Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 111 V 279



111 V 279

54. Urteil vom 19. August 1985 i.S. Bundesamt für Industrie, Gewerbe und
Arbeit gegen Strub und Schiedskommission für Arbeitslosenversicherung
des Kantons Basel-Stadt Regeste

    Art. 68 Abs. 1 AVIG, Art. 129 Abs. 1 lit. c OG. Art. 68 Abs.
1 AVIG räumt einen Anspruch auf Beiträge ein, weshalb die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht ausgeschlossen ist (Erw. 2).

    Art. 71 Abs. 2 AVIG, Art. 94 AVIV: Finanzielle Einbusse bei Aufnahme
einer Arbeit ausserhalb der Wohnortsregion.

    - Die Regelung in Art. 71 Abs. 2 AVIG ist nicht lückenhaft (Erw. 4).

    - Art. 94 AVIV ist gesetzmässig; ob dem Versicherten durch Aufnahme
einer auswärtigen Arbeit im Vergleich zu seiner bisherigen Tätigkeit
eine finanzielle Einbusse entsteht, bemisst sich aufgrund einer
Gegenüberstellung der tatsächlich erzielten Verdienste (Erw. 5).

Sachverhalt

    A.- Die Versicherte war ab 1. Oktober 1983 unverschuldet arbeitslos,
nachdem sie zuvor als Sozialarbeiterin in Basel gearbeitet und bei
einem hälftigen Pensum (20 Wochenstunden) einen Monatsverdienst von
Fr. 1832.60 erzielt hatte. Ab 1. Januar 1984 arbeitete sie bei einem
Hilfswerk in Zürich zu einem Bruttolohn von monatlich Fr. 3022.50 bei
80%iger Tätigkeit. Sie behielt ihren Wohnsitz in Basel bei und pendelte
täglich mit der Bahn zur Arbeit und zurück.

    Mit Gesuch vom 4./6. Januar 1984 beantragte sie einen
Pendlerkostenbeitrag (Kostenbeteiligung ans SBB-Generalabonnement).
Dies lehnte das Kantonale Arbeitsamt Basel-Stadt mit Verfügung vom
13. Januar 1984 ab, weil der Verdienst in Zürich höher sei als der frühere
in Basel und der Versicherten somit keine finanzielle Einbusse im Sinne
von Art. 94 AVIV entstehe.

    B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess die Schiedskommission
für Arbeitslosenversicherung des Kantons Basel-Stadt mit Entscheid vom
28. Februar 1984 gut und wies das Kantonale Arbeitsamt an, der Versicherten
einen Pendlerkostenbeitrag im Sinne der Erwägungen auszurichten. Die
Schiedskommission nahm eine echte Gesetzeslücke an, da der Gesetzgeber
den Sonderfall des Versicherten, der im Anschluss an eine Halbtagesstelle
eine ausserwohnörtliche Ganztagsarbeit annehme, nicht geregelt habe. In
einem solchen Falle müssten die Einkommen nach Massgabe der Arbeitszeit
miteinander verglichen werden, da eine blosse Gegenüberstellung der
absoluten Verdienste gegen das Gleichbehandlungsgebot verstosse.

    C.- Das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (BIGA) erhebt
Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, es sei der vorinstanzliche
Entscheid aufzuheben.

    Die Versicherte schliesst auf Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

       Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- a) Das Arbeitslosenversicherungsgesetz will gemäss Art. 1 Abs. 2
AVIG drohende Arbeitslosigkeit verhüten und bestehende bekämpfen. Diesem
Zwecke dienen die sogenannten Präventivmassnahmen (Art. 59 bis 75
AVIG). Mit ihnen soll, sofern es die Arbeitsmarktlage gebietet, vorab
die berufliche, sodann aber auch die geographische Mobilität gefördert
werden (Botschaft vom 2. Juli 1980, BBl 1980 III 536 ff.). Dieser zweiten
Zielsetzung dienen die Vorschriften im Abschnitt "Arbeit ausserhalb der
Wohnortsregion" (Art. 68 bis 71 AVIG).

