Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 111 V 172



111 V 172

35. Auszug aus dem Urteil vom 3. Juli 1985 i.S. S. gegen Ausgleichskasse
des Basler Volkswirtschaftsbundes und Kantonale Rekurskommission für die
Ausgleichskassen, Basel Regeste

    Art. 52 AHVG. Die Verantwortlichkeit eines Prokuristen bestimmt
sich im Lichte des Art. 52 AHVG nicht nach seiner Handlungsvollmacht
im Aussenverhältnis, sondern nach seinen Rechten und Pflichten im
Innenverhältnis. Bedeutung der strafrichterlichen Beurteilung für den
Sozialversicherungsrichter (Erw. 5).

    Art. 82 AHVV.

    - Kenntnis des Schadens kann auch dann gegeben sein, wenn die
Ausgleichskasse von einer Meinungsäusserung des Konkursverwalters über
die voraussichtlichen Dividendenaussichten gegenüber einer dritten Behörde
(z.B. einer Strafbehörde) Kenntnis erhält (Erw. 3).

    - Hinsichtlich Dauer und Beginn der im Strafrecht vorgesehenen längern
Verjährungsfristen sind die allgemeinen Bestimmungen des StGB massgebend
(Erw. 4a).

    - Die fünfjährige Verjährungsfrist gilt nur für die
Schadenersatzforderung aus der Zweckentfremdung der Arbeitnehmerbeiträge
und nicht auch der Arbeitgeberbeiträge (Erw. 4b).

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Nach Art. 52 AHVG hat ein Arbeitgeber, der durch absichtliche
oder grobfahrlässige Missachtung von Vorschriften einen Schaden
verursacht, diesen der Ausgleichskasse zu ersetzen. Ist der
Arbeitgeber eine juristische Person, die zur Zeit der Geltendmachung
der Schadenersatzforderung nicht mehr besteht, so können subsidiär
gegebenenfalls die verantwortlichen Organe in Anspruch genommen werden
(BGE 103 V 122).

    Art. 14 Abs. 1 AHVG in Verbindung mit Art. 34 ff. AHVV schreibt vor,
dass der Arbeitgeber bei jeder Lohnzahlung die Arbeitnehmerbeiträge
in Abzug zu bringen und zusammen mit den Arbeitgeberbeiträgen
der Ausgleichskasse zu entrichten hat. Die Arbeitgeber haben den
Ausgleichskassen periodisch Abrechnungsunterlagen über die von ihnen an
ihre Arbeitnehmer ausbezahlten Löhne zuzustellen, damit die entsprechenden
paritätischen Beiträge ermittelt und verfügt werden können. Die
Beitragszahlungs- und Abrechnungspflicht des Arbeitgebers ist eine
gesetzlich vorgeschriebene öffentlichrechtliche Aufgabe. Dazu hat das
Eidg. Versicherungsgericht wiederholt erklärt, dass die Nichterfüllung
dieser öffentlichrechtlichen Aufgabe eine Missachtung von Vorschriften
im Sinne von Art. 52 AHVG bedeute und die volle Schadendeckung nach sich
ziehe (BGE 103 V 122, 98 V 29; EVGE 1961 S. 230).

Erwägung 3

    3.- a) Nach Art. 82 Abs. 1 AHVV verjährt die Schadenersatzforderung,
wenn sie nicht innert Jahresfrist seit Kenntnis des Schadens durch Erlass
einer Schadenersatzverfügung geltend gemacht wird, auf jeden Fall aber
mit Ablauf von fünf Jahren seit Eintritt des Schadens. Der Eintritt
des Schadens muss als erfolgt gelten, sobald anzunehmen ist, dass die
geschuldeten Beiträge aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht
mehr erhoben werden können (BGE 103 V 122).

    b) Die kantonale Rekurskommission ging bei der Beurteilung der
Verjährungsfrage davon aus, dass die Ausgleichskasse mit der Zustellung
des Verlustscheins vom 5. August 1982 vom Schaden Kenntnis erhalten und
die einschlägige Verjährungsfrist somit in diesem Zeitpunkt zu laufen
begonnen habe, so dass die Schadenersatzverfügung am 7. September 1982
rechtzeitig erlassen worden sei.

