Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 111 IB 15



111 Ib 15

5. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom
19. Juni 1985 i.S. Angehrn und Mitbet. gegen Schweiz. Bundesbahnen,
Kreisdirektion III, und Präsident der Eidg. Schätzungskommission, Kreis 10
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Planauflage und vorzeitige Besitzeinweisung im Enteignungsverfahren
für Eisenbahnbauten.

    Legitimation zur Einsprache im Enteignungsverfahren (E. 3).

    Das Enteignungsverfahren für ein neues Werk kann nur eröffnet werden,
wenn ein Werkplan (Art. 27 Abs. 1 EntG) vorliegt, aus dem sich die
Ausgestaltung des Werkes ergibt. Eine etappenweise Auflage des Werkplanes
für eine neue SBB-Teilstrecke, die es den Enteignerinnen ermöglichen soll,
die vorzeitige Besitzeinweisung schon vor dem Vorliegen des vollständigen
Werkplanes zu verlangen, steht mit den Bestimmungen des Enteignungsgesetzes
und der Planvorlagenverordnung vom 23. Dezember 1932 in Widerspruch
(E. 4-6).

    Eine Besitzeinweisungverfügung im Sinne von Art. 76 EntG kann von
Dritten, die durch das Projekt des Enteigners in ihren tatsächlichen
Interessen oder allenfalls in ihren Nachbarrechten betroffen werden,
nicht angefochten werden (E. 8).

    Aufsichtsrechtliches Eingreifen des Bundesgerichtes (Art. 63
EntG)? (E. 9).

Sachverhalt

    A.- Auf Gesuch der Kreisdirektion III bewilligte das Bundesamt
für Verkehr den Schweiz. Bundesbahnen gestützt auf Art. 30 Abs. 2 der
Verordnung über die Planvorlagen für Eisenbahnbauten vom 23. Dezember 1932
(SR 742.142.1), das Enteignungsverfahren für die Zürcher S-Bahn in den
Gemeinden Dübendorf, Wallisellen und Dietlikon zur gleichen Zeit wie
das Plangenehmigungsverfahren durchzuführen. Die SBB ersuchten hierauf
den Präsidenten der Eidgenössischen Schätzungskommission, Kreis 10, das
Enteignungsverfahren für die Teilprojekte 8 und 9 (Glattal) einzuleiten
und ihnen die vorzeitige Besitzergreifung zu gestatten. Die öffentliche
Planauflage fand im August/September 1984 statt.

    Gegen das Projekt erhoben Otto Angehrn und weitere Anwohner des
"Föhrlibuck" in Dübendorf Einsprache. Sie stellten in erster Linie
den Antrag, die öffentliche Planauflage sei formrichtig auszuschreiben
und mit vollständigen Projektplänen und -beschrieben zu wiederholen;
auf jeden Fall sei den Einsprechern die Möglichkeit zu geben,
Rechtsmittel gegen die definitiven Projektpläne zu ergreifen. Im
weiteren beantragten sie eine Verlegung, allenfalls Tieferlegung des
Trasses, die bestmögliche Eingliederung des Werkes in die Landschaft,
die Projektierung von Lärmschutzmassnahmen, Verkehrsumleitungen während
der Bauzeit und behielten sich Entschädigungsforderungen für allfällige
Entwertungen durch Immissionen vor. Schliesslich verlangten sie, dass die
üblichen vorsorglichen Massnahmen zur Beweissicherung hinsichtlich Lärm,
Erschütterungen usw. getroffen würden.

    Mit Verfügung vom 21. Januar 1985 wies der stellvertretende Präsident
der Eidg. Schätzungskommission, Kreis 10, die Begehren der Einsprecher um
Wiederholung der Planauflage und um weitergehende Beweissicherung ab und
überwies die Akten zur Behandlung der übrigen Begehren dem Eidgenössischen
Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement. Am 12. Februar 1985
ermächtigte der Präsident die SBB insofern zur vorzeitigen Inbesitznahme ab
1. März bzw. 1. Juli 1985, als die Projektteile Gegenstand des bisherigen
Enteignungsverfahrens bildeten. Mit Verfügung vom 14. Februar 1985 wurde
die beschränkte vorzeitige Besitzeinweisung für die Teilprojekte 8 und 9
gegenüber Otto Angehrn und den Mitunterzeichnern der Kollektiveinsprache
bestätigt.

