Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 111 IA 52



111 Ia 52

12. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 6.
Februar 1985 i.S. Staat Italien gegen X. und Appellationsgericht des
Kantons Basel-Stadt (staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Völkerrechtliche Immunität; Zivilprozess gegen einen fremden Staat.

    Art. 84 Abs. 1 lit. c und d OG. Zulässigkeit der staatsrechtlichen
Beschwerde eines fremden Staates betreffend die Immunität nicht nur im
Zwangsvollstreckungs-, sondern auch im Erkenntnisverfahren (E. 2).

    Voraussetzungen der Zulässigkeit eines Zivilprozesses gegen einen
fremden Staat.

    1. Grundsatz der begrenzten Immunität; Natur des fremdstaatlichen
Anspruchs als Abgrenzungskriterium (E. 4a). Beizug, nicht aber Anwendung
ausländischen öffentlichen Rechts zur Ermittlung der Natur dieses Anspruchs
(E. 4b).

    2. Treu und Glauben als Schranke der Berufung auf völkerrechtliche
Immunität. Verneinung des Verstosses gegen eine staatsvertragliche Pflicht
zur Rückgabe des Prozessgegenstandes (E. 5a, b und c); Folgen (E. 5d).

Sachverhalt

    A.- X. verlangt unter Berufung auf ihr Eigentumsrecht vom Staat Italien
die Herausgabe historischer Grabplatten, welche dieser als Beweismittel
in einem Strafverfahren von der Schweiz auf dem Rechtshilfeweg erlangt
hatte. Das Zivilgericht des Kantons Basel-Stadt trat auf die Klage
nicht ein. Es erachtete die Berufung des Staates Italien auf seine
völkerrechtliche Immunität als begründet, weshalb es seine Zuständigkeit
zur Behandlung des Rechtsstreits verneinte. X. zog dieses Urteil an das
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt weiter, welches das Verfahren
auf die Zuständigkeitsfrage beschränkte. Mit Urteil vom 11. Mai 1984 hob
das Appellationsgericht den vorinstanzlichen Entscheid auf und wies die
Sache zur materiellen Beurteilung an das Zivilgericht zurück. Der Staat
Italien führt mit Eingabe vom 29. Juni 1984 staatsrechtliche Beschwerde
beim Bundesgericht. Er rügt eine Verletzung der völkerrechtlichen
Immunität und der Zuständigkeit und beantragt, das angefochtene Urteil
aufzuheben. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:
I. Formelle Fragen

Erwägung 2

    2.- ...

    a) Der Staat Italien rügt mit der staatsrechtlichen Beschwerde
eine Verletzung seiner völkerrechtlichen Immunität sowie "der
Zuständigkeit". Einem als Völkerrechtssubjekt auftretenden fremden Staat
steht die staatsrechtliche Beschwerde grundsätzlich nicht offen. Vielmehr
ergibt sich aus Art. 113 Abs. 1 Ziff. 3 BV, der die verfassungsmässige
Grundlage für Art. 84 OG bildet, dass das Bundesgericht nur über
"Beschwerden betreffend verfassungsmässige Rechte der Bürger sowie über
solche von Privaten wegen Verletzung von Konkordaten und Staatsverträgen"
zu urteilen hat. Der fremde Staat, der die Verletzung der Vorschriften
eines Staatsvertrags oder der Regeln des Völkerrechts rügen will,
kann das nur mit einer Aufsichtsbeschwerde im Sinne von Art. 71 VwVG
an den Bundesrat tun, der gegebenenfalls gestützt auf Art. 102 Ziff. 8
BV einschreiten könnte (BGE 106 Ia 144/145 E. 2a; 101 Ia 163 ff.; VPB
40/1976 Nr. 88 E. 2a und b).

    b) Anders verhält es sich, wenn in der Schweiz liegende
Vermögensgegenstände eines fremden Staates mit Arrest belegt
werden sollen. In diesem Fall ist der fremde Staat - selbst wenn er
als Völkerrechtssubjekt auftritt - betroffen wie ein Privater. Das
Bundesgericht hat denn auch seit Jahrzehnten staatsrechtliche Beschwerden
fremder Staaten gegen solche Zwangsvollstreckungsmassnahmen zugelassen
(BGE 106 Ia 142 ff.; 104 Ia 367 ff. und in diesen Urteilen zitierte
ältere Entscheide bis zurück zu BGE 44 I 49 ff.). Soweit ersichtlich,
ist denn auch die Legitimation fremder Staaten zur staatsrechtlichen
Beschwerde in diesem Umfang in der Literatur der letzten Jahrzehnte nie
mehr in Frage gestellt worden.

