Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 112 IA 221



112 Ia 221

36. Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 17. September 1986
i.S. Rudolf Bautz gegen Kantonsrat Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste

    Art. 85 lit. a OG; Finanzreferendum; Börsenneubau mit Wohn-, Büro-
und Ladentrakt.

    1. Legitimation zur Stimmrechtsbeschwerde (E. 1a).

    Mit der Stimmrechtsbeschwerde kann geltend gemacht werden, eine Vorlage
enthalte zu Unrecht nicht alle Ausgaben für ein Projekt, selbst wenn
der beantragte Kredit für sich allein bereits dem Referendum untersteht
(E. 1b).

    Auch die Stimmrechtsbeschwerde ist grundsätzlich kassatorischer Natur
(E. 1c).

    2. Kognition des Bundesgerichts bei Stimmrechtsbeschwerden (E. 2).

    3. Zweck und Gegenstand des Finanzreferendums; Begriff der "Ausgabe"
und der "Anlage" (E. 2a).

    Die Finanzierung des Wohn-, Büro- und Ladentrakts des Börsenneubaus
durch die Beamtenversicherungskasse des Kantons Zürich stellt eine Anlage
im Sinne der Rechtsprechung dar (E. 2a).

    4. Es liegt im pflichtgemässen Ermessen des Kantons, wie er die für
seine Verwaltung erforderlichen Räume beschafft (E. 2b/aa).

    Begriff der "Einheit der Materie" im Rahmen des Finanzreferendums
(E. 2b/bb).

    Der Kanton Zürich war nicht verpflichtet, den Stimmberechtigten
zusammen mit dem Kreditbeschluss für die Mitfinanzierung des Börsentrakts
die künftigen Mietkosten für Büroräumlichkeiten im anderen Teil des
Börsengebäudes zur Genehmigung vorzulegen (E. 2b/bb).

    5. Ausgaben zur Deckung des vom Staat benötigten Raumbedarfs sind
"neu" im Sinne der Rechtsprechung. Der Abschluss von Mietverträgen ist
grundsätzlich referendumspflichtig, wenn die betragsmässigen Grenzen
erreicht werden. Bedeutung einer abweichenden kantonalen Praxis (E. 2c).

Sachverhalt

    A.- Der Kantonsrat Zürich hiess am 1. November 1982 eine Teilrevision
des kantonalen Gesamtplanes gut, wonach die dem Kanton Zürich gehörende
Liegenschaft zwischen dem Bahnhof Selnau und dem städtischen Hallenbad
für Zwecke der Börse sowie der öffentlichen Verwaltung und der Justiz
reserviert ist.

    Für diesen Standort wurde in der Folge ein neues Börsengebäude mit
Geschäfts-, Büro- und Wohntrakt projektiert, dessen Erstellungskosten mit
Fr. 112'843'000.-- veranschlagt sind. Von diesem Betrag entfallen auf den
Börsentrakt Fr. 41'638'000.--, der Rest auf die übrigen Gebäudeteile. Diese
werden durch die kantonale Beamtenversicherungskasse finanziert, wogegen
die Kosten für die Börsenlokalität vom Kanton Zürich (Fr. 24'316'000.--)
und dem Effektenbörsenverein Zürich (Fr. 17'322'000.--) getragen
werden. Am 4. März 1985 beschloss der Kantonsrat Zürich zu diesem Zweck
einen Objektkredit in entsprechender Höhe und unterstellte den Beschluss
der Volksabstimmung. Dieser wurde im Amtsblatt des Kantons Zürich vom
19. April 1985 veröffentlicht.

    Der Kanton Zürich beabsichtigt, Teile des von der
Beamtenversicherungskasse finanzierten Gebäudetraktes für Verwaltungs-
und Justizzwecke zu mieten.

