Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 112 IB 485



112 Ib 485

76. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 17.
Dezember 1986 i.S. Erbengemeinschaft Benoit gegen Einwohnergemeinde Biel
und Verwaltungsgericht des Kantons Bern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste

    Art. 5 Abs. 2 RPG; materielle Enteignung, Nichteinzonung.

    Auch die Zuweisung eines Grundstücks zur Freifläche oder
Zone für öffentliche Bauten und Anlagen begründet nur dann eine
materielle Enteignung, wenn dieses Grundstück am Stichtag Bauland
im enteignungsrechtlich relevanten Sinn darstellte, d.h. wenn durch
die Zuweisung eine in naher Zukunft realisierbare Bauchance zerstört
wurde. Dies trifft im vorliegenden Fall nicht zu.

Sachverhalt

    A.- Ernst Benoit-Moser, Marianne Benoit, Ursula Käser-Benoit und
Rudolf Benoit sind als Erben Gesamteigentümer der Parzelle Biel Gbbl.-Nr.
8704. Den Erben Marianne Benoit, Ursula Käser-Benoit und Rudolf Benoit
gehört die Parzelle Biel Gbbl.-Nr. 4958. Die beiden zusammenhängenden
Grundstücke liegen im Gebiet Madretsch-Ried und weisen zusammen eine Fläche
von 67 103 m2 auf. Sie werden landwirtschaftlich genutzt. Auf der Parzelle
Nr. 4958 befindet sich ein Bauernhof mit mehreren landwirtschaftlichen
Gebäuden. Nach der Bauordnung der Stadt Biel aus dem Jahre 1937 gehörten
die Grundstücke zur Bauzone IV für zweigeschossige offene Überbauungen.

    Am 20. Juni 1978 genehmigte die Baudirektion des Kantons Bern den
Überbauungsplan mit Sonderbauvorschriften Madretsch-Ried. Eine gegen
diesen Plan gerichtete Beschwerde wies der Regierungsrat des Kantons Bern
am 11. April 1979 ab. Gegen diesen Entscheid führten die Grundeigentümer
staatsrechtliche Beschwerde, welche das Bundesgericht mit Urteil vom
19. Dezember 1979 abwies.

    Der Überbauungsplan unterteilt das Gebiet Madretsch-Ried in
verschiedene Nutzungszonen, nämlich:

    - Sektor A als Wohngebiet für dreigeschossige Überbauungen,

    - Sektor B als Wohngebiet für zweigeschossige Überbauungen,

    - Sektoren C und D als Zentrumszonen für Wohnüberbauungen mit
   integrierten Versorgungsbetrieben,

    - Sektor E als Freifläche für einen Schulhausbau und Sportanlagen
   und

    - Sektor F als sogenannte Freihaltefläche im Zentrum und gegen den an
   das Plangebiet anschliessenden Wald hin.

    Im weiteren regelt der Überbauungsplan die Basiserschliessungsanlagen
(Ringstrasse mit Trottoir, Kanalisation).

    Die beiden Parzellen der Erben Benoit bilden den östlichen Abschluss
des Plangebietes und werden planerisch wie folgt erfasst:

    - Wohnzone (Sektor B) ca. 29 800 m2,

    - Freifläche (Sektor E) ca. 11 700 m2,

    - Freihaltefläche (Sektor F) ca. 21 000 m2,

    - Strassenfläche ca. 4900 m2.

    Mit Gesuch vom 26. Mai 1981 verlangten die Erben Benoit von der
Einwohnergemeinde Biel für die durch den Überbauungsplan nicht der Wohnzone
zugewiesenen Grundstücksteile (Freifläche, Freihaltefläche, Strassenfläche)
eine Entschädigung wegen materieller Enteignung. Ausgehend von einem
Baulandpreis von Fr. 300.-- pro m2 und einem Kulturlandpreis von Fr. 5.--
pro m2 bezifferten sie die Entschädigung auf ca. 11 Mio. Franken.