    b) Art. 68 Abs. 1 AVIG sieht Pendlerkostenbeiträge sowie Beiträge an
Wochenaufenthalter vor. Sie können Arbeitnehmern zugesprochen werden,
denen in ihrer Wohnortsregion keine zumutbare Arbeit vermittelt werden
konnte und die zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit Arbeit ausserhalb
ihrer Wohnortsregion angenommen haben. Sodann setzt Art. 68 Abs. 2 durch
Verweisung auf Art. 60 Abs. 1 lit. b AVIG voraus, dass solche Arbeitnehmer
innerhalb der Rahmenfrist eine Beitragszeit von mindestens sechs
Monaten nachweisen oder von der Erfüllung der Beitragszeit befreit sind.
Schliesslich bestimmt Art. 71 Abs. 2 AVIG, dass Leistungen an Pendler
und Wochenaufenthalter nur soweit ausgerichtet werden dürfen, als dem
Versicherten im Vergleich zu seiner letzten Tätigkeit durch die auswärtige
Arbeit finanzielle Einbussen entstehen. Dazu legt die bundesrätliche
Verordnung (AVIV) in Art. 94 näher fest, dass der Versicherte eine
finanzielle Einbusse erleidet, wenn bei seiner neuen Tätigkeit der
Verdienst, abzüglich der notwendigen Auslagen (Fahrkosten, Unterkunft,
Verpflegung), den vor der Arbeitslosigkeit erzielten versicherten
Verdienst, abzüglich der entsprechenden Auslagen, nicht erreicht.

Erwägung 2

    2.- a) Zunächst erhebt sich die Frage, ob angesichts der
Kann-Vorschrift in Art. 68 Abs. 1 AVIG die Beitragsgewährung dem Ermessen
der Verwaltung anheimgestellt ist und dem Versicherten demzufolge kein
Rechtsanspruch eingeräumt wird (vgl. BGE 106 Ib 127 Erw. 2a, 98 Ib 79 96 V
127 f.). Ist dies zu bejahen, kann auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
nicht eingetreten werden. Denn nach Art. 129 Abs. 1 lit. c OG ist die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde unzulässig gegen Verfügungen über die
Bewilligung oder Verweigerung vermögensrechtlicher Zuwendungen, auf die
das Bundesrecht keinen Anspruch einräumt. Die Parteien haben sich zu dieser
Eintretensfrage nicht geäussert. Sie ist indessen von Amtes wegen zu prüfen
(BGE 110 Ib 152 Erw. 1b, 110 V 129 Erw. 2).

    b) Nach der Rechtsprechung ist ein bundesrechtlicher Anspruch auf einen
Beitrag zu bejahen, wenn das Bundesrecht selber die Bedingungen umschreibt,
unter welchen ein Beitrag zu gewähren ist, ohne dass es im Ermessen der
gesetzesanwendenden Behörde läge, ob sie einen Beitrag gewähren will oder
nicht (BGE 110 Ib 152 Erw. 1b, 100 Ib 342 Erw. 1b 99 Ib 422; vgl. auch BGE
97 I 880 und 96 V 126). Die Eidgenössischen Gerichte haben deshalb einen
bundesrechtlichen Anspruch auf Leistungen wiederholt auch dann bejaht,
wenn die betreffende Rechtsnorm als Kann-Vorschrift formuliert war (BGE
106 V 96 Erw. 1a, 98 Ib 508 Erw. 1; vgl. auch BGE 99 Ia 41 Erw. 3c sowie
ARV 1981 Nr. 2 S. 23 Erw. 3a).

