Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 112 IB 473



112 Ib 473

74. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 19.
Dezember 1986 i.S. F. T. gegen Fremdenpolizei und Regierungsrat
des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 9 Abs. 4 lit. a ANAG; Widerruf einer Niederlassungsbewilligung,
die die Ehefrau eines niedergelassenen Ausländers gestützt auf Art. 17
Abs. 2 ANAG erworben hat.

    Der Widerruf gemäss Art. 9 Abs. 4 lit. a ANAG setzt voraus, dass
die Bewilligungsbehörde absichtlich getäuscht worden ist (E. 3a und
b). Für den Widerruf der aufgrund von Art. 17 Abs. 2 ANAG erworbenen
Niederlassungsbewilligung der Ehefrau genügt es, wenn bloss der Ehemann
täuschende Angaben gemacht hat (E. 3c und d).

    Die Niederlassungsbewilligung kann nicht in jedem Fall widerrufen
werden, wenn die Bedingungen von Art. 9 Abs. 4 lit. a ANAG erfüllt sind;
die Behörde hat nach pflichtgemässem Ermessen zu entscheiden (E. 4). In
casu ist das Ermessen nicht pflichtgemäss ausgeübt worden (E. 5).

Sachverhalt

    A.- Die türkische Staatsangehörige F. T. ist seit 1963 mit
dem heute im Kanton Zürich niedergelassenen türkischen Staatsangehörigen
A. T. verheiratet. In den Jahren 1972 und 1973 weilte sie während
mehrerer Monate in der Schweiz bei ihrem Ehemann, kehrte danach aber
wieder in die Türkei zurück. Am 19. August 1983 stellte A. T. ein
Gesuch, es sei seiner Frau und seiner Tochter G. die Einreise in die
Schweiz zu bewilligen; der gemeinsame Sohn N. weilt bereits seit 1981 bei
seinem Vater im Kanton Zürich und hat hier die Niederlassungsbewilligung.
Nachdem F. T. am 28. Oktober 1983 eingereist war, stellte sie am 15.
November 1983 ein Gesuch um Niederlassungsbewilligung, indem sie ein
entsprechendes, vom Ehemann ausgefülltes Formular bei der Gemeinde
Dietikon einreichte. Als Zweck ihres Aufenthalts wurde angegeben:
"Hausfrau, Verbleib beim Gatten...". Am 23. November 1983 erteilte ihr
die Fremdenpolizei des Kantons Zürich die Niederlassungsbewilligung.

    Nachdem sich F. T. im August 1984 in einem Brief an die
Fremdenpolizei des Kantons Zürich über das Verhalten ihres Ehemannes
beklagt hatte, ergaben Nachforschungen, dass überhaupt nie ein gemeinsamer
Haushalt aufgenommen worden war, sondern dass vielmehr der Ehemann
A. T. seit Jahren in einem Konkubinatsverhältnis mit seiner
türkischen Freundin, einer Cousine, lebte. Mit Verfügung vom 1. Februar
1985 widerrief daher die Fremdenpolizei die Niederlassungsbewilligung
von F. T. Einen dagegen erhobenen Rekurs wies der Regierungsrat
des Kantons Zürich mit Beschluss vom 4. Juni 1986 ab. Hiegegen erhob
F. T. am 28. Juli 1986 Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das
Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Gemäss Art. 17 Abs. 2 des Bundesgesetzes über Aufenthalt und
Niederlassung der Ausländer vom 26. März 1931 (ANAG) hat die Ehefrau
eines Ausländers mit Niederlassungsbewilligung Anspruch darauf, in die
Bewilligung des Ehemannes einbezogen zu werden, sofern sie mit ihm in
gemeinsamem Haushalte leben wird. Das Einbezugsrecht ist selber keine
Bewilligung, sondern verschafft nur einen Anspruch auf die Erteilung einer
solchen. Daher ist stets ein Bewilligungsverfahren erforderlich, nicht nur
der Form halber, sondern weil die Behörde das Vorliegen aller Erfordernisse
prüfen muss (M. RUTH, Fremden-Polizeirecht der Schweiz, Zürich 1934,
S. 70). Wegen des durch Art. 17 Abs. 2 ANAG eingeräumten Anspruchs auf
die Niederlassungsbewilligung ist die Behörde bloss nicht frei in ihrem
Entscheid. Sie hat aber jedenfalls u.a. zu prüfen, ob die Ausländerin
wirklich verheiratet ist und mit ihrem niedergelassenen Ehemann in
gemeinsamem Haushalte leben wird. Erst wenn sie sich davon überzeugt hat,
wird sie der Ausländerin die Niederlassungsbewilligung erteilen. Dies hat
zur Folge, dass die Ehefrau - wenn auch dank ihrer Ehe erleichtert - selber
ein Niederlassungsrecht erwirbt. Die so erteilte Niederlassungsbewilligung
erlischt daher - mangels entsprechender gesetzlicher Regel - mit dem
Wegfall der Ehe oder der Aufgabe des gemeinsamen Haushaltes nicht
automatisch, sondern sie muss widerrufen werden. Da für den Widerruf
der erleichtert erworbenen Niederlassungsbewilligung keine besonderen
Widerrufsregeln geschaffen worden sind, gelten dafür die Widerrufsregeln
von Art. 9 Abs. 4 ANAG (BGE 112 Ib 162/3 E. 3a und b).

