Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 112 IB 404



112 Ib 404

65. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 22. Oktober 1986 i.S. Einwohnergemeinde Allschwil gegen
Frau M., E. und Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Landschaft
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 16 Abs. 1, 22 Abs. 2 und 24 Abs. 1 RPG; Errichtung eines
Gerätehäuschens in der Landwirtschaftszone.

    Es ist zulässig, in der Landwirtschaftszone Bauten, die einer
bloss hobbymässig betriebenen landwirtschaftlichen Bodennutzung dienen,
auszuschliessen (E. 3).

    Fehlen der Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung
nach Art. 24 Abs. 1 RPG, da die Baute nicht standortgebunden ist und ihr
ein überwiegendes öffentliches Interesse entgegensteht (E. 6).

Sachverhalt

    A.- Frau M. ist Eigentümerin der 18a umfassenden Parzelle GB Nr. C
320 in Allschwil. Das Grundstück liegt nach dem allgemeinen Zonenplan
der Gemeinde Allschwil in der Landwirtschaftszone. Ausserdem befindet
es sich gemäss dem am 20. März 1984 in Kraft getretenen kommunalen
Zonenplan Landschaft mit zugehörigem Zonenreglement vom 18. November
1981 in einer Landschaftsschutzzone. Die auf dem Grundstück vorhandenen
Obstbäume und Beerenstauden werden zusammen mit dem Grasland vom
Pächter E. bewirtschaftet. Dieser errichtete im März 1984 eine Baute
von 2,40 m Länge, 1,50 m Breite und 1,40 resp. 1,60 m Höhe, um die für
die Bewirtschaftung der Parzelle verwendeten Geräte unterzubringen. Eine
Baubewilligung wurde nicht eingeholt.

    Der Gemeinderat Allschwil verfügte am 25. April 1984,
das Gerätehäuschen sei bis 4. Juni 1984 zu entfernen. Frau
M. und E. beschwerten sich dagegen ohne Erfolg zunächst bei der
Baurekurskommission und hernach beim Regierungsrat des Kantons
Basel-Landschaft. Den Entscheid des Regierungsrates zogen sie mit einer
Beschwerde an das kantonale Verwaltungsgericht weiter. Dieses hiess die
Beschwerde mit Urteil vom 11. September 1985 gut.

    Die Einwohnergemeinde Allschwil erhob gegen das Urteil
des Verwaltungsgerichts staatsrechtliche Beschwerde und
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesgericht trat auf
die staatsrechtliche Beschwerde nicht ein und hiess die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gut.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Die Beschwerdeführerin beanstandet zunächst die Annahme des
Verwaltungsgerichts, dass als zonenkonforme landwirtschaftliche Nutzung
auch die Hobbylandwirtschaft gelten solle, wie sie der Beschwerdegegner E.
unbestrittenermassen betreibt. Sie vertritt gestützt auf den Wortlaut
des § 11 Abs. 2 des Baugesetzes des Kantons Basel-Landschaft (BauG)
und auf die Erläuterungen des EJPD/BRP zum Bundesgesetz über die
Raumplanung (N. 20 zu Art. 16 RPG) die Auffassung, dass rein hobbymässig
betriebene landwirtschaftliche Tätigkeit, die nicht auf kostendeckende
oder gar rentierende Bewirtschaftungsweise angewiesen sei, sondern auf
blosse Freizeitgestaltung im Sinne der Schrebergärtnerei hinauslaufe,
der von diesen Gesetzesbestimmungen anvisierten Landwirtschaft nicht
gleichgestellt werden dürfe. Dies komme um so weniger in Frage, als
das kommunale Zonenreglement Landschaft (ZR-LS) eigens eine Zone für
Familiengärten ausgeschieden habe (§ 15 ZR-LS).