    Die Enteignungs-Schätzungskommission des Kantons Bern, Kreis IV, wies
dieses Gesuch mit Urteil vom 8. März 1984 "zur Zeit" ab, im wesentlichen
mit der Begründung, die fraglichen Parzellen hätten im massgebenden
Zeitpunkt nicht Bauland im enteignungsrechtlichen Sinn dargestellt. Die
Erben Benoit zogen die Sache hierauf an das Verwaltungsgericht des Kantons
Bern weiter, welches ihr Gesuch um Zuspruch einer Entschädigung wegen
materieller Enteignung am 2. Dezember 1985 abwies.

    Gegen diesen Entscheid führen die Erben Benoit
Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht. Sie beantragen, das
angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Streitsache zur Bestimmung
der ihnen geschuldeten Enteignungsentschädigung an die Vorinstanz
zurückzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 4

    4.- a) Die Vorinstanz hält dafür, bei der Zonenordnung der Stadt
Biel aus dem Jahre 1937 handle es sich nicht um eine aktualisierten
raumplanerischen Überlegungen entsprechende Planung; sie wies darauf hin,
es sei gerichtsnotorisch, dass seinerzeit weite Teile des nicht überbauten
Bieler Stadtgebietes der Bauzone IV zugeschieden worden seien. Ein Blick
auf den fraglichen Zonenplan des Jahres 1937 bestätigt diese Ausführungen
des Verwaltungsgerichtes. Die damalige Zonenordnung der Stadt Biel
genügte weder den Anforderungen des Bundesgesetzes vom 8. Oktober 1971
über den Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung (Art. 19/20 GSchG) noch
denjenigen des Baugesetzes des Kantons Bern vom 7. Juni 1970 (Art. 70
BauG 1970) und der zum Vollzug dieses Gesetzes erlassenen Bauverordnung
vom 26. November 1970 (Art. 111 ff. BauV 1970). Die am 11. April 1979
in Kraft getretene Zuordnung von Teilen der Parzellen Nrn. 8704 und 4958
zu den Bereichen Freifläche (Sektor E) und Freihaltefläche (Sektor F)
stellt somit keine Auszonung aus der Bauzone dar. Es handelt sich vielmehr
um eine Nichteinzonung in das Baugebiet (vgl. BGE 112 Ib 396 ff. E. 5;
112 Ib 110 ff. E. 3; BGE vom 21. November 1984 in ZBl 86/1985 S. 212 ff.;
BGE 109 Ib 17 E. 4a; nicht veröffentlichte Urteile des Bundesgerichtes vom
9. Juli 1986 i.S. Spovalor AG gegen Politische Gemeinde St. Gallen und
vom 6. August 1985 i.S. Tanneichen Immobilien AG gegen Stadt St. Gallen).

    Die Sondernutzungsvorschriften zum Überbauungsplan Madretsch-Ried
für die Sektoren E und F lauten wie folgt:

    "Art. 22  Sektor E

    Sektor E ist eine Freifläche nach Art. 27 BauG und ist für die

    Aufnahme einer Schulanlage und der zugehörigen Sportanlagen
   bestimmt. Ebenfalls sind hier die für die Naherholungsfunktionen
   notwendigen Parkplätze zu situieren.

    Die Höhe der Bauten darf eine maximale Kote von 457.00 nicht
   überschreiten.

    Art. 23  Sektor F

    1 Die Sektoren F sind Freihalteflächen und dienen zur Strukturierung
   und Grüngestaltung des Quartiers. Im Rahmen des Überbauungsplanes wird
   eine generelle Freihaltung und Reservation zu diesem Zweck vorgenommen.

    Ihre definitive Ausdehnung, Nutzung und Ausgestaltung wird in den

    Gestaltungsplänen entsprechend der in den Richtlinien formulierten

    Zweckbestimmung festgelegt.

    2 Die bauliche Nutzung ist reduziert auf Kleinbauten nach Art. 6."

    Während der Überbauungsplan Madretsch-Ried der Einwohnergemeinde
Biel gemäss Art. 97 BauG 1970 und Art. 128 des am 1. Januar 1986 in Kraft
getretenen neuen bernischen Baugesetzes vom 9. Juni 1985 (BauG 1985) für
das als Freifläche ausgeschiedene Land das Enteignungsrecht verleiht,
ist das bei den Freihalteflächen nicht der Fall (vgl. hiezu BGE vom
19. Dezember 1979 i.S. Erbengemeinschaft Benoit gegen Einwohnergemeinde
Biel, E. 1b, teilweise veröffentlicht in BVR 1980 S. 218 ff.). Das
Erstellen von Bauten im privaten Interesse ist in der Freifläche verboten,
während es in Freihalteflächen weitgehend eingeschränkt ist.

