines Leistungsanspruches nicht (BGE 108 V 160). Für die
Feststellung natürlicher Kausalzusammenhänge im Bereich der Medizin ist
die Verwaltung bzw. der Richter bisweilen auf Angaben ärztlicher Experten
angewiesen (vgl. BGE 107 V 20 Erw. 2b, 105 V 158 f.). Bei Gerichtsgutachten
weicht der Richter nach der Praxis nicht ohne zwingende Gründe von der
Einschätzung des medizinischen Experten ab, dessen Aufgabe es gerade ist,
seine Fachkenntnisse der Gerichtsbarkeit zur Verfügung zu stellen, um einen
bestimmten Sachverhalt medizinisch zu erfassen (BGE 107 V 174 Erw. 3).
Ein Grund zum Abweichen kann vorliegen, wenn die Gerichtsexpertise
widersprüchlich ist oder wenn ein vom Gericht eingeholtes Obergutachten
in überzeugender Weise zu andern Schlussfolgerungen gelangt (BGE 101
IV 130). Abweichende Beurteilung kann ferner gerechtfertigt sein, wenn
gegensätzliche Meinungsäusserungen anderer Fachexperten dem Richter als
triftig genug erscheinen, die Schlüssigkeit des Gerichtsgutachtens in
Frage zu stellen, sei es, dass er die Überprüfung durch einen Oberexperten
für angezeigt hält, sei es, dass er ohne Oberexpertise vom Ergebnis des
Gerichtsgutachtens abweichende Schlussfolgerungen zieht (RKUV 1985 Nr. K
646 S. 236).

    b) Die Leistungspflicht der SUVA setzt im weiteren voraus, dass
zwischen dem Unfallereignis und dem eingetretenen Schaden ein adäquater
Kausalzusammenhang besteht. Nach der Rechtsprechung hat ein Ereignis
dann als adäquate Ursache eines Erfolges zu gelten, wenn es nach dem
gewöhnlichen Lauf der Dinge und nach der allgemeinen Lebenserfahrung
an sich geeignet ist, einen Erfolg von der Art des eingetretenen
herbeizuführen, der Eintritt dieses Erfolges also durch das Ereignis
allgemein als begünstigt erscheint (BGE 109 V 152, 107 V 176 f., je
mit Hinweisen).

    Ob bei Vorliegen eines natürlichen Kausalzusammenhangs zwischen dem
versicherten Ereignis und der eingetretenen gesundheitlichen Schädigung
auch der erforderliche adäquate, d.h. rechtserhebliche Kausalzusammenhang
besteht, ist eine Rechtsfrage, die nach den von Doktrin und Praxis
entwickelten Regeln zu beurteilen ist (BGE 107 V 176 Erw. 4b). Dabei
hat die Beantwortung der Frage nach der Adäquanz von Unfallfolgen
als einer Rechtsfrage - im Gegensatz zur Frage nach dem natürlichen
Kausalzusammenhang (vgl. Erw. 1a) - nicht nach dem Beweisgrad der
überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu erfolgen, was gelegentlich übersehen
wurde (z.B. BGE 109 V 153 Erw. 3a).

Erwägung 2

    2.- a) Wenn von der Fortsetzung der ärztlichen Behandlung eine namhafte
Besserung des Gesundheitszustandes des Versicherten nicht erwartet werden
kann und der Unfall eine voraussichtlich bleibende Erwerbsunfähigkeit
hinterlässt, so hören die bisherigen Leistungen auf, und es erhält der
Versicherte gemäss Art. 76 des bis Ende 1983 in Kraft stehenden, hier
anwendbaren KUVG eine Invalidenrente.