Erwägung 3

    3.- a) Die Zürcher Behörden haben die Niederlassungsbewilligung der
Beschwerdeführerin gestützt auf Art. 9 Abs. 4 lit. a ANAG widerrufen. Nach
dieser Bestimmung kann eine Niederlassungsbewilligung widerrufen
werden, wenn der Ausländer sie durch falsche Angaben oder wissentliches
Verschweigen wesentlicher Tatsachen erschlichen hat.

    Die Beschwerdeführerin macht geltend, der Widerruf gemäss Art. 9
Abs. 4 lit. a ANAG setze voraus, dass der Ausländer wissentlich falsche
Angaben mache oder wesentliche Tatsachen verschweige, in der Absicht,
gerade gestützt darauf die Niederlassungsbewilligung zu erhalten;
erforderlich sei ein verwerfliches und dem Ausländer vorwerfbares
Verhalten. Die Erziehungsdirektion scheint in ihrer Vernehmlassung
der Ansicht zuzuneigen, auf die Täuschungsabsicht des Ausländers komme
es nicht an; entscheidend sei, dass die Niederlassungsbewilligung bei
Kenntnis des wahren Sachverhalts nicht erteilt worden wäre.

    b) Der Wortlaut der fraglichen Widerrufsbestimmung lässt keinen
Zweifel daran, dass ein Widerruf nur zulässig sein kann, wenn die
Bewilligungsbehörde mit Absicht getäuscht worden ist. Zwar wird nur für
das Verschweigen wesentlicher Tatsachen verlangt, dass dies wissentlich
geschehe; damit sollte (wohl) ein Widerruf der Bewilligung für den Fall
ausgeschlossen werden, dass aus Unachtsamkeit wesentliche Tatsachen
verschwiegen worden sind. Dass auch konkrete Falschangaben bewusst und in
Täuschungsabsicht gemacht worden sein müssen, ergibt sich daraus, dass
Widerrufsvoraussetzung das Erschleichen der Niederlassungsbewilligung
ist: Dieser Ausdruck lässt keine andere Auslegung zu (so auch der
Berichterstatter der nationalrätlichen Kommission anlässlich der
Beratung am 25. September 1930, Sten.Bull. NR 1930 S. 608, 1. Spalte
zweitletzter Absatz; vgl. auch BGE 102 Ib 99 E. 3 hinsichtlich der
gleichlautenden Bestimmung von Art. 9 Abs. 2 lit. a ANAG für den
Widerruf der Aufenthaltsbewilligung, wo das Bundesgericht offensichtlich
stillschweigend eine bewusste Täuschungsabsicht voraussetzte).

