Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 112 IB 277



112 Ib 277

46. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 16.
Dezember 1986 i.S. Vital Steiner, Hugo Bircher und Walter Roshardt
gegen Walter Inderbitzin, Gemeinderat Freienbach sowie Regierungsrat und
Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste

    Art. 24 Abs. 2 RPG; Vergrösserung.

    Die Möglichkeit, zonenwidrige Bauten und Anlagen ausserhalb der
Bauzonen nach Art. 24 Abs. 2 RPG in bescheidenem Umfang zu vergrössern,
darf nur einmal benützt werden (E. 5).

    Art. 24 Abs. 1 RPG; Ausnahmebewilligung für einen Altmaterialbetrieb.

    1. Ein Altmateriallagerplatz erfordert keinen Standort ausserhalb
der Bauzonen (E. 6a).

    2. Allein aus dem Bestand einer ausnahmsweise bewilligten Baute
oder Anlage lässt sich nach Treu und Glauben kein Anspruch auf Erteilung
weiterer Ausnahmebewilligungen nach Art. 24 Abs. 1 RPG ableiten (E. 6b).

Sachverhalt

    A.- Walter Inderbitzin ist Eigentümer der Liegenschaft KTN 2111 im
Tal, Pfäffikon SZ, auf dem Gebiet der Gemeinde Freienbach. Das Grundstück
befindet sich ausserhalb der Bauzonen im übrigen Gemeindegebiet. Am
26. Juni 1978 erteilte der Regierungsrat des Kantons Schwyz dem
Grundeigentümer unter verschiedenen Auflagen und Bedingungen die
Bewilligung, auf dieser Parzelle einen Lagerplatz für Altmaterialien zu
errichten. Am 1. September 1978 bewilligte auch der Gemeinderat Freienbach
das Vorhaben. Beide Bewilligungen blieben unangefochten.

    Walter Inderbitzin beabsichtigt, seinen Altmaterialbetrieb durch
den Bau einer Einstellhalle zu ergänzen. Der Regierungsrat des Kantons
Schwyz bewilligte das Vorhaben mit Beschluss vom 18. Oktober 1983. Das
Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz wies eine dagegen gerichtete
Beschwerde mit Entscheid vom 10. April 1984 zur Hauptsache ab. Vital
Steiner, Hugo Bircher und Walter Roshardt führen gegen diesen Entscheid
Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht. Dieses heisst die
Beschwerde gut, soweit sie sich gegen den Bau der Einstellhalle richtet.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 5

    5.- Gestützt auf Art. 24 Abs. 2 RPG wurde dem Beschwerdegegner
auch der Bau einer Einstellhalle mit einer Grundfläche von 132 m2 und
Fassadenhöhen von 3,30 m und 4,30 m ausnahmsweise bewilligt. In dieser
Halle sollen Mulden für Kleinschrott und geschlossene Chromstahlmulden
für wassergefährdende Flüssigkeiten untergebracht werden.

    Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung darf die Möglichkeit,
zonenwidrige Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen in bescheidenem
Umfang zu vergrössern, nur einmal benützt werden (Urteil des Bundesgerichts
vom 11. Mai 1982 i.S. Soller, veröffentlicht in Informationshefte BRP,
3/82, S. 28, und BR 4/82, S. 81; ZBl 84 1983, S. 462). Der heutige
Lagerplatz des Beschwerdegegners gehörte früher einer Baufirma. Die am
26. Juni 1978 dem Beschwerdegegner erteilte Bewilligung zur Änderung des
Lagerplatzes für Baumaterialien in einen Lagerplatz für Altmaterialien
mit Kran und Kranbahn, einer kleinen Metallschere, sechs Boxen und
einem Muldenplatz für die Sortierung von Altmetall umfasst bereits
eine erste teilweise Änderung im Sinne von Art. 24 Abs. 2 RPG. Jene
Bewilligung stützt sich zwar noch auf Art. 20 GSchG; da aber Art. 24 RPG
die frühere Ordnung von Art. 20 GSchG im wesentlichen übernommen hat,
ist die schon im Jahre 1978 bewilligte Einrichtung eines Lagerplatzes für
Altmaterialien auf dem früheren Lagerplatz einer Baufirma als teilweise
Änderung im Sinne von Art. 24 Abs. 2 RPG zu betrachten, die zusammen mit
der ebenfalls nach Art. 24 Abs. 2 RPG zu bewilligenden Schrottschere mit
zugehörigen Lärmschutzbauten die Bewilligung weiterer Änderungen dieser
Art ausschliesst.