    b) Die Kreisärztin Dr. F. schloss in ihrem Bericht vom 1. Oktober
1982 eine gewisse Minderung der Peronaeusfunktion nicht aus, stellte
aber gleichzeitig fest, die vom Versicherten geäusserten Beschwerden
liessen die Annahme einer Arbeitsunfähigkeit nicht mehr zu. Auch im
Bericht der Neurologischen Universitätsklinik des Kantonsspitals Basel
vom 23. August 1982 wird ein persistierender leichterer Residualschaden
nicht ausgeschlossen, die Arbeitsfähigkeit aber trotzdem auf 100%
beziffert. Gemäss einer Stellungnahme des Dr. R., Spezialarzt für
Chirurgie bei der Medizinischen Abteilung der SUVA, vom 1. Juli 1983 sind
die ausgewiesenen somatischen Restfolgen derart unbedeutend, dass dem
Versicherten die Ausübung seiner bisherigen Tätigkeit (Maurer) praktisch
in vollem Umfang wieder zugemutet werden kann. Demgegenüber besteht nach
Auffassung des Prof. B. von der Psychiatrischen Universitätspoliklinik
des Kantonsspitals Basel, welcher der Vorinstanz am 2. August 1984
ein Gutachten erstattete, seit dem Unfall vom 24. Oktober 1981 eine
vollständige Arbeitsunfähigkeit, welche seit längerer Zeit, spätestens
ab 23. August 1982 ausschliesslich psychisch bedingt sei.

    Wenn die Vorinstanz die Verfügung der SUVA vom 25. November 1982,
mit welcher dem Versicherten für die somatischen Restfolgen ab 1. Oktober
1982 eine Invalidenrente von 10% zugesprochen hatte, aufhob, so lässt sich
dies aufgrund der medizinischen Akten nicht beanstanden, zumal wegen der
von der Kreisärztin Dr. F. im Bericht vom 25. Juni 1982 sowie von der
Neurologischen Universitätsklinik des Kantonsspitals Basel im Bericht
vom 23. August 1982 erwähnten mangelnden Kooperation des Versicherten nie
ganz zuverlässig festgestellt werden konnte, ob überhaupt eine partielle
Peronaeuslähmung vorliegt.

Erwägung 3

    3.- a) Laut dem von der Vorinstanz eingeholten, bereits erwähnten
Gutachten des Prof. B. vom 2. August 1984 besteht beim Versicherten seit
dem Unfall vom 24. Oktober 1981 eine vollständige Arbeitsunfähigkeit,
welche seit längerer Zeit, spätestens aber seit dem 23. August 1982
ausschliesslich psychisch bedingt sei. Er leide unter einer durch jenen
Unfall ausgelösten hypochondrischen Entwicklung, weil der nach dem Unfall
eingetretene Arbeitsunterbruch sein Selbstwertgefühl beeinträchtigt und
ihm die in der Arbeit liegende Kompensationsmöglichkeit genommen habe. Da
diese Fehlentwicklung - entstanden auf der Basis einer Unterintelligenz
und einer primitiven Persönlichkeitsstruktur - einen chronischen Verlauf
genommen habe, kann gemäss Gutachten nicht damit gerechnet werden, dass
er wieder arbeitsfähig werde. Der Unfall bilde eine Teilursache der
psychischen Fehlentwicklung und die unfallbedingte Komponente erreiche
ein Ausmass von 50%. Eine eigentliche Rentenbegehrlichkeit liege nicht vor.

    Aufgrund der medizinischen Unterlagen besteht kein Anlass,
das erwähnte Gutachten hinsichtlich der Bejahung eines natürlichen
Kausalzusammenhangs zwischen dem Unfallereignis vom 24. Oktober 1981 und
der psychischen Fehlentwicklung in Zweifel zu ziehen. Vielmehr darf dieser
Kausalzusammenhang als mit Wahrscheinlichkeit erstellt gelten. Dies ist
auch unter den Parteien nicht umstritten.

    Streitig ist dagegen, ob zwischen dem Unfall vom 24. Oktober 1981 und
den psychischen Störungen ein adäquater Kausalzusammenhang besteht. Während
die Vorinstanz und der Versicherte dies bejahen, verneint die SUVA dessen
Vorliegen. Sie macht mit Bezug auf den adäquaten Kausalzusammenhang bei
psychischen Fehlentwicklungen geltend, ein Unfall müsse so schwer sein,
dass die psychischen Schäden allgemein geeignet seien, auch bei einem
geistig gesunden Menschen eine psychische Traumatisierung zu bewirken,
wie dies bei den sog. Unfall- und Schreckneurosen zutreffe. Bei anderen
nicht entschädigungspflichtigen Neurosen wie bei den Begehrungsneurosen
erscheine der Unfall zwar als auslösender Faktor, d.h. als äusserer, eher
zufälliger Anlass für das Auftreten einer seelischen Fehlentwicklung; dabei
wirkten jedoch so viele unfallfremde Faktoren mit, dass dem versicherten
Ereignis selber nur eine ganz untergeordnete Bedeutung zukomme.

