Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 112 IV 125



112 IV 125

37. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 11. Dezember 1986
i.S. Z. gegen Polizei- und Militärdepartement des Kantons Basel-Stadt
(Nichtigkeitsbeschwerde) Regeste

    Art. 20a ff. UWG; Art. 3 Abs. 1 der Verordnung über die Bekanntgabe
von Preisen.

    Wer in Katalogen, Inseraten und/oder auf Plakaten die Kunden
auffordert, über die Preise zu verhandeln bzw. nach dem Tagestiefstpreis zu
fragen, und damit nachdrücklich die Bereitschaft bekundet, die angebotenen
Waren unter gewissen Voraussetzungen zu Preisen zu verkaufen, die unter
den bei den Waren angegebenen Preisen liegen, verstösst gegen Art. 3 Abs. 1
PBV, wonach für Waren, die dem Letztverbraucher zum Kauf angeboten werden,
der tatsächlich zu bezahlende Preis bekanntzugeben ist (E. 2 und 4).

Sachverhalt

    A.- Im Jahre 1985 eröffnete das Discounthaus X. (TV, Hi-Fi,
Video usw.) eine Filiale in Basel. Im Katalog wurden für die einzelnen
angebotenen Waren zwar konkrete Preise angegeben, doch wurde im Katalog wie
auch in Zeitungsinseraten und auf Plakaten im Innern des Geschäftslokals
mit folgenden Slogans auf die Möglichkeit des "Marktens" hingewiesen:

    - "Wär besser määrtet, kauft günschtiger i. - Mir hälfe Dir derby."

    - "Wär fröhlich isch, cha au no määrte."

    - "Über 3 Mio Frangge Zusatzrabatt im letschte Joor."

    - "Den Tagestiefstpreis verhandeln Sie mit uns."

    - "Verlangen Sie im Laden den Tages-Tiefstpreis, es lohnt sich."
   usw.

    B.- Der Polizeigerichtspräsident des Kantons Basel-Stadt sprach
Z. den Direktor der Fa. X., am 24. Juni 1986 von der Anschuldigung der
Widerhandlung gegen die V über die Bekanntgabe von Preisen frei. Der
Appellationsgerichtsausschuss des Kantons Basel-Stadt hob am 8. September
1986 den Entscheid des Polizeigerichtspräsidenten in Gutheissung einer
Beschwerde des Polizei- und Militärdepartements des Kantons Basel-Stadt
(Abteilung Administrative Dienste) auf und wies die Sache zur Verurteilung
von Z. wegen Widerhandlung gegen Art. 3 und 7 der V über die Bekanntgabe
von Preisen an die Vorinstanz zurück.

    C.- Z. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag,
das Urteil des Appellationsgerichtsausschusses vom 8. September 1986 sei
aufzuheben und der Entscheid des Polizeigerichtspräsidenten vom 24. Juni
1986 sei zu bestätigen.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Gemäss Art. 3 Abs. 1 der V über die Bekanntgabe von Preisen vom
11. Dezember 1978 (PBV; SR 942.211) ist für Waren, die dem Letztverbraucher
zum Kauf angeboten werden, der tatsächlich zu bezahlende Preis in
Schweizerfranken (Detailpreis) bekanntzugeben (siehe auch Art. 20a Abs. 1
UWG). Detail- und Grundpreise müssen durch Anschrift auf der Ware selbst
oder unmittelbar daneben (Anschrift, Aufdruck, Etikette, Preisschild usw.)
bekanntgegeben werden (Art. 7 Abs. 1 PBV). Aus der Bekanntgabe muss
hervorgehen, auf welches Produkt und welche Verkaufseinheit sich der
Detailpreis bezieht (Art. 9 Abs. 1 PBV). Werden in der Werbung Preise
aufgeführt oder bezifferte Hinweise auf Preisrahmen oder Preisgrenzen
gemacht, so sind die tatsächlich zu bezahlenden Preise bekanntzugeben
(Art. 13 Abs. 1 PBV) und muss aus der Preisbekanntgabe deutlich
hervorgehen, auf welche Ware und Verkaufseinheit sich der Preis bezieht
(Art. 14 Abs. 1 PBV).

