Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 112 IB 377



112 Ib 377

61. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 7.
November 1986 i.S. Werner Kiefer gegen Regierungsrat des Kantons
Basel-Landschaft (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die baulichen Massnahmen im
Zivilschutz (BMG): Ersatzbeitrag bei Umbauten.

    Die Schutzraumbaupflicht bzw. die Ersatzbeitragspflicht beschränkt sich
auf wesentliche Umbauten von Gebäuden mit unterirdischen Kellergeschossen;
Begriff des Kellergeschosses.

Sachverhalt

    A.- In der Baubewilligung für den Um- und Ausbau eines Bauernhauses
mit Scheune in ein Wohnhaus wurde Werner Kiefer auf der Grundlage
des Bundesgesetzes über die baulichen Massnahmen im Zivilschutz
(Schutzbautengesetz (BMG); SR 520.2) verpflichtet, einen Ersatzbeitrag
an die Erstellung öffentlicher Zivilschutzbauten zu leisten.

    In einer Beschwerde an die Baudirektion und anschliessend an
den Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft wandte sich Werner
Kiefer erfolglos dagegen, dass seine nicht mit einem unterirdischen
Kellergeschoss versehene Liegenschaft der Schutzraumbaupflicht bzw. der
Ersatzbeitragspflicht unterstellt worden war.

    Eine gegen den Regierungsratsentscheid gerichtete
Verwaltungsgerichtsbeschwerde heisst das Bundesgericht gut.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Nach Art. 2 Abs. 1 BMG hat der Hauseigentümer beim Umbau einer
bestehenden Liegenschaft einen Schutzraum zu erstellen bzw. einen
entsprechenden Ersatzbeitrag an eine öffentliche Zivilschutzbaute
zu leisten (Art. 2 Abs. 3 BMG), wenn der Umbau ein Gebäude mit einem
Kellergeschoss betrifft und das Umbauvorhaben im Verhältnis zum bestehenden
Gebäude wesentlich ist.

    Der Beschwerdeführer bestreitet die vom Regierungsrat in seinem
Entscheid festgestellte Pflicht zur Erstellung eines Schutzraumes. Obwohl
der Architekt in den Bauplänen drei ebenerdige Räume als Keller bezeichnet
habe, handle es sich dabei nicht um ein Kellergeschoss im Sinne von
Art. 2 Abs. 1 BMG. Während der Beschwerdeführer für die Beurteilung der
Schutzraumbaupflicht auf eine bautechnische Definition des Kellergeschosses
abstellen will, stützt sich der regierungsrätliche Entscheid aus Gründen
der Rechtsgleichheit sowie entsprechend der Zwecksetzung des Zivilschutzes
auf eine funktionale Definition. Danach umfasse ein Kellergeschoss Räume,
die nicht zu Wohnzwecken verwendet würden, sondern die als Abstellräume,
Bastelräume, Waschküchen etc. oder eben gemeinhin als "Keller" Verwendung
fänden. Immerhin verlange auch diese Definition, dass die Räume zumindest
teilweise im Erdreich lägen. Massgebend sei jedoch der Umstand, dass es
sich um Räume handle, die für andere Zwecke als das Wohnen benützt würden.

Erwägung 4

    4.- a) Sowohl der basellandschaftliche Regierungsrat in seinem
Entscheid als auch das Bundesamt für Zivilschutz in seiner Vernehmlassung
gehen zu Recht davon aus, dass sich die in Art. 2 Abs. 1 BMG enthaltene
Formulierung "üblicherweise mit Kellergeschossen versehen" nur auf
Neubauten und nicht auch auf Umbauten bezieht. Bei den wesentlichen
Umbauten soll nach dem Wortlaut des Gesetzes eine Pflicht zur Erstellung
eines Schutzraumes nur bestehen, wenn das fragliche Gebäude tatsächlich
mit Kellergeschossen versehen ist. Weder das Schutzbautengesetz noch die
Schutzbautenverordnung enthalten nähere Bestimmungen darüber, ob bei der
Beurteilung des Kellergeschosses in einer bestehenden Liegenschaft auf
eine funktionale oder auf eine bautechnische Definition abzustellen ist.