    Im vorliegenden Fall geht es allerdings nicht um eine Arrestnahme. Auch
steht keine Zwangsvollstreckungsmassnahme des kantonalen Rechts in Frage,
die für das Gebiet des Sachenrechts wohl als einem Arrest gleichwertig
betrachtet werden müsste; eine solche Zwangsvollstreckung käme indessen
erst dann in Frage, wenn ein Sachurteil zugunsten der Beschwerdegegnerin
vorläge und sich zudem die vom Urteilsdispositiv erfassten Sachen im
örtlichen Zugriffsbereich der schweizerischen Behörden befänden. Zu
prüfen ist somit, ob die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der
völkerrechtlichen Immunität eines fremden Staates auch dann zulässig ist,
wenn dieser lediglich veranlasst werden soll, sich auf eine Zivilklage
einzulassen, Zwangsmassnahmen jedoch noch nicht in Aussicht stehen.

    c) Sämtliche veröffentlichten Urteile des Bundesgerichts zur Frage
der völkerrechtlichen Immunität fremder Staaten hängen mit Arrestverfahren
nach dem Schuldbetreibungs- und Konkursrecht zusammen. Daraus lässt sich
indessen nicht schliessen, die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung
der Immunität sei ausschliesslich in diesem Fall zulässig. Sieht man vom
Bereich des Familienrechts ab, so geht es bei der überwiegenden Zahl
der Zivilprozesse um Geldforderungen. Für Prozesse dieser Art gegen
einen ausländischen Staat wird aber in der Regel kein schweizerischer
Gerichtsstand gegeben sein, es sei denn, die klagende Partei begründe
ihn durch Arrestierung von Vermögenswerten. Es dürfte weitgehend an
diesem äusseren Umstand liegen, dass die veröffentlichten Urteile des
Bundesgerichts zur Frage der Staatenimmunität durchwegs mit einem solchen
Arrest zusammenhängen.

    Der Staat Italien beruft sich für die Zulässigkeit der
staatsrechtlichen Beschwerde gegen seinen Einbezug in ein gerichtliches
Erkenntnisverfahren auf ein Urteil vom 19. Juni 1980 (BGE 106 Ia 142
ff.). Dort wird an drei Stellen von der Immunität fremder Staaten
"im Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren" gesprochen, ohne dass
zwischen diesen beiden Formen der Immunität unterschieden würde; der
hier zu erörternden Frage kam keine praktische Bedeutung zu. Dagegen
hat das Bundesgericht in zwei früheren Urteilen zwischen der Immunität
im Erkenntnisverfahren ("immunité de juridiction") und jener im
Vollstreckungsverfahren ("immunité d'exécution") unterschieden (BGE 86
I 23 ff.; 82 I 75 ff.). Das Bundesgericht kam in beiden Urteilen zum
Schluss, es sei nicht gerechtfertigt, die beiden Immunitätsansprüche
eines fremden Staates verschieden zu behandeln. Im erstgenannten Fall
verneinte es zunächst die Immunität der Vereinigten Arabischen Republik im
Erkenntnisverfahren (BGE 86 I 29/30 E. 3). Anschliessend führte es aus, das
Vollstreckungsrecht folge aus der Rechtsprechungshoheit, weshalb auch keine
Vollstreckungsimmunität gegeben sei (BGE 86 I 30/31 E. 4). Einlässlicher
wurden diese Fragen im zweitgenannten Urteil erörtert. In jener Sache
hatte das Königreich Griechenland u.a. den Standpunkt eingenommen, den
fremden Staaten sollte im Vollstreckungsverfahren absolute Immunität
zuerkannt werden, im Gegensatz zum Erkenntnisverfahren, wo unterschieden
wird, ob der ausländische Staat in Ausübung seiner Hoheitsgewalt (iure
imperii) oder als Subjekt von Privatrechtsverhältnissen (iure gestionis)
gehandelt hat. Nach einlässlicher Auseinandersetzung mit Literatur und
Praxis gelangte das Bundesgericht zum Schluss, dass kein Anlass zur
Änderung der Rechtsprechung bestehe, wonach der Immunitätsschutz für
fremde Staaten im Erkenntnis- und im Vollstreckungsverfahren in gleicher
Weise gilt (BGE 82 I 88 ff., namentlich 90, E. 10).