    c) Es steht fest, dass die Beschwerdeführerin am 15. November
1983 das Formular "Gesuch um Erteilung einer Niederlassungsbewilligung"
unterschrieben hat, auf dem als Aufenthaltszweck angegeben ist, sie werde
als Hausfrau beim Gatten verbleiben. Diese Angabe war offensichtlich
falsch, wohnte doch der Ehemann in einer anderen Wohnung als auf dem
Formular angegeben, und zwar mit seiner Freundin und den ausserehelichen
Kindern, die er mit ihr zusammen hat. Dies wusste die am 28. Oktober
1983 eingereiste Beschwerdeführerin zu jenem Zeitpunkt zweifellos
bereits. Indessen ist zu vermuten, dass sie damit rechnete und darauf
hoffte, in Zukunft mit ihrem Mann zusammenzuleben. Nicht umstritten
ist dagegen, dass ihr Mann von vornherein ein künftiges Zusammenleben
ausschloss. Er hat das von der Beschwerdeführerin unterschriebene Formular
selber ausgefüllt und dabei wider besseres Wissen über einen entscheidenden
Punkt, nämlich die Aufnahme des ehelichen Zusammenlebens, falsche Angaben
gemacht. Ohne diese Täuschung hätte die Beschwerdeführerin mit Sicherheit
keine Niederlassungsbewilligung erhalten. Es stellt sich die Frage, ob
diese Täuschungsabsicht des Ehemannes der Beschwerdeführerin angerechnet
werden kann, selbst wenn sie guten Glaubens gewesen sein mag und auf die
Aufnahme einer ehelichen Wohngemeinschaft gehofft haben sollte.

    d) Wie gesehen (E. 2) erwirbt die Ehefrau eines Ausländers mit
Niederlassungsbewilligung gestützt auf Art. 17 Abs. 2 ANAG selbständig eine
Niederlassungsbewilligung. Voraussetzung ist jedoch, dass eine wirkliche
Ehegemeinschaft besteht und die Ehegatten in gemeinsamem Haushalte leben
werden. Einzig diese enge Beziehung zum Ehemann erlaubt die Erteilung
der Niederlassungsbewilligung an die Ausländerin, da sie regelmässig -
wie im vorliegenden Fall die Beschwerdeführerin - zum Zeitpunkt der
Bewilligungserteilung sonst keine näheren Verbindungen zur Schweiz hat.
Bezeichnend ist denn auch, dass der Ehemann der Beschwerdeführerin, die
sich hier nicht auskannte, vorerst das Gesuch um Einreisebewilligung für
sie stellte und auch das Gesuch um Niederlassungsbewilligung ausfüllte,
das die Beschwerdeführerin bloss selber unterschrieb.

    War für die Bewilligungserteilung die Beziehung der Beschwerdeführerin
zu ihrem hier niedergelassenen Ehemann massgebend bzw. konnte sie nur
durch ihn zur Niederlassungsbewilligung kommen, so spricht dies dafür,
dass sein Verhalten anlässlich des Bewilligungsverfahrens ihr zugerechnet
wird. Sie muss sich dies jedenfalls dann gefallen lassen, wenn sie -
für die zuständige Behörde erkennbar - auch das Gesuchsformular durch
ihren Ehemann ausfüllen liess. Es ginge nicht an, dass die Behörde zwar
die offensichtlich allein vom Ehemann abgegebene Begründung für die
Gewährung der Niederlassungsbewilligung zu Gunsten der Gesuchstellerin
entgegenzunehmen und gestützt darauf die Bewilligung zu erteilen hätte, es
ihr andererseits aber verwehrt sein sollte, zu Ungunsten der Ausländerin
auf das Verhalten des Ehemannes abzustellen. Damit ist davon auszugehen,
dass die Zürcher Behörden zu Recht angenommen haben, angesichts der
täuschenden Angaben des Ehemannes sei gegenüber der Beschwerdeführerin
der Widerrufsgrund von Art. 9 Abs. 4 lit. a ANAG wegen Erschleichens der
Niederlassungsbewilligung erfüllt.

