Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 112 IA 208



112 Ia 208

35. Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 17. September
1986 i.S. Kritisches Forum Schwyz und Mitbeteiligte gegen Regierungsrat
des Kantons Schwyz (staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Stimmrechtsbeschwerde (Art. 85 lit. a OG); Initiative auf
Partialrevision der Verfassung des Kantons Schwyz (§§ 103 ff. der
Verfassung des eidgenössischen Standes Schwyz vom 23. Oktober 1898).

    1. Beschwerdelegitimation Einzelner und einer politischen Partei
(E. 1a). Der Stimmbürger hat nicht nur Anspruch darauf, dass kein
Abstimmungsresultat anerkannt wird, das nicht den freien Willen der
Stimmberechtigten zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck bringt,
sondern auch darauf, dass ein ordnungsgemäss zustande gekommenes
Abstimmungsergebnis (oder eine ordnungsgemäss zustande gekommene Wahl) auch
anerkannt wird (E. 1b). Auch die Stimmrechtsbeschwerde ist grundsätzlich
kassatorischer Natur (E. 1c).

    2. Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts bei Stimmrechtsbeschwerden.

    Auslegung der Verfassung (E. 2a), vorliegend der §§ 103
ff. KV. Aufgrund der grammatikalischen und der historischen Methode ergibt
sich, dass der Kanton Schwyz die Volksinitiative auf Partialrevision
seiner Verfassung nur in der Form der allgemeinen Anregung, nicht auch
in derjenigen des ausgearbeiteten Entwurfes kennt (E. 2b-e und 3);
Vertrauensschutz (E. 4)?

Sachverhalt

    A.- Am 29. Dezember 1982 wurde im Kanton Schwyz eine mit 3463
gültigen Unterschriften versehene "Volksinitiative für die Erhaltung
unserer Schwyzer Landschaften" eingereicht. Die Initianten verlangten,
die Kantonsverfassung wie folgt zu ergänzen:

    "Paragraph 13, Abs. 4:

    Unter dem Vorbehalt der Rechte bestehender Bauten ist der Kantonsrat
   verpflichtet, innerhalb von zwei Jahren das Kantonsgebiet nach folgenden

    Richtlinien in Landwirtschafts- oder Schutzzonen im Sinne von
Art. 16 und

    17 des Bundesgesetzes über die Raumplanung einzuteilen:

    - auf landwirtschaftlich genutztem Land ausserhalb von Bauzonen
   dürfen nur Bauten bewilligt werden, die der existenzsichernden
   landwirtschaftlichen Nutzung oder dem überwiegenden öffentlichen
   Interesse dienen und das Landschaftsbild nicht stören.

    - sämtliche Gebiete, die nach dem generellen Inventar und im Sinne
   der Ziele des Landschaftsschutzkonzeptes 1974 (Kantonsplanung Bd. 3)
   als schützenswert gelten, sind zu Landwirtschafts- oder Schutzzonen
   zu erklären.

    Einzelheiten bestimmt das Gesetz.

    Übergangsbestimmung: bis zum Erlass der entsprechenden Gesetzgebung
   dürfen keine weiteren Baubewilligungen ausserhalb von Bauzonen erteilt
   werden. Vorbehalten bleiben noch nicht eingezonte, aber bereits
   überbaute und als vorläufige Bauzonen ausgeschiedene Gebiete."

    Die Schwyzer Stimmbürger nahmen in der Volksabstimmung vom
22. September 1985 das Initiativbegehren gegen die Empfehlung des
Regierungs- und des Kantonsrats mit 14'166 Ja gegen 12'363 Nein an.

    In Erwägung, dass im Kanton Schwyz Initiativbegehren auf
Partialrevision der Verfassung nach geltendem Recht nur in der
Form der allgemeinen Anregung zulässig seien, nicht aber in jener des
ausgearbeiteten Entwurfes, beschloss der Regierungsrat am 15. Oktober 1985,
dem Kantonsrat eine Vorlage für eine formulierte Verfassungsbestimmung
zum Initiativbegehren "zur Erhaltung unserer Schwyzer Landschaften"
zuzuleiten, die vom Kantonsrat ausgearbeitete Verfassungsbestimmung zu
gegebener Zeit der Volksabstimmung zu unterbreiten und nach ihrer Annahme
um die Gewährung der Bundesversammlung nachzusuchen. Dieser Beschluss
wurde im Amtsblatt des Kantons Schwyz vom 18. Oktober 1985 publiziert.