    Während der Wortlaut des Art. 16 Abs. 1 lit. a RPG die
Frage offenlässt, ob als landwirtschaftliche Nutzung auch die
"Hobbylandwirtschaft" zu gelten habe, deutet § 11 Abs. 2 BauG klar auf
Ausschluss nicht erwerbsorientierter, im eigentlichen Sinne betrieblich
organisierter Bewirtschaftungsformen. Vollends deutlich ist in dieser
Hinsicht § 5 Abs. 2 ZR-LS. Diese kommunale Bestimmung, deren Gesetz-
und Verfassungsmässigkeit von keiner Seite in Zweifel gezogen wird und
die daher grundsätzlich auch von den kantonalen Behörden zu beachten
ist (vgl. BGE 91 I 423 E. II/2), unterscheidet nach ihrem eindeutigen
Wortlaut generell zwischen ertragsorientierter (bzw. mindestens
kostendeckender) und rein hobbymässiger Landwirtschaft. Sie dient dem
an Bedeutung gewinnenden Interesse, die eigentliche Landwirtschaft vor
der Konkurrenzierung durch andere Formen der Bodennutzung zu schützen,
die nicht auf ertragsorientierte oder wenigstens kostendeckende Ausübung
angewiesen sind und sich daher im Verhältnis zum Ertrag höheren Aufwand
leisten können (vgl. EJPD/BRP, Erläuterungen RPG, N. 4, 5 und 20 zu
Art. 16 RPG; SCHÜRMANN, Bau- und Planungsrecht, 2. Auflage, Bern 1984,
S. 166). Eine auf diese Zielsetzung ausgerichtete Raumordnung rechtfertigt
sich im Lichte von Art. 3 Abs. 2 lit. a RPG und steht daher im öffentlichen
Interesse; sie hält sowohl vor der Eigentumsgarantie als auch vor der
Rechtsgleichheit stand. Dies gilt im vorliegenden Fall um so mehr, als
die Beschwerdeführerin in ihrem kommunalen Recht in vorbildlicher Weise
eine eigene Zone für Familiengärten, also für die landwirtschaftliche
Hobbytätigkeit geschaffen hat (Art. 15 ZR-LS; vgl. die ähnliche Regelung
in Art. 78 des neuen bernischen Baugesetzes). Ein Gerätehäuschen dieser
Art, das bloss hobbymässiger Bodennutzung dient, kann daher sowohl
nach dem klaren Wortlaut des einschlägigen kommunalen und kantonalen
Rechts als auch nach praktisch einhelliger Lehre klarerweise nicht als
landwirtschaftszonenkonform angesehen werden (vgl. LUDWIG, Die Wirkungen
der Zuweisung zur Landwirtschaftszone, Blätter für Agrarrecht 1980, S. 91;
SCHÜRMANN, aaO, S. 166, 171; ZIMMERLIN, Baugesetz des Kantons Aargau,
2. Auflage, Aarau 1985, N. 6b a.E. zu § 129; BAUDIREKTION DES KANTONS
BERN: "Das Bauen ausserhalb der Bauzonen", Bern 1982, S. 10; GRÜTTER,
Kurzkommentar zum neuen Baugesetz des Kantons Bern, Bern 1986, Bemerkung
zu Art. 78 BauG).

Erwägung 4

    4.- Die Beschwerdeführerin wirft dem Verwaltungsgericht sodann
vor, sein Urteil gehe über § 7 ZR-LS hinweg, der innerhalb der
Landschaftsschutzzone strenge Anforderungen an die zulässigen Bauten
stellt und unter anderem Nutzungen mit starker optischer und akustischer
Landschaftsbelastung, wozu exemplifikativ auch Gerätehäuschen gezählt
werden, ausschliesst. Sie beruft sich insbesondere auf das Urteil des
Bundesgerichts vom 19. Dezember 1984 i.S. Wittwer. Das Bundesgericht
hat in jenem Urteil erwogen, dass eine Massierung solcher Kleinbauten
die Zerstörung des natürlichen Zusammenhangs einer Landschaft bewirken
könne, und es hat deshalb ein generelles Verbot solcher Bauten unter dem
Gesichtspunkt der Eigentumsgarantie als zulässig erachtet (aaO, E. 2b). Ob
die Auslegung einer letzten kantonalen Instanz, welche Gerätehäuschen und
ähnliche Objekte nicht generell, sondern nur dann als unzulässig ansieht,
wenn sie im Einzelfall mit einer starken Landschaftsbelastung verbunden
sind, mit den erwähnten Erwägungen des Bundesgerichts vereinbar ist,
kann jedoch aus den in E. 3 angeführten Gründen letztlich offenbleiben.

Erwägung 5

    5.- Zu prüfen bleibt, ob entsprechend der Argumentation der
Beschwerdegegner als Begründung des verwaltungsgerichtlichen Urteils zu
substituieren wäre, dass es sich beim streitigen Unterstand lediglich um
eine sogenannte "Gerätekiste" handle, wie sie der Gemeinderat gemäss einer
am verwaltungsgerichtlichen Augenschein dargelegten Praxis zu akzeptieren
pflege. Hievon kann jedoch nicht die Rede sein. Der Gemeinderat selber
hat diese "Gerätekisten" ausdrücklich in Gegensatz zu den hier streitigen
Häuschen und Unterständen gestellt. Er erachtet diesen Ausnahmetatbestand
im vorliegenden Fall gerade nicht als gegeben. Bei einem Unterstand, der
2,4 m lang, 1,5 m breit und bis zu 1,6 m hoch ist, kann von einer blossen
"Kiste", wie sie etwa zur Aufbewahrung von Kies für den Strassenunterhalt
dient, vernünftigerweise nicht mehr gesprochen werden.