    Die Preisbekanntgabeverordnung regelt nicht ausdrücklich die
Fälle, in denen gegenüber verschiedenen Kunden für die gleichen Waren
unterschiedliche Preise gehandhabt werden. Wie in solchen Fällen die
Preise anzuschreiben sind, ist vorliegend nicht zu entscheiden. Die
Fa. X. gab im Katalog, in Zeitungsinseraten und auf Plakaten im
Innern des Geschäftslokals mit verschiedenen Slogans nachdrücklich
und unmissverständlich ihre Bereitschaft kund, die angebotenen
Waren zu Preisen zu verkaufen, die in einem unbestimmten, erst noch
auszuhandelnden Ausmass unter den angeschriebenen Preisen lagen, und sie
forderte sämtliche Kunden auf, nach dem Tagestiefstpreis zu fragen bzw.
über den Preis zu verhandeln, wozu sie ihre Hilfe anbot. Damit hatten die
bei den Waren angegebenen Preise nach der zutreffenden Auffassung der
Vorinstanz weitgehend nur noch die Funktion von Richtpreisen und waren
sie daher nicht die tatsächlich zu bezahlenden Preise im Sinne von Art. 3
Abs. 1 PBV. Daran vermag entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers
nichts zu ändern, dass angeblich der "gewöhnliche" bzw. "durchschnittlich
passive" Kunde von der ihm gebotenen Möglichkeit trotz der eindringlichen
Aufforderung und der dazu angebotenen "Hilfe" der Fa. X. nicht Gebrauch
machte. Das Vorgehen des Beschwerdeführers, das geeignet war, Kunden
in das Geschäftslokal zu locken, welche aufgrund der Slogans ("määrte")
auf vergleichsweise hohe Preisabschläge hofften, darin aber bei Rabatten
von durchschnittlich 2-5% enttäuscht wurden, war keine den Versteigerungen
oder Auktionen ähnliche Veranstaltung, bei der gemäss Art. 3 Abs. 3 PBV die
Pflicht zur Angabe des tatsächlich zu zahlenden Preises entfällt. Unter
die ähnlichen Veranstaltungen im Sinne dieser Bestimmung fallen gemäss
der Wegleitung des BIGA vom 29. Juni 1979 zur Preisbekanntgabeverordnung
"Verkaufsveranstaltungen, bei denen die Preise und die Eigenschaften der
Ware ausgerufen werden (Marktfahrer, Warendemonstranten usw.)".

Erwägung 4

    4.- Der Beschwerdeführer macht geltend, die von der Fa. X. in der
Werbung verwendeten Slogans ("Wär besser määrtet, kauft günschtiger i"
usw.) stellten unbezifferte Hinweise auf mögliche Preisreduktionen dar, die
nicht unter Art. 17 PBV fielen, welcher lediglich die bezifferten Hinweise
auf Preisreduktion betreffe, und sie seien gemäss der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung zulässig. Der Einwand ist unbegründet.

    a) Der Kassationshof hatte in BGE 108 IV 129 ff., auf den
sich der Beschwerdeführer beruft, ein Zeitungsinserat des Inhalts
"Riesen-Resten-Markt, Reduktionen bis 92%" als unzulässig erachtet, da
in Fällen, in denen nicht ein einheitlicher Reduktionssatz gewährt wird,
bei Angabe von Zahlen gemäss Art. 17 Abs. 2 1. Satz PBV die Pflicht
zur Preisbekanntgabe und zur Spezifizierung besteht. Der Anbieter,
der auf verschiedenen Waren unterschiedliche Reduktionssätze gewährt,
in der Werbung jedoch nicht die verbilligten Waren spezifizieren und die
herabgesetzten Preise angeben will, muss gemäss BGE 108 IV 129 ff. demnach
auf die Angabe von Ziffern verzichten und sich auf einen unbezifferten
Hinweis (z.B. "teilweise erhebliche Preisreduktionen") beschränken. In
dem dem erwähnten Bundesgerichtsentscheid zugrunde liegenden Fall war dem
Anbieter im Unterschied zum vorliegenden Fall nicht vorgeworfen worden,
dass er es unterlassen habe, an den Waren selbst die tatsächlich zu
bezahlenden, reduzierten Preise anzugeben, und stand daher die Frage der
Preisanschrift gemäss Art. 3 PBV nicht zur Diskussion.

    b) Die grundlegende Pflicht, die tatsächlich zu zahlenden Preise durch
Anschrift an der Ware selbst oder unmittelbar daneben oder in anderer,
leicht zugänglicher und gut lesbarer Form bekanntzugeben (Art. 3 Abs. 1
und Art. 7 PBV), besteht auch dann, wenn in der Werbung mit oder ohne
Ziffern auf Preisreduktionen hingewiesen wird. Aus der Zulässigkeit
unbezifferter Hinweise auf Preisreduktionen in der Werbung gemäss BGE
108 IV 129 ff. kann nicht die Zulässigkeit von Hinweisen auf unbestimmte,
erst noch auszuhandelnde Preisreduktionen und damit die Befreiung von der
Preisanschriftspflicht gemäss Art. 3 Abs. 1 PBV abgeleitet werden. Der
Beschwerdeführer stellt zu Unrecht die nach der Rechtsprechung unter dem
Gesichtspunkt der Preisbekanntgabeverordnung zulässigen unbezifferten
Hinweise auf Preisreduktionen den Hinweisen auf unbestimmte, erst noch
auszuhandelnde Preisreduktionen gleich.