    Der Beschwerdeführer macht geltend, die Ausgleichskasse habe
spätestens Ende 1980 wissen müssen, dass sie für ihre Konkursforderung
keine Dividende erhalten werde. Auf ihre Veranlassung sei nämlich gestützt
auf Art. 87 Abs. 3 AHVG ein Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer
eingeleitet worden. In der Anklageschrift vom 12. Juni 1980 sei
ausgeführt worden: "Gemäss Mitteilung des Konkursverwalters ist mit
einer Dividende der Gläubiger der 2. Klasse nicht zu rechnen." Der
gleiche Satz finde sich auch im Urteil des Strafgerichtspräsidenten
vom 6. November 1980, das der Ausgleichskasse spätestens gegen Ende
1980 zugestellt worden sei. Die Ausgleichskasse ihrerseits bestreitet,
die Anklageschrift gekannt zu haben, gibt jedoch zu, Kenntnis vom
erwähnten Urteil des Strafgerichtspräsidenten und der darin enthaltenen
Mitteilung des Konkursverwalters gehabt zu haben. Sie habe jedoch in
dieser Mitteilung "nichts weiteres als eine Trendmeldung" erblickt.
"Zuverlässige Kenntnis von den Dividendenaussichten und damit der
Tatsache und der ungefähren Höhe des Schadens" will die Ausgleichskasse,
gemäss ihren Ausführungen in der Beschwerdeantwort, jedoch erst mit dem
Erhalt des Zirkulars der Konkursverwaltung vom 28. Mai 1982 erhalten
haben, worin die Dividendenaussichten für die 2. bis 5. Klasse mit "0%"
angegeben wurden. Das Bundesamt schliesst sich dieser Auffassung an mit
der Bemerkung, dass die in der Anklageschrift und wiederum im Urteil
des Strafgerichtspräsidenten erwähnte Mitteilung des Konkursverwalters
betreffend die Dividendenaussichten nicht an die Ausgleichskasse, sondern
an die Strafbehörden gerichtet gewesen sei "und daher nicht den gleichen
Stellenwert haben konnte". Im weitern schliesse der in der Mitteilung
enthaltene Ausdruck "rechnen mit" ein gewisses Mass an Unsicherheit ein,
was zur tatsächlichen Feststellung des Schadens nicht genüge.

    Inwiefern die in der Anklageschrift und im Strafgerichtsurteil erwähnte
Mitteilung des Konkursverwalters, von welcher die Ausgleichskasse
spätestens Ende 1980 unbestrittenermassen Kenntnis hatte, für die
AHV-rechtlichen Belange nicht den gleichen, sondern einen geringeren
Stellenwert gehabt haben soll als der viel später ausgestellte
Verlustschein, ist nicht einzusehen. Die Frage nach dem unmittelbaren
Adressaten dieser Mitteilung ändert weder etwas an deren Inhalt noch an
den sich daraus für die Ausgleichskasse ergebenden Schlussfolgerungen,
nachdem sie durch das Urteil des Appellationsgerichts davon Kenntnis
erhalten hatte. Fraglich ist nur, ob aufgrund der Mitteilung des
Konkursverwalters die Ausgleichskasse annehmen musste, dass sie einen
Verlust in der Höhe ihrer Beitragsforderung erleiden werde. Dies ist zu
bejahen, weil die Ausdrucksweise des Konkursverwalters nicht geeignet
war, der Ausgleichskasse irgendeine vernünftige Hoffnung zu belassen,
dass es nicht zu einem gänzlichen Verlust ihrer Beitragsforderung im
Konkurs der Firma X AG kommen könnte. Vielmehr musste die Ausgleichskasse
realistischerweise eben "damit rechnen", dass sie ihrer Forderung im
vollen Umfang verlustig gehen würde. Somit ist davon auszugehen, dass die
Ausgleichskasse gegen Ende 1980 Kenntnis vom Schadenseintritt hatte. Ihre
Schadenersatzverfügung erging indessen erst am 7. September 1982, also
nach Ablauf der einjährigen Verwirkungsfrist des Art. 82 Abs. 1 AHVV.

