Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 112 II 191



112 II 191

31. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 1. Mai 1986
i.S. Kanton Graubünden gegen Gordona S.A. (Direktklage gemäss Art. 42
OG) Regeste

    Art. 42 OG; Zuständigkeit des Bundesgerichts.

    Klagen auf Feststellung der Nichtigkeit und Auflösung von juristischen
Personen gemäss Art. 27 Abs. 1 lit. b BewG und Art. 57 Abs. 3 ZGB gelten
nicht als vermögensrechtlich und können deshalb nicht gestützt auf Art. 42
OG direkt beim Bundesgericht angehoben werden (E. 2).

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Mit Klageschrift vom 22. Januar 1986 hat der Kanton Graubünden beim
Bundesgericht gestützt auf Art. 27 Abs. 1 lit. b BewG und Art. 57 Abs. 3
ZGB eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit und Auflösung der Gordona
SA, Roveredo, eingereicht. Der Nettoerlös aus der Liquidation sei dem
Kanton Graubünden auszuhändigen. Die Zuständigkeit des Bundesgerichts
soll sich aus Art. 42 OG ergeben.

Erwägung 2

    2.- a) Art. 42 OG weist dem Bundesgericht als einziger Instanz
zivilrechtliche Streitigkeiten zwischen einem Kanton einerseits und
Privaten oder Korporationen anderseits zu, wenn eine Partei es rechtzeitig
verlangt und der Streitwert wenigstens Fr. 8'000.-- beträgt. Art. 42 OG
verlangt somit einen Mindeststreitwert. Nach der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung können daher nur vermögensrechtliche Streitigkeiten
Gegenstand eines direkten Prozesses gemäss dieser Bestimmung bilden
(BGE 92 II 213 E. 3b; vgl. auch 107 Ib 157 E. 1).

    b) Das Begehren auf Feststellung der Nichtigkeit und
Auflösung betrifft den Rechtsbestand der Beklagten und ist daher
persönlichkeitsrechtlicher Natur. Wohl beantragt der Kläger auch
die Zusprechung des Liquidationserlöses. Der Vermögensanfall an das
berechtigte Gemeinwesen gemäss Art. 57 Abs. 1 und 3 ZGB bildet jedoch
die blosse Folge der Aufhebung der juristischen Person. Es kann daher
nicht gesagt werden, mit der Klage auf Feststellung der Nichtigkeit und
Auflösung der Beklagten werde letztlich ein wirtschaftlicher Zweck verfolgt
(BGE 108 II 78; 112 II 3 E. 2). Infolgedessen ist das Bundesgericht zur
Behandlung des vorliegenden Direktprozesses nicht zuständig. Eine andere
Gesetzesvorschrift, welche die Zuständigkeit des Bundesgerichts begründen
könnte, kommt nicht in Betracht.