    In den vom Bundesgericht bisher beurteilten Nichteinzonungsfällen wurde
ausserhalb des Baugebietes gelegenes Land in einer Zone ausserhalb der
Bauzonen belassen. Demgegenüber ordnete der Überbauungsplan Madretsch-Ried
die genannten, am Stichtag nicht in einer Bauzone nach eidgenössischem
und kantonalem Recht befindlichen Parzellenteile zwei in der Bauzone
gelegenen Bauverbotszonen zu. Das ändert aber nichts daran, dass der
Überbauungsplan diesen Parzellenteilen insgesamt die Qualität eines für
private Bauten bestimmten Baugebietes nicht nehmen konnte, weil sie -
wie ausgeführt - gar keine Bauzonenqualität hatten.

    b) Nachdem die den Beschwerdeführern gehörenden, der Freifläche und der
Freihaltefläche zugeteilten Parzellenteile am Stichtag keiner Bauzone im
Sinne des kantonalen Bau- und Planungsrechtes angehörten, stellt sich die
Frage, ob nach den Kriterien des eidgenössischen Gewässerschutzgesetzes
vom 8. Oktober 1971 eine Überbauungsmöglichkeit bestand (Art. 19/20
GSchG; Art. 28 der Allgemeinen Gewässerschutzverordnung vom 19. Juni
1972, AGSchV). Da die fraglichen Parzellenteile nicht innerhalb eines
rechtskräftigen generellen Kanalisationsprojektes (GKP) lagen, wäre dies
nur der Fall, wenn sie am Stichtag innerhalb des engeren Baugebietes,
welches das erschlossene und vor der Erschliessung stehende Land umfasst,
gelegen hätten (Art. 28 AGSchV). Dies trifft indessen offensichtlich
nicht zu. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat,
fehlte es am Stichtag sowohl an einer Kanalisation als auch an einer
Basiserschliessungsstrasse.

    Die Beschwerdeführer halten zwar dafür, die beiden Grundstücke seien
strassen- und abwassermässig erschlossen. Sie machen geltend, beide
Parzellen würden durch dieselbe Strasse erschlossen, welche auch das
westlich angrenzende, zur Überbauung freigegebene Gebiet bediene; und im
Riedliweg verlaufe eine Kanalisationsleitung bis zur Parzellengrenze,
wo sich ein Schacht befinde. Weder die erwähnte Strasse noch die
Kanalisationsleitung (Detailerschliessungsleitung) im Riedliweg können
jedoch als genügende Basiserschliessungsanlagen für die beiden 67 103
m2 messenden Grundstücke der Beschwerdeführer betrachtet werden. Dies
macht nicht zuletzt der Überbauungsplan Madretsch-Ried mit den dort
vorgesehenen umfangreichen neuen Basiserschliessungseinrichtungen
und -anlagen deutlich. In ihrem Enteignungsgesuch vom 25. Mai 1981
haben die Beschwerdeführer übrigens selbst auch die Meinung vertreten,
ihr Land sei nicht basiserschlossen. Die rechtlichen Voraussetzungen
für die Basiserschliessung wurden tatsächlich erst im Überbauungsplan
Madretsch-Ried geschaffen. Die fraglichen Parzellenteile standen aber
auch nicht kurz vor der Erschliessung. Dies ergibt sich deutlich
aus der im Überbauungsplan enthaltenen Beschreibung der zeitlichen
Entwicklung des Gebietes Madretsch-Ried, wie sie auch im angefochtenen
Urteil wiedergegeben ist. Gemäss Art. 4 der Sonderbauvorschriften zum
Überbauungsplan Madretsch-Ried dürfen Baubewilligungen nur aufgrund
rechtsgültiger Gestaltungspläne erteilt werden. Der Überbauungsplan
sieht sechs solche Gestaltungspläne vor. Für den ganzen östlichen Teil
des Plangebietes, in welchem die beiden Parzellen der Beschwerdeführer
liegen, besteht noch kein solcher Gestaltungsplan. Es ist somit nicht
anzunehmen, im massgeblichen Zeitpunkt sei eine Überbauung in naher Zukunft
sehr wahrscheinlich gewesen. Ferner zeigt die bei den Akten liegende
Übersicht über die Nutzungsreserven der Stadt Biel vom 20. September
1984, dass am Stichtag noch genügend andere, teilweise besser gelegene
Baulandreserven vorhanden waren. Schliesslich ist auch zu beachten, dass
die Bevölkerungsentwicklung der Stadt Biel seit Jahren rückläufig ist
(Beilage Nr. 6 der von der Einwohnergemeinde Biel im vorinstanzlichen
Verfahren eingereichten Duplik vom 31. Juli 1985).