    Das Kritische Forum Schwyz und vier im Kanton stimmberechtigte
Einzelpersonen führen gegen den Beschluss des Regierungsrates
staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der politischen Rechte
(Art. 85 lit. a OG). Sie stellen folgende Anträge:

    "Der Beschluss des Regierungsrates des Kts. Schwyz vom 15. Okt. 1985
   betr. Initiativbegehren "zur Erhaltung unserer Schwyzer Landschaften"
   sei aufzuheben, und der Regierungsrat sei zu verpflichten, die in der

    Volksabstimmung vom 22. Sept. 1985 angenommenen Verfassungsbestimmungen
   (§ 13 Abs. 4 KV) in Rechtskraft zu setzen und in die Gesetzessammlung
   aufzunehmen."

    Zur Begründung führen sie im wesentlichen aus, die Volksinitiative auf
Partialrevision der Schwyzer Verfassung sei zulässigerweise in der Form
eines formulierten Vorschlages eingereicht und durch die Stimmbürger als
solche angenommen worden. Durch die Behandlung als allgemeine Anregung
und durch den Vorbehalt einer zweiten Verfassungsabstimmung werde ihr
Stimmrecht verletzt.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Das Bundesgericht prüft die Zulässigkeit einer staatsrechtlichen
Beschwerde von Amtes wegen und mit freier Kognition (BGE 106 Ia 152 E. 1).

    a) Die Beschwerdeführer 2 bis 5 sind unbestrittenermassen
stimmberechtigte Einwohner des Kantons Schwyz. Als solche sind sie zur
Stimmrechtsbeschwerde im Sinne von Art. 85 lit. a OG legitimiert (BGE
111 Ia 116 E. 1a mit Hinweisen).

    Die politischen Parteien sind nach der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung befugt, kantonale Abstimmungen und Wahlen mit
staatsrechtlicher Beschwerde nach Art. 85 lit. a OG anzufechten,
sofern sie im betreffenden Kanton tätig sind und sich als juristische
Person konstituiert haben (Pra 1986, Nr. 31, E. 2b mit Hinweis). Der
Beschwerdeführer 1 erfüllt diese Voraussetzungen; auch er ist zur
Stimmrechtsbeschwerde legitimiert.

    b) Das politische Stimmrecht im Sinne von Art. 85 lit. a OG gibt
dem Bürger einen Anspruch darauf, dass kein Abstimmungsresultat
anerkannt wird, das nicht den freien Willen der Stimmberechtigten
zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck bringt (BGE 111 Ia 198 E. 2b
mit Hinweis). Positiv ausgedrückt hat der Stimmbürger aber auch Anspruch
darauf, dass ein ordnungsgemäss zustande gekommenes Abstimmungsergebnis
(oder eine ordnungsgemäss zustande gekommene Wahl) anerkannt wird. In
Konkretisierung dieses Rechts hat das Bundesgericht in BGE 100 Ia 381
entschieden, Initianten könnten sich mit der Stimmrechtsbeschwerde dagegen
zur Wehr setzen, dass durch ein unzulässiges Vorgehen der Behörde bei
Abstimmungsfragen die Wirkungen der Annahme eines Volksbegehrens verhindert
würden. Vorliegend sind nicht direkt Abstimmungsfragen streitig. Der
Regierungsrat hat aber, indem er in seinem Beschluss vom 15. Oktober 1985
das von den Stimmbürgern angenommene Initiativbegehren als allgemeine
Anregung qualifizierte, die Initianten gleichwohl um die direkten Wirkungen
ihres Volksbegehrens gebracht: Dessen Text wird nicht unmittelbar zur
Verfassungsbestimmung, sondern bedarf einer weiteren ausformulierten
Vorlage, welche nochmals der Volksabstimmung zu unterbreiten ist. Mit der
Stimmrechtsbeschwerde kann somit die Rüge erhoben werden, eine formulierte
Initiative lediglich als allgemeine Anregung und eine vom Volk angenommene
verbindliche Verfassungsbestimmung als blossen Auftrag zur Ausarbeitung
einer Abstimmungsvorlage zu behandeln, verletze die Verfassung.