Erwägung 4

    4.- Damit ist die Frage der Haftung des Beschwerdeführers aber noch
nicht entschieden. Dieser wurde mit Urteil des Appellationsgerichts
(vom 8. April 1981) gestützt auf Art. 87 Abs. 3 AHVG rechtskräftig
der fortgesetzten Widerhandlung gegen das AHVG, das IVG und die
Erwerbsersatzordnung schuldig befunden und zu einer Busse von Fr. 500.--
verurteilt.

    a) Art. 82 Abs. 2 AHVV bestimmt: Wird die Schadenersatzforderung
aus einer strafbaren Handlung hergeleitet, für welche das Strafrecht
eine längere - als die einjährige - Verjährungsfrist vorschreibt, so
gilt diese Frist. Diese Vorschrift beruht auf der Überlegung, dass es
unlogisch wäre, wenn die geschädigte Ausgleichskasse ihre Rechte gegenüber
dem haftpflichtigen Schädiger verlieren würde, solange dieser mit einer
Strafverfolgung rechnen muss, die regelmässig für ihn mit schwerwiegenderen
Folgen verbunden ist (vgl. BGE 101 II 321; GUHL/MERZ/KUMMER, OR, 7. Aufl.,
S. 178).

    Nach Art. 87 Abs. 3 AHVG wird mit Gefängnis bis zu 6 Monaten oder
mit Busse bis zu Fr. 20'000.-- bestraft, wer als Arbeitgeber einem
Arbeitnehmer Beiträge vom Lohn abzieht, sie indessen dem vorgesehenen
Zweck entfremdet. Es fragt sich, welche Verjährungsfrist für dieses Delikt
gilt. Darüber enthält das AHVG keine Bestimmungen. Indessen sieht Art. 333
StGB vor, dass die allgemeinen Bestimmungen des Strafgesetzbuches auch auf
jene Delikte Anwendung finden, die in andern Bundesgesetzen mit Strafe
bedroht sind, welche ihrerseits nicht selbst entsprechende Vorschriften
enthalten. Demzufolge bestimmt sich die Dauer der Verjährung der in
Art. 87 AHVG genannten Delikte nach Art. 70 StGB. Die strafrechtliche
Verjährungsfrist für die mit Gefängnis oder Busse bedrohten Delikte beträgt
gemäss Art. 70 Abs. 3 StGB fünf Jahre. Wann sie zu laufen beginnt,
lässt sich dem Art. 71 StGB entnehmen. Wird die strafbare Tätigkeit zu
verschiedenen Zeiten ausgeübt, so beginnt die Verjährungsfrist mit dem
Tag, an dem der Täter die letzte Tätigkeit ausführt (Abs. 2). Dauert das
strafbare Verhalten an, so fällt der Beginn der Verjährung mit dem Tag
zusammen, an dem das strafbare Verhalten aufhört (Abs. 3).

    Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass die
Schadenersatzforderung in dem Umfang, als Arbeitnehmerbeiträge vom Lohn
der Arbeitnehmer abgezogen und dem vorgesehenen Zweck entfremdet wurden
(Art. 87 Abs. 3 AHVG), nach fünf Jahren verjährt (Art. 70 Abs. 3 StGB
in Verbindung mit Art. 82 Abs. 2 AHVV). Die Verjährungsfrist hat in
jenem Zeitpunkt zu laufen begonnen, als die Firma X AG zum letzten Mal
vom Lohn ihrer Arbeitnehmer Beiträge abgezogen und zweckentfremdet
hat. Den Erwägungen des Strafgerichtspräsidenten ist zu entnehmen,
dass die Firma im Zeitraum November 1978 bis Juli 1979 von den Löhnen
ihrer Arbeitnehmer Beiträge abgezogen und nicht an die Ausgleichskasse
weitergeleitet hat. Demnach begann die fünfjährige Verjährungsfrist
jedenfalls bezüglich der von der Firma X AG von den Löhnen abgezogenen,
aber nicht der Ausgleichskasse abgelieferten Arbeitnehmerbeiträge im
Juli 1979 zu laufen. Die Schadenersatzverfügung wurde am 7. September
1982 und somit bezüglich der nicht abgelieferten Arbeitnehmerbeiträge
rechtzeitig erlassen.