    c) Das am 1. Januar 1980 in Kraft getretene eidgenössische
Raumplanungsgesetz brachte für die fraglichen Parzellenteile ebenfalls
keine Überbauungsmöglichkeit, da das Gebiet mangels Erschliessung
nicht als vorläufige Bauzone gemäss Art. 36 Abs. 3 RPG gelten konnte
(vgl. BGE 112 Ib 396 ff. E. 5c; nicht veröffentlichte BGE vom 9. Juli
1986 i.S. Spovalor AG gegen Politische Gemeinde St. Gallen, E. 4c, und
vom 6. August 1985 i.S. Tanneichen Immobilien AG gegen Stadt St. Gallen).

    d) Zusammenfassend ergibt sich somit, dass die im östlichen
Bereich des Gebietes Madretsch-Ried gelegenen Teile der Parzellen
Nrn. 8704 und 4958, welche vom Überbauungsplan der Freifläche und der
Freihaltefläche zugewiesen worden sind, am Stichtag keine in naher Zukunft
realisierbare Überbauungschance im Sinne der bundesgerichtlichen Praxis
aufwiesen. Ihre Überbauung war damals objektiv nicht möglich. Einer
faktischen Überbaubarkeit standen rechtliche Hindernisse entgegen, was
nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes bereits für sich alleine die
Annahme einer materiellen Enteignung ausschliesst. Hinzu kommt, dass die
Beschwerdeführer erst Jahre nach dem Inkrafttreten des Überbauungsplanes
konkrete Bauabsichten äusserten, wie das Verwaltungsgericht unter
Hinweis auf ihre erst ungefähr fünf Jahre nach dem Stichtag eingereichten
Gesuche um Bewilligung des Abbruchs der landwirtschaftlichen Bauten und
Einleitung des Gestaltungsplanverfahrens zutreffend ausgeführt hat. Zudem
waren die Beschwerdeführer bis ins Jahr 1985 an ein landwirtschaftliches
Pachtverhältnis gebunden.

    Demnach ist festzustellen, dass der Einbezug der erwähnten
Parzellenteile in den Bereich der Freifläche bzw. Freihaltefläche
keine Bauchance zerstörte. Die in Frage stehende Planungsmassnahme
stellt somit keinen besonders schweren Eingriff in das Grundeigentum
der Beschwerdeführer dar und vermag daher keine Entschädigungspflicht
auszulösen (BGE 112 Ib 108 E. 2a; 110 Ib 32 E. 4; 109 Ib 16 E. 2).