Erwägung 6

    6.- Wurde die Zonenkonformität des Gerätehäuschens klarerweise zu
Unrecht bejaht und lässt sich dieses auch nicht als blosse "Gerätekiste"
betrachten, so stellt sich die Frage, ob der Unterstand gestützt auf
Art. 24 Abs. 1 RPG zu bewilligen wäre. Nach dieser Vorschrift kann eine
Ausnahmebewilligung dann erteilt werden, wenn der Zweck der Baute einen
Standort ausserhalb der Bauzone erfordert (lit. a) und wenn dem Vorhaben
keine überwiegenden Interessen entgegenstehen (lit. b).

    a) Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung darf die
Standortgebundenheit nur dann bejaht werden, wenn eine Baute aus
technischen oder betriebswirtschaftlichen Gründen oder wegen der
Bodenbeschaffenheit auf einen bestimmten Standort ausserhalb der Bauzone
angewiesen ist. Dabei beurteilen sich die Voraussetzungen nach objektiven
Massstäben, und es kann weder auf die subjektiven Vorstellungen und Wünsche
des Einzelnen noch auf die persönliche Zweckmässigkeit und Bequemlichkeit
ankommen (BGE 111 Ib 217 E. 3b mit Hinweisen).

    Die Errichtung der fraglichen Baute wurde damit begründet,
sie sei erforderlich, um die Geräte für die Bewirtschaftung der
Parzelle der Beschwerdegegnerin M. aufzubewahren. Das ist aber keine
betriebswirtschaftliche Notwendigkeit. Bei dem Grundstück handelt es sich
um Grasland, das mit Obstbäumen und Beerenstauden bepflanzt ist. Wie die
Beschwerdeführerin und das Bundesamt für Raumplanung mit Recht ausführen,
sind für die Bewirtschaftung eines solchen Areals verhältnismässig wenig
Gerätschaften notwendig. Sie können mitgeführt werden. Es braucht für die
Bewirtschaftung der Parzelle nicht mehr Geräte, als in einer Gerätekiste
Platz finden, die der Gemeinderat gestattet. Ein Gerätehäuschen, wie
es die Beschwerdegegner errichtet haben, ist für die Bewirtschaftung
des Grundstücks somit nicht erforderlich. Zudem wäre es nicht nötig,
einen Geräteschuppen auf dem fraglichen Areal zu erstellen, das sich
in der Landwirtschaftszone befindet; wie das Bundesamt für Raumplanung
zutreffend ausführt, müsste in der nahe gelegenen Bauzone eine Gelegenheit
für die Aufbewahrung der Gerätschaften gesucht werden, wenn das wirklich
notwendig wäre. Es kann demnach nicht gesagt werden, die hier in Frage
stehende Baute sei auf einen Standort ausserhalb der Bauzone angewiesen.

    b) Auch die zweite in Art. 24 Abs. 1 RPG genannte Voraussetzung,
dass dem Bauvorhaben keine überwiegenden Interessen entgegenstehen, ist
im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Wie die vorangehenden Ausführungen
zeigen, kommt dem Interesse der Beschwerdegegner an der Erhaltung
des Gartenhäuschens nur ein geringes Gewicht zu. Anderseits besteht
ein erhebliches öffentliches Interesse daran, dass das Häuschen
beseitigt wird. Würde eine Ausnahmebewilligung erteilt, so könnte sie
bei gleicher Sachlage andern Hobbylandwirten nicht verweigert werden,
und es bestünde die Gefahr, dass das Landwirtschaftsgebiet weitgehend
zu einem Schrebergartenareal werden könnte und damit seinen Charakter
verlöre. Dass solche Bauten im Landschaftsbild störend wirken, ist nicht zu
bestreiten. Es kommt hinzu, dass die Gemeinde eine Zone für Familiengärten
ausgeschieden hat, womit auch Nichtlandwirten die Gelegenheit zur Bebauung
des Bodens gegeben ist. Um so grösser ist das öffentliche Interesse daran,
dass die Landwirtschaftszone nicht für zonenfremde Bauten missbraucht
wird. Dem Interesse der Beschwerdegegner steht somit ein überwiegendes
öffentliches Interesse entgegen, so dass auch unter diesem Gesichtswinkel
gesehen eine Ausnahmebewilligung ausgeschlossen ist.