    d) Der Einbau eines Schutzraumes kann - wie auch der
basellandschaftliche Regierungsrat in seinem Entscheid erwähnt - nur
dort als sinnvoll angesehen werden, wo unterirdische Räume zur Verfügung
stehen. Ist bei einem bestehenden Gebäude kein zumindest grösstenteils
unter der Erde liegendes Geschoss vorhanden, so erscheint der Einbau
eines Schutzraumes, wenn nicht schon technisch als undurchführbar, so
doch regelmässig als mit einem unverhältnismässigen Aufwand verbunden. Der
Hauseigentümer wäre praktisch verpflichtet, unter dem bestehenden Gebäude
ein Kellergeschoss anzulegen. Dies wollte der Gesetzgeber jedoch gerade
vermeiden, indem er bei einem bestehenden Gebäude - im Gegensatz zu
einem Neubau - eine Schutzraumbaupflicht nur entstehen lassen wollte, wo
der Einbau (mit einem verhältnismässigen Aufwand) in einem vorhandenen
unterirdischen Geschoss tatsächlich möglich ist. Der Gesetzgeber hatte
nicht die Absicht, zeitgemässe Verbesserungen oder auch die Schaffung von
mehr Wohnraum in einem bestehenden Gebäude durch die Schutzraumbaupflicht
unverhältnismässig zu erschweren.

    Der Begriff des Kellergeschosses in Art. 2 Abs. 1 BMG ist folglich
dahingehend zu verstehen, dass bei einem wesentlichen Umbau eine
Schutzraumbaupflicht nicht schon eintritt, wenn oberirdische,
funktional als Keller genutzte Räume vorhanden sind. Die vom
basellandschaftlichen Regierungsrat und vom Bundesamt für Zivilschutz
vertretene Auffassung würde den vom Gesetzgeber unter dem Blickwinkel des
Grundsatzes der Verhältnismässigkeit angestellten Überlegungen geradezu
zuwiderlaufen. Insbesondere kann bei der Beurteilung der Zumutbarkeit des
Schutzraumeinbaus keine Rolle spielen, ob grösstenteils oberirdische Räume
funktional als Keller oder zu irgendeinem anderen Zweck genutzt werden. So
oder so wäre der Hauseigentümer - mangels eines unterirdischen Geschosses
- verpflichtet, unter dem bestehenden Gebäude ein weiteres Geschoss
anzulegen. Zudem würde die von der Vorinstanz angestrebte Lösung die
vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollte Unterscheidung zwischen Neubauten
und wesentlichen Umbauten weitgehend zunichte machen, denn überall dort,
wo ein Gebäude entsprechend seiner Nutzung als üblicherweise mit einem
Kellergeschoss versehen zu gelten hat, sind wohl ausnahmslos unter- oder
oberirdische Räume vorhanden, die funktional als Keller genutzt werden.

    e) Die vom Regierungsrat und vom Bundesamt für Zivilschutz in diesem
Zusammenhang geltend gemachten Abgrenzungsprobleme bei Hanglagen und die
daraus sich ergebenden angeblichen Rechtsungleichheiten vermögen nichts
daran zu ändern, dass die Schutzraumbaupflicht bei einem Umbau nur besteht,
wenn ein unterirdisches Kellergeschoss vorhanden ist.

    Grundlage für die Erhebung des Ersatzbeitrages ist - wie bereits
dargelegt - nicht der Umbau eines Gebäudes für sich alleine, sondern
die sich aus Art. 2 Abs. 1 BMG ergebende Pflicht, einen Schutzraum zu
erstellen. Wenn die gesetzlichen Vorschriften eine Schutzraumbaupflicht
nur beim Umbau eines Gebäudes mit (unterirdischem) Kellergeschoss anordnen,
kann der Hauseigentümer, dessen Liegenschaft nur oberirdische Kellerräume
aufweist, nicht über den Grundsatz der Rechtsgleichheit zum Geldersatz
für eine Pflicht herangezogen werden, die ihm nach den einschlägigen
gesetzlichen Bestimmungen in natura nicht obliegt.

    Solange der Gesetzgeber im Schutzbautengesetz den Schutzraumbau als
Regel und die Abgeltung in Form eines Ersatzbeitrages auch bei Umbauten
als Ausnahme formuliert belässt, sind die rechtsanwendenden Behörden
im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismässigkeit verpflichtet,
eine Liegenschaft mit einem unterirdischen Kellergeschoss im Rahmen
des Schutzbautengesetzes anders zu behandeln als eine Liegenschaft mit
oberirdisch angelegten Kellerräumen.