    b) Nach bisheriger konstanter Praxis des Eidg. Versicherungsgerichts
wurde die generelle Eignung eines Unfallereignisses, einen Erfolg von
der Art des eingetretenen herbeizuführen, auf den normal veranlagten
Versicherten bezogen. In diesem Sinne verneinte das Gericht die Haftung
der Militärversicherung für psychische Störungen, welche mit einer in der
Rekrutenschule vorübergehend aufgetretenen Lumbago ihren Anfang genommen
hatten, weil es sich damals um einen relativ harmlosen Beschwerdeschub
gehandelt und es für die spätere Entwicklung einer Neurose einer
ausgeprägten psychischen Prädisposition bedurft habe. Eine Affektion
dieser Art hätte ein psychisch Gesunder nach allgemeiner Erfahrung ohne
weiteres verkraftet, so dass der adäquate Kausalzusammenhang zwischen
dem versicherten Ereignis und den psychischen Beschwerden fehle (BGE
105 V 232). Sodann verneinte das Gericht die Haftung der SUVA bei einem
Versicherten, der nach dem unfallbedingten Sehverlust des rechten Auges
psychogen auch auf dem linken Auge praktisch erblindete. Zur Begründung
wurde ausgeführt, dies sei eine so abwegige Erscheinung, dass kein
adäquater Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem Sehverlust auf
dem linken Auge und damit keine entschädigungspflichtige Unfallneurose
vorliege, auch wenn ein schwerer Unfall ein Erlebnis von oft nachhaltiger
Wirkung bedeute und eine starke psychische Reaktion auslösen könne (Urteil
T. vom 18. Oktober 1982, publiziert in der Beilage zum Jahresbericht
der SUVA 1982, Nr. 5). Ferner wurde die Adäquanz des Kausalzusammenhangs
zwischen den bei einer Frontalkollision erlittenen Verletzungen und einer
neurotisch-depressiven Entwicklung angesichts vorbestandener latenter
seelischer Konflikte verneint; denn das Unfallereignis sei lediglich
äusserer Anlass für deren Ausbruch gewesen (nicht veröffentlichtes Urteil
Aresu vom 17. August 1983).

    Es stellt sich heute wiederum die - im Urteil K. vom 18. November 1985
(SZS 1986 S. 84) offengelassene - Frage, ob an der Praxis festzuhalten ist,
wonach bei der Beurteilung der Adäquanz eines Kausalzusammenhangs darauf
abgestellt wird, wie ein Versicherter ohne konstitutionelle Prädisposition
auf einen Unfall reagiert hätte.