    Nach Art. 68 Abs. 1 AVIG "können" Leistungen zugesprochen werden. Dabei
werden diese davon abhängig gemacht, dass dem Versicherten in der
Wohnortsregion keine zumutbare Arbeit vermittelt werden konnte, dass er
die auswärtige Arbeit zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit angenommen hat
und dass er - gemäss Art. 68 Abs. 2 AVIG - der Anforderung des Art. 60
Abs. 1 lit. b AVIG genügt. Ferner verlangt Art. 71 Abs. 2 AVIG eine
finanzielle Einbusse. Mit diesen Bestimmungen werden die Voraussetzungen
für die Beitragsgewährung erschöpfend umschrieben, weshalb denn auch der
Randtitel zu Art. 68 AVIG von "Anspruchsvoraussetzungen" spricht. Trotz
der Kann-Formulierung in Abs. 1 und im Gegensatz zur nicht begründeten
Auffassung von HANS-ULRICH STAUFFER (Die Arbeitslosenversicherung, Zürich
1984, S. 193) ist ein Anspruch daher zu bejahen.

    Die Gesetzesmaterialien führen nicht zu einer andern Auslegung. Schon
der Wortlaut des bundesrätlichen Entwurfs (damaliger Art. 66;
BBl 1980 III 670) deutete auf die Einräumung eines Anspruchs hin
("Arbeitnehmer ... können folgende Leistungen beanspruchen ..."). In
der nationalrätlichen Kommission erwuchs allerdings hiegegen Widerstand,
indem die Meinung vertreten wurde, dass kein Anspruch auf die fraglichen
Beiträge gewährt werden solle. Dies glaubte man - unter Beibehaltung
der Kann-Formulierung - damit erreichen zu können, dass der Text wie
folgt geändert wurde: "Arbeitnehmern ... können folgende Leistungen
zugesprochen werden ..." (Protokoll der nationalrätlichen Kommission
vom 8./9. Januar 1981 S. 35 f. und vom 26. Januar 1981 S. 22). Dem
stimmte der Nationalrat diskussionslos zu (Amtl.Bull. 1981 N 841). In der
ständerätlichen Kommission wurde die Frage der Gewährung eines Anspruchs
nicht erörtert. Zur Diskussion stand hier vielmehr der ganze Abschnitt
über "Arbeit ausserhalb der Wohnortsregion" als solcher (Art. 66 bis
70 des Entwurfs). Die Kommission strich ihn zunächst (Protokoll der
ständerätlichen Kommission vom 11./12. November 1981 S. 32 f.), kam aber
darauf zurück und begnügte sich mit der Streichung der - ursprünglich vom
Bundesrat noch vorgeschlagenen - Umzugskostenentschädigung (Protokoll
der ständerätlichen Kommission vom 4. Februar 1982 S. 19 f.). Dem
folgten sowohl der Ständerat als auch im Differenzbereinigungsverfahren
der Nationalrat (Amtl.Bull. 1982 S 143, N 598). Diese Umformulierung
des heutigen Art. 68 Abs. 1 AVIG könnte an sich auf Verneinung eines
Anspruches schliessen lassen. Demgegenüber ist aber festzustellen, dass der
Randtitel zum geltenden Art. 68 AVIG das Wort "Anspruchsvoraussetzungen"
enthält, woraus die Absicht hervorgeht, einen Anspruch zu gewähren. Da
die Materialien somit im hier fraglichen Punkt keine klare Antwort geben,
sind sie als Auslegungshilfe nicht dienlich (BGE 108 Ia 37, 104 Ia 244 f.,
103 Ia 290 Erw. 2c).

    Da der Ausschlussgrund gemäss Art. 129 Abs. 1 lit. c OG somit nicht
vorliegt, ist auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde einzutreten.

Erwägung 3

    3.- In materieller Hinsicht ist unbestritten, dass die
Beschwerdegegnerin an ihrer Stelle in Zürich - auch unter Berücksichtigung
der nach Art. 94 AVIV anzurechnenden Auslagen - erheblich mehr verdiente
als an der früheren Stelle in Basel. Ein Vergleich der beiden Einkommen
zeigt, dass eine "finanzielle Einbusse" im Sinne von Art. 71 Abs. 2
AVIG bzw. Art. 94 AVIV durch die Annahme der Stelle ausserhalb der
Wohnortsregion nicht entstanden war.