    Verhält es sich so, ist nicht ersichtlich, weshalb ein fremder Staat
zum Schutz seiner Immunität das Bundesgericht im Erkenntnisverfahren
nicht ebenso mit staatsrechtlicher Beschwerde anrufen können sollte wie im
Vollstreckungsverfahren. Es hätte wenig praktischen Sinn, den ausländischen
Staat zu verpflichten, als Partei in einem Erkenntnisverfahren bis zum
rechtskräftigen Urteil mitzuwirken, bevor feststeht, ob er sich nicht im
späteren Vollstreckungsverfahren auf seine Immunität berufen könne. Wenn
das Bundesgericht im genannten Entscheid ausgeführt hat, das Urteil
liefe in einem solchen Fall auf ein blosses Rechtsgutachten hinaus (BGE
82 I 89 E. 10), so mag das vielleicht etwas absolut ausgedrückt sein; so
wäre es denkbar, dass sich der fremde Staat im Hinblick auf die Wahrung
guter Beziehungen zum Urteilsstaat freiwillig einem rechtskräftigen
Urteil unterwirft. Indessen bleibt der Grundgedanke richtig, wonach es
jedenfalls ein Gebot der Zweckmässigkeit ist, dass der fremde Staat, der
seine Immunität geltend machen will, dazu bereits im Erkenntnisverfahren
ermächtigt sein soll.

    d) Seit die beiden erwähnten Urteile ergingen, sind zwei
Rechtsänderungen von Bedeutung eingetreten. In materieller Hinsicht ist zu
beachten, dass die Schweiz mit Wirkung ab 7. Oktober 1982 dem Europäischen
Übereinkommen über Staatenimmunität vom 16. Mai 1972 beigetreten ist. In
formeller Hinsicht ist auf die am 1. Oktober 1969 in Kraft getretene
Änderung des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege
zu verweisen.

    Was das Übereinkommen betrifft, so geht dieses zwar in der Frage,
unter welchen Voraussetzungen die Immunität der Vertragsstaaten im
Vollstreckungsverfahren anzuerkennen sei, weiter als die schweizerische
Praxis, wie sie in der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichts
zum Ausdruck kommt (vgl. Art. 23 des Übereinkommens und Botschaft des
Bundesrates vom 27. Mai 1981, BBl 1981 II 990/991). Die erweiterte
Vollstreckungsimmunität unter den Mitgliedstaaten bildet jedoch kein
entscheidendes Argument dagegen, dass die staatsrechtliche Beschwerde
wie bisher bereits im Erkenntnisverfahren zugelassen wird. Allerdings
müssen dabei im Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten nunmehr materiell
andere Gesichtspunkte wegleitend sein als für den Entscheid über die
Vollstreckungsimmunität.

    Die Änderung des Bundesgesetzes über die Organisation der
Bundesrechtspflege hat für das Gebiet der staatsrechtlichen Beschwerde
keine unmittelbaren Neuerungen gebracht und generell die Zuständigkeit des
Bundesgerichts jedenfalls nicht eingeschränkt (BGE 99 Ia 84 E. 1c). Die
staatsrechtliche Beschwerde könnte auf einem Gebiet, wo sie vorher zulässig
war, durch die Revision nur ausgeschlossen worden sein, wenn ein anderes
Verfahren zur Verfügung gestellt worden wäre, in dem die nämlichen Rügen
erhoben werden können (Art. 84 Abs. 2 OG). Das trifft im vorliegenden Fall
nicht zu; namentlich kann der fremde Staat nicht mit Beschwerde gemäss
Art. 73 VwVG an den Bundesrat gelangen (BGE 101 Ia 166 E. 3; die hier
vorbehaltene Aufsichtsbeschwerde an den Bundesrat ist kein Rechtsmittel
im Sinne von Art. 84 Abs. 2 OG; vgl. auch BGE 90 I 230 E. 2).