Erwägung 5

    5.- Wie dargelegt, stellte die Zonenordnung von 1937, gemäss welcher
die Parzellen Nrn. 8704 und 4958 der Bauzone IV für zweigeschossige
offene Überbauungen angehörten, keine den Anforderungen der Raumplanung
genügende Grundordnung dar. Die Auswirkungen des Überbauungsplanes
Madretsch-Ried, mit welchem Teile der erwähnten Parzellen der Freifläche
bzw. Freihaltefläche zugeteilt worden sind, sind daher nicht unter dem
Gesichtspunkt der Auszonung aus der Bauzone, sondern unter jenem der
Nichteinzonung in eine Bauzone für private Überbauungen zu beurteilen
(s. die oben, E. 4a, zitierten Urteile). Nach der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung kann auch die Nichteinzonung eines Grundstückes dessen
Eigentümer enteignungsähnlich treffen. Dies ist etwa dann der Fall,
wenn Land in Frage steht, das von einem gewässerschutzrechtskonformen
GKP erfasst wird und das baureif oder groberschlossen ist, und wenn
der Eigentümer für die Erschliessung und Überbauung dieses Landes schon
erhebliche Kosten aufgewendet hat. In einem solchen Fall können Umstände
vorliegen, welche die Einzonung geboten hätten. Trifft das zu, so ist
anzunehmen, dass am massgebenden Stichtag mit hoher Wahrscheinlichkeit
mit einer Überbauung des betreffenden Landes hätte gerechnet werden dürfen
(BGE 112 Ib 396 ff. E. 6; BGE vom 21. November 1984 in ZBl 86/1985 S. 214;
BGE 109 Ib 17/18 E. 4b, mit Hinweisen). Diese Voraussetzungen sind jedoch
im vorliegenden Fall nicht erfüllt: Die erwähnten Parzellenteile wurden
beim Inkrafttreten des Überbauungsplanes Madretsch-Ried nicht von einem
gewässerschutzrechtskonformen GKP erfasst, auch waren sie damals weder
baureif noch groberschlossen. Zudem hatten die Grundeigentümer für die
Erschliessung und Überbauung des betreffenden Landes noch keine erheblichen
Kosten aufgewendet.

Erwägung 6

    6.- Die Beschwerdeführer machen in ihrer Verwaltungsgerichtsbeschwerde
vor Bundesgericht nur noch geltend, der Einbezug von ihnen gehörendem Land
in die Bereiche Freihaltefläche und Freifläche stelle eine materielle
Enteignung dar. Im kantonalen Verfahren leiteten sie auch aus der
Zuscheidung von 4900 m2 zur Strassenfläche Ansprüche wegen materieller
Enteignung ab. Sie verzichten zu Recht darauf, diesen Standpunkt
aufrechtzuerhalten. Die fragliche Zuweisung zur Strassenfläche stellt
aus den gleichen Gründen keine materielle Enteignung dar, aus denen eine
solche für die Zuscheidung von Land zu den Sektoren E und F zu verneinen
ist. Im übrigen dienen die Strassen, für welche diese Fläche benötigt
wird, vor allem der Erschliessung der 29 800 m2 messenden Parzellenteile
der Beschwerdeführer, welche im Überbauungsplan Madretsch-Ried der
Wohnzone (Sektor B) zugewiesen worden sind. Auch aus diesem Grund
bewirkt die Zuscheidung der 4900 m2 Land zur Strassenfläche keinen
entschädigungspflichtigen enteignungsähnlichen Tatbestand (vgl. BGE 89
I 385 E. 2 und 82 I 165).

Erwägung 7

    7.- Die Beschwerdeführer machen mit Bezug auf BGE 108 Ib 334 ff. und
109 Ib 257 ff. in absoluter Weise geltend, nach der Rechtsprechung
des Bundesgerichtes begründe die Schaffung einer Freifläche immer eine
materielle Enteignung. Dies ist jedoch nicht richtig. Eine materielle
Enteignung ist nur zu bejahen, wenn Bauland im enteignungsrechtlich
relevanten Sinn einer Freifläche zugeschieden wird, d.h. wenn dadurch eine
in naher Zukunft realisierbare Bauchance zerstört wird. Im Unterschied zu
den zwei zitierten Fällen trifft dies in der vorliegenden Sache nicht zu.

Erwägung 8

    8.- Auch ein Sonderopfer liegt nicht vor, denn hievon könnte
ebenfalls nur dann gesprochen werden, wenn im massgebenden Zeitpunkt
anzunehmen gewesen wäre, eine zukünftige bessere Nutzung hätte mit hoher
Wahrscheinlichkeit in naher Zukunft verwirklicht werden können (BGE 110
Ib 32 E. 4; 108 Ib 351 E. 5a und 352 ff., je mit Hinweisen).

Erwägung 9

    9.- Nach der Praxis des Bundesgerichtes sagt der Steuerwert eines
Grundstückes nur darüber etwas aus, wie hoch die Steuerbehörden und die
Grundeigentümer das Land einschätzen; diese Auffassung bindet jedoch die
Bau-, Forst- oder Planungsbehörden nicht (BGE 108 Ib 351 E. 5b; BGE vom
23. März 1977 in ZBl 78/1977 S. 557 E. 3b; vgl. auch BVR 1979 S. 373).