    c) Die staatsrechtliche Beschwerde ist grundsätzlich kassatorischer
Natur, d.h. es kann mit ihr nur die Aufhebung des angefochtenen
Entscheides, nicht aber der Erlass positiver Anordnungen durch das
Bundesgericht verlangt werden. Eine Ausnahme ist nur dann gerechtfertigt,
wenn der verfassungsmässige Zustand nicht bereits mit der Aufhebung
des angefochtenen Entscheides herzustellen ist (BGE 111 Ia 123 E. 1b,
47 E. 1c; je mit Hinweisen). Dies gilt auch für die Stimmrechtsbeschwerde
(BGE 107 Ia 219 E. 1b mit Hinweis). Sollte sich die vorliegende Beschwerde
als begründet erweisen, so würde der verfassungsmässige Zustand erreicht,
wenn der angefochtene Beschluss des Regierungsrates, in welchem dieser dem
Abstimmungsergebnis über die Volksinitiative nicht die ihm gebührende
materielle Bedeutung beigemessen hätte, aufgehoben würde. Positive
Anordnungen auf pflichtgemässen Vollzug des Abstimmungsergebnisses dagegen
wären nicht notwendig. Soweit die Beschwerdeführer daher mehr verlangen
als die Aufhebung des angefochtenen Regierungsratsbeschlusses, ist auf
die Beschwerde nicht einzutreten.

    d) Der Beschluss des Regierungsrates des Kantons Schwyz vom 15. Oktober
1985 stellt einen letztinstanzlichen kantonalen Entscheid gemäss Art. 86
Abs. 1 OG dar.

    Auf die im übrigen frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde
kann im aufgezeigten Umfange eingetreten werden.

Erwägung 2

    2.- a) Bei Stimmrechtsbeschwerden prüft das Bundesgericht nicht nur
die Auslegung von Bundesrecht und kantonalem Verfassungsrecht frei,
sondern auch diejenige anderer kantonaler Vorschriften, welche den
Inhalt des Stimm- und Wahlrechts normieren oder mit diesem in engem
Zusammenhang stehen. Die Auslegung anderer kantonaler Normen sowie die
Feststellung des Sachverhaltes durch die kantonalen Behörden wird dagegen
nur unter dem Gesichtswinkel des Willkürverbots geprüft. In ausgesprochenen
Zweifelsfällen schliesst sich das Bundesgericht indessen selbst bei freier
Kognition der von der obersten kantonalen Instanz vertretenen Auffassung
an, sofern es sich dabei um das Volk oder das Parlament handelt (BGE 111
Ia 117 E. 2a mit Hinweisen).

    Gegenstand der vorliegenden Beschwerde ist die Frage, ob der Kanton
Schwyz das Institut der formulierten Verfassungsinitiative kennt. Sie ist
durch Auslegung der einschlägigen Verfassungsbestimmungen zu beantworten.

    Die Auslegung einer Verfassungsbestimmung hat grundsätzlich nach
denselben methodischen Regeln zu erfolgen, wie sie für die Auslegung der
einfachen Gesetze entwickelt wurden (BGE 105 Ib 56 E. 4a mit Hinweis; BGE
83 I 177 E. 4; YVO HANGARTNER, Grundzüge des schweizerischen Staatsrechts,
Band I: Organisation, Zürich 1980, S. 35; HÄFELIN/HALLER, Schweizerisches
Bundesstaatsrecht, Zürich 1984, S. 33). Die Gewichtung der einzelnen
Auslegungselemente kann allerdings unterschiedlich ausfallen, je nachdem
ob die zu interpretierende Norm den organisatorischen Bestimmungen der
Verfassung angehört oder verfassungsmässige Grundrechte schützt, deren
Inhalt es zu erarbeiten gilt. Im ersten Fall ist der Auslegungsspielraum
relativ eng begrenzt, sind die organisatorischen Normen der Verfassung
doch nicht durch jene Weite und Dehnbarkeit geprägt wie die Bestimmungen,
welche das materiell-rechtliche Verhältnis des Staates zu seinen Bürgern
ordnen (HANS HUBER, Der Formenreichtum der Verfassung und seine Bedeutung
für ihre Auslegung, ZBJV 107/1971, S. 172 ff., insbesondere S. 191).
Letztere bedürfen eher der Konkretisierung denn der Auslegung, einer
Konkretisierung, welche auch sich wandelnden geschichtlichen Bedingungen
und gesellschaftlichen Vorstellungen Rechnung zu tragen vermag (HANS HUBER,
aaO S. 191, 186 ff.; BGE 104 Ia 291 E. 4c mit Hinweisen). Demgegenüber
geben die organisatorischen Verfassungsnormen den Willen des
Verfassungsgebers über die Strukturen und Mechanismen des Staates
wieder. Diese Ordnung ist kaum konkretisierungsbedürftig. Allenfalls sich
wandelnden Auffassungen vermag nicht die Auslegung, sondern lediglich
eine Verfassungsänderung Rechnung zu tragen. Für die Auslegung solcher
Verfassungsbestimmungen gilt daher, dass beim Fehlen eines klaren
und unmissverständlichen Wortlautes vorab die historischen Elemente
heranzuziehen sind: Massgebend sind die Vorstellungen des Verfassungsgebers
im Zeitpunkt des Erlasses der Bestimmungen sowie die nachfolgende Praxis
der rechtsanwendenden Organe (vgl. BGE 83 I 179 f.).