    Die Beschwerdegegnerin erachtet es aber als unzulässig, die absoluten
Einkommenszahlen als solche miteinander zu vergleichen; denn in Zürich
arbeite sie zu 80% gegenüber vorher bloss 50% in Basel. Der Mehrverdienst
in Zürich ergebe sich aus dem grösseren Pensum. Entscheidend müsse
der Stundenansatz sein. Andernfalls würden Versicherte, die ihren
Arbeitseinsatz ausserhalb ihrer Wohnortsregion reduzieren, begünstigt.

    Demgegenüber berief sich das Kantonale Arbeitsamt im vorinstanzlichen
Verfahren auf den Wortlaut von Gesetz und Verordnung, wonach ausnahmslos
auf die tatsächlichen Verdienste abzustellen sei.

    Die Vorinstanz führt in ihrem Entscheid folgendes aus:

    "Allerdings kann sich die Kantonale Schiedskommission der Auffassung
der
   kantonalen Amtsstelle, der Gesetzgeber habe bewusst keine Ausnahmen
   für solche Fälle wie dem vorliegenden gemacht, nicht anschliessen. Nach
   dieser

    Betrachtungsweise würde der Versicherte, der nach einer Halbtagsstelle
   auswärts einen Vollzeitberuf ausübt, nie eine finanzielle Einbusse
   erleiden; aber umgekehrt würde derjenige, der nach einer

    Vollzeitbeschäftigung eine Teilzeitarbeit annimmt, praktisch immer eine

    Einkommenseinbusse nachweisen können. Diese beiden Kategorien
stehen sich
   nicht nur diametral gegenüber, sondern weichen auch beide stark vom

    Normalfall ab, dass ein Versicherter nach Verlust einer Vollzeitarbeit
   auswärts eine neue Vollzeitbeschäftigung antritt. Wenn nun alle

    Versicherten unter einem Gesichtspunkt betrachtet und nur ihre
absoluten

    Einkommen verglichen würden, wäre dies ein Verstoss gegen das

    Gleichbehandlungsgebot, da Ungleiches gleich behandelt würde. Die

    Kantonale Schiedskommission ist der Auffassung, dass der Gesetzgeber zu
   sehr vom Normalfall ausgegangen ist und die Sonderfälle nicht genügend
   berücksichtigt hat. Es liegt somit eine echte Gesetzeslücke vor, da
   sich der Gesetzgeber zu dem unvermeidlichen Problem der Abweichungen vom

    Normalfall nicht äussert, und ein qualifiziertes Schweigen nicht
   vorliegen kann, weil dies einen Verstoss gegen das
   Gleichbehandlungsgebot darstellen würde.

    Demzufolge kann die Kantonale Schiedskommission nicht anders, als in
   eigener Rechtsfindung die Beschwerde in diesem Punkt gutzuheissen und
   die kantonale Amtsstelle anzuweisen, das Gesuch erneut zu überprüfen
   und diesmal die beiden Einkommen nach Arbeitsintensität der Anstellung
   (50% bzw. 80%) zu relativieren und neu zu berechnen."

Erwägung 4

    4.- Insofern die Vorinstanz eine echte Gesetzeslücke annimmt, ist ihr
nicht zuzustimmen. Die Frage, ob Fälle wie derjenige der Beschwerdegegnerin
einer Sonderlösung rufen, kann zunächst dahingestellt bleiben. Denn wenn
man sie verneint, liegt von vornherein keine Gesetzeslücke vor. Bejaht
man sie hingegen, dann ist es Sache des Gesetzgebers, zu bestimmen,
ob er die erforderliche Sonderregelung selber treffen oder dies dem
Verordnungsgeber überlassen will. Im letztgenannten Fall schafft der
Gesetzgeber jedoch keine Gesetzeslücke. Mit Recht weist das BIGA in seiner
Verwaltungsgerichtsbeschwerde darauf hin, dass das AVIG dem Bundesrat nicht
bloss eine generelle Verordnungskompetenz einräumt (vgl. Art. 109 AVIG),
sondern in Art. 71 Abs. 4 AVIG noch eine zusätzliche Kompetenznorm enthält.
Damit wird deutlich, dass es der Gesetzgeber dem Bundesrat überliess, die
in Art. 68 bis 71 AVIG sich allenfalls zusätzlich und unvermeidlicherweise
stellenden Rechtsprobleme zu lösen.