Erwägung 10

    10.- a) Die Beschwerdeführer halten schliesslich dafür, es liege
bezüglich der Zuweisung ihres Landes zum Sektor E (Freifläche für
Schul- und Sportanlagen) ein enteignungsähnlicher Spezialfall vor. Sie
führen aus, dass nach allgemeiner Terminologie und nach Massgabe des
bernischen Rechtes Freiflächen Zonen für öffentliche Bauten und Anlagen
darstellten, die einer privaten baulichen Nutzung entzogen seien. Mit
der Genehmigung eines Nutzungsplanes durch die zuständige kantonale
Behörde erlange die Gemeinde nach bernischem Recht das Enteignungsrecht
für die zweckbestimmten Freiflächen (Art. 96/97 BauG 1970, Art. 128
BauG 1985). Der Nutzungsplan gebe somit gleichzeitig den formellen
Enteignungstitel ab. Werde eine Freifläche formell enteignet, so gebiete
der Grundsatz der vollen Entschädigung die Vergütung des Verkehrswertes
oder eines allfälligen höheren subjektiven Wertes an den Grundeigentümer.
Treffe die Eigentumsbeschränkung Land innerhalb des Baugebietes, so richte
sich der Verkehrswert des betroffenen Gebietes nach den Vergleichspreisen
in den angrenzenden Bauzonen. Die dem angefochtenen Entscheid zugrunde
liegende bundesgerichtliche Rechtsprechung sei zu den Tatbeständen der
Rückzonung, Auszonung oder Nichteinzonung ergangen. Im Unterschied zu
solchen Fällen führe die Freifläche stets zur formellen Enteignung der
Parzellen durch das Gemeinwesen, wobei die Verfassung dem Grundeigentümer
eine volle Entschädigung garantiere, welche sich bei Freiflächen innerhalb
des Baugebietes nach Baulandpreisen bemesse. Nach der bundesgerichtlichen
Zweistufentheorie (BGE 109 Ib 263; 108 Ib 338; 97 I 814) bestehe aber die
Gefahr, dass ein Teil dieses vefassungsmässigen Entschädigungsanspruches
durch Zeitablauf untergehe. Als sachgerechte Lösung biete sich in diesem
Spezialfall die Rechtsprechung an, welche das Zürcher Verwaltungsgericht
vor Inkrafttreten des eidgenössischen Raumplanungsgesetzes zum Begriff
der materiellen Enteignung geübt habe, indem es die Entschädigungspflicht
am gefestigten Baulandwert orientiert habe.

    Das Bundesgericht hat schon wiederholt erklärt, es habe keinen Anlass,
diese frühere (inzwischen aufgegebene), seiner eigenen Rechtsprechung
widersprechende Praxis des Zürcher Verwaltungsgerichtes zu übernehmen
(BGE 110 Ib 31 E. 3; 109 Ib 115 E. 3; BGE vom 25. November 1981 in ZBl
83/1982 S. 87 E. 4 mit Hinweis). Nichts anderes ergibt sich für den
vorliegenden Fall. Die bisherige bundesgerichtliche Rechtsprechung wird
auch einem Fall wie dem vorliegenden gerecht, wie die nachfolgenden
Erwägungen zeigen werden.

    Zunächst ist entgegen den Darlegungen der Beschwerdeführer
festzustellen, dass - wie ausgeführt - mit dem Überbauungsplan
Madretsch-Ried nicht Bauland im enteignungsrechtlichen Sinne, sondern
Nichtbauland einer Freifläche zugeschieden worden ist. Würde es sich
beim fraglichen Land um Bauland im enteignungsrechtlichen Sinne handeln,
so hätten die Beschwerdeführer die Wahl gehabt, eine Entschädigung aus
materieller Enteignung oder - anstelle einer Minderwertentschädigung - die
Übernahme des Grundstückes durch das Gemeinwesen zu verlangen (Art. 100
Abs. 1 BauG 1970 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 des bernischen Gesetzes über die
Enteignung vom 3. Oktober 1965, EntG; s. hiezu SAMUEL KELLER, Gegenstände
und Wirkungen des kommunalen Überbauungsplanes, BVR 1978, S. 112, und
ALDO ZAUGG, Kommentar zum Baugesetz des Kantons Bern vom 7. Juni 1970, S.
309/310; Entscheid des Verwaltungsgerichtes des Kantons Bern vom 6. Mai
1968 in ZBl 71/1970 S. 45 ff.). Auf diese oder jene Weise wären sie zur
verfassungsmässig vorgesehenen vollen Entschädigung gelangt, wobei der
zweite Weg ihren konkreten Entschädigungsvorstellungen entsprochen hätte.