    b) Es fragt sich, ob dies auch für die nicht abgelieferten
Arbeitgeberbeiträge gilt. Dabei ist zu beachten, dass einerseits Art. 87
Abs. 3 AHVG nur die Zweckentfremdung der Arbeitnehmerbeiträge unter Strafe
stellt, anderseits aber - beitragsrechtlich - die Arbeitnehmerbeiträge und
die Arbeitgeberbeiträge eng zusammenhängen. In BGE 98 V 29 hat das Eidg.
Versicherungsgericht erklärt, dass der Bezug der Arbeitnehmerbeiträge
durch den Arbeitgeber und dessen Pflicht, über diese Beiträge zusammen
mit dem Arbeitgeberbeitrag mit der Ausgleichskasse abzurechnen, bei der
Beurteilung der Schadenersatzpflicht aus Art. 52 AHVG als Gesamtheit
zu betrachten sind. Im unveröffentlichten Urteil Chappuis vom 28. März
1985 hat das Gericht sodann entschieden, dass die längere strafrechtliche
Verjährungsfrist des Art. 82 Abs. 2 AHVV nur für die Arbeitnehmerbeiträge
gilt, weil durch Art. 87 Abs. 3 AHVG nur die Zweckentfremdung der vom Lohn
des Arbeitnehmers abgezogenen Beiträge mit Strafe bedroht ist. Dagegen
unterliegt die Schadenersatzforderung bezüglich der Arbeitgeberbeiträge
ausschliesslich der einjährigen Verjährungsfrist von Art. 82 Abs. 1 AHVV.

    Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass die
Schadenersatzforderung lediglich bezüglich der Arbeitnehmerbeiträge nicht
verjährt ist.

Erwägung 5

    5.- Es bleibt zu prüfen, ob bezüglich dieser Forderung die in Erw. 2
dargelegten materiellen Haftungsvoraussetzungen erfüllt sind.

    a) Der Beschwerdeführer ist - wie bereits dargelegt - vom
Appellationsgericht gestützt auf Art. 87 Abs. 3 AHVG rechtskräftig zu
einer Busse von Fr. 500.-- verurteilt worden, da er für die Firma X
AG im Sinne von Art. 89 Abs. 1 AHVG Arbeitnehmerbeiträge abgezogen und
dem vorgesehenen Zweck entfremdet habe. Art. 89 Abs. 1 AHVG bestimmt:
Wird eine der in Art. 87 und 88 AHVG umschriebenen Widerhandlungen im
Geschäftsbetrieb einer juristischen Person, einer Personengesellschaft
oder einer Einzelfirma begangen, so finden die Strafbestimmungen gemäss
den Art. 87 und 88 auf die Personen Anwendung, welche für sie gehandelt
haben oder hätten handeln sollen. Damit stellt sich die Frage nach
der Bedeutung des Appellationsgerichtsurteils für die Beurteilung der
Schadenersatzforderung der Ausgleichskasse nach Art. 52 AHVG.

    Nach ständiger Praxis ist der Sozialversicherungsrichter weder
hinsichtlich der Angabe der verletzten Vorschriften noch hinsichtlich
der Beurteilung des Verschuldens an die Feststellung und Würdigung
des Strafrichters gebunden. Er weicht aber von den tatbeständlichen
Feststellungen des Strafrichters nur ab, wenn der im Strafverfahren
ermittelte Tatbestand und dessen rechtliche Subsumption nicht zu überzeugen
vermögen oder auf Grundsätzen beruhen, die zwar im Strafrecht gelten, im
Sozialversicherungsrecht jedoch unerheblich sind (BGE 97 V 213; SKV 1981
Nr. 453 S. 145, 1972 Nr. 116 S. 16). Die kantonale Rekurskommission hat
in ihrem Entscheid massgeblich auf das Urteil des Appellationsgerichts
abgestellt und im übrigen darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer
jenes Urteil hätte weiterziehen können, wenn die Feststellungen des
Strafrichters nicht den Tatsachen entsprochen hätten. Dies habe der
Beschwerdeführer nicht getan; das Urteil des Appellationsgerichts sei
rechtskräftig geworden.