    b) Die Bestimmungen der Verfassung des eidgenössischen Standes Schwyz
vom 23. Oktober 1898 zum Initiativrecht sind knapp gehalten. Nicht
ausdrücklich geregelt ist insbesondere die Frage, ob die Volksinitiative
auf Partialrevision der Kantonsverfassung nur in der Form der allgemeinen
Anregung oder auch in der Form des formulierten Entwurfes möglich ist. § 31
Abs. 2 KV, welcher die Gesetzesinitiative normiert, unterscheidet ebenfalls
nicht zwischen allgemeinen Anregungen und formulierten Entwürfen. Die
Praxis lässt beide Initiativformen zu (FRIEDRICH HUWYLER, Gesetz und
Verordnung im Kanton Schwyz, Aarau 1970, S. 76; unveröffentl. Urteil des
Bundesgerichts vom 22. Dezember 1982 i.S. R., E. 7c). Allerdings ist zu
beachten, dass die Vorschriften über die Verfassungsinitiative doch etwas
einlässlicher gehalten sind als diejenigen über die Gesetzesinitiative:

    aa) Die Verfassung unterliegt einer Partialrevision, wenn 2000
Stimmberechtigte unter Angabe der zu revidierenden Artikel ein solches
Begehren stellen (§ 103 KV). Die Forderung, die zu revidierenden Artikel
seien zu nennen, bedingt nicht zwingend, dass in der Initiative selbst
neue Bestimmungen ausformuliert werden, schliesst eine solche Möglichkeit
aber auch nicht von vornherein aus.

    bb) Jede Partialrevision geschieht durch den Kantonsrat selbst (§
105 KV). Vom Text her deutet diese Bestimmung darauf hin, dass formulierte
Verfassungsinitiativen ausgeschlossen sind, die Redaktion des Rechtssatzes
im Hinblick auf die Volksabstimmung vielmehr dem Kantonsrat obliegt. Es
ist aber möglich, diesen Artikel auch bloss als Kompetenzabgrenzung
zu § 104 KV zu verstehen, welcher die durch Volksinitiative verlangte
Totalrevision der Verfassung einem Verfassungsrat überträgt. Andererseits
könnte die Wendung "jede Partialrevision" vermuten lassen, eine solche
bedinge zwingend einen formulierten Vorschlag des Kantonsrates.

    cc) § 106 KV, welcher für die Verfassungsrevision eine zweite Beratung
der Behörde verlangt, spricht seinerseits gegen die Möglichkeit einer
formulierten Initiative. Das Erfordernis einer zweifachen Lesung verlöre
sonst seinen Sinn (vgl. dazu BGE 73 I 32 E. 2b).

    Die grammatikalische Interpretation der massgebenden
Verfassungsbestimmungen legt nahe, die formulierte Volksinitiative auf
Teilrevision der Verfassung zu verneinen. Indessen ist der Text nicht
dermassen klar und eindeutig, dass er für die Auslegung der Verfassung
schlechthin verbindlich wäre.

    c) Obgleich die Bestimmungen der schwyzerischen Verfassung
über die Volksinitiative auch den Grundrechtsgehalt des politischen
Stimmrechts beschlagen, stellen sie doch vorab Normen des kantonalen
Organisationsrechts dar. Sie enthalten die Möglichkeiten, welche zur
Abänderung der Verfassung zur Verfügung stehen. Nach den Ausführungen in
E. 2a ist daher zur Auslegung der Verfassung neben der grammatikalischen
vor allem die historische Methode anzuwenden.

    aa) Bereits die Verfassung des Kantons Schwyz vom 13. Oktober 1833
kannte die Verfassungsinitiative. Ihr Art. 152 bestimmte:

    "Wenn zwei Drittheile der Gesamtheit der Kantonsbürger nach Art. 107
   in acht Jahren für theilweise oder ganze Revision der Verfassung
   sich erklären, so wird ein Verfassungsrath nach dem Verhältniss der
   Bevölkerung von den Bezirksgemeinden gewählt."