    Gegen diese Verfügungen haben Angehrn und 51 Mitbeteiligte
Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht und im wesentlichen verlangt,
die Planauflage sei zu wiederholen und die vorzeitige Besitzeinweisung
aufzuheben. Das Bundesgericht heisst die gegen die Verfügung vom
21. Januar 1985 gerichtete Beschwerde teilweise gut, während auf die
Beschwerde gegen die Verfügungen vom 12. und 14. Februar 1985 nicht
eingetreten wird.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Die SBB bestreiten in ihrer Vernehmlassung die
Beschwerdelegitimation der Einsprecher, ohne sich allerdings zu diesem
Punkte näher zu äussern.

    Die Frage, ob die Beschwerdeführer zur Anfechtung der
Präsidialverfügung vom 21. Januar 1985 befugt seien, deckt sich mit
jener, ob sie im Enteignungsverfahren als Einsprecher auftreten können. Zu
dieser Frage führt der Schätzungskommissions-Präsident unter anderem aus,
es könne nicht ausgeschlossen werden, dass das projektierte Werk eine
Schmälerung der Abwehrrechte gewisser Einsprecher zur Folge habe. Zudem
haben die SBB im Verfahren betreffend die vorzeitige Besitzergreifung
selbst eingeräumt, dass einzelnen Einsprechern Rechte an über das
Bahntrasse führenden Flurwegen zustehen. Soweit die Beschwerdeführer
zu diesen Enteigneten zählen, steht ihre Einsprachelegitimation ausser
Frage. Sie ist aber auch den Nachbarn, die keine Flurwegrechte besitzen
und die aller Voraussicht nach keine übermässigen Immissionen zu ertragen
haben werden, für den Fall zuzugestehen, dass sie durch das projektierte
Werk in ihren tatsächlichen Interessen berührt werden und diese nicht
im Plangenehmigungsverfahren vertreten können. Wie das Bundesgericht im
Entscheid Bircher (BGE 108 Ib 245 f.) dargelegt hat, kann den Privaten,
die durch ein öffentliches Werk in ihren tatsächlichen Interessen betroffen
werden, die Teilnahme am Plangenehmigungs- und Einspracheverfahren seit
der Einführung von Art. 6 und 48 VwVG sowie von Art. 103 OG nicht mehr
verweigert werden. Werden sie vom technischen Plangenehmigungsverfahren
ausgeschlossen, so sind sie im Einspracheverfahren gemäss Enteignungsgesetz
zuzulassen. Nun behaupten die SBB selbst nicht, dass die betroffenen
Privaten im Plangenehmigungsverfahren, das noch vor dem Inkrafttreten
der neuen eisenbahnrechtlichen Bestimmungen (1. Januar 1985) eingeleitet
wurde, zu Worte gekommen seien oder noch kämen. Im weiteren ergibt
sich aus den Akten, dass die Beschwerdeführer alle in unmittelbarer
Nähe der projektierten Bahnanlage, zwischen den nach Dübendorf und nach
Dietlikon führenden Schienensträngen wohnen. Sie werden zweifellos nach
Inbetriebnahme des Werkes den Eisenbahnlärm deutlich wahrnehmen, sind
deshalb durch die Anlage stärker betroffen als jedermann und stehen zu ihr
in einer besonderen nahen Beziehung (vgl. BGE 110 Ib 100 ff., 108 Ib 93,
250 f.). Die Einsprecher sind somit zur Beschwerde legitimiert, wobei sie
nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts nicht nur ihre eigenen
privaten Interessen, sondern auch schutzwürdige öffentliche Interessen
geltend machen können (BGE 100 Ib 408).