    Sodann ist zu beachten, dass die Zuweisung einer Parzelle zu einer
Freifläche oder Zone für öffentliche Bauten und Anlagen entgegen den
Ausführungen der Beschwerdeführer nicht in allen Fällen zu einer formellen
Enteignung führen muss. Eine solche Zuweisung kann zunächst auch blossen
Landsicherungscharakter aufweisen. Verläuft die Entwicklung in der Folge
anders, als im Zeitpunkt der Ausscheidung der Freifläche angenommen wurde
- was in den letzten Jahren namentlich bei Nichtbauland sehr häufig der
Fall war -, so wird das in sie einbezogene Land später mitunter von der
öffentlichen Hand nicht enteignet, sondern stattdessen unter Umständen
zum Beispiel einer Landwirtschaftszone zugeteilt. Der Zeitpunkt, wann
das betreffende Land gegebenenfalls vom Gemeinwesen beansprucht wird,
ist meist unbestimmt. Die Beschwerdeführer weisen im vorliegenden
Fall selber darauf hin, die Einwohnergemeinde Biel wolle offenbar die
vollständige Erschliessung ihrer Parzellen erst nach Ablauf von 15 Jahren
seit Inkrafttreten der Sonderbauordnung realisieren und auch erst in
jenem Zeitpunkt die Übernahme der Freiflächen vollziehen. Sie stellen
dazu die Frage, ob diese Absicht der Gemeinde mit der ihr obliegenden
Erschliessungspflicht vereinbar sei. Naheliegender ist hier jedoch die
Frage, ob der Sondernutzungsplan Madretsch-Ried mit dem am 1. Januar
1980 in Kraft getretenen eidgenössischen Raumplanungsgesetz vereinbar
sei, nach dessen Art. 15 lit. b Bauzonen nur dasjenige Land umfassen
dürfen, das voraussichtlich innert 15 Jahren benötigt und erschlossen wird
(vgl. BGE 112 Ib 396 ff. E. 5a mit Hinweisen und 112 Ib 388 ff. E. 4c-f;
BGE 112 Ia 155 ff.; 111 Ia 22; 110 Ia 54). Gerade dies sieht der
fragliche Plan nämlich nicht vor. Im Hinblick auf die bauliche und
rückläufige bevölkerungsmässige Entwicklung der Einwohnergemeinde Biel
in den letzten Jahren könnte im Rahmen der Anpassung der Nutzungsplanung
dieser Gemeinde an die Grundsätze des Raumplanungsgesetzes die Zuteilung
der in der Freifläche liegenden Parzellenteile der Beschwerdeführer zu
einer Nichtbauzone nötig werden.

    b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes findet beim Einbezug von
Bauland im enteignungsrechtlichen Sinn in eine Zone für öffentliche Bauten
und Anlagen in jenem Zeitpunkt, in dem die Eigentumsbeschränkung formell
in Rechtskraft erwächst, eine materielle Enteignung statt (vgl. BGE 110
Ib 259; 109 Ib 257 ff.; 108 Ib 337 f.). In diesem Moment verliert das
derart belastete Land seinen vormaligen Wert als Bauland; es hat nur
noch einen Restwert, der bei nicht überbauten Grundstücken in der Regel
dem landwirtschaftlichen Wert entspricht. Da es seit Inkrafttreten der
Eigentumsbeschränkung kein Bauland mehr ist, macht das Grundstück keine
Baulandpreissteigerungen mehr mit. Für die Berechnung der Entschädigung
aus materieller Enteignung ist somit vom Landwert in jenem Zeitpunkt
auszugehen, in dem die Eigentumsbeschränkung in Kraft getreten ist. Der
Restwert, der dem Grundstück nach Inkrafttreten der Eigentumsbeschränkung
verbleibt, macht die Preisänderung mit, die sich von diesem Zeitpunkt
an für landwirtschaftlichen Boden ergibt. Wird das Heimschlagsrecht erst
Jahre nach der materiellen Enteignung ausgeübt, so hat die Entschädigung
für die formelle Enteignung dem Wert im Zeitpunkt des Heimschlags zu
entsprechen. Nur wenn zwischen dem Zeitpunkt der materiellen und jenem der
formellen Enteignung keine nennenswerte Preisentwicklung stattgefunden hat,
kann davon abgesehen werden, die Schätzungstage auseinanderzuhalten.