    Offensichtlich war danach eine Volksinitiative auf Verfassungsänderung
nur in der Form der allgemeinen Anregung möglich. Die redaktionelle
Ausarbeitung der Verfassungsvorlage oblag in jedem Fall dem
Verfassungsrat. Dies war auch die Auffassung des Grossen Rates des Kantons
Schwyz (Beschluss vom 13. Jänner 1842, in Sammlung der Verfassungen und
Gesetze des Kantons Schwyz von 1833 bis 1848 sowie der Konkordate von
1803 bis 1856, Schwyz 1864, S. 40 ff., insbesondere S. 42).

    bb) Der Entwurf einer Verfassung des eidgenössischen Standes Schwyz
vom 5. April 1842 behielt diese Ordnung im wesentlichen unverändert bei
(§ 159). Auch danach hatte auf Volksinitiative hin ein Verfassungsrat
die Vorlage auszuarbeiten.

    cc) Die Verfassung des eidgenössischen Standes Schwyz vom 18. Februar
1848 ordnete die Verfassungsinitiative neu (§§ 175 ff.). Danach konnten
2000 Kantonsbürger eine Total- oder Partialrevision der Verfassung
beim Kantonsrat verlangen, worauf das Begehren den Kreisgemeinden zur
Abstimmung vorgelegt werden musste (§ 176). Die Formulierung der zu
revidierenden Verfassungsbestimmung war in diesem Fall weiterhin einem
Verfassungsrat übertragen. Einfacher geregelt war die Verfassungsrevision
auf Beschluss des Kantonsrates hin, indem diese nach der Genehmigung
in der Vorabstimmung (§ 177 Abs. 1 lit. c) durch den Kantonsrat selbst
vorgenommen werden konnte. In beiden Fällen musste jedoch die total
oder partiell revidierte Verfassung noch dem Volke zur Annahme oder
Verwerfung vorgelegt werden (§ 179). Es war also weiterhin nicht möglich,
eine formulierte Verfassungsinitiative einzureichen.

    dd) Die heutigen Bestimmungen zur Revision der Kantonsverfassung
gehen im wesentlichen auf die Verfassung des eidgenössischen Standes
Schwyz vom 11. Juni 1876 zurück. Deren §§ 109 ff. decken sich inhaltlich
mit den heutigen Bestimmungen. Im Vergleich mit der Verfassung des
Jahres 1848 wurden die Befugnisse des Kantonsrates erweitert, und
der Verfassungsrat wurde nur noch bei Totalrevisionen aufgrund einer
Volksinitiative eingesetzt. Sodann entfiel bei Partialrevisionen die
sogenannte Vorabstimmung durch das Volk.

    Die historische Entwicklung gibt keine Anzeichen, dass im Jahre
1876 die Volksinitiative in dem Sinne erweitert werden sollte,
dass sie nicht mehr bloss nur in der Form der allgemeinen Anregung,
sondern neu auch in derjenigen des formulierten Entwurfes möglich sein
sollte. Gegen eine solche Ausweitung spricht auch die Tatsache, dass
die Verfassungsbestimmungen der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts
im Regelfall bloss die Initiative in der Form der allgemeinen Anregung
kannten (ED. HIS, Geschichte des neuern Schweizerischen Staatsrechts,
Bd. III, Basel, 1938, S. 309 f.).

    Von dieser historischen Auffassung der Volksinitiative gehen auch
die Beschwerdeführer aus. Sie halten indessen dafür, der Verfassungstext
erlaube, auch dem gewandelten Verständnis gegenüber dem Initiativrecht
Rechnung zu tragen und dieses, soweit das positive Recht es nicht
ausschliesse, auch in der Form des formulierten Entwurfes zuzulassen. Dabei
verkennen sie, dass die organisatorischen Bestimmungen einer Verfassung
einer solchen Konkretisierung nach Massgabe gewandelter Anschauungen und
veränderter Verhältnisse grundsätzlich nicht zugänglich sind. Genügt die
Organisationsstruktur modernen Anforderungen nicht mehr, ist es Aufgabe
der rechtssetzenden, nicht der rechtsanwendenden Organe, die gebotenen
Änderungen vorzunehmen (vgl. dazu BGE 83 I 179 f.). Der Bedeutungsgehalt
organisatorischer und kompetenzbezogener Bestimmungen richtet sich primär
nach dem Zeitpunkt der Entstehung der Norm. Eine solche Ordnung kann
nicht allein unter Hinweis auf den Bedeutungswandel eines Instituts oder
veränderte gesellschaftliche Anschauungen hinfällig werden (vgl. dazu
IMBODEN/RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 5. Auflage,
Basel 1976, Nr. 22, B IIc, S. 143). Enthält daher eine Kantonsverfassung
nach Massgabe der historischen Auslegung das Institut der formulierten
Vefassungsinitiative nicht, kann diese nicht durch eine unter Hinweis
auf gewandelte Anschauungen vom historischen Willen des Verfassungsgebers
losgelöste zeitgemässe Auslegung gleichsam institutionalisiert werden. Dies
gilt auch für die Verfassung des Kantons Schwyz, welche in Würdigung
der historischen Entwicklung die formulierte Volksinitiative auf ihre
Teilrevision nicht kennt.

