Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 112 III 88



112 III 88

22. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 17. September
1986 i.S. X. gegen Y. S.A. (staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Art. 82 Abs. 1 SchKG; Schuldanerkennung, die von einem Vertreter des
Betriebenen unterzeichnet ist.

    Es verstösst auch dann nicht gegen Art. 4 BV, gestützt auf die
von einem Vertreter unterzeichnete Schuldanerkennung provisorische
Rechtsöffnung zu erteilen, wenn keine schriftliche Vollmacht des
Betriebenen vorliegt.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, dass eine
Schuldanerkennung auch dann einen gültigen Rechtsöffnungstitel darstellen
kann, wenn sie nicht durch den betriebenen Schuldner persönlich, sondern
durch einen Vertreter unterzeichnet worden ist. Indessen ist er der
Ansicht, die Unterschrift des Schuldners müsse in einem solchen Fall
wenigstens auf einer entsprechenden schriftlichen Vollmacht angebracht
sein.

    b) Das dem schweizerischen Recht eigene Verfahren der provisorischen
Rechtsöffnung schafft für den Betreibungsgläubiger insofern eine
Erleichterung, als dieser, falls der Schuldner die Schuld anerkannt hat,
zur Zwangsvollstreckung schreiten kann, ohne den Richter anrufen zu müssen,
und der Schuldner, der sich dieser widersetzen will, seinerseits in die
Rolle des Klägers (auf Aberkennung der Forderung) gedrängt wird. Der
angeführte Weg steht dem Gläubiger allerdings nur unter der Voraussetzung
offen, dass die Schuldanerkennung durch öffentliche Urkunde festgestellt
oder "durch Unterschrift bekräftigt" wurde (Art. 82 Abs. 1 SchKG).

    c) In der Praxis der kantonalen Rechtsöffnungsinstanzen wird die zur
Beurteilung stehende Frage nicht einheitlich beantwortet. Während in
gewissen Entscheiden mit dem Beschwerdeführer angenommen wird, die
unterschriftliche Anerkennung einer Schuld durch einen Dritten bilde
gegenüber dem nach dem Wortlaut der Urkunde Verpflichteten nur dann einen
Rechtsöffnungstitel, wenn ein Auftrag an den Dritten zur Schuldanerkennung
urkundlich ausgewiesen sei (vgl. PANCHAUD/CAPREZ, Die Rechtsöffnung 1980,
§ 5, Nrn. 2 und 16), wurde in andern Fällen ein konkludentes Verhalten des
vertretenen Schuldners als ausreichend betrachtet (vgl. PANCHAUD/CAPREZ,
§ 5, Nrn. 1 und 17). Der zweiten, weniger strengen Auffassung ist auch
JAEGER, der unter Hinweis auf die allgemeinen Bestimmungen über die
Stellvertretung (Art. 32 ff. OR) festhält, dass dort, wo durch ein
vertragliches Stellvertretungsverhältnis oder sonstwie die Wirksamkeit
der Unterschrift eines andern für den Betriebenen liquid ausgewiesen sei,
auch die Unterschrift eines Dritten als Stellvertreter im Hinblick auf
die provisorische Rechtsöffnung genüge (N. 3 zu Art. 82 SchKG).

    Es ist einzuräumen, dass namentlich die Strenge, die das
Rechtsöffnungsverfahren in formeller Hinsicht an sich prägt, für
die Betrachtungsweise des Beschwerdeführers spricht. Andererseits
wird aber nirgends ausdrücklich vorgeschrieben, dass dort, wo eine
Schuldanerkennung durch einen Vertreter unterschrieben wird (was auch der
Beschwerdeführer nicht für unzulässig hält), das Vertretungsverhältnis
durch eine vom Schuldner unterzeichnete schriftliche Vollmacht dargetan
sein müsse. Die Auffassung des Appellationshofes ist jedenfalls nicht
vollkommen unhaltbar; weder verstösst sie krass gegen eine Norm oder
einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz, noch läuft sie in stossender
Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwider (vgl. BGE 107 Ia 114 E. 2
mit Hinweisen). Der Hinweis des Beschwerdeführers auf BGE 106 III
97 ff. vermag am Gesagten nichts zu ändern. Jenes Urteil hatte eine
andere Frage zum Gegenstand, nämlich diejenige, ob die stillschweigende
Genehmigung eines Kontokorrentauszuges in Verbindung mit dem vom Schuldner
unterzeichneten Krediteröffnungsvertrag eine Anerkennung des passiven
Kontosaldos darstelle. Die Verhältnisse liegen im zu beurteilenden Fall
somit insofern wesentlich anders, als hier eine ausdrückliche schriftliche
(wenn auch von einem Vertreter des Beschwerdeführers unterzeichnete)
Anerkennung vorhanden ist.

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