    c) Nach Auffassung von MAURER (Schweizerisches
Unfallversicherungsrecht, S. 409) versichert das bis Ende 1983 in Kraft
stehende, hier anwendbare KUVG bzw. das ab 1. Januar 1984 geltende UVG
nicht nur psychisch Gesunde, sondern auch Personen, welche besondere
Veranlagungen aufweisen und daher einen Unfall weniger gut verkraften,
weshalb der adäquate Kausalzusammenhang auch bei einer psychisch abnormen
Reaktion bejaht werden müsse. Dieser Argumentation ist grundsätzlich
beizupflichten. Es läuft dem Zweck der sozialen Unfallversicherung -
der (teilweisen) Absicherung des Risikos wirtschaftlicher Folgen,
die sich aus unfall- bzw. berufskrankheitsbedingter Beeinträchtigung
der Erwerbsfähigkeit ergeben können - zuwider, wenn deren Schutz
bestimmten Personen wegen einer im Anschluss an einen Unfall sich
auswirkenden besonderen Veranlagung abgesprochen wird. Es erscheint
daher schon im Hinblick auf den Zweck der Unfallversicherung, in
welcher das Versicherungsobligatorium gemäss dem seit 1. Januar 1984
geltenden UVG auf alle Arbeitnehmer ausgedehnt wurde (vgl. Art. 1
Abs. 1 UVG; BBl 1976 III 163 f.), angezeigt, von der bisherigen Praxis
abzugehen (vgl. BGE 108 V 17 Erw. 3b mit Hinweis) und die Frage nach
der generellen Eignung eines Unfallereignisses, einen Erfolg von der
Art des eingetretenen herbeizuführen, nicht auf den normal veranlagten
Versicherten zu beschränken. Es ist mithin unter dem Gesichtspunkt des
adäquaten Kausalzusammenhangs - unter Vorbehalt der Begehrungsneurosen
(BGE 104 V 31 Erw. 2b, 103 V 87 Erw. 1 mit Hinweisen, 96 II 398) - nicht zu
untersuchen, ob eine fehlerhafte Willensbildung nach dem Unfall oder die
Folge einer schon bestehenden Anomalie vorliegt. In diesem Zusammenhang
ist zu beachten, dass bei der Frage, ob und inwieweit ein bestimmtes
Unfallereignis abnorme seelische Reaktionen auslösen und allenfalls zu
Fehlentwicklungen führen kann, die prätraumatische Persönlichkeitsstruktur
immer eine wesentliche Rolle spielt. Sind die Verarbeitungsmöglichkeiten
eines Unfallerlebnisses bei psychischen Überlagerungen erfahrungsgemäss je
nach der Persönlichkeitsstruktur verschieden (vgl. dazu THALI, Unfall- und
Rentenneurosen, in: Zeitschrift für Unfallchirurgie, Versicherungsmedizin
und Berufskrankheiten, 77/1984 S. 189 ff., insbesondere S. 192), so kann
die Verneinung des adäquaten Kausalzusammenhangs gemäss bisheriger Praxis
nicht in rechtlich befriedigender Weise damit begründet werden, ein Unfall
habe nur einen vorbestandenen Konflikt reaktiviert und bilde insofern
lediglich den äusseren Anlass für den Ausbruch eines pathologischen
Geschehens. Denn selbst in Fällen, in denen für ein bestimmtes
psychisches Leiden der konstitutionellen Prädisposition grösseres
Gewicht beizumessen ist als dem eigentlichen Unfallereignis, bleibt
der Unfall als eine massgebende Teilursache für den Gesundheitsschaden
rechtlich relevant. Dasselbe gilt sinngemäss für somatische Beschwerden,
welche bei entsprechender Prädisposition durch einen Unfall ausgelöst
worden sind. Ferner hat das Eidg. Versicherungsgericht im Zusammenhang
mit der Haftung der SUVA für Berufskrankheiten in Änderung seiner
Rechtsprechung erkannt, es sei unter dem Gesichtspunkt des adäquaten
Kausalzusammenhangs grundsätzlich unerheblich, ob ein Listenstoff die
Erwerbsfähigkeit eines bisher Gesunden beeinträchtigt oder aber die
Verschlimmerung eines vorbestandenen Leidens bewirkt habe (BGE 108 V
160 f.). Schliesslich wird die Adäquanz des Kausalzusammenhangs zwischen
einem Unfallereignis und unfallbedingten psychischen Störungen auch im
privaten Unfallversicherungs- und Haftpflichtrecht nicht allein wegen
einer konstitutionellen Prädisposition des Betroffenen verneint (BGE 96
II 397 f.).

Erwägung 4

    4.- a) Nach Auffassung des Versicherten besteht zwischen den erwähnten
Unfallverletzungen und der eingetretenen psychischen Fehlentwicklung,
welche laut Gutachten des Prof. B. vom 2. August 1984 zur vollständigen
Arbeitsunfähigkeit führte, ein adäquater Kausalzusammenhang, weshalb er
Anspruch auf eine Invalidenrente habe.