    Rudolf Bautz führt mit Eingabe vom 13. März 1985 staatsrechtliche
Beschwerde und stellt den Antrag, der Beschluss des Kantonsrats sei
insofern aufzuheben resp. abzuändern, als er nur die Fr. 24'316'000.--
Kostenanteil, die auf den Neubau der Börse entfallen, der Volksabstimmung
unterstelle; dem Volk sei der gesamte, auf den Kanton entfallende
Kostenanteil von Fr. 95'521'000.-- zur Bewilligung vorzulegen. Er rügt
eine Verletzung des Stimmrechts (Art. 85 lit. a OG), des Prinzips der
Gewaltenteilung und des Willkürverbots (Art. 4 BV).

    Am 9. Juni 1985 nahmen die Stimmbürger des Kantons Zürich die
Kreditvorlage an.

    Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintreten
kann.

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Das Bundesgericht prüft die Zulässigkeit einer staatsrechtlichen
Beschwerde von Amtes wegen und mit freier Kognition (BGE 106 Ia 152 E. 1):

    a) Bei der vorliegenden staatsrechtlichen Beschwerde handelt es sich
einmal um eine solche betreffend das politische Stimmrecht der Bürger im
Sinne von Art. 85 lit. a OG. Der Beschwerdeführer ist als stimmberechtigter
Einwohner des Kantons Zürich zu einer solchen Beschwerde legitimiert
(BGE 111 Ia 116 E. 1a mit Hinweisen).

    b) Die Stimmrechtsbeschwerde auf dem Gebiete des Finanzreferendums ist
im allgemeinen darauf gerichtet, einen bestimmten Ausgabenbeschluss dem
obligatorischen oder fakultativen Referendum zu unterstellen (vgl. BGE 99
Ia 201 E. 2 mit Hinweisen). Daraus schliesst der Regierungsrat des Kantons
Zürich, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, da der Objektkredit
in jedem Fall dem obligatorischen Referendum unterstehe, unabhängig
davon, ob er sich nur auf die kantonalen Kosten für den Börsentrakt
oder für das Gesamtgebäude beziehe. Sei im Rahmen des obligatorischen
Referendums aber ausschliesslich die Kreditsumme streitig, könne auf eine
Stimmrechtsbeschwerde nur eingetreten werden, wenn durch die reduzierte
Vorlage eine Irreführung der Stimmberechtigten beabsichtigt sei, was
nicht zutreffe, denn die Gesamtaufwendungen von rund Fr. 112'843'000.--
seien in der Abstimmungszeitung mit aller Offenheit dargelegt worden.

    Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Der Standpunkt des
Beschwerdeführers geht dahin, dass nicht ein Kredit von Fr. 24'316'000.--,
sondern ein solcher von Fr. 95'521'000.-- hätte eingeholt werden
müssen. Hierin liegt ein wesentlicher Unterschied, der sich auch
im Abstimmungsergebnis auswirken kann (Urteil des Bundesgerichts
vom 2. Oktober 1985 i.S. W. und Mitbeteiligte c. Kanton Bern, E. 1b,
veröffentlicht im ZBl 1986/87, S. 118). Mit der Stimmrechtsbeschwerde kann
daher geltend gemacht werden, eine Kreditvorlage sei unvollständig, auch
wenn die Ausgabe in jedem Fall dem Referendum untersteht. Beispielsweise
steht die Rüge offen, eine Gesamtvorlage sei quantitativ unrichtig in
gebundene und neue Ausgaben aufgeschlüsselt worden (vgl. BGE 111 Ia 36
E. 4 und 5) oder die Einheit der Materie werde dadurch verletzt, dass
ein einziger, unteilbarer Gegenstand dem Referendum unzulässigerweise in
Etappen unterstellt werde (BGE 105 Ia 89 E. 7c).

    c) Die staatsrechtliche Beschwerde ist grundsätzlich kassatorischer
Natur, d.h. es kann mit ihr nur die Aufhebung des angefochtenen
Entscheides, nicht aber der Erlass positiver Anordnungen durch das
Bundesgericht verlangt werden. Eine Ausnahme ist nur dann gerechtfertigt,
wenn der verfassungsmässige Zustand nicht bereits mit der Aufhebung des
angefochtenen Entscheides herzustellen ist (BGE 111 Ia 123 E. 1b, 47
E. 1c; je mit Hinweisen). Dies gilt auch für die Stimmrechtsbeschwerde
(BGE 107 Ia 219 E. 1b mit Hinweis).