    Die Einstellhalle darf daher nur dann ausnahmsweise bewilligt werden,
wenn die Voraussetzungen von Art. 24 Abs. 1 RPG erfüllt sind.

Erwägung 6

    6.- Wie erwähnt, setzt Art. 24 Abs. 1 RPG voraus, dass der Zweck
der Baute oder Anlage einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert
(lit. a) und keine überwiegenden Interessen entgegenstehen (lit. b). Beide
Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein (BGE 110 Ib 265 E. 4;
108 Ib 363 E. 4d, 366 E. 6).

    Nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist der
Altmateriallagerplatz und damit auch die geplante Einstellhalle unter
den gegebenen besonderen Umständen standortgebunden. Die Beschwerdeführer
bestreiten das. Ihrer Ansicht nach mag es zwar durchaus zutreffen, dass
die Einstellhalle für den Beschwerdegegner aus betrieblichen Gründen
wünschbar ist. Doch kann das ihren Ausführungen gemäss kein objektiver,
sachlicher Grund für eine Bejahung der Standortgebundenheit sein, da
private Interessen persönlicher und finanzieller Art eine solche nicht
zu begründen vermöchten.

    a) Ein Altmaterialbetrieb wie der vorliegend zu beurteilende erfordert
offensichtlich keinen Standort ausserhalb der Bauzonen. Er gehört vielmehr
in eine Industriezone. Dort wäre er im übrigen zonenkonform und könnte
sich entsprechend den betrieblichen Bedürfnissen ausdehnen. Daran vermag
auch der Einwand des Beschwerdegegners nichts zu ändern, wonach es bei
seinem Lagerplatz um einen typischen Gewerbebetrieb gehe, der keinerlei
industriellen Merkmale aufweise. Selbst wenn von einem gewerblichen Betrieb
gesprochen werden könnte, würde das an der fehlenden Standortgebundenheit
nichts ändern.

    Wie das Bundesamt für Raumplanung zutreffend darlegt, verfügt die
Gemeinde Freienbach über Gewerbe- und Industriezonen. Zudem kommen
für die Entsorgung der Region March/Höfe auch Standorte ausserhalb
der Gemeinde Freienbach in Frage. Wie das Bundesgericht in dem vom
Verwaltungsgericht zitierten Urteil vom 14. Februar 1979 (ZBl 80/1979,
S. 354) noch zu Art. 20 GSchG ausgeführt hat, vermag der Umstand,
dass für ein Objekt aus irgendwelchen Gründen in der geeigneten Zone
nicht ohne weiteres eine zweckmässige Parzelle gefunden werden kann,
eine Ausnahmebewilligung für Bauten oder Anlagen ausserhalb der Bauzonen
nicht zu rechtfertigen. Andernfalls würde die Ausnahmevorschrift gerade
besonders grossen und immissionsträchtigen Industriebetrieben die
Ansiedlung ausserhalb der Bauzonen ermöglichen. Hieran ist auch unter
der Herrschaft des Bundesgesetzes über die Raumplanung festzuhalten;
die Erwägung trifft ohne weiteres auf Art. 24 RPG zu.

    b) Im weitern widerspricht es keineswegs Treu und Glauben,
dem Bauprojekt des Beschwerdegegners für die Einstellhalle heute die
Ausnahmebewilligung nach Art. 24 Abs. 1 RPG zu verweigern, obwohl die
Behörden den Altmateriallagerplatz im Jahre 1978 bewilligt hatten. Wie die
Beschwerdeführer zutreffend ausführen, musste der Beschwerdegegner damals
bei der Erteilung der Ausnahmebewilligung wissen, dass die Nutzungsordnung
seinem Betrieb Grenzen setzt, und dass er im übrigen Gemeindegebiet nur
in ganz geringem Umfang würde expandieren können.