    Dem Appellationsgerichtsurteil lässt sich folgendes entnehmen: Der
Beschwerdeführer war weder Verwaltungsrat noch Aktionär der Firma X AG,
sondern als deren Prokurist für das Lohnwesen zuständig, indem er die
Löhne berechnete, ausbezahlte, verbuchte usw. Ferner führte er bezüglich
der Bankkonti seiner Arbeitgeberfirma die Einzelunterschrift und mit Bezug
auf die übrigen Belange die Kollektivunterschrift zu zweien. Als Prokurist
konnte er gegenüber gutgläubigen Dritten im Namen der Firma und mit Wirkung
für diese alle Arten von Rechtshandlungen vornehmen, die der Zweck des
Gewerbes oder Geschäftes erforderte (Art. 40, 458 Abs. 1 und 459 Abs. 1
OR). Dazu gehörte auch die Bezahlung der Sozialversicherungsbeiträge. Der
Umfang der Handlungsvollmacht des Beschwerdeführers im Aussenverhältnis
besagt jedoch keineswegs, dass er berechtigt war, davon umfassend
Gebrauch zu machen. Zwischen Geschäftsherrn und Prokurist ist jede
beliebige Beschränkung der Vertretungsmacht zulässig, und zwar in dem
Sinne, dass sich der Prokurist bei seinem Auftreten nach aussen an diese
Beschränkungen halten soll (GUHL/MERZ/KUMMER, aaO, S. 147).

    Entscheidend für die Beurteilung von Verantwortlichkeitsklagen
gestützt auf Art. 52 AHVG ist nicht der Umfang der Handlungsvollmacht
einer bestimmten Person im Aussenverhältnis, sondern deren
konkrete Obliegenheiten in Form von Rechten und Pflichten im
Innenverhältnis. Andernfalls müsste die bevollmächtigte Person
auch für Schäden haften, deren Eintritt sie mangels entsprechender
Kompetenzen gar nicht hätte vermeiden können. Dies träfe unter anderem
für die verhältnismässig häufigen Fälle zu, wo die Handlungsvollmacht
gegenüber Dritten über deren zwischen Geschäftsherrn und Bevollmächtigten
vereinbarten Einschränkungen hinausgeht.

    b) Sowohl vor dem Appellationsgericht als auch vor der kantonalen
Rekurskommission machte der Beschwerdeführer geltend, er habe weder über
genügend Geld verfügt, um die Sozialversicherungsbeiträge bezahlen zu
können, noch habe er aufgrund von Weisungen seines Vorgesetzten M., des
Hauptaktionärs und einzigen Verwaltungsrates der Firma X AG, allfällig
vorhandene Mittel für die Bezahlung der Sozialversicherungsbeiträge
verwenden dürfen, da M. andere Prioritäten für die Verwendung
des vorhandenen Geldes festgelegt habe. Das Appellationsgericht
räumt ein, dass beides zugetroffen habe, meint jedoch, dass dies den
Beschwerdeführer "nicht von seiner Verantwortung für die korrekte
Abwicklung der Lohnzahlungen befreit" habe. Vielmehr hätten ihn die
betreffenden Umstände "zu besonders dezidiertem Auftreten gegenüber
seinem Vorgesetzten veranlassen müssen". Dies sei jedoch nicht geschehen,
obwohl er seinem Vorgesetzten M. die Mahnungen der Ausgleichskasse
vorgelegt und ihn angeblich zudem "wöchentlich auf die noch ausstehenden
Beitragszahlungen aufmerksam gemacht" habe. Als Fehlverhalten scheint das
Appellationsgericht dem Beschwerdeführer insbesondere anzulasten, dass er -
in Unkenntnis der Strafbarkeit der Nichtbezahlung von Arbeitnehmerbeiträgen
- die Pflicht vernachlässigt habe, "sich immer wieder intensiv und
mit Nachdruck für die Ablieferung der Beiträge bei M. einzusetzen, bei
dessen Weigerung die Konsequenzen einer Nichtzahlung gründlich abzuklären
und seinen Vorgesetzten in allen Einzelheiten über das Ergebnis seiner
Nachforschungen aufzuklären". Er habe dies unterlassen und "damit die
Pflichten verletzt, die im Betrieb ... in erster Linie ihm oblagen".