    b) Für die Beurteilung der Adäquanz kommt es auf die generelle
Eignung der fraglichen Ursachen an, Wirkungen der eingetretenen Art
herbeizuführen. Das heisst aber nicht, dass ein Erfolg von der Art des
eingetretenen sich regelmässig oder häufig ereignen müsse. Das Erfordernis
der Adäquanz darf nicht dazu verleiten, nur solche Folgen eines Unfalles
zu berücksichtigen, die nach dem Unfallhergang und dessen Einwirkungen auf
den Körper gewöhnlich zu erwarten sind. Vielmehr ist von den tatsächlichen
Auswirkungen auszugehen und rückblickend zu entscheiden, ob und inwiefern
der Unfall noch als deren wesentliche Ursache erscheint. Wenn ein
Ereignis an sich geeignet ist, einen Erfolg von der Art des eingetretenen
herbeizuführen, können selbst singuläre, d.h. aussergewöhnliche Folgen
adäquate Unfallfolgen darstellen. Diese Rechtsprechung des Bundesgerichts
zur Adäquanz singulärer bzw. aussergewöhnlicher Unfallfolgen, welche
allerdings im Zusammenhang mit einer Begehrungsneurose ergangen ist
(BGE 96 II 396 mit Hinweisen), hat das Eidg. Versicherungsgericht in
BGE 107 V 177 übernommen (vgl. auch das Urteil M. vom 1. Juni 1983,
publiziert in der Beilage zum Jahresbericht der SUVA 1983, Nr. 7). Dabei
ist klarzustellen, dass die Begriffe "singulär" bzw. "aussergewöhnlich"
in einem quantitativen und nicht in einem qualitativen Sinn zu verstehen
sind (Urteil K. vom 18. November 1985, SZS 1986 S. 89 oben).

    c) Den vom Versicherten erlittenen somatischen Unfallverletzungen
fehlt - auch unter Berücksichtigung einer besonderen Veranlagung - nach
dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und nach der allgemeinen Lebenserfahrung
die generelle Geeignetheit, die von Prof. B. diagnostizierten psychischen
Fehlentwicklungen auszulösen. In einem quantitativen Sinne singuläre, d.h.
aussergewöhnliche Unfallfolgen können erst dann adäquate Unfallfolgen
sein, wenn die Eignung eines Unfallereignisses "an sich" zu bejahen
ist, Wirkungen von der Art der eingetretenen auszulösen (LAURI,
Kausalzusammenhang und Adäquanz im schweizerischen Haftpflicht- und
Versicherungsrecht, Diss. Bern 1976, S. 90; BGE 96 II 396).

    Bei der psychischen Fehlentwicklung des Versicherten - mit der Folge
einer gemäss Gutachten des Prof. B. vom 2. August 1984 vollständigen und
irreversiblen Arbeitsunfähigkeit nach einem nicht besonders schweren
Verkehrsunfall - handelt es sich nicht um eine in einem quantitativen
Sinne ungewöhnliche, selten auftretende Erscheinung, bei welcher nach der
dargelegten Rechtsprechung die Rechtserheblichkeit des Kausalzusammenhangs
noch angenommen werden könnte. Wenn der Versicherte die Auffassung
vertritt, die Frage nach der Adäquanz des Kausalzusammenhangs sei
grundsätzlich im Einzelfall zu prüfen, so verkennt er die Tragweite und
Bedeutung des Adäquanzbegriffes, mit welchem eine vernünftige Begrenzung
der Haftung erreicht werden soll (vgl. BGE 96 II 397) und welcher eine
vom Einzelfall losgelöste und insofern objektivierte Betrachtungsweise
voraussetzt (vgl. Luzerner Gerichts- und Verwaltungsentscheide [LGVE]
1982 II Nr. 26 S. 251).

    Mangels eines adäquaten Kausalzusammenhangs zwischen den Verletzungen,
welche sich der Versicherte beim Verkehrsunfall vom 24. Oktober 1981
zugezogen hatte, und den in der Folge aufgetretenen psychischen Störungen
ist der Anspruch auf eine Rente der SUVA zu verneinen. Der Umstand, dass
dem Versicherten gemäss Beschluss der Invalidenversicherungs-Kommission
des Kantons Basel-Stadt ab 1. Oktober 1982 eine halbe und ab 1. April 1983
eine ganze Rente der Invalidenversicherung zusteht, vermag daran nichts zu
ändern. Denn in der Invalidenversicherung ist die Unfallkausalität eines
Gesundheitsschadens - im Gegensatz zur Unfallversicherung - nicht relevant.