Erwägung 4

    4.- a) Nach Art. 27 ff. EntG hat der Enteigner neben dem
Enteignungsplan und der Grunderwerbstabelle den Werkplan aufzulegen,
aus dem Art, Umfang und Lage des Werkes, die notwendigen Sicherheitszonen
sowie die zur Wahrung der öffentlichen Interessen vorgesehenen Vorkehren
ersichtlich sind. Ein Exemplar des Planes bleibt bis zur Vollendung des
Werkes in Verwahrung des Gemeinderates (Art. 29 Abs. 4 EntG), während
das andere gemäss Art. 45 EntG nach Ablauf der Eingabefrist an den
Schätzungskommissions-Präsidenten zurückzusenden ist und die Grundlage
für das Einigungs- und Schätzungsverfahren sowie gegebenenfalls für das
Einspracheverfahren bildet (vgl. HESS, Das Enteignungsrecht des Bundes,
N. 7 zu Art. 27 EntG).

    Über die Art der Ausführung des einzureichenden Werkplanes enthält das
Enteignungsgesetz selbst keine Vorschriften, doch sind solche vereinzelt
in der Spezialgesetzgebung, so auch jener betreffend die Eisenbahnbauten,
zu finden. Nach Art. 19 der Verordnung über die Planvorlagen für
Eisenbahnbauten vom 23. Dezember 1932 (EbPV) gelten als Werkplan im Sinne
von Art. 27 Abs. 1 EntG grundsätzlich die in Art. 7 lit. a, b und Art. 8
lit. a, c, d, f genannten Pläne, nämlich der vollständige Situationsplan
1:1000 (Art. 7 lit. a, Art. 10), die Längenprofile (Art. 7 lit. b Art. 11),
die Entwürfe zu den Kunstbauten, d.h. Brücken, Tunnels und besonderen
Bauwerken, wobei Brücken von über 10 m Länge durch Detailzeichnungen
im Minimalmassstab 1:200 darzustellen sind (Art. 8 lit. a, Art. 13),
Entwürfe zu den Hochbauten (Art. 8 lit. a, Art. 15), die Stationspläne
(Art. 8 lit. c) und die Vorlagen über die Einrichtungen für die elektrische
Zugförderung (Art. 8 lit. f, Art. 17). Im Streitfalle entscheidet der
Präsident der Schätzungskommission, welche dieser Vorlagen für die
Durchführung des Enteignungsverfahrens notwendig sind (Art. 19 Abs. 2
EbPV); indessen kann er, da Art. 19 EbPV blosse Ausführungsvorschrift ist,
den Enteigner nur insoweit von der Vorlagenpflicht befreien, als dadurch
Art. 27 Abs. 1 EntG nicht in Frage gestellt wird.

    b) Die Teilstrecken 8 und 9 der S-Bahn bestehen im wesentlichen aus
den Viadukten Neugut und Weidenholz sowie dem zwischen den Viadukten
liegenden Tunnel "Föhrlibuck". Für diese Teilprojekte haben die SBB neben
den Enteignungsplänen lediglich einen Übersichtsplan 1:5000 aufgelegt sowie
ein bloss provisorisches Längenprofil für die Hauptviadukte; nach den
Bemerkungen zu diesen Profil-Plänen steht einzig fest, dass die Brücken
nicht höher werden. Sämtliche in der Planvorlagenverordnung genannten
Pläne fehlen.

Erwägung 5

    5.- Die SBB und der Schätzungskommissions-Präsident anerkennen,
dass im Zeitpunkt der Planauflage die Projektwettbewerbe noch nicht
abgeschlossen waren und deshalb auf die Auflage von Detailplänen habe
verzichtet werden müssen. Für die noch nachzuliefernden Pläne seien,
sobald sie vorlägen, weitere Auflageverfahren durchzuführen. Eine
solche abgestufte Planauflage lasse sich bei Dringlichkeit eines
Vorhabens rechtfertigen; ihr stünden weder das Enteignungsgesetz noch
die Planvorlagenverordnung entgegen. Unabdingbar sei lediglich, dass die
verfahrensmässigen Rechte der Betroffenen gewahrt würden, indem in jeder
Stufe die entsprechenden Einsprachen und Forderungen angemeldet werden
könnten. Die SBB haben zudem in ihrer Vernehmlassung unterstrichen, dass
bisher nur der Verlauf des Bahntrasses, die Situierung der Widerlager
der Viadukte und die während des Baues beanspruchten Installations- und
Deponieplätze Gegenstand des Enteignungsverfahrens gewesen seien und die
aufgelegten Pläne hiefür genügten.