Erwägung 4

    4.- Die Beschwerdeführerin vertritt die Ansicht, dass die
Niederlassungsbewilligung nicht in jedem Fall zu widerrufen sei, wenn die
Bewilligung erschlichen worden ist; vielmehr gelte, dass die Bewilligung
widerrufen werden könne, jedoch nicht müsse.

    Art. 9 Abs. 4 ANAG wird im deutschen Text eingeleitet mit dem Satz:
"Die Niederlassungsbewilligung kann widerrufen werden." Ebenso lautet die
entsprechende italienische Formel: "Il permesso di domicilio può essere
revocato." Dagegen heisst es im französischen Gesetzestext: "L'autorisation
d'établissement est révoquée." Während die Ausdrücke "kann" bzw. "può"
darauf hinweisen, dass der Widerrufsbehörde ein Ermessensspielraum
eingeräumt wird, vermittelt der französische Text den Eindruck, als
wäre die Niederlassungsbewilligung, wenn sie erschlichen worden ist,
in jedem Fall zu widerrufen. Genausowenig aber wie das deutsche Wort
"kann" der Behörde zwingend einen Ermessensspielraum belässt, darf allein
aus der französischen Redaktion geschlossen werden, der Gesetzgeber habe
jegliches Ermessen von vornherein ausschliessen wollen. Für den Widerruf
der Aufenthaltsbewilligung verwendet auch der französische Text das Wort
"peut". Dafür, dass der Gesetzgeber in dieser Hinsicht einen Unterschied
zwischen der Aufenthalts- und der Niederlassungsbewilligung machen
wollte, gibt es keine Anhaltspunkte. Der bundesrätliche Entwurf vom
8. März 1948 zur Änderung des ANAG, die am 8. Oktober 1948 beschlossen
wurde und seit 21. März 1949 in Kraft ist, verwies für den Widerruf
der Niederlassungsbewilligung wegen Erschleichens der Bewilligung
auf die entsprechende Regelung für die Aufenthaltsbewilligung (Art. 9
Abs. 3 1. Satz des bundesrätlichen Entwurfs). In der parlamentarischen
Beratung wurden Art. 9 Abs. 3 und 4 durch die ständerätliche Kommission
neu formuliert, ohne dass aber hinsichtlich dieses Widerrufsgrundes
eine Sinnänderung angestrebt wurde (vgl. Botschaft des Bundesrats vom
8. März 1948, BBl 1948 I 1305; Sten.Bull. NR 1948 S. 229 ff., 239, 525 f.;
Sten.Bull. NR 1948 S. 303 ff., bes. 308/9). Ob der Behörde beim Widerruf
der Niederlassungsbewilligung ein Ermessensspielraum zukommt, kann daher
nicht aus dem Wortlaut der Bestimmung geschlossen werden.

    Art. 9 Abs. 3 ANAG nennt die Gründe, die zum Erlöschen, Abs. 4
diejenigen, die zum Widerruf der Niederlassungsbewilligung führen. Müsste
die Niederlassungsbewilligung in jedem Fall widerrufen werden, wenn sie
erschlichen worden ist, käme dieser Widerrufsgrund einem Erlöschensgrund
nahe, hätte doch die zuständige Behörde praktisch nur festzustellen,
dass die Bewilligung erschlichen worden ist, genauso wie sie für den
Erlöschensgrund von Abs. 3 lit. c festzustellen hat, ob der Ausländer
sich während sechs Monaten tatsächlich im Ausland aufgehalten hat. Die
schliesslich vom Gesetzgeber getroffene Unterscheidung spricht dafür,
dass die Behörde beim Widerruf ihr Ermessen ausüben kann. Ebenso spricht
dafür der Umstand, dass die Behörde eine Ausweisung nur bei Angemessenheit
verfügen soll (Art. 11 Abs. 3 ANAG), und zwar auch bei der Verurteilung
wegen eines Verbrechens (Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG), selbst wenn die
Strafe mehrere Jahre Zuchthaus beträgt (BGE 105 Ib 165 ff.). Dafür,
dass es sich beim Widerruf der Niederlassungsbewilligung anders verhalten
sollte, gibt es keine einleuchtenden Gründe. Jedenfalls soll die Behörde
den besonderen Gegebenheiten eines Falles Rechnung tragen können, ohne
von vornherein zum Widerruf der Bewilligung verpflichtet zu sein.

