Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 111 IB 13



111 Ib 13

4. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom
18. Juli 1985 i.S. X. gegen Y., Gemeinderat Z. sowie Regierungsrat und
Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste

    Art. 33 RPG; Anwendbarkeit dieser Vorschrift auf Quartierpläne.

    Ein Quartierplan, der als Sondernutzungsplan die Erschliessung und
die Überbauung des erfassten Gebiets für jedermann verbindlich regelt
und der zweckmässigen Nutzung des Bodens sowie der geordneten Besiedlung
des Landes dient, ist ein Nutzungsplan im Sinne von Art. 14 ff. RPG,
auf den die Rechtsschutzbestimmungen von Art. 33 RPG anwendbar sind.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Gemäss Art. 33 Abs. 2 RPG sieht das kantonalen Recht wenigstens
ein Rechtsmittel gegen Verfügungen und Nutzungspläne vor, die sich
auf das Bundesgesetz über die Raumplanung sowie seine kantonalen und
eidgenössischen Ausführungsbestimmungen stützen. Es gewährleistet nach
Art. 33 Abs. 3 lit. b RPG die volle Überprüfung durch wenigstens eine
Beschwerdebehörde.
   a) ...

    b) Entgegen der Auffassung der kantonalen Behörden handelt es sich
beim Quartierplan Goldmatt um einen Nutzungsplan im Sinne von Art. 14
ff. RPG. Er regelt als für jedermann verbindlicher Sondernutzungsplan
die Erschliessung und die Überbauung des Quartierplangebiets. Er dient
der zweckmässigen Nutzung des Bodens und der geordneten Besiedlung
des Landes (Art. 22quater Abs. 1 BV; Art. 1, 3 RPG). Nach dem Sinn
des Raumplanungsgesetzes fallen nicht nur Zonenpläne, sondern auch
Sondernutzungspläne wie Quartier- und Gestaltungspläne unter die
Nutzungspläne (BGE 109 Ib 122/123 E. 5a; 107 Ib 114 E. 2a). Daran vermag
auch die Berufung der Beschwerdegegner auf die bundesrätliche Botschaft
zum Raumplanungsgesetz nichts zu ändern. Dort wird ausgeführt, dass
sich das Gesetz auf die Umschreibung der Hauptarten von Nutzungszonen,
der Bau-, Landwirtschafts- und Schutzzonen, beschränke. Es gebe "nach
geltendem kantonalen Recht neben den Zonenplänen noch andere Arten von
Nutzungsplänen, so im Bereich der Erschliessung, der Überbauung und
Gestaltung. ... Mit diesen Arten von Nutzungsplänen befasst sich das
Gesetz nicht" (BBl 1978 I 1023, Bemerkung zu Art. 15). Werden diese
Ausführungen im Gesamtzusammenhang mit dem übrigen Botschaftstext und
namentlich mit den massgebenden Bestimmungen des Bundesgesetzes über die
Raumplanung gesehen, so kommt ihnen klarerweise nicht der Sinn zu, den
ihnen die Beschwerdegegner beimessen. Freilich behandelt das Bundesgesetz
über die Raumplanung in seiner Eigenschaft als Grundsatzgesetz vorab
die wichtigsten Nutzungspläne, welche die Bauzonen (Art. 15 RPG), die
Landwirtschaftszonen (Art. 16 RPG) und die Schutzzonen (Art. 17 RPG)
ausscheiden. In einem solchen System haben die Kantone nicht nur die
Möglichkeit, sondern auch die Pflicht, die bundesrechtliche Regelung
zu vervollständigen. Dabei sind sie an die Ziele und Grundsätze
der Raumplanung gebunden (Art. 1 und 3 RPG). Ebenso bindet sie das
Bundesrecht an bestimmte Regeln wie Rechtsfolgen (Art. 22 bis 24 RPG)
und Rechtsschutz (Art. 33 RPG), die für sämtliche Nutzungspläne gelten
müssen, seien diese generell (Zonenpläne) oder speziell (Quartierpläne,
Baulinienpläne, Gestaltungspläne und dergleichen). Das ergibt sich aus
einem einfachen Vergleich der Vorschriften von Art. 21 Abs. 1, Art. 33
und Art. 14 RPG; namentlich die Formulierung von Art. 14 Abs. 2 RPG stellt
klar, dass die darin enthaltene Aufzählung des Inhalts der Nutzungspläne
nicht abschliessend ist (BGE 111 Ib 12 E. 3).

    Handelt es sich wie beim Quartierplan Goldmatt um einen Nutzungsplan,
der unter der Herrschaft des seit dem 1. Januar 1980 in Kraft stehenden
Bundesgesetzes über die Raumplanung aufgelegt wurde, so sind dessen
Rechtsschutzbestimmungen anzuwenden. Dabei ist Art. 33 RPG selbständig
anwendbar; materiellen Ausführungsrechts der Kantone bedarf es nicht;
diese haben lediglich das nötige Organisations- und Verfahrensrecht zu
erlassen (BGE 109 Ib 123 E. 5a mit Hinweisen).