    Diesen Ausführungen kann indessen nicht beigepflichtet werden.

    a) Klarzustellen ist zunächst nochmals, dass es sich bei der
hier angestrebten gestaffelten Planauflage weder um eine zeitlich
aufeinanderfolgende Vorlage der vollständigen Pläne für einzelne
Streckenabschnitte noch um das Ausklammern von bestimmten Werkbestandteilen
geht, die erst in einem späteren Zeitpunkt zu erstellen sind. Es handelt
sich vielmehr darum, dass das Enteignungsverfahren schon im Anschluss an
die Festlegung der Linienführung der Eisenbahnstrecke eröffnet werden soll.

    b) Dem Gesetzgeber ist das Problem, dass Enteignungsverfahren
häufig lange dauern und die rasche Verwirklichung dringend benötigter
öffentlicher Werke in Frage stellen, nicht entgangen. Er hat im Rahmen
der Spezialgesetzgebung und bei der Revision des Enteignungsgesetzes
vom 18. März 1971 verschiedene Regelungen getroffen, die auf eine
Beschleunigung und Vereinfachung des Expropriationsverfahrens hinzielen
(vgl. hiezu die Botschaft des Bundesrates betreffend Revision des
Bundesgesetzes über die Enteignung vom 20. Mai 1970, BBl 1970 I
1013 ff.). So kann nun im Gegensatz zu früher das Schätzungsverfahren
fortgesetzt und die vorzeitige Besitzeinweisung auch dann gestattet werden,
wenn noch Einsprachen und Begehren nach den Art. 7-10 EntG hängig sind
(Art. 52, Art. 76 Abs. 1 und 4 EntG). In einzelnen Spezialgesetzen wird
den Unternehmen die vorzeitige Besitzergreifung zusätzlich erleichtert
(vgl. Art. 39 Abs. 3 NSG, Art. 53 ElG). Für dringliche Eisenbahnbauten ist
in Art. 30 Abs. 2 der Planvorlagenverordnung die Möglichkeit geschaffen
worden, ausnahmsweise das Plangenehmigungsverfahren zur gleichen Zeit wie
das Enteignungsverfahren einzuleiten. Dagegen ist nirgends vorgesehen,
dass die Verwirklichung des öffentlichen Werkes durch vorzeitige Einleitung
des Enteignungsverfahrens beschleunigt werden könne, in einem Zeitpunkt,
in dem der Werkplan noch nicht oder noch nicht vollständig vorliegt. Auf
den Werkplan kann gemäss Art. 27 Abs. 3 EntG einzig bei Enteignung für
die Erweiterung schon bestehender öffentlicher Werke verzichtet werden;
dass diese Bestimmung hier anwendbar sei, machen heute auch die SBB nicht
mehr geltend. Die Erwägung des Schätzungskommissions-Präsidenten, weder das
Enteignungsgesetz noch die Planvorlagenverordnung stünden einer abgestuften
Planauflage entgegen, erscheint daher als fragwürdig. Sie erweist sich
bei näherer Betrachtung von Sinn und Zweck der Planauflage als unrichtig.

    c) Die öffentliche Planauflage im Sinne von Art. 30 ff. EntG soll
es den Enteigneten oder vom Werk Betroffenen ermöglichen, einerseits
Entschädigungsforderungen anzumelden, andererseits Einsprachen gegen die
Enteignung zu erheben und Planänderungsbegehren zu stellen, wobei, wie
erwähnt, auch öffentliche Interessen vertreten werden können (Art. 30
Abs. 2 EntG). Die Planauflage muss daher den Privaten - zusammen mit
der Aussteckung - sämtliche Informationen liefern, die zur Begründung
der Forderungen und Einsprachen notwendig sind. Der Private soll sich
anhand der Pläne und der Aussteckung ein Bild über das Werk und seine
Auswirkungen machen können (vgl. BGE 109 Ib 137). Nur so ist er in der
Lage, die richtigen Begehren und Einwendungen vorzubringen, sie konkret
zu formulieren und nicht bloss auf Vermutungen zu stützen.