    Die kantonale Rekurskommission ihrerseits hat die Einwände des
Beschwerdeführers, wonach er nur eine untergeordnete Position innegehabt
habe, als unerheblich erklärt. Dabei begnügte sie sich im wesentlichen
mit der Feststellung, dass er unterschriftsberechtigt und zudem für
das Lohnwesen zuständig und verantwortlich gewesen sei. Worin das
Verschulden des Beschwerdeführers bestanden hat, das Voraussetzung einer
Schadenersatzpflicht nach Art. 52 AHVG ist, hat sie nicht näher dargelegt.

    Im vorliegenden Fall ist wesentlich, dass der Beschwerdeführer
rechtlich nicht befugt war, sich über die Weisungen des Hauptaktionärs
und einzigen Verwaltungsrates der Firma X AG betreffend die Verwendung
der in ungenügendem Masse vorhandenen finanziellen Mittel hinwegzusetzen
und anstatt der ihm vom Hauptaktionär prioritär vorgeschriebenen
Zahlungen die Sozialversicherungsbeiträge (zumindest im Umfang des
Arbeitnehmeranteils) der Ausgleichskasse abzuliefern. Der einzige
Vorwurf des Appellationsgerichts geht dahin, dass der Beschwerdeführer
seinen Vorgesetzten zu wenig intensiv und offenbar ohne Hinweis auf die
rechtlichen Folgen einer allfälligen Unterlassung auf die Notwendigkeit der
Bezahlung der Sozialversicherungsbeiträge aufmerksam gemacht habe. Indessen
stellt es kein schuldhaftes Verhalten dar, wenn ein mit dem Lohnwesen
betrauter Prokurist, der weiss, dass der Betrieb in wirtschaftlichen
Schwierigkeiten steckt, sich darauf beschränkt, seinem Vorgesetzten die
Mahnungen der Ausgleichskasse zu übergeben und ihn wöchentlich an die
Notwendigkeit der Bezahlung der Beträge zu erinnern. Mit seinem Vorgehen
hat der Beschwerdeführer die ihm zumutbaren Schritte unternommen, um
den Hauptaktionär und einzigen Verwaltungsrat M. auf seine gesetzlichen
Pflichten hinzuweisen und deren Erfüllung zu verlangen. Wenn M. als
Vorgesetzter des Beschwerdeführers dennoch seine Weisungen nicht änderte,
welche schliesslich zum Schaden der Ausgleichskasse führten, dann ist
dies nicht auf ein Verhalten zurückzuführen, welches dem Beschwerdeführer
als grobe Fahrlässigkeit angelastet werden könnte. Erzwingen konnte
der Beschwerdeführer ein anderes Verhalten des M. rechtlich auch mit
noch so dezidiertem Auftreten nicht. Zudem ist nicht auszuschliessen,
dass ein hartnäckigeres Insistieren des Prokuristen nicht nur angesichts
der prekären finanziellen Lage des Betriebes nichts genützt, sondern zu
einem Zerwürfnis mit dem Vorgesetzten und entsprechenden negativen Folgen
für ihn geführt hätte. Damit ist eine Haftung des Beschwerdeführers auch
bezüglich der Arbeitnehmerbeiträge zu verneinen.