    Wird die Beschwerde gutgeheissen und damit der angefochtene
Kreditbeschluss des Kantonsrates aufgehoben, so ist die vom Regierungsrat
und Kantonsrat des Kantons Zürich vorgesehene Finanzierung des
Bauvorhabens unter Berücksichtigung der bundesgerichtlichen Erwägungen
neu zu ordnen. Positiver Anordnungen bedarf es zur Wiederherstellung des
verfassungsmässigen Zustandes nicht. Soweit die Beschwerde demnach mehr
verlangt als die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, ist auf sie
nicht einzutreten.

    d) Der Beschwerdeführer erblickt eine Willkür darin, dass
vorgesehen ist, Teile des zu erstellenden Gebäudes zu Verwaltungs-
und Justizzwecken zu mieten anstatt zu Lasten des Verwaltungsvermögens
zu erstellen. Sinngemäss rügt er zudem eine willkürliche Anwendung
verschiedener Vorschriften des Gesetzes über den Finanzhaushalt des Kantons
(Finanzhaushaltgesetz) vom 2. September 1979.

    Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, das gerügte
Vorgehen verletze seine Rechte als Stimmbürger, ist er durch die
Stimmrechtsbeschwerde nach Art. 85 lit. a OG hinreichend geschützt. Der
Willkürbeschwerde kommt daneben keine selbständige Bedeutung zu. Soweit
Rechtsverletzungen ausserhalb des Stimmrechts gerügt werden, ist
der Beschwerdeführer nicht zu hören, da offensichtlich andere, ihm
persönlich zustehende, rechtlich geschützte Interessen nicht betroffen
sind. Namentlich dienen die Normen des Finanzhaushaltgesetzes keinen
solchen Individualinteressen. Auf die Willkürbeschwerde ist daher nicht
einzutreten (vgl. BGE 110 Ia 75 E. 2a mit Hinweisen; WALTER KÄLIN, Das
Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, Bern 1984, S. 235).

    e) Im übrigen ist die Stimmrechtsbeschwerde mit Einschluss der Rüge
einer Verletzung des Gewaltenteilungsprinzips frist- und formgerecht
eingereicht worden. Unter den genannten Einschränkungen kann das
Bundesgericht darauf eintreten.

Erwägung 2

    2.- Mit der Stimmrechtsbeschwerde gemäss Art. 85 lit. a OG kann
gerügt werden, ein kantonaler Erlass oder Kredit sei zu Unrecht der
Volksabstimmung entzogen worden. Bei Beschwerden dieser Art prüft das
Bundesgericht nicht nur die Auslegung von Bundesrecht und kantonalem
Verfassungsrecht frei, sondern auch diejenige anderer kantonaler
Vorschriften, welche den Inhalt des Stimm- und Wahlrechts normieren oder
mit diesem in engem Zusammenhang stehen. Die Auslegung anderer kantonaler
Normen sowie die Feststellung des Sachverhaltes durch die kantonalen
Behörden wird dagegen nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür geprüft. In
ausgesprochenen Zweifelsfällen schliesst sich jedoch das Bundesgericht der
von der obersten kantonalen Behörde vertretenen Auffassung an, sofern es
sich dabei um das Parlament oder das Volk handelt (BGE 111 Ia 117 E. 2a,
202 E. 2; vgl. auch 111 Ia 197 E. 4a, 194 E. 2a; je mit Hinweisen).

    a) Der Beschwerdeführer rügt zunächst, der Beitrag der
Beamtenversicherungskasse von Fr. 71'205'000.-- an die Baukosten sei
unzulässigerweise als Anlage qualifiziert und damit der Volksabstimmung
entzogen worden. Auch dieser Betrag stelle vielmehr eine Ausgabe dar und
müsse deshalb zusammen mit dem Anteil des Kantons von Fr. 24'316'000.--
als Gesamtkredit von Fr. 95'521'000.-- dem obligatorischen Referendum
unterstellt werden.