    d) Auch aus dem Entwurf einer neuen Verfassung des eidgenössischen
Standes Schwyz vom 18. November 1897, welcher in der Volksabstimmung vom
13. Februar 1898 verworfen wurde, lässt sich schliessen, dass sowohl der
Verfassungsgeber von 1876 wie auch dernjenige von 1898 die formulierte
Verfassungsinitiative nicht einführen wollte. Die Vorlage sah in Art. 91
eine einlässliche Regelung der Partialrevision vor, wobei sie sowohl den
ausgearbeiteten Entwurf (Abs. 1 Ziff. 1) wie die allgemeine Anregung
(Abs. 1 Ziff. 2) zuliess. Dabei ist folgendes beachtenswert:

    aa) Ein Volksvorschlag auf Teilrevision in der Form der allgemeinen
Anregung hatte die zu revidierenden Artikel zu bezeichnen (Art. 91 Abs. 1
Ziff. 1 des Entwurfes). Dieses Erfordernis deckt sich mit § 110 lit. b KV
1876 und § 103 lit. b KV 1898. Die Einheit der Formulierungen legt dabei
eine identische Auslegung in dem Sinne nahe, dass durch das Erfordernis
der "Angabe der zu revidierenden Artikel" (§ 103 lit. b KV 1898) das
Institut der Volksinitiative auf Partialrevision der Kantonsverfassung
auf die Form der allgemeinen Anregung beschränkt wird.

    bb) Die Teilrevision aufgrund einer Volksinitiative in der Form der
allgemeinen Anregung oder auf Beschluss des Kantonsrates sollte durch
diesen selbst erfolgen (Art. 91 Abs. 2 des Entwurfes). Demgegenüber war
die Zuständigkeit des Kantonsrates zur Durchberatung der Verfassungsvorlage
bei einer formulierten Verfassungsinitiative ausgeschlossen.

    Nach § 105 KV 1898 geschieht jede Partialrevision durch den Kantonsrat
selbst. Auch hier macht der Kontext der beiden jüngsten Verfassungen und
des dazwischenliegenden Entwurfes deutlich, dass die positive Verfassung
die formulierte Verfassungsinitiative nicht kennt und nie kannte.

    e) In der Literatur wird überwiegend die Auffassung vertreten,
der Kanton Schwyz kenne die Volksinitiative auf Partialrevision der
Verfassung lediglich in der Form der allgemeinen Anregung (PAUL REICHLIN,
Demokratische Verfassung und verfassungsmässige Demokratie im Ablauf
eines Jahrhunderts, in: Der Stand Schwyz im hundertjährigen Bundesstaat
1848-1948, S. 22 ff., insbesondere S. 37; FRIEDRICH HUWYLER, aaO, S. 71;
E. VON WALDKIRCH, Die Mitwirkung des Volkes bei der Rechtsetzung nach
dem Staatsrecht der schweizerischen Eidgenossenschaft und ihrer Kantone,
Bern 1918, S. 40 f.; Z. GIACOMETTI, Das Staatsrecht der schweizerischen
Kantone, Zürich 1941, S. 465). Dies im Gegensatz zur Gesetzesinitiative,
die sowohl in der Form der allgemeinen Anregung wie in derjenigen des
ausgearbeiteten Entwurfes zugelassen wird (unveröffentlichtes Urteil des
Bundesgerichts vom 22. Dezember 1982 i.S. R., E. 7c; FRIEDRICH HUWYLER,
aaO, S. 71). Soweit abweichende Auffassungen vertreten werden, setzen sich
diese entweder mit der Verfassung des Kantons Schwyz nicht ausdrücklich
auseinander (KARL HERNEKAMP, Formen und Verfahren direkter Demokratie,
Frankfurt a.M. 1979, S. 141) oder geben bloss das Resultat einer bei
den Staatskanzleien durchgeführten Umfrage wieder (CHRISTIAN MOSER,
Institutionen und Verfahren der Rechtsetzung in den Kantonen, Bulletin
13 des nationalen Forschungsprogramms Nr. 6 "Entscheidungsvorgänge in der
schweizerischen Demokratie", S. 47). Eine solche Auskunft aber ist nicht
geeignet, die grammatikalisch und vor allem die historisch schlüssige
Auslegung der Kantonsverfassung in Frage zu stellen.