Erwägung 5

    5.- Demnach kann sich nur fragen, ob Art. 94 AVIV vor dem Gesetz
standhält.

    a) Nach der Rechtsprechung kann das Eidg. Versicherungsgericht
Verordnungen des Bundesrates grundsätzlich, von hier nicht in Betracht
fallenden Ausnahmen abgesehen, auf ihre Rechtmässigkeit hin überprüfen. Bei
(unselbständigen) Verordnungen, die sich auf eine gesetzliche Delegation
stützen, prüft es, ob sie sich in den Grenzen der dem Bundesrat im Gesetz
eingeräumten Befugnisse halten. Wird dem Bundesrat durch die gesetzliche
Delegation ein sehr weiter Spielraum des Ermessens für die Regelung
auf Verordnungsebene eingeräumt, muss sich das Gericht auf die Prüfung
beschränken, ob die umstrittenen Verordnungsvorschriften offensichtlich aus
dem Rahmen der dem Bundesrat im Gesetz delegierten Kompetenzen herausfallen
oder aus andern Gründen verfassungs- oder gesetzwidrig sind. Es kann
jedoch sein eigenes Ermessen nicht an die Stelle desjenigen des Bundesrates
setzen und es hat auch nicht die Zweckmässigkeit zu untersuchen. Die vom
Bundesrat verordnete Regelung verstösst allerdings dann gegen Art. 4 BV,
wenn sie sich nicht auf ernsthafte Gründe stützen lässt, wenn sie sinn-
oder zwecklos ist oder wenn sie rechtliche Unterscheidungen trifft,
für die sich ein vernünftiger Grund nicht finden lässt. Gleiches gilt,
wenn die Verordnung es unterlässt, Unterscheidungen zu treffen, die
richtigerweise hätten berücksichtigt werden sollen (BGE 110 V 256 Erw. 4a
und 328 Erw. 2d, je mit Hinweisen).

    b) Die Vorinstanz hält - allerdings bezogen auf die Gesetzesbestimmung
(Art. 71 Abs. 2 AVIG) - dafür, dass Ungleiches gleich behandelt würde
und mithin ein Verstoss gegen das Gleichbehandlungsgebot vorliege,
wenn bei allen Versicherten nur die absoluten Einkommen verglichen
würden. In ähnlichem Sinne lässt sich auch die Beschwerdegegnerin
vernehmen: Werde nicht auf den Stundenansatz abgestellt, ergebe sich eine
Begünstigung derjenigen Versicherten, die am auswärtigen Arbeitsplatz
ihren Arbeitseinsatz gegenüber der früheren Stelle reduzierten und damit
die für den Pendlerkostenbeitrag vorausgesetzte finanzielle Einbusse
ausweisen könnten.

    Dem kann nicht gefolgt werden. Wenn ein bislang vollzeitbeschäftigter
Versicherter arbeitslos wird und mangels einer zumutbaren neuen Stelle
in seiner Wohnortsregion ausserhalb derselben eine Teilzeitarbeit
aufnimmt, wird er zunächst um Entschädigungen wegen Teilarbeitslosigkeit
nachsuchen. Im Rahmen dieses Verfahrens wird geprüft, ob er - gemäss seiner
Schadenminderungspflicht (Art. 17 AVIG; BGE 108 V 164 Erw. 2a mit Hinweis)
- nicht zumutbarerweise ausserwohnörtlich eine Vollzeitbeschäftigung hätte
annehmen können. Muss dies bejaht werden, so kann er den faktischen
Minderverdienst weder für die Arbeitslosenentschädigung noch für
den Pendlerkostenbeitrag geltend machen. Entgegen der Auffassung der
Beschwerdegegnerin kann er sich demnach nicht selber begünstigen. Ergibt
sich hingegen, dass objektiv nur eine Teilzeitarbeit erhältlich war,
dann ist es nicht unberechtigt, dass diesem Versicherten - neben der
Arbeitslosenentschädigung - ein Pendlerkostenbeitrag gewährt wird, soweit
er durch die auswärtige Arbeit eine finanzielle Einbusse im Sinne von
Art. 94 AVIV erleidet.