    Der verfassungspolitische Zweck des Finanzreferendums besteht
darin, dem Bürger bei Beschlüssen über erhebliche Ausgaben, die ihn als
Steuerzahler mittelbar treffen, ein Mitspracherecht zu sichern (BGE
97 I 824 E. 4). Gegenstand des Referendums sind mithin Aufwendungen
des Gemeinwesens, die geeignet sind, die steuerliche Belastung zu
beeinflussen. Ausgehend von diesem Gedanken und von der klassischen
Einteilung staatlicher Vermögenswerte in Finanzvermögen (Sachen,
die dem Gemeinwesen durch ihren Kapital- oder Ertragswert dienen) und
Verwaltungsvermögen (Sachen, die dem Gemeinwesen durch ihren Gebrauchswert
dienen), haben Lehre und Rechtsprechung das Begriffspaar der "Anlage"
und der "Ausgabe" entwickelt. Eine Anlage ist dabei gegeben, wenn einer
staatlichen Aufwendung ein frei realisierbarer Wert gegenübersteht,
wenn also das erzielte Resultat nicht von Rechts wegen zu einer
Verwendung bestimmt ist, welche, wie diejenige zu Verwaltungszwecken,
seine wirtschaftliche Veräusserung ausschliesst (BGE 93 I 319 E. 5a
mit Hinweisen). Solche Anlagen, die mit der Absicht getätigt werden,
vorhandenes eigenes Vermögen in eine bestimmte wirtschaftliche
Form zu bringen zum Zwecke der Werterhaltung und zur Sicherung
eines angemessenen Ertrages, unterliegen dem Finanzreferendum von
vornherein nicht. Aufwendungen des Gemeinwesens dagegen, welche nicht
den typischen Zweck einer Vermögensanlage verfolgen, denen insbesondere
die Realisierbarkeit abgeht, gelten als Ausgaben (vgl. dazu BGE 99 Ia
201 E. 2a; 97 Ia 823 E. 3; 93 Ia 319 E. 5a; je mit Hinweisen). Nur sie
sind - je nach der kantonalen Kompetenzordnung - dem Finanzreferendum
zu unterstellen, sofern sie als "neu" und nicht als "gebunden"
zu qualifizieren sind. Diesem Begriff der "Ausgabe" entspricht im
wesentlichen das Recht des Kantons Zürich, welches in § 16 Abs. 2 des
Finanzhaushaltgesetzes bestimmt, als Ausgabe gelte die Verwendung von
Finanzvermögen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Dabei ist nicht von
Bedeutung, dass der Begriff des "Finanzvermögens" hier möglicherweise
weiter gefasst wird als in Lehre und Rechtsprechung. Entscheidend ist
die Bezeichnung der "Ausgabe" als Aufwendung zur Erfüllung öffentlicher
Aufgaben, womit ausgeschlossen wird, dass der damit möglicherweise erzielte
Gegenwert wirtschaftlich frei realisierbar ist.

