Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 112 IV 85



112 IV 85

26. Urteil des Kassationshofes vom 3. Juni 1986 i.S. X. gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Zug (Nichtigkeitsbeschwerde) Regeste

    Art. 329 StGB; Verletzung militärischer Geheimnisse.

    Der Straftatbestand von Art. 329 StGB ist schon dann erfüllt, wenn
durch das Verhalten des Täters keine im Interesse der Landesverteidigung
zu wahrenden militärischen Geheimnisse beeinträchtigt werden.

Sachverhalt

    A.- Im März 1984 erschien in einer Schweizer Zeitschrift eine
Bildreportage über die auf dem Zugerberg internierten russischen
Kriegsgefangenen aus Afghanistan. Weil u.a. eine Übersicht über die
Gebäude des Militärstraflagers gezeigt wurde, sprach das Strafgericht Zug
den verantwortlich zeichnenden X. am 18. November 1985 der Verletzung
militärischer Geheimnisse schuldig und büsste ihn mit Fr. 300.--. Eine
dagegen erhobene Nichtigkeitsbeschwerde weist der Kassationshof ab mit
folgender

Auszug aus den Erwägungen:

                           Erwägung:

    Gemäss Art. 329 Ziff. 1 StGB wird mit Haft oder mit Busse bestraft,
wer unrechtmässig in Anstalten oder andere Örtlichkeiten eindringt, zu
denen der Zutritt von der Militärbehörde verboten ist (Abs. 1), oder
wer unrechtmässig militärische Anstalten oder Gegenstände abbildet,
oder solche Abbildungen vervielfältigt oder veröffentlicht (Abs. 2).

    Art. 329 StGB ist im Gesetz unter dem 19. Titel "Übertretungen
bundesrechtlicher Bestimmungen" und unter dem Marginale "Verletzung
militärischer Geheimnisse" eingeordnet und gegenüber Art. 267 und 274 StGB,
Art. 86 und 106 MStG sowie Art. 7 BG über den Schutz militärischer Anlagen
(SR 510.518) subsidiär (STRATENWERTH, BT II, Bern 1984, § 61 N. 9 mit
Verweisungen; Kurt HAURI, Kommentar zum Militärstrafgesetz, Bern 1983
zu Art. 86 N. 49 und Art. 106 N. 13. u. 14). Er enthält indessen das
Merkmal der mit Rücksicht bzw. im Interesse der Landesverteidigung
zu schützenden militärischen Geheimnisse nicht. Zu erwähnen ist,
dass der dem Art. 329 StGB entsprechende Art. 334 im "Entwurf eines
Schweizerischen Strafgesetzbuches" vom 23. Juli 1918 zusätzlich unbefugtes
Eindringen in Festungsgebiete und unbefugtes Abbilden (Vervielfältigen oder
Veröffentlichen) von Festungsanlagen unter Strafe stellte, die Bestimmung
des Entwurfes unter dem Titel "Übertretungen gegen die Landesverteidigung"
eingereiht war und schliesslich die im Interesse der Landesverteidigung zu
schützenden Festungsgebiete und Festungsanlagen in der Spezialgesetzgebung
geregelt wurden (vgl. Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung
über den Erlass eines Bundesgesetzes betreffend Militärgebiete und
militärische Anlagen vom 13. Januar 1950, BBl 1950 I S. 121 ff. mit
Hinweisen). STRATENWERTH sagt zutreffend, dass der heutige Art. 329 das
Vorfeld militärischer Geheimnisse abdeckt (aaO N. 8).

    Aus dem Gesagten ist zu folgern, dass der geltende
Übertretungstatbestand des Art. 329 StGB schon dann erfüllt ist, wenn durch
das nach Ziff. 1 Abs. 1 und 2 verpönte Verhalten keine im Interesse der
Landesverteidigung zu wahrenden militärischen Geheimnisse beeinträchtigt
sind (ebenso HAFTER, BT II, 1943, S. 848; COMTESSE, ZStrR, Bd. 56 (1942),
S. 258 ff., 269).