    Die soeben erwähnte bundesgerichtliche Rechtsprechung findet auch in
einem Fall wie dem vorliegenden Anwendung. Da allerdings das der Freifläche
zugeteilte Land bei Inkrafttreten des Überbauungsplanes Madretsch-Ried,
also am 11. April 1979, kein Bauland im enteignungsrechtlichen Sinn
darstellte, trat in diesem Zeitpunkt auch keine materielle Enteignung
ein. Somit entfällt in der vorliegenden Sache die erste der beiden in
den angeführten Entscheiden genannten Enteignungsstufen. Es verbleibt
daher nur noch die formelle Enteignung. Auch hiefür gilt aber das Prinzip
der vollen Entschädigung, welche regelmässig dem landwirtschaftlichen
Bodenwert im Zeitpunkt des Heimschlages entspricht (vgl. BGE 108 Ib 338
f.). Liegt keine materielle Enteignung vor, dann stellt die in Frage
stehende Planungsmassnahme, welche eine formelle Enteignung bewirkt,
lediglich deren Vorstufe dar. In einem solchen Fall müssen die durch
die Planungsmassnahme bedingten Vorwirkungen bei der Festsetzung der
Entschädigung für die formelle Enteignung ausser acht gelassen werden,
sofern die Beschränkung des Grundeigentums - wie hier - nicht auf eine
materielle Enteignung hinausläuft und unter diesem Gesichtswinkel eine
Entschädigung geschuldet wird (BGE 110 Ib 47 f. E. 3; vgl. auch BGE 104
Ia 470 f.).

    Zwar kann diese Praxis - wie in der Beschwerde ausgeführt
wird - zur Folge haben, dass in Fällen des Einbezuges von Bauland im
enteignungsrechtlichen Sinn in eine Zone für öffentliche Bauten und Anlagen
der Anspruch wegen materieller Enteignung durch Zeitablauf (Verjährung,
Ablauf einer Verwirkungsfrist) untergeht. Die Beschwerdeführer betrachten
diese Folge als unhaltbar. Dieser Einwand ist hier aber bedeutungslos,
da - wie aufgezeigt - ein Anspruch der Beschwerdeführer wegen materieller
Enteignung gar nicht entstand und deshalb auch nicht untergehen kann. Im
übrigen schliesst die bundesgerichtliche Rechtsprechung nicht aus, dass die
Kantone derartige Rechtsfolgen mit positivrechtlichen Regelungen verhindern
können. Dies ist denn auch im Kanton Bern kürzlich geschehen. Nach Art. 134
Abs. 2 des auf den 1. Januar 1986 in Kraft getretenen neuen Baugesetzes vom
9. Juni 1985 können Entschädigungsansprüche aus Eigentumsbeschränkungen,
die einer formellen Enteignung vorausgehen, in jedem Fall noch im Verfahren
der formellen Enteignung geltend gemacht werden. Für derartige Ansprüche
wird also mit dieser Bestimmung die Verjährung, wie sie grundsätzlich
in Art. 134 Abs. 1 BauG 1985 in Anlehnung an die Rechtsprechung des
Bundesgerichtes (vgl. BGE 111 Ib 272 und 108 Ib 340 E. 5b mit Hinweis)
vorgesehen ist, sogar ausgeschlossen.

Erwägung 11

    11.- Zusammenfassend ergibt sich, dass eine Verletzung der
Eigentumsgarantie bzw. von Art. 5 Abs. 2 RPG nicht dargetan ist. Die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist daher unbegründet und somit abzuweisen.