    Nun machen allerdings die SBB geltend, Gegenstand des bisherigen
Enteignungsverfahrens hätten lediglich die Linienführung des Trasses,
die Situierung der Widerlager der Viadukte und die Installations- und
Deponieplätze gebildet. Ein Werk wie die hier umstrittene Eisenbahnstrecke
ist jedoch ein zusammenhängendes Ganzes und kann für die Zwecke
der Enteignung nicht in einzelne planerische Elemente aufgespalten
werden. Sowenig wie das Werk, sowenig können auch die Forderungen
und Einsprachen aufgeteilt werden. Die Enteignungsentschädigung
bildet eine Einheit, selbst wenn sie sich aus verschiedenen Faktoren
zusammensetzt, und ist grundsätzlich in einem Male zu verlangen
(vgl. BGE 105 Ib 328 ff.) Einsprachen richten sich selten gegen die
Erstellung eines Werkes an sich, sondern meistens gegen die vorgesehene
Ausführung. Ob der Betroffene aber ein Planänderungsbegehren auf
Trasseverschiebung, auf Trasseüberdeckung, auf Ergreifung weiterer Lärm-
oder Landschaftsschutzmassnahmen oder auf andere Vorkehren stellen will,
hängt nicht allein von der Linienführung, sondern in weitem Masse von
der endgültigen Ausgestaltung des Werkes ab. Es kann ihm deshalb nicht
zugemutet werden, seine Einsprache allein gestützt auf den Trasseplan
zu formulieren. Andererseits schliesst Art. 39 EntG die nachträgliche
Erhebung von Einsprachen grundsätzlich aus, wenn die Ausführung des
Werkes bereits in Angriff genommen worden ist, und hätte ein Begehren um
wesentliche Änderung eines umfangreichen Werkes wie dem hier umstrittenen
in einem fortgeschrittenen Baustadium geringe Aussicht auf Erfolg. In
diesem Zusammenhang wenden zwar die SBB ein, der Trasseverlauf sei durch
Beschluss der Bundesversammlung ohnehin festgelegt und an ihm nichts
mehr zu rütteln. Ob und inwieweit die projektierte Linienführung noch
kritisiert werden kann, ist aber weder vom Enteigner selbst noch vom
Schätzungskommissions-Präsidenten vor der Planauflage, sondern nach
erfolgter Auflage von der Einsprachebehörde zu entscheiden.

    d) Die gestaffelte Planauflage müsste schliesslich auch zu erheblichen
prozessualen Schwierigkeiten führen. Unklar wäre insbesondere, wann
das Schätzungsverfahren aufzunehmen und wann das Einspracheverfahren zu
eröffnen wäre und ob dieses ebenfalls in Etappen oder erst nach Abschluss
aller Planauflagen durchgeführt werden müsste. Indessen fiele ein
gestaffeltes Einspracheverfahren schon aus Gründen der Prozessökonomie
ausser Betracht. Im weiteren wären auch die Einsprachebehörden
ausserstande, ohne den vollständigen Werkplan über die erhobenen
Einsprachen zu befinden. Nur wenn die Ausführung der gesamten Anlage
feststeht, kann beurteilt werden, welche privaten Rechte zur Erreichung
des Zweckes notwendigerweise in Anspruch genommen werden müssen (Art. 1
Abs. 2 EntG), und welche ebenfalls auf dem Spiele stehenden öffentlichen
Interessen hinter dem Interesse am Werk in seiner konkreten Ausgestaltung
zurückzutreten haben. Würde andererseits das Einspracheverfahren erst im
Anschluss an alle Planauflagen durchgeführt, so bestünde die Gefahr, dass
die Bauarbeiten im Zeitpunkt des Entscheides schon weit fortgeschritten
wären und dadurch der Einspracheinstanz wenn auch nicht rechtlich, so
doch faktisch die Hände gebunden würden.