    Die Absicht der Beamtenversicherungskasse, den Wohn-, Büro- und
Ladentrakt des neuen Börsengebäudes mit einem Aufwand von Fr. 71'205'000.--
zu erstellen und weiter zu vermieten, stellt klarerweise eine Anlage
im Sinne der Rechtsprechung dar. Die Versicherungskasse legt das ihr
von den Versicherten und den Arbeitgebern anvertraute Vermögen in einer
Liegenschaft an, um eine angemessene Rendite zu erzielen und die künftigen
Rentenansprüche zu sichern. Sie ist zur Erfüllung ihres gesetzlichen
Auftrages nicht auf die unmittelbare Nutzung der von ihr finanzierten
Gebäudeteile angewiesen. Die Investition stellt für sie eine reine
Kapitalanlage dar. Dabei ist für den vorliegenden Entscheid unerheblich,
wie die Raumgestaltung aussieht und wie die Eigentumsverhältnisse
geordnet sind. Selbst wenn dadurch die optimale wirtschaftliche Nutzung
beeinträchtigt bzw. eine freie Verkäuflichkeit nicht gewährleistet wäre,
würde dies an der freien Realisierbarkeit im vorgenannten Sinn nichts
ändern.

    Der Beschwerdeführer bringt indessen vor, der angefochtene Beschluss
verletze den Grundsatz der finanzrechtlichen Sacheinheit. Zufolge der
Absicht des Kantons Zürich, sich mit Verwaltungs- und Justizabteilungen
im Gebäudeteil der Beamtenversicherungskasse einzumieten, qualifiziere
sich das ganze Börsengebäude als Verwaltungsvermögen. Da es sich um
einen Neubau handle, hätten die gesamten Investitionen abzüglich des vom
Effektenbörsenverein Zürich getragenen Anteils als neue Ausgabe zu gelten,
welche im vollen Umfang dem Finanzreferendum unterlägen. Dieser Einwand
ist näher zu prüfen.

    b) Es ist unbestritten, dass der Kanton Zürich beabsichtigt, Teile
des neu zu erstellenden Gebäudes für Verwaltungs- und Justizzwecke zu
mieten. Dazu ist ein Mietverhältnis mit der Beamtenversicherungskasse
vorgesehen. Da die Investition der Versicherungskasse als reine
Kapitalanlage nicht dem Finanzreferendum unterliegt (E. 2a), ist einzig
zu prüfen, ob der Kanton Zürich berechtigt ist, den Raumbedarf für die
Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben mietweise zu decken, und ob der
Grundsatz der finanzrechtlichen Sacheinheit dadurch verletzt wurde, dass
die künftigen Mietaufwendungen für die Büros im Börsengebäude im Rahmen
des Kreditbeschlusses unberücksichtigt blieben.

    aa) Mit dem Entscheid, eine staatliche Verwaltung aufzubauen oder zu
verlegen, ist noch nicht gesagt, auf welche Weise die für die Erfüllung
der Aufgaben notwendigen Räumlichkeiten zu beschaffen seien. In der Regel
stellt das Gemeinwesen die erforderlichen Räume durch den Bau eigener
Gebäude bereit. Möglich ist aber auch, die benötigten Räumlichkeiten
durch Einmietung in Gebäude Dritter zu besorgen.

    Welche dieser beiden Alternativen der Kanton wählt, liegt grundsätzlich
in seinem pflichtgemässen Ermessen. Das Bundesrecht verpflichtet ihn
nicht, den für die Verwaltung benötigten Raumbedarf primär durch eigene
Gebäude sicherzustellen und zum Mittel des Mietvertrages nur zu greifen,
wenn die rechtlichen oder tatsächlichen Möglichkeiten eines Eigenbaus
nicht bestehen.

    Ebensowenig lässt sich eine solche zwingende Stufenordnung dem vom
Beschwerdeführer angerufenen kantonalen Recht entnehmen. Insbesondere
begründet die Tatsache, dass das fragliche Gebiet nach Massgabe des
kantonalen Gesamtplanes für öffentliche Bauten vorgesehen ist, keine
Verpflichtung des Staates, die zonenkonformen Anlagen auch selbst zu
erstellen. Der Gesamtplan des zürcherischen Rechts ist ein Richtplan
(§§ 28 f. des Gesetzes über die Raumplanung und das öffentliche
Baurecht vom 7. September 1975, PBG). Als bloss behördenverbindliche
Raumplanungsmassnahme ordnet er in den Grundzügen die Nutzung des Bodens
sowie die Besiedlung im Kanton und enthält soweit weitere Feststellungen,
als es die Erfüllung der dem Staat zugewiesenen Aufgaben und die Wahrung
der staatlichen Interessen erfordert (§ 28 Abs. 1 und 3 PBG). Er sagt
somit nur etwas aus über die möglichen Nutzungsarten, nicht jedoch
über die einzelnen Nutzungsträger. Aus dem Gesamtplan vermag daher der
Beschwerdeführer für den vorliegenden Fall nichts zu seinen Gunsten
abzuleiten.