    Auch im umgekehrten Fall - wie bei der Beschwerdegegnerin - ergibt
sich keineswegs ein stossendes und unbefriedigendes Ergebnis. Für die
arbeitslose Beschwerdegegnerin war die Annahme der Stelle ausserhalb ihres
Wohnorts gemäss Art. 16 Abs. 4 AVIG zumutbar (was übrigens nicht bestritten
ist), und zwar in gleicher Weise, wie wenn diese neue Stelle innerhalb
ihrer Wohnortsregion erhältlich gewesen wäre. In diesem letztgenannten
Falle hätten keine Ansprüche gegenüber der Arbeitslosenversicherung
bestanden. Ohne Belang ist dabei, ob am früheren Arbeitsplatz voll- oder
nur teilzeitlich gearbeitet worden ist. Grundsätzlich verhält es sich
nicht anders, wenn der neue Arbeitsplatz ausserhalb der Wohnortsregion
liegt. Mit den Leistungen der Arbeitslosenversicherung gemäss Art. 68
AVIG soll bloss dann ein Ausgleich geschaffen werden, wenn dadurch,
dass der Arbeitsplatz ausserhalb der Wohnortsregion liegt ("durch die
auswärtige Arbeit", vgl. Art. 71 Abs. 2 AVIG), finanzielle Einbussen
entstehen. Auch hier ist es ohne Belang, ob und aus welchen Gründen die
Beschwerdegegnerin vor ihrer Arbeitslosigkeit nur Teilzeitarbeit geleistet
hatte. Dank dem neuen Arbeitsplatz ausserhalb ihrer Wohnortsregion
beendete sie pflichtgemäss die Arbeitslosigkeit und stellte sich - auch
unter Berücksichtigung der Auslagen für Reise und Verpflegung - finanziell
sogar besser. Es wäre nicht gerechtfertigt, in einem solchen Fall einen
Pendlerkostenbeitrag zu gewähren und damit denjenigen Versicherten, der
ausserhalb seiner Wohnortsregion eine Stelle annimmt, besserzustellen
gegenüber demjenigen, der innerhalb seiner Wohnortsregion analoge Arbeit
findet. Der Pendlerkostenbeitrag will eine tatsächliche finanzielle
Einbusse ausgleichen und kann nicht als Belohnung dafür verstanden werden,
dass eine Stelle ausserhalb des Wohnorts angetreten wurde, wozu der
Versicherte gemäss Art. 16 Abs. 4 AVIG ohnehin verpflichtet ist.

    Es lässt sich darum die Art und Weise, wie der Bundesrat von der
an ihn delegierten Kompetenz Gebrauch gemacht hat, nicht beanstanden,
und Art. 94 AVIV ist als gesetzmässig zu betrachten. Massgebend dafür,
ob der Versicherte eine finanzielle Einbusse erleidet, ist somit - unter
Berücksichtigung der notwendigen Auslagen - der Vergleich der tatsächlich
erzielten Verdienste.

    c) Wird vorliegend im Sinne von Art. 94 AVIV das in Zürich erzielte
Einkommen mit dem früheren Verdienst in Basel verglichen, so ergibt
sich, dass die Beschwerdegegnerin - auch unter Berücksichtigung der
Auslagen - keine finanzielle Einbusse erlitten hat. Zu Recht hat ihr
daher das Kantonale Arbeitsamt einen Pendlerkostenbeitrag verweigert. Die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde des BIGA erweist sich mithin als begründet.

Entscheid:

        Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

    In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid
der Schiedskommission für Arbeitslosenversicherung des Kantons Basel-Stadt
vom 28. Februar 1984 aufgehoben.