Erwägung 5

    5.- a) Steht den kantonalen Behörden ein Ermessensspielraum zu,
kann das Bundesgericht die Angemessenheit des getroffenen Entscheids
nicht überprüfen, sondern es kann den angefochtenen Entscheid nur wegen
Überschreitung oder Missbrauchs des Ermessens aufheben (Art. 104 lit. a
OG, lit. c e contrario).

    b) Wiewohl täuschende Angaben des Ehemannes grundsätzlich der
Beschwerdeführerin zuzurechnen sind (vorne E. 3d), ist bei der Prüfung der
Frage, ob der Ermessensrahmen eingehalten sei, mitzuberücksichtigen, dass
die Beschwerdeführerin selber möglicherweise nicht mit Täuschungsabsicht
handelte. Zwar wird sie anlässlich der Gesuchseinreichung vom
Konkubinatsverhältnis ihres Mannes gewusst haben, nachdem sie schon
mehr als zwei Wochen in der Schweiz weilte und ihr Sohn N. schon seit
1981 im Haushalt des Vaters und dessen Freundin gewohnt hatte. Die
Erziehungsdirektion des Kantons Zürich räumt in ihrer Vernehmlassung
aber selber ein, dass die Beschwerdeführerin letztlich ebenso getäuscht
worden sein dürfte wie die Fremdenpolizei. Jedenfalls spricht ihr Brief
vom August 1984 an die kantonale Fremdenpolizei dafür, dass sie sich das
Verhalten ihres Ehemannes ihr gegenüber anders vorgestellt hatte, als sie
sich bereit erklärte, in die Schweiz zu kommen. Unter diesen Umständen
durfte nicht einfach davon ausgegangen werden, die Beschwerdeführerin
hätte nicht an die Wiederaufnahme eines gemeinsamen Haushaltes gedacht.

    c) Aus den Akten ergibt sich diesbezüglich folgendes: Der Ehemann
der Beschwerdeführerin liess diese vor allem in der Absicht in die
Schweiz kommen, auch seiner Tochter G. eine angemessene Ausbildung
zu ermöglichen (vgl. Beschluss der I. Zivilkammer des Obergerichts des
Kantons Zürich vom 1. November 1985, S. 5). Als seine Frau schliesslich in
der Schweiz war, unterstützte er sie in keiner Weise. Er bezahlte bloss die
zwei ersten Monatsmieten für ihre Wohnung und liess sie dann im Stich. Ihre
Anwesenheit in der Schweiz betrachtete er als angenehme und billige Lösung,
solange er sich nicht um sie kümmern musste und sie ihm die Erziehung
der Kinder - auch des Sohnes N. - und die Fürsorge für diese abnahm.

    Vom Moment an, als die Beschwerdeführerin den Zwecken ihres
Ehemannes nicht mehr dienlich sein konnte, wollte er sie denn auch
endgültig loswerden, nachdem er schon damals, als er sie in die Schweiz
kommen liess, offenbar gehofft hatte, in der Schweiz leichter zu einer
Scheidung zu kommen (s. S. 8 des erwähnten Obergerichtsbeschlusses). Unter
Ausnützung ihrer Schwierigkeiten gelang es ihm, ihr zuerst die Kinder
wegzunehmen, die er unter allen Umständen in der Schweiz behalten
will. Dann versuchte er, seinen Anspruch auf Scheidung gerade mit diesen
Schwierigkeiten zu begründen, zuletzt sogar unter Hinweis auf den Widerruf
der Niederlassungsbewilligung.

