Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 111 II 463



111 II 463

89. Urteil der I. Zivilabteilung vom 5. November 1985 i.S. D. AG gegen L.
(Berufung) Regeste

    Endentscheid (Art. 48 Abs. 1 OG). Besonderheit und Voraussetzungen
einer Verurteilung zur Leistung Zug um Zug (Art. 82 OR).

    1. Abweisung einer Klage "angebrachtermassen", gestützt auf Art. 82
OR, stellt einen Endentscheid im Sinne von Art. 48 Abs. 1 OG dar (E. 1).

    2. Besonderheit und allgemeine Voraussetzungen der Verurteilung zur
Leistung Zug um Zug (E. 2 und 3).

    3. Weigert sich der Käufer bei einem Sukzessivlieferungsvertrag,
die Ware abzurufen, so stellt eine Verbaloblation des Verkäufers ein
gültiges Angebot nach Art. 82 OR dar; der Verkäufer braucht die Ware
namentlich nicht zu hinterlegen (E. 4 und 5).

Sachverhalt

    A.- Mit Vertrag vom 3. Dezember 1980 verpflichtete sich die D. AG,
Fichten- und Föhren-Rohhobler schwedischer Herkunft zu liefern. Für
beide Holzarten vereinbarten die Parteien "U/S, gute Sortierung, gute
Längenverteilung", die Fichten-Rohhobler "möglichst lang". Da L. mit
erfolgten Teillieferungen unzufrieden war, erklärte er am 7. Oktober
1981 der Lieferantin, die weitere Erfüllung des Vertrages sei für ihn
nicht mehr zumutbar. Daraufhin schlossen die Parteien am 4./7. Dezember
1981 eine Zusatzvereinbarung, aus der sich indes weitere Schwierigkeiten
ergaben. L. verweigerte namentlich die Annahme einer für den Monat Februar
1982 vorgesehenen Lieferung und machte hinsichtlich der Zusatzvereinbarung
Dissens geltend. Daraufhin berief sich die D. AG wiederum auf den Vertrag
vom 3. Dezember 1980. Dessen ungeachtet verweigerte L. die Annahme
weiterer Lieferungen.

    B.- Die D. AG klagte hierauf gegen L. auf Zahlung von
Fr. 281'500.-- und Fr. 29'750.--, je nebst 8% Zins seit 1. Januar
1982. Das Bezirksgericht Münchwilen schützte die Klage vollumfänglich,
unter Vorbehalt eines Nachklagerechts für Lagergebühren und allfällige
Manipulations- und Transportkosten; das Obergericht des Kantons Thurgau
wies sie auf Berufung des Beklagten hin mit Urteil vom 20. Dezember 1984,
erläutert durch Beschluss vom 11. April 1985, angebrachtermassen ab. Es
fand, die Klägerin könne erst dann Leistung des Kaufpreises fordern,
wenn sie sich von ihren eigenen Leistungen durch Hinterlegung oder eine
ähnliche Handlung befreit habe. Das sei bis anhin nicht geschehen, weshalb
die materielle Begründetheit der Forderung nicht zu prüfen und lediglich
ein Prozessurteil zu fällen sei.

    C.- Die Klägerin hat eidgenössische Berufung eingereicht und
beantragt, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Klage
gutzuheissen. Eventuell sei das angefochtene Urteil aufzuheben und der
Beklagte zu verpflichten, der Klägerin gegen Erbringung ihrer Leistung
die eingeklagten Beträge zu bezahlen, unter Vorbehalt des Nachklagerechts
für Lagergebühren, Manipulations- und Transportkosten.

    Der Beklagte ersucht, auf die Berufung nicht einzutreten, sie
allenfalls abzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Der Beklagte beantragt, auf die Berufung nicht einzutreten,
weil sie sich nicht gegen einen Endentscheid im Sinne von Art. 48 Abs. 1
OG richte.

    a) Ein Endentscheid liegt vor, wenn der kantonale Richter über den
streitigen Anspruch materiell entschieden oder dessen Beurteilung aus einem
Grunde abgelehnt hat, der endgültig verbietet, dass der gleiche Anspruch
nochmals geltend gemacht wird (BGE 104 II 217 mit Verweisungen). Gleich
sind Ansprüche dann, wenn sie auf denselben Tatsachen gründen; an dieser
Voraussetzung fehlt es, wenn eine rechtskräftig beurteilte Forderung neu
eingeklagt wird aufgrund von Tatsachen, die nach dem ergangenen Urteil
eingetreten sind (BGE 109 II 28 E. 2a mit Hinweisen; KUMMER, in ZBJV
106/1970, S. 126).

    b) Die Vorinstanz hat über die Klage endgültig geurteilt, indem
sie gestützt auf einen feststehenden Sachverhalt annahm, der Beklagte
könne nicht zur Leistung des Kaufpreises verpflichtet werden. Sie fällte
damit entgegen ihrer eigenen Meinung kein Prozessurteil, sondern ein
Sachurteil. Grund für die Klageabweisung war, dass die Klägerin sich nach
Art. 82 OR von ihrer eigenen Leistung noch nicht befreit hatte. Diese
Begründung ist materieller Natur; sie erlaubt der Klägerin, später, wenn
sie die Voraussetzungen von Art. 82 OR erfüllt und damit neue Tatsachen
gesetzt haben wird, auf Zahlung des gleichen Betrags zu klagen.

    Für seine gegenteilige Ansicht kann sich der Beklagte nicht auf die
bundesgerichtliche Rechtsprechung berufen. In BGE 93 II 213 ff. hatte
die kantonale Instanz keinen materiellen Entscheid gefällt, sondern war
auf die kantonale Berufung nicht eingetreten, weil die Berufungsklägerin
auf das Rechtsmittel verzichtet hatte. Ein ähnlicher Sachverhalt lag
BGE 95 II 294 E. 2 zugrunde. Dort fällte das kantonale Gericht einen
Nichteintretensentscheid, weil die Appellantin durch den angefochtenen
Entscheid nicht beschwert war. In beiden Fällen befasste sich das Urteil
nicht mit der materiellen Sachlage und dem Klagerecht als solchem.

    Der Einwand des Beklagten, es liege kein Endentscheid vor, erweist
sich daher als verfehlt.

Erwägung 2

    2.- Damit die Klägerin vom Beklagten Erfüllung verlangen kann, muss sie
nach Auffassung der Vorinstanz entweder selbst bereits erfüllt haben oder
die Erfüllung anbieten. Eine vertragsgemässe Lieferung "franko Domizil"
oder eine Hinterlegung sei nicht erfolgt; die Klägerin könne somit nicht
auf vorbehaltlose Leistung klagen, sondern nur auf Leistung Zug um Zug.
Sie habe sich zwar während des Prozesses bereit erklärt, Zug um Zug zu
leisten, falls die Klage gutgeheissen werde; mangels gleichlautendem
Antrag im Klagebegehren könne der Beklagte indes nicht zur Leistung Zug
um Zug verpflichtet werden, weil das einer Klageänderung gleichkäme,
die nach kantonalem Prozessrecht unzulässig sei. Dem hält die Klägerin
entgegen, auf die Hinterlegung komme nichts an. Indem der Beklagte die Ware
nicht abgerufen habe, sei er in Gläubigerverzug geraten und könne daher
bedingungslos verpflichtet werden, den Kaufpreis zu leisten, zumal er sich
mit seiner zusätzlichen Weigerung, den Kaufpreis zu zahlen, gleichzeitig
im Schuldnerverzug befinde. Der Anspruch auf Leistung Zug um Zug ergebe
sich im übrigen aus Bundesrecht und dürfe nicht unter Hinweis auf das
Verbot von Klageänderungen nach kantonalem Prozess vereitelt werden.

Erwägung 3

    3.- Wer bei einem zweiseitigen Vertrag den andern zur Erfüllung
anhalten will, muss entweder bereits erfüllt haben oder die Erfüllung
anbieten, es sei denn, dass er nach dem Inhalt oder der Natur des
Vertrages erst später zu erfüllen hat (Art. 82 OR). Wie in BGE 107 II 223
E. 2b letztmals festgehalten, gibt diese Bestimmung dem Schuldner eine
aufschiebende Einrede mit der Wirkung, dass er die geforderte Leistung bis
zur Erbringung oder Anbietung der Gegenleistung zurückhalten darf. Der
Gläubiger kann sich begnügen, auf vorbehaltlose Leistung zu klagen;
es obliegt dem Schuldner, die Einrede zu erheben. Ist die Einrede
berechtigt, hat der Gläubiger also die Leistung weder erbracht noch
angeboten, so schützt der Richter die Klage in dem Sinne, dass er den
Schuldner zur Leistung Zug um Zug, d.h. zu einer aufschiebend bedingten
Verpflichtung verurteilt (BGE 94 II 268 E. 4, 79 II 277 ff., 58 II
417; GIGER, N. 189 f. zu Art. 184 OR; WEBER, N. 222 ff. zu Art. 82 OR;
abweichend WIGET, Die Durchsetzung von Ansprüchen aus synallagmatischen
Verträgen nach zürcherischer Zivilprozessordnung, Diss. Zürich 1980,
S. 54). Hat der Schuldner die Einrede nach Art. 82 OR zu Unrecht erhoben,
sei es, dass der Gläubiger erfüllt oder Leistung mindestens gehörig
angeboten hat, sei es, dass die Gegenforderung überhaupt nicht besteht,
so wird er vorbehaltlos zur Leistung verurteilt (JEANPRÊTRE, Remarques
sur l'exception d'inexécution, in Festgabe DESCHENAUX, Freiburg 1977,
S. 284; WEBER, N. 225 zu Art. 82 OR). VON TUHR/ESCHER (S. 61) wollen
freilich auch bei gehörigem Angebot nur eine Verpflichtung zur Leistung
Zug um Zug zulassen. Sie berufen sich dafür auf BGE 79 II 279; aus jenem
Urteil ist aber im Gegenteil zu ersehen, dass die Klage, wenn ein gehöriges
Angebot vorliegt, bei gegebenen Voraussetzungen bedingungslos gutgeheissen
wird. Der Anspruch des Gläubigers auf Verurteilung des Schuldners zur
Leistung Zug um Zug ist im übrigen bundesrechtlicher Natur.

    Damit steht fest, dass die Vorinstanz der Klägerin den Anspruch
auf Verurteilung des Beklagten zur Leistung Zug um Zug nicht unter
Hinweis auf kantonales Prozessrecht und das dort enthaltene Verbot
einer Klageänderung absprechen durfte. Die diesbezüglichen Erwägungen
verletzen, wie die Klägerin zutreffend einwendet, Art. 82 OR. Anderseits
brauchte die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Leistung Zug
um Zug nicht zu verlangen. Der Richter erlässt ein dahingehendes Urteil
auf entsprechende Einrede des Beklagten nach Art. 82 OR. Da der Beklagte
vorliegend die Einrede erhoben hat (vgl. nachstehend E. 4) und die Klägerin
dessen Verurteilung zu unbedingter Leistung verlangt, erweist sich der
subsidiäre Berufungsantrag der Klägerin als gegenstandslos, und es kann
dahingestellt bleiben, ob die Klägerin, wie der Beklagte einwendet, mit
dem subsidiären Antrag unzulässigerweise ein neues Begehren erhoben hat
(Art. 55 Abs. 1 lit. c OG).

Erwägung 4

    4.- Nach unbestrittener Feststellung der Vorinstanz hatte der Beklagte
im bezirksgerichtlichen Verfahren eine "Vorleistungspflicht" der Klägerin
im Sinne der Hinterlegung nach Art. 92 OR geltend gemacht. Analog
hielt die Vorinstanz der Klägerin entgegen, keine "Handlung im Sinne
der Hinterlegung" vorgenommen zu haben, räumte im übrigen aber ein,
sie sei leistungsbereit gewesen, und stellte gegenüber dem Beklagten
fest, dass er nicht bereit gewesen sei, den Rest der Waren abzurufen
und anzunehmen. Sie prüfte aber nicht, ob die Annahmeverweigerung des
Beklagten gerechtfertigt war. Zur Begründung ihrer Auffassung berief sie
sich auf Art. 82 sowie 91 f. OR und umriss gleich auch das Verhältnis
dieser Bestimmungen zueinander, indem sie erklärte, ohne die Pflicht des
Gläubigers zur vorgängigen Hinterlegung nach Art. 92 OR würde die Befugnis
des Schuldners, Einrede nach Art. 82 OR zu erheben, aufgehoben.

    Die Parteien gehen mit dem Obergericht zutreffend davon aus,
dass sie einen Sukzessivlieferungsvertrag, d.h. einen vollkommen
zweiseitigen Vertrag abgeschlossen haben. Art. 82 OR findet daher
auf das umstrittene Rechtsverhältnis Anwendung. Aus dem angefochtenen
Urteil geht indes nicht eindeutig hervor, gestützt auf welche Bestimmung
die Klägerin hinterlegungspflichtig sein soll. Der Verkäufer kann den
Kaufgegenstand hinterlegen, um ihn gemäss Art. 82 OR anzubieten, um
nach der Inverzugsetzung des Käufers sich von der eigenen Schuld zu
befreien (Art. 92 OR) und schliesslich muss er - folgt man gewissen
Lehrmeinungen - unter bestimmten Voraussetzungen hinterlegen, um die
Fälligkeit der Kaufpreisforderung herbeizuführen (zum ersten Fall:
JEANPRÊTRE, aaO, S. 284; WEBER, N. 184 ff. zu Art. 82 OR; zum zweiten
Fall: VON TUHR/ESCHER, S. 74; zum dritten Fall: GIGER, N. 5 zu Art. 213
OR). GIGER, die Vorinstanz und der Beklagte berufen sich zur Begründung
der Hinterlegungspflicht auf BGE 79 II 282 E. 2. Nach diesem Urteil
kann der Käufer, der die Annahme der Ware verweigert hat, gestützt auf
Art. 82 OR die Hinterlegung der Sache nach Art. 91/92 fordern, bevor er
leisten muss. Das Urteil bezieht sich aber auf den besondern Sachverhalt
der Schuldbetreibung, indem es verlangt, dass der Gläubiger sich vor
der Zwangsvollstreckung durch Hinterlegung der Sache von der eigenen
vertraglichen Verbindlichkeit befreit (in diesem einschränkenden Sinn auch
VON TUHR/ESCHER, S. 60 Anm. 20). Zu andern möglichen Schlussfolgerungen der
Lehre aus diesem Urteil braucht hier nicht Stellung genommen zu werden. Um
die Fälligkeit der Kaufpreisforderung herbeizuführen, hat der Verkäufer
die Kaufsache nur dann zu hinterlegen, wenn ein gehöriges Angebot der
eigenen Leistung dafür nicht genügt. Wie im folgenden darzulegen ist,
konnte die Klägerin durch gehöriges Angebot nicht nur die Fälligkeit der
Kaufpreisforderung bewirken, sondern auch die Einrede des Beklagten aus
Art. 82 OR abwehren. Ohne Belang erweist sich daher die Hinterlegung,
mit der sich der Verkäufer nach Eintritt des Gläubigerverzugs des Käufers
(Art. 92 OR) oder im Sinne von Art. 82 OR von seiner eigenen Verpflichtung
befreit.

Erwägung 5

    5.- a) Art. 82 OR verlangt in der Regel Realoblation.  Ausnahmsweise
genügt freilich Verbaloblation; die Lehre verweist in diesem Zusammenhang
auf die Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit der Schuldner
mittels Verbaloblation den Gläubiger nach Art. 91 OR in Verzug bringen
kann. Danach ist Verbaloblation ausreichend, wenn die Gegenpartei die zur
Erfüllung der Schuld nötigen Vorbereitungshandlungen unterlässt, indem sie
sich beispielsweise - allenfalls auf entsprechende Aufforderung hin - bei
einem Sukzessivlieferungsvertrag weigert, die Ware abzurufen. Eine weitere
Ausnahme ist nach einem Teil der Doktrin dann gegeben, wenn die Gegenpartei
von vornherein nicht bereit ist, die Leistung anzunehmen (sog. antizipierte
Annahmeverweigerung). Die Aufforderung des Schuldners zum Abruf und
sein Leistungsangebot setzen in jedem Fall Leistungsbereitschaft voraus
(BGE 79 II 282 E. 2; SIMMEN, Die Einrede des nichterfüllten Vertrags,
Bern 1981, S. 67 f.; VON TUHR/ESCHER, S. 71 f.; WEBER, N. 184 ff. und
189 zu Art. 82 OR, N. 80 ff., 124, 127 f., 134 und 150 f. zu Art. 91
OR). Unter den genannten Voraussetzungen genügt Verbaloblation auch,
um die Kaufpreisforderung fällig werden zu lassen (VON TUHR/ESCHER,
S. 49 Anm. 47).

    Zu beachten ist jedoch, dass Gläubigerverzug des Käufers durchaus auch
ohne Verbaloblation des Verkäufers eintreten kann. In diesem Sinn hat das
Bundesgericht, abweichend von der zitierten Lehrmeinung, entschieden (BGE
35 II 592 E. b). Nach VON TUHR/ESCHER (S. 72) trifft das ferner dann zu,
wenn der Gläubiger die Ware von sich aus abrufen muss, seiner Obliegenheit
aber nicht nachkommt. In derartigen Fällen genügt es nicht, im Rahmen
von Art. 82 OR hinsichtlich der Voraussetzungen einer Verbaloblation auf
Lehre und Praxis zur Verbaloblation nach Art. 91 f. OR zu verweisen. Die
damit aufgeworfenen Fragen werden freilich gegenstandslos, wenn mit
der herrschenden schweizerischen Lehre anzunehmen wäre, der Verzug
nach Art. 91 OR schliesse die Einrede des nichterfüllten Vertrages
aus (vgl. WEBER, N. 190 f. zu Art. 82 OR mit Hinweis auf die erwähnte
herrschende Lehre). Mit dieser Lehre nicht ohne weiteres vereinbar zu
sein scheint jedoch BGE 79 II 282 E. 2. Das Urteil nimmt zwar wie erwähnt
auf den Sondertatbestand der Schuldbetreibung und der Aberkennungsklage
Bezug. Es lag ihm aber doch eine Annahmeverweigerung des Käufers zugrunde,
und das Bundesgericht erklärte beiläufig, auch im ordentlichen Prozessweg
bei einer Klage auf Leistung des Kaufpreises habe der Verkäufer "weiterhin"
die Einrede nach Art. 82 OR zu gewärtigen. Daraus könnte geschlossen
werden, Gläubigerverzug verwehre es dem Käufer nicht, sich auf Art. 82
OR zu berufen. Den aufgezeigten Problemen ist nicht weiter nachzugehen,
da hier so oder anders eine gültige Verbaloblation vorliegt, so dass sich
eine Antwort auf die Frage, ob Gläubigerverzug die Einrede nach Art. 82
OR ausschliesse, erübrigt (in diesem Sinn generell: WEBER, N. 190 f. zu
Art. 82 OR, N. 28 zu Art. 91 OR).

    b) Die Klägerin mahnte den Beklagten gestützt auf den Vertrag
vom 3. Dezember 1980 verschiedentlich schriftlich, die Abholungsdaten
einzuhalten. Auch im Rahmen des Vertrages vom 4./7. Dezember 1981 weigerte
sich der Beklagte, die angeblich für den Monat Februar 1982 vorgesehene
Lieferung anzunehmen. Als die Klägerin sich wieder auf den Vertrag vom
3. Dezember 1980 berief, verweigerte der Beklagte "nach wie vor die
Annahme weiterer Lieferungen". Schliesslich erklärte die Klägerin noch
im Prozess, bei Gutheissung der Klage Zug um Zug leisten zu wollen. Mit
diesen Erwägungen hat die Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich
festgestellt, dass die Klägerin selbst dann noch Verbaloblation erbrachte,
als der Beklagte sich wiederholt geweigert hatte, die Waren abzurufen
und anzunehmen. Verbaloblation lag daher nicht nur vor, sie war unter den
konkreten Umständen auch geeignet, dem Beklagten die Einrede aus Art. 82
OR abzuschneiden. Zu hinterlegen brauchte die Klägerin weder nach Art. 82
OR noch um den Beklagten in Gläubigerverzug zu setzen. Die Vorinstanz
hat dies übersehen. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben mit der
Weisung an das Obergericht, den Sachverhalt zu ergänzen. Das Obergericht
hat namentlich zu prüfen, ob der Beklagte berechtigt war, das Angebot
zurückzuweisen. Dies umfasst die Prüfung aller formrichtig erhobenen
Einwendungen des Beklagten gegen die angebotenen Warenlieferungen. Das
angefochtene Urteil gibt darüber keine Auskunft. Sollte der Beklagte
das Angebot ungerechtfertigterweise zurückgewiesen haben, so ist,
wenn die weiteren Voraussetzungen gegeben sind, die Klage vorbehaltlos
gutzuheissen. Hatte der Beklagte dagegen berechtigte Gründe, um auf das
Angebot nicht einzugehen, so kann er im besten Fall zur Leistung Zug um
Zug verurteilt werden.

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird teilweise gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts
des Kantons Thurgau vom 20. Dezember 1984 aufgehoben und die Sache zu neuer
Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.