    bb) Zu prüfen ist weiter, ob der Kanton das Stimmrecht dadurch
verletzt hat, dass er die Aufwendungen für die baulichen Investitionen
und für künftige Miete der Büros nicht in einer einheitlichen Vorlage
den Stimmbürgern unterbreitete:

    Aus der Tatsache allein, dass ein und dasselbe Bauvorhaben
verschiedene Investitionen bedingt, ergibt sich noch nicht zwingend,
alle diese Aufwendungen seien auch referendumspflichtig. So ist es
beispielsweise durchaus zulässig, sowohl neue wie gebundene Ausgaben in ein
und dasselbe Vorhaben zu investieren, wobei aber lediglich die neuen für
ein allfälliges Finanzreferendum von Bedeutung sind (BGE 111 Ia 39 E. 5;
Urteil des Bundesgerichts vom 7. Januar 1986 i.S. Th. c. Kanton Bern,
veröffentlicht in BVR 1986, S. 49 ff.).

    Das Bundesrecht enthält den Grundsatz der Einheit der Materie. Für das
Finanzreferendum folgt daraus, dass sich die dem Bürger gestellte Frage
nicht auf mehrere Gegenstände beziehen darf, es sei denn, dass mehrere
Ausgaben sich gegenseitig bedingen oder aber einem gemeinsamen Zweck
dienen, der zwischen ihnen eine enge sachliche Verbindung schafft. Auf der
andern Seite darf ein Gegenstand, der ein Ganzes bildet, nicht künstlich
in Teilstücke aufgeteilt werden, welche je einzeln dem Referendum nicht
unterstehen mit dem Ziel, den Gegenstand dem Referendum zu entziehen
(BGE 105 Ia 89 E. 7c; 104 Ia 427 E. 5a; je mit Hinweisen). Sind die
einen Ausgaben ohne die anderen nicht denkbar, so muss sich das bei der
Kreditgenehmigung einzuschlagende Verfahren nach den Gesamtaufwendungen
richten (BGE 110 Ia 188 E. 4; ZBl 65/1964, S. 492 ff.). Dieser Grundsatz
erfordert, dass beispielsweise bei der Errichtung eines Verwaltungsgebäudes
Land- und Gebäudekosten zusammenzuzählen (BGE 111 Ia 201 ff.) oder
bei zwangsläufig voneinander abhängigen, einmaligen und wiederkehrenden
Investitionen beide zusammen dem Referendum zu unterstellen sind (BGE 110
Ia 182 ff.). Dagegen bestehen gegen eine Aufteilung grosser Bauvorhaben
keine rechtlichen Bedenken, wenn die Zuständigkeit dadurch nicht verschoben
wird und wenn die Ausführung der einzelnen Teile für sich allein gesehen
einen vernünftigen Sinn ergibt, so dass die Freiheit der Stimmbürger,
sich für oder gegen die späteren Etappen auszusprechen, durch den ersten
Entscheid nicht aufgehoben wird (BGE 104 Ia 428 E. 5a). Beispielsweise
wird im Strassenbau eine ungeteilte Vorlage verlangt, wenn die einzelnen
Strassenstücke weitgehend nutzlos wären, sofern die Gesamtanlage nicht
fertiggestellt würde. Dagegen sind getrennte Vorlagen zuzulassen, wenn
die einzelnen Etappen in sich geschlossene, selbständig sinnvolle und
nutzbare Anlagen darstellen (BGE 105 Ia 89 E. 7c mit Hinweisen).