    e) Der Staat Italien stützt seine Beschwerde auf Art. 84 Abs. 1
lit. c und d OG. Staatsrechtliche Beschwerden dieser Art setzen die
Erschöpfung des kantonalen Instanzenzugs nicht voraus, sondern können
unmittelbar im Anschluss an den Hoheitsakt erhoben werden, der Anlass zur
Beschwerdeführung gibt (Art. 86 Abs. 3 OG; BGE 106 Ia 145/146 E. 2b mit
Hinweisen). Die vorliegende, im Anschluss an einen Rückweisungsentscheid
erhobene Beschwerde erweist sich somit auch unter diesem Gesichtswinkel
als zulässig.

    f) Auf die staatsrechtliche Beschwerde ist demnach einzutreten, soweit
mit ihr eine Verletzung der völkerrechtlichen Immunität des Staates
Italien gerügt wird. Nicht völlig klar ist, ob der daneben erhobenen
Rüge der Verletzung von Bestimmungen über die örtliche Zuständigkeit
selbständige Bedeutung zukommt. Soweit das zutreffen sollte, ist auf
die Beschwerde nicht einzutreten (vgl. E. 2a). Die Rüge ist jedoch in
jedem Fall zulässig, soweit sie sich unmittelbar aus der Anrufung der
völkerrechtlichen Immunität ergibt (BGE 107 Ia 174 E. 4 mit Hinweis).
II. Materielle Fragen

Erwägung 3

    3.- Zwischen der Schweiz und Italien besteht kein Staatsvertrag,
der sich auf die Frage der gegenseitigen Immunität der beiden Staaten
bezöge. Wie erwähnt, ist die Schweiz zwar dem Europäischen Übereinkommen
über Staatenimmunität beigetreten; doch gehört Italien dem Übereinkommen
bis heute nicht an. In der Beschwerde wird denn auch nicht geltend
gemacht, das angefochtene Urteil verletze eine staatsvertragliche
Bestimmung. Der Rechtsstreit ist daher aufgrund der ungeschriebenen Regeln
des Völkerrechts zu entscheiden, die sich in Lehre und Rechtsprechung -
für die Schweiz namentlich in jener des Bundesgerichts - widerspiegeln. Die
im Übereinkommen enthaltenen Grundsätze können immerhin als Ausdruck der
Entwicklungstendenz des modernen Völkerrechts betrachtet und in diesem
Sinne mit herangezogen werden (BGE 104 Ia 368/369 E. 2a).

Erwägung 4

    4.- a) Es kann heute als unbestritten gelten, dass im
Erkenntnisverfahren dem ausländischen Staat jedenfalls dann Immunität
zukommt, wenn sich der Rechtsstreit auf seine hoheitliche Tätigkeit (ius
imperii) bezieht. Ist er dagegen als Träger von Privatrechten aufgetreten,
hat er mithin iure gestionis gehandelt, so lässt die bundesgerichtliche
Rechtsprechung die Klage gegen ihn zu, sofern das zu beurteilende
Rechtsverhältnis eine genügende Binnenbeziehung zur Schweiz aufweist (BGE
106 Ia 147/148 E. 3a; 104 Ia 369 ff. E. 2, mit zahlreichen Hinweisen auf
Literatur und ältere Urteile). Beim Entscheid darüber, ob der Streit auf
"ius imperii" oder auf "ius gestionis" beruhe, kann nur die Natur des
Anspruchs massgebend sein, auf den sich der fremde Staat beruft. Auf der
Seite der klagenden Privatperson ergäbe diese Unterscheidung keinen Sinn
(vgl. WILFRIED SCHAUMANN, Die Immunität ausländischer Staaten nach
Völkerrecht, in: Berichte der deutschen Gesellschaft für Völkerrecht,
Heft 8, Karlsruhe 1968, S. 107).

    Im vorliegenden Fall stützt der Staat Italien seinen Eigentumsanspruch
nicht auf rechtsgeschäftliches Handeln (ius gestionis); er leitet ihn
vielmehr aus seiner öffentlichrechtlichen Gesetzgebung über den Schutz
von Gegenständen von historischem und archäologischem Wert ab (Art. 826
Abs. 2 des italienischen codice civile). Das war nie ernsthaft bestritten
und liegt auf der Hand (vgl. BGE 101 Ia 165 E. 1 i.V.m. VPB 40/1976
Nr. 88). Geht es aber um einen Anspruch an einer beweglichen Sache,
den der Staat Italien als Hoheitsträger (iure imperii) geltend macht,
so kann er sich grundsätzlich auf seine völkerrechtliche Immunität
berufen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob dieser Anspruch sