Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 111 III 5



111 III 5

2. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
vom 25. Februar 1985 i.S. St. (Rekurs) Regeste

    Art. 66 Abs. 5 SchKG; Verlängerung der Frist für die Einreichung
der Beschwerde.

    Art. 66 Abs. 5 (in Verbindung mit Art. 66 Abs. 3) SchKG ist auf den
Schuldner nicht anwendbar, der zwar Wohnsitz im Ausland hat, dem aber die
Arresturkunden anlässlich eines Aufenthaltes in der Schweiz zugestellt
wurden..

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Es ist unbestritten, dass der Rekurrent im Zeitpunkt der Zustellung
der Arresturkunden Nrn. 1/1984 und 2/1984 Wohnsitz in Thailand hatte,
dass ihm die erwähnten Arresturkunden, anlässlich eines vorübergehenden
Aufenthalts in der Schweiz, spätestens am 29. Juni 1984 ausgehändigt
wurden und dass er in der Folge - an einem nicht festgestellten Datum -
die Schweiz wieder verliess. Das Vorbringen in der Vernehmlassung des
Betreibungsamtes Pfäffikon, wonach der Schuldner am 13. Juli 1984 von
Zürich nach Bangkok weggezogen sein soll, ist neu; es kann darauf, da
diese Tatsache schon im kantonalen Verfahren hätte angebracht werden
können, nicht eingetreten werden (Art. 79 Abs. 1 OG).

Erwägung 3

    3.- a) Somit stellt sich die Frage, ob - wie er geltend macht - dem
Arrestschuldner für die Einreichung der Beschwerde Fristverlängerung hätte
gewährt werden müssen, wie dies insbesondere BGE 106 III 4 E. 2 verlangt.
Dieser Entscheid stützt sich auf Art. 66 Abs. 5 SchKG, wonach der die
Betreibungsurkunden zustellende Betreibungsbeamte die Fristen den Umständen
entsprechend verlängern kann. Unter Fristen im Sinne dieser Bestimmung
fällt nach der soeben zitierten Rechtsprechung auch die Beschwerdefrist
(vgl. auch BGE 91 III 7 mit Hinweisen). Gewährt der Betreibungsbeamte
dem im Ausland wohnenden Schuldner von sich aus keine Fristverlängerung,
so kann dies im Beschwerdeverfahren nachgeholt werden (vgl. auch BGE 91
III 6 E. 4 mit Hinweisen). Eine an sich verspätete Beschwerde ist als
rechtzeitig zu betrachten, sofern sie innert der Frist erhoben wurde, die
dem Schuldner von Anfang an hätte eingeräumt werden müssen. Bezüglich
der konkreten Dauer dieser Frist ist in BGE 106 III 4 E. 2 erkannt
worden, dass die Frist um wenigstens so viele Tage zu erstrecken ist,
als es der normalen Beförderungsdauer einer Postsendung vom Ausland in
die Schweiz entspricht. Mit anderen Worten genügt es somit, wenn die
Beschwerde- oder Rekursschrift innert der Frist von zehn Tagen bei einer
ausländischen Poststelle aufgegeben wird; um die für die Beförderung
von jener Poststelle in die Schweiz nötige Zeit ist die Beschwerde-
oder Rekursfrist zu verlängern.

    Die in der zitierten Rechtsprechung entwickelten Regeln können
indessen auf den vorliegenden Fall nicht angewandt werden. Abs. 5 von
Art. 66 SchKG bezieht sich ausdrücklich auf die Abs. 2-4 derselben
Bestimmung, von welchen in der hier zu beurteilenden Streitfrage nur
Abs. 3 zur Diskussion steht. Art. 66 Abs. 3 SchKG nun aber hat den im
Ausland wohnenden Schuldner im Auge, welchem eine Betreibungsurkunde
durch die Vermittlung der dortigen Behörden oder durch die (dortige) Post
zugestellt wird. So wohnte denn auch der in BGE 106 III 4 E. 2 erwähnte
Rekurrent in Alexandria (Ägypten) und nahm den von ihm angefochtenen
Entscheid dort entgegen. Die in BGE 91 III 1 ff. erwähnte Schuldnerin
hatte ihren Geschäftssitz in Mülheim an der Ruhr (BRD), wohin ihr aus der
Schweiz ein Zahlungsbefehl zugestellt wurde. Laut BGE 73 III 27 ff. war
der Schuldner im damals besetzten Deutschland domiziliert und hatte dort
auf diplomatischem Wege zwei Zahlungsbefehle aus der Schweiz zugestellt
bekommen. Zustellort für Arresturkunde und Zahlungsbefehl war in BGE 73
III 152 ff. Brüssel. Aus BGE 70 III 76 ff. geht hervor, dass sich der
Geschäftssitz des Schuldners, dem aus der Schweiz die Arresturkunde und
der Zahlungsbefehl zugestellt wurden, in Valencia (Spanien) befand. Der
Rekurrent in BGE 52 III 11 ff. schliesslich hielt sich in Buenos Aires
auf, als ihm durch die schweizerische Gesandtschaft in Argentinien ein
Zahlungsbefehl übermittelt wurde.

    Demgegenüber hielt sich im vorliegenden Fall der Schuldner
unbestrittenermassen in der Schweiz auf, als ihm die Arresturkunden
zugestellt wurden. Der von Art. 66 Abs. 3 SchKG zur Voraussetzung
gemachte Wohnsitz im Ausland war daher nicht gegeben und somit Art. 66
Abs. 5 SchKG nicht anwendbar. Sollte aber der Rekurrent angenommen
haben, es könnte Bangkok als sein Wohnsitz betrachtet und ihm aus diesem
Grund Fristverlängerung gewährt werden, so hätte er sich während seines
Aufenthaltes in der Schweiz wenigstens (bei einem Betreibungsamt oder
einem Rechtsanwalt) erkundigen können, ob seine Auffassung richtig sei. Der
Rekurrent behauptet im übrigen auch nicht, dass die Ende Juni 1984 erfolgte
Zustellung der Arresturkunden in den Arresten Nrn. 1/1984 und 2/1984 des
Betreibungsamtes Pfäffikon an einem rechtlichen Mangel gelitten hätte.

    b) Im Hinblick auf seinen Aufenthalt in der Schweiz zur Zeit der
Zustellung der beiden Pfändungsurkunden führt der Rekurrent auch vergeblich
ins Feld, dass er damals Rechtsanwalt Sch. noch nicht mit der Wahrnehmung
seiner Interessen beauftragt habe. Es genügt die Feststellung, dass es ihm
auf jeden Fall möglich gewesen wäre, innert der Beschwerdefrist von zehn
Tagen einen Rechtsanwalt in der Schweiz mit der Rechtsmittelergreifung
in dieser Sache zu beauftragen.

    c) Zu Unrecht beruft sich der Rekurrent auch auf den Umstand, dass ihm
das Betreibungsamt eine Frist von 20 Tagen angesetzt hat, um allfällige
Rechte Dritter an beschlagnahmten Vermögenswerten bekanntzugeben. Diese
Fristansetzung stützt sich entgegen der Darstellung Rekurrenten nicht
auf Art. 66 Abs. 5 SchKG. Über die Frist, innert welcher der Dritte
seine Rechte im Widerspruchsverfahren anmelden muss, damit sie noch
berücksichtigt werden können, enthält das Gesetz keine ausdrückliche
Bestimmung (BGE 104 III 44). Es erlaubt im Gegenteil dem Dritten, seinen
Anspruch an der gepfändeten Sache oder an deren Erlös geltend zu machen,
solange dieser nicht verteilt ist (Art. 107 Abs. 4 SchKG). Nur bei
grundloser Verzögerung der Anmeldung bezeichnet die Rechtsprechung den
Drittanspruch als verwirkt (BGE 109 III 58 ff.). Dieselbe Rechtsprechung
hat auch erkannt, dass die Praxis eines Betreibungsamtes, die Anmeldefrist
für Drittansprüche auf zehn Tage zu beschränken, in klarem Widerspruch
zum Bundesrecht stehe (BGE 109 III 27). So darf denn auch die 20tägige
Frist, welche das Betreibungsamt in den Arresturkunden angesetzt hat,
nicht als Verwirkungsfrist verstanden werden. Das hat das Betreibungsamt
selber gesehen, wenn es hinzugefügt hat, bei verspäteter Geltendmachung
von Drittansprüchen bestehe die Gefahr, "dass diese Ansprüche nicht mehr
berücksichtigt werden können, wenn festgestellt wird, dass die Verzögerung
arglistig erfolgte".

    Das Betreibungsamt Pfäffikon hat also dadurch, dass es für die
Bekanntgabe allfälliger Drittansprüche 20 Tage eingeräumt hat, nicht
eine gesetzliche Frist verlängert. Daher kann ihm nicht vorgeworfen
werden, es habe zwar die - vom Gesetz nirgends fixierte - Frist für die
Anmeldung von Drittansprüchen aufgrund von Art. 66 Abs. 5 SchKG verlängert,
nicht aber die - gesetzliche - Frist für die Beschwerde gemäss Art. 17
SchKG. Nicht heranziehen lässt sich aus demselben Grund BGE 73 III 154
E. 3. Hier verlängerte das Betreibungsamt die - wiederum gesetzliche -
Frist von Art. 106 Abs. 2 SchKG zur Bestreitung (nicht Bezeichnung!) des
Drittanspruches durch den Schuldner; die Nichtbeachtung dieser Frist hat
gemäss Art. 106 Abs. 3 SchKG zur Folge, dass der Anspruch des Dritten als
anerkannt gilt. Demgegenüber handelt es sich bei der Frist von 20 Tagen,
welche das Betreibungsamt Pfäffikon dem Arrestschuldner zur Bezeichnung
allfälliger Rechte Dritter angesetzt hat, um eine Ordnungsvorschrift
ohne gesetzliche Sanktion. Der Widerspruch in der Fristansetzung, den
der Rekurrent entdeckt zu haben glaubt, besteht somit nicht.