    Bezogen auf den konkreten Fall führen diese Grundsätze zu folgenden
Schlüssen:

    Der Börsen- und der Bürotrakt des projektierten Neubaus stellen wohl
eine bauliche, nicht aber eine funktionelle Einheit dar. Die bauliche
Einheit allein führt aber nicht dazu, dass alle dafür notwendigen
Aufwendungen zusammen dem Referendum unterstellt werden müssen.

    Funktionell sind der Börsen- und der Bürotrakt vollständig unabhängig,
dienen insbesondere ganz verschiedenen Zwecken. Die Errichtung der Börse
ist nicht davon abhängig, dass die in den oberen Stockwerken vorgesehenen
Büroräumlichkeiten der kantonalen Verwaltung und Justiz zur Verfügung
gestellt werden. Der Kanton Zürich ist auch nicht verpflichtet,
gleichzeitig mit der Errichtung einer neuen Börse zusätzliche
Büroräumlichkeiten für eine börsenunabhängige Verwaltung zu bauen. Es
ist deshalb zulässig, die Baufinanzierung und die Mietzinsaufwendungen
getrennt zu beschliessen.

    Bereits die Investition für den Börsentrakt allein unterliegt dem
obligatorischen Finanzreferendum. Dieses wird daher durch die Aufspaltung
der Vorlage nicht umgangen; die Zuständigkeit wird nicht verschoben.

    Die mietweise Übernahme der zu erstellenden Büroräumlichkeiten
durch den Kanton Zürich ist zwar beabsichtigt, steht im Detail aber
noch nicht fest. Auch der Beschwerdeführer macht nicht geltend,
die Vertragsbedingungen, insbesondere der Mietpreis, seien bereits
ausgehandelt. Er selbst weist darauf hin, dass dessen Bemessung von den
Baukosten abhängen wird.

    Der Kanton Zürich war somit nicht verpflichtet, die künftigen
Mietkosten bereits heute dem Stimmbürger zusammen mit dem Kreditbeschluss
über Fr. 24'316'000.-- zur Genehmigung vorzulegen.

    Offenbleiben kann die Frage, ob eine andere Betrachtungsweise
angebracht wäre, wenn durch die an sich zulässige Aufteilung der
Vorlage die Stimmbürger über das Gesamtprojekt irregeführt werden
sollten. Davon kann jedenfalls im vorliegenden Fall keine Rede sein,
weist die Abstimmungszeitung vom 6. März 1985 doch ausdrücklich auf
den Gesamtaufwand, die Finanzierungsabsichten und die vorgesehene Miete
der Büroräumlichkeiten der Beamtenversicherungskasse durch den Kanton
Zürich hin. Dem Stimmbürger war damit ohne weiteres erkennbar, dass die
zu erwartenden Gesamtinvestitionen sich nicht in der Beteiligung des
Kantons an den Baukosten erschöpfen würden.

    c) Der Beschwerdeführer macht jedoch weiter geltend, die
Referendumsbestimmungen würden vorliegend auch deshalb umgangen, weil nach
feststehender zürcherischer Praxis, welche er selbst in Frage stellt, der
Abschluss von Mietverträgen nicht referendumspflichtig sei. Der Bürger
könne somit nie zur Art und Weise Stellung nehmen, wie der Kanton die
Raumbedürfnisse für seine Verwaltung decke. Wie der Regierungsrat stützt
sich auch der Beschwerdeführer dabei auf eine Abhandlung von Z. GIACOMETTI
(Die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden zum Abschluss von langfristigen
Mietverträgen für Verwaltungszwecke, ZBl 59/1958, S. 97 ff.).