    Es ergibt sich, dass die für die Teilprojekte 8 und 9 der
S-Bahn eingeleitete gestaffelte Planauflage mit den Bestimmungen des
Enteignungsgesetzes und Art. 19 sowie Art. 30 Abs. 2 EbPV in Widerspruch
steht.

Erwägung 6

    6.- Sind die im Enteignungsverfahren aufgelegten Pläne unvollständig,
so kann ihre Ergänzung innert der Eingabefrist verlangt werden; die
Pläne sind neu aufzulegen, wenn die Abänderungen die Interessen von
Enteigneten wesentlich berühren (Art. 30 Abs. 4 EntG). Wie oben (E. 3)
dargelegt, vermögen die von den SBB aufgelegten Pläne den gesetzlichen
Anforderungen, die an einen Werkplan gestellt werden, in keiner Weise
zu entsprechen und boten den Betroffenen völlig ungenügende Auskunft
über die Ausgestaltung des Werkes. Die Interessen der Enteigneten
und weiteren Einspracheberechtigten werden daher durch die Vorlage des
eigentlichen Werkplanes erheblich berührt. Die Planauflage ist aus diesem
Grunde neu durchzuführen, ganz abgesehen davon, dass die Auflagefrist
schon längst abgelaufen ist und die Pläne nicht mehr ergänzt werden
könnten. Der Schätzungskommissions-Präsident wird demnach angewiesen, nach
Vorliegen eines vollständigen Werkplanes im Sinne von Art. 27 EntG unter
erneuter öffentlicher Bekanntmachung und persönlicher Benachrichtigung
der Enteigneten (Art. 31 EntG) nach Aussteckung des Werkes eine neue
Planauflage zu veranlassen. Bereits eingereichte Eingaben sind allerdings,
um Formalismus zu vermeiden, von Amtes wegen zu behandeln und brauchen
nicht erneuert zu werden (vgl. BGE 109 Ib 139).

Erwägung 8

    8.- Mit Verfügungen vom 12. und 14. Februar 1985 hat der Präsident der
Schätzungskommission den SBB in gewissem Umfange gestattet, die Grundstücke
jener Enteigneten vorzeitig in Besitz zu nehmen, die der Besitzergreifung
noch nicht zugestimmt hatten. Die Beschwerdeführer fechten auch diese
Anordnung an. Sie leiten ihre Beschwerdebefugnis daraus ab, dass sie
aufgrund der zu erwartenden Lärmeinwirkungen einspracheberechtigt seien
und ihnen allenfalls nachbarrechtliche Abwehransprüche entzogen würden;
der Entzug der Nachbarrechte dürfe aber nur unter den in Art. 76 EntG
genannten Voraussetzungen erfolgen.