    Demnach ist davon auszugehen, dass der Kanton Schwyz die
Volksinitiative auf Partialrevision seiner Verfassung nur in der Form
der allgemeinen Anregung, nicht auch in derjenigen des ausgearbeiteten
Entwurfes kennt.

Erwägung 3

    3.- Die besonderen Einwände, welche in der Beschwerde gegen dieses
Auslegungsergebnis erhoben werden, halten einer Überprüfung nicht stand:

    a) Die Beschwerdeführer machen geltend, die Beschränkung der
Volksinitiative auf Partialrevision einer Kantonsverfassung auf die Form
der allgemeinen Anregung widerspreche Art. 6 BV.

    Das Bundesgericht hat sich in seiner bisherigen Rechtsprechung
für unzuständig erklärt, kantonale Verfassungsbestimmungen auf ihre
Vereinbarkeit mit dem Bundesrecht zu überprüfen. Es erachtete diese Prüfung
als eine Aufgabe der Bundesversammlung, welche sie vor dem Entscheid
über die Gewährleistung kantonaler Verfassungen zu erfüllen habe (Art. 6
Abs. 2 lit. a in Verbindung mit Art. 85 Ziffer 7 BV). Die Vorschrift von
Art. 85 Ziffer 7 BV sei im Verhältnis zu Art. 113 BV spezielleres Recht und
entziehe dem Bundesgericht die Zuständigkeit zur Überprüfung der kantonalen
Verfassungen (BGE 111 Ia 241 E. 3a mit Hinweisen). Eine Ausnahme macht
das Bundesgericht lediglich für den Fall, dass das übergeordnete Recht
im Zeitpunkt der Gewährleistung durch die Bundesversammlung noch nicht
in Kraft getreten und deshalb bei der vorgängigen Überprüfung nicht zu
berücksichtigen war (BGE 111 Ia 242 E. 3b).

    Die Beschwerdeführer bringen nichts vor, was das Bundesgericht
veranlassen würde, diese Rechtsprechung, welche es in einem neuesten
Entscheid gegen eine verbreitete Kritik im Grundsatz erneut bestätigt hat
(BGE 111 Ia 239 ff.), neu zu überprüfen. Auf den Einwand, die Regelung
des Initiativrechts im Kanton Schwyz verletze Art. 6 BV, ist deshalb
nicht einzutreten.

    b) Nicht von Bedeutung für das vorliegende Beschwerdeverfahren ist
die Tatsache, dass nach der Praxis im Kanton Schwyz die Gesetzesinitiative
nicht nur in der Form der allgemeinen Anregung, sondern auch in derjenigen
des ausgearbeiteten Entwurfes möglich ist. Die Ausgestaltung der
Gesetzes- und der Verfassungsinitiative kann ohne weiteres voneinander
abweichen. Insbesondere ist durchaus vertretbar, nur die Form der
allgemeinen Anregung zuzulassen, damit der endgültige Verfassungstext
sowohl in formeller wie in materieller Hinsicht angemessen formuliert
werden kann. Aus § 31 KV vermögen die Beschwerdeführer somit nichts zu
ihren Gunsten abzuleiten.

    c) Ebensowenig entscheidend ist, dass der Regierungs- und der
Kantonsrat im Jahre 1982 in einem neuen Gesetz über die Wahlen und
Abstimmungen die formulierte Volksinitiative auf Partialrevision
der Kantonsverfassung zulassen wollten. Abgesehen davon, dass die
Stimmbürger die Vorlage verwarfen, ist offensichtlich die Frage der
Verfassungsmässigkeit der vorgesehenen Neuregelung nie geprüft worden.