    Er unterstützte seine Frau auch dann nicht, als sie schwer erkrankte
und während längerer Zeit keiner Erwerbstätigkeit nachgehen konnte. Dass
sie unter diesen Umständen übrigens nicht bedeutendere Fürsorgeleistungen
beanspruchte, ist bemerkenswert. Hinsichtlich dieser Fürsorgeleistungen
ist zu beachten, dass die Beschwerdeführerin selber bloss einen Betrag
von Fr. 661.15 erhielt. Den restlichen Betrag von fast Fr. 12'000.--
wendete das Gemeinwesen auf für den Sohn N., und zwar für dessen
Heimaufenthalte. Dass diese Fürsorgeleistungen der Beschwerdeführerin
zur Last gelegt werden, geht nicht an, nachdem der Vater sich seiner
Verantwortung für den Sohn vorübergehend einfach entzogen hat.

    d) Erst nach einer gewissen Zeit muss auch der Beschwerdeführerin
aufgegangen sein, dass ihr Mann sie bloss zu seinem eigenen Vorteil in
die Schweiz gelotst hatte, ohne je mit ihr zusammenleben zu wollen. Hätte
sie alles vorausgesehen, wäre sie kaum freien Willens in die Schweiz
gekommen; jedenfalls handelte sie ganz nach den Wünschen ihres Mannes,
die ihren Interessen in keiner Weise entsprechen sollten. Sollte ihr die
Niederlassungsbewilligung nun entzogen werden, käme dies wiederum ihrem
Ehemann gelegen, nachdem sie ihm heute nur noch zur Last fällt und er
sie offensichtlich auch von den Kindern fernzuhalten trachtet.

    Es kann zwar nicht Aufgabe der für den Widerruf der
Niederlassungsbewilligung zuständigen Behörde sein, auf einen an sich
möglichen Bewilligungswiderruf zu verzichten, um so eine Drittperson
für moralisch verwerfliches Verhalten zu treffen. Indessen stellte es
eine krasse Verletzung des Gerechtigkeitsgedankens dar, wollte man der
Beschwerdeführerin die Niederlassungsbewilligung wegen einer Situation
entziehen, in die sie ausschliesslich durch gröbste Verletzung der
ehelichen Pflichten ihres Ehemannes geraten ist, während er selber hier
weiterhin die Niederlassungsbewilligung hat und auch die gemeinsamen
Kinder bei sich behält. Dass die Bedingungen für die Erteilung einer
Niederlassungsbewilligung an die Beschwerdeführerin gemäss Art. 17 Abs. 2
ANAG nie erfüllt waren und es auch heute nicht sind, muss dabei in den
Hintergrund rücken.

    e) Im übrigen spricht auch die notwendige und offensichtlich hier
besser gewährleistete Behandlung der noch nicht vollständig überstandenen
Krankheit der Beschwerdeführerin gegen ihre Entfernung aus der Schweiz. Zu
berücksichtigen ist auch, dass der Beschwerdeführerin mit einer Ausreise
in die Türkei die Kontaktmöglichkeiten zu ihren Kindern vollständig
abgeschnitten würden, dürfte doch ihr Ehemann nach allem bei seinen Kindern
kaum eine positive Einstellung ihrer Mutter gegenüber fördern wollen.

    f) Sollte die Beschwerdeführerin tatsächlich später wiederum die
öffentliche Fürsorge in Anspruch nehmen müssen, wie die Vorinstanz
befürchtet, wofür aber keine Anhaltspunkte bestehen, hätten die Behörden
nicht nur ihr, sondern auch ihrem Ehemann gegenüber fremdenpolizeiliche
Massnahmen zu erwägen; er hat ihr gegenüber die eheliche Beistandspflicht,
die ihm weiterhin obliegen wird, da er in absehbarer Zeit kaum einen
Scheidungsanspruch haben dürfte.

    g) Der Widerruf der Niederlassungsbewilligung erscheint unter den
beschriebenen Umständen als unangebracht, ja willkürlich; die kantonalen
Behörden haben somit ihr Ermessen nicht pflichtgemäss ausgeübt. Der
angefochtene Entscheid ist daher aufzuheben.