    Gehen von einem öffentlichen Werk unvermeidbare übermässige
Einwirkungen aus und steht dem Werkeigentümer das Enteignungsrecht zu, so
werden die nachbarlichen Abwehrrechte auf dem Enteignungswege unterdrückt
und wird auf dem Nachbargrundstück zwangsweise eine Grunddienstbarkeit auf
Duldung der Immissionen errichtet (BGE 106 Ib 241, 244 f.). Der Enteigner
erwirbt die beanspruchte Dienstbarkeit wie andere Rechte durch Leistung der
Enteignungsentschädigung oder der Anzahlung im Sinne von Art. 19bis Abs. 2
EntG. Da jedoch meistens im voraus nicht feststeht, ob die mit dem Bau
oder Betrieb des Werkes verbundenen Einwirkungen ein Übermass erreichen,
ist der Enteigner nicht in der Lage, schon anlässlich der Planauflage zu
umschreiben, ob und welche Nachbarrechte er entziehen oder beschränken
möchte. Er ist deshalb davon befreit, in der Grunderwerbstabelle diese
Rechte zu bezeichnen (vgl. HESS, aaO, N. 4 zu Art. 5 EntG). Dementsprechend
fällt, solange die Art der Beeinträchtigung nicht feststeht, eine
Einweisung in den Besitz der Nachbarrechte ausser Betracht. In "Besitz"
genommen werden die Abwehransprüche beim tatsächlichen Auftreten
übermässiger Immissionen; von diesem Moment an ist die Entschädigung
zu verzinsen (BGE 106 Ib 245 E. 3, 249). Dieser Zeitpunkt fällt aber
kaum je mit der Inbesitznahme des für das Werk beanspruchten Bodens und
dem Beginn der Bauarbeiten zusammen. Zwar können auch durch Bauarbeiten
Lärm und Erschütterungen entstehen, doch müssen solche vorübergehende
Störungen vom Nachbarn grundsätzlich hingenommen werden (BGE 93 I 295
ff., 91 II 107 E. 3, 83 II 383, nicht publ. Entscheid i.S. Staat Bern
c. Lehmann vom 16. Juli 1984 E. 4). Auch im vorliegenden Fall ist nicht
anzunehmen und behaupten die Beschwerdeführer selbst nicht, dass die
vom Schätzungskommissions-Präsidenten bewilligte Besitzergreifung zu
Auswirkungen auf die Nachbarparzellen führe, die im Lichte von Art. 684
ZGB nicht geduldet werden müssten. Die Beschwerdeführer werden daher durch
die Besitzeinweisungsverfügung als (mögliche) Enteignete nicht betroffen.

    Andererseits lässt sich aus der Stellung der Beschwerdeführer
als Einsprecher ebenfalls keine Beschwerdebefugnis im
Besitzeinweisungsverfahren herleiten. Werden Private, die
nicht oder nicht mit Sicherheit zu den Enteigneten zählen, im
enteignungsrechtlichen Einspracheverfahren zugelassen, weil sie vom
technischen Plangenehmigungsverfahren ausgeschlossen worden sind, so
können ihnen in jenem Verfahren nicht mehr Rechte zukommen, als sie in
diesem gehabt hätten. Nun ist offensichtlich, dass der nicht expropriierte
Einsprecher, der seine Interessen im Plangenehmigungsverfahren vertreten
kann, im Enteignungs- und damit auch im Besitzeinweisungsverfahren nichts
zu sagen hat. Auf die gegen die Verfügungen vom 12. und 14. Februar 1985
erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist daher mangels Legitimation
der Beschwerdeführer nicht einzutreten.

Erwägung 9

    9.- Es bleibt die Frage, ob das Bundesgericht aufsichtsrechtlich
(Art. 63 EntG) einzugreifen habe, weil die vorzeitige Besitzergreifung
frühestens an der Einigungsverhandlung (Art. 76 Abs. 2 EntG), also erst
nach der Durchführung der Planauflage bewilligt werden kann und diese hier
zu wiederholen ist. Wie oben im einzelnen dargelegt, sind wesentliche
Verfahrensvorschriften missachtet worden und wäre das Bundesgericht
insofern zur Aufhebung des bisherigen Verfahrens und insbesondere der
Besitzeinweisung kraft Aufsichtsrecht befugt (BGE 97 I 10, 100 Ib 98;
für Enteignungen vgl. BGE 104 Ib 343 mit Hinweisen). Allerdings ist hier
zu berücksichtigen, dass sich die Enteigneten mit dem Enteigner jederzeit,
auch vor der Einigungsverhandlung, über den Baubeginn verständigen können
und dass im vorliegenden Verfahren keine weiteren Beschwerden gegen die
Besitzeinweisung eingegangen sind, sich die betroffenen Grundeigentümer
also mit ihr abgefunden haben. Hinzu kommt, dass die Aufhebung der
Verfügung vom 12. Februar 1985 zur Folge hätte, dass die Verzinsung
für die endgültig geschuldete Entschädigung bis zum Erlass einer neuen
Verfügung oder Vereinbarung aufgeschoben würde, obschon möglicherweise
bestimmte Grundstücke bereits in Anspruch genommen worden sind. Unter
diesen Umständen lässt sich eine aufsichtsrechtliche Massnahme nicht
rechtfertigen.