    d) Die Beschwerdeführer leiten die Zulässigkeit der formulierten
Verfassungsinitiative schliesslich daraus ab, dass sie in Teilbereichen
zwingend zugelassen sein müsse, namentlich bei der Aufhebung von
Verfassungsartikeln. Dieser Auffassung ist insoweit beizupflichten, als die
Initiative auf ersatzlose Aufhebung einer Bestimmung der Kantonsverfassung
im Falle ihrer Annahme eine unmittelbare Rechtsänderung bewirkt, ohne
dass sich die Frage stellt, ob sie als allgemeine Anregung oder als
formulierte Vorlage zu verstehen sei. Die Unterscheidung ist in diesem
Falle aber bereits logisch bedeutungslos, da die blosse Aufhebung einer
Norm der redaktionellen Tätigkeit des Verfassungs- oder Gesetzgebers
ohnehin entzogen ist. Wird indessen die Änderung der Verfassung durch den
Erlass neuer Normen verlangt, bedürfen diese zwangsläufig der textlichen
Konkretisierung. Hier ist durchaus von Bedeutung, ob dieses Ausformulieren
durch die Initianten selbst vorgenommen werden darf oder dem ordentlichen
Verfassungs- oder Gesetzgeber vorbehalten bleibt. Die Möglichkeit einer -
zwangsläufig formulierten - Volksinitiative auf Streichung eines oder
mehrerer Verfassungsartikel zwingt daher nicht zur Auffassung, auch
die Initiative auf Erlass neuer Normen sei in der Form des formulierten
Entwurfes zulässig.

Erwägung 4

    4.- Kennt demnach das schwyzerische Recht die positive Volksinitiative
auf Partialrevision der Verfassung in der Form des ausgearbeiteten
Entwurfes nicht, so konnte auch das hier zu beurteilende Initiativbegehren
den Stimmbürgern lediglich als allgemeine Anregung unterbreitet werden.

    Die Beschwerdeführer machen aber unter sinngemässer Berufung auf
die Prinzipien des Vertrauensschutzes auch geltend, in den behördlichen
Abstimmungsunterlagen fehle ein Hinweis darauf, dass der Volksinitiative
lediglich die Bedeutung einer allgemeinen Anregung beigemessen werde. Eine
(selbst unrichtige) Auskunft oder Zusicherung, welche eine Behörde dem
Bürger erteilt und auf die er sich verlassen hat, ist unter gewissen
Umständen bindend. Voraussetzung dafür ist, dass sich die Angaben der
Behörde auf eine konkrete, den betreffenden Bürger berührende Angelegenheit
beziehen, dass die Amtsstelle, welche die Auskunft gegeben hat, hiefür
zuständig war, dass der Bürger die Unrichtigkeit des Bescheids nicht
ohne weiteres hat erkennen können, dass er im Vertrauen auf die Auskunft
nicht wieder rückgängig zu machende Dispositionen getroffen hat und
dass die Rechtslage zur Zeit der Verwirklichung des Tatbestandes noch
die gleiche ist wie im Zeitpunkt der Auskunfterteilung (BGE 111 Ib 124
E. 4 mit Hinweis). Die Beschwerdeführer machen nicht geltend, ihnen sei
jemals verbindlich erklärt worden, im Kanton Schwyz sei die formulierte
Volksinitiative auf Partialrevision der Verfassung zulässig. Dass der
Regierungsrat sich in den Abstimmungsvorlagen zu dieser Frage nicht
äusserte, stellt jedenfalls keine Zusicherung in diesem Sinne dar. Es
kann deshalb offenbleiben, wer zu einer solchen vertrauensbegründenden
Auskunft überhaupt zuständig gewesen wäre.

    Demgegenüber haben die Initianten in ihrer Abstimmungszeitung zur
Volksabstimmung vom 22. September 1985 ausdrücklich ausgeführt, die
Initiative verlange "in der Form einer allgemeinen Anregung" eine Ergänzung
von § 13 der Kantonsverfassung durch einen Absatz 4. Die Beschwerdeführer
erachten diese Stellungnahme der Initianten unter Berufung auf die
bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach der Initiativtext nicht nach dem
subjektiven Willen der Initianten, sondern aus sich selbst auszulegen ist
(BGE 105 Ia 154 E. 3a und 366 E. 4), für unmassgebend. Dabei übersehen sie,
dass diese Grundsätze zur inhaltlichen Auslegung eines Initiativtextes
entwickelt wurden. Dagegen können die Initianten frei entscheiden, ob
sie ihr Begehren den Stimmbürgern in der Form der allgemeinen Anregung
oder des ausgearbeiteten Entwurfes unterbreiten wollen. Eine ausdrücklich
als allgemeine Anregung bezeichnete Volksinitiative darf somit, selbst
wenn sie den Anforderungen an einen formulierten Entwurf genügen sollte,
nicht zu einem solchen umgedeutet werden.

    Die staatsrechtliche Beschwerde erweist sich somit als unbegründet
und ist abzuweisen, soweit auf sie eingetreten werden kann.