    In der Tat hat Giacometti in der zitierten Abhandlung die Ansicht
vertreten, Ausgaben, die für das Unterbringen des staatlichen Personals
notwendig seien, müssten als gebunden betrachtet werden. Lehre und
Praxis haben ihm allerdings die Zustimmung versagt (BGE 95 I 538 E. 4
mit Hinweisen auf die Literatur). Für das Bundesgericht besteht keine
Veranlassung, von der in BGE 95 I 531 ff. vertretenen Auffassung
abzuweichen. Neue und gebundene Ausgaben unterscheiden sich nach der
Bestimmtheit ihrer demokratischen Grundlagen. Dabei kann auch dann, wenn
die Frage, "ob" eine mit Ausgaben verbundene Aufgabe zu erfüllen sei,
weitgehend durch den Grunderlass präjudiziert ist, das "wie" wichtig
genug sein, um die Mitsprache des Volkes zu rechtfertigen. Immer dann,
wenn der entscheidenden Behörde in bezug auf den Umfang der Ausgabe, den
Zeitpunkt ihrer Vornahme oder andere Modalitäten eine verhältnismässig
grosse Handlungsfreiheit zusteht, ist eine neue Ausgabe anzunehmen (BGE
108 Ia 238 E. 3b mit Hinweisen). Die Entscheidung, ob der Staat selber
durch Eigenbauten für die Deckung seines Raumbedarfs sorgen oder sich
mit blosser Miete begnügen soll, ist von grundlegender Tragweite. Die
Stimmbürger haben dadurch, dass sie mit der Einrichtung einer kantonalen
Verwaltung einverstanden waren, zu diesem Entscheid nicht Stellung nehmen
können. Er ist somit nicht schon durch den Grunderlass gedeckt und darf
dem Stimmbürger nicht entzogen werden. Die entsprechenden Ausgaben gelten
daher als neu und unterliegen nach Massgabe der verfassungsmässigen
Grenzen dem Finanzreferendum (BGE 95 I 539 E. 4).

    Der Regierungsrat des Kantons Zürich stellt in seiner
Vernehmlassung fest, nach ausdrücklicher Auffassung des Kantonsrates
und des Regierungsrates falle der Abschluss von Mietverträgen für
gesetzlich festgelegte Verwaltungszwecke, auch wenn sie langfristig
von finanziell erheblicher Bedeutung seien, in die Zuständigkeit des
Regierungsrates als vollziehende Behörde im Sinne der Art. 37 und 40
der Kantonsverfassung. Eine solche, von der dargelegten Auffassung der
neuen und gebundenen Ausgaben abweichende Auslegung wäre beachtlich (BGE
95 I 539 E. 4 mit Hinweisen), indessen ist allein mit dieser Aussage
nicht überzeugend nachgewiesen, dass die zürcherische Verfassungspraxis
Mietaufwendungen generell als gebundene Ausgaben behandelt.

    In bezug auf die vorgesehene mietweise Befriedigung der Raumbedürfnisse
für Verwaltung und Justiz im Börsenneubau ist schon heute festzustellen,
dass die Aufwendungen für die Lokalmiete ebenfalls dem Finanzreferendum
unterstehen werden, sofern die verfassungsmässigen Grenzen erreicht werden
und sofern der Kanton nicht eine eigene, von der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung abweichende und erhebliche Praxis für die Behandlung dieser
Ausgaben als gebundene nachweist.

    d) Der Beschwerdeführer rügt auch eine Verletzung des Prinzips der
Gewaltenteilung, weil ein wesentlicher Teil der Anlagekosten des neuen
Gebäudes zu Unrecht nicht dem obligatorischen Referendum unterstellt,
sondern durch den Regierungsrat zu Lasten der Beamtenversicherungskasse
beschlossen worden sei. Wie die Erwägung 2a zeigt, deckt sich dieser
Einwand mit der in der Stimmrechtsbeschwerde erhobenen Rüge, die
Kreditsumme sei zu niedrig angesetzt worden. Es kommt ihm im vorliegenden
Beschwerdeverfahren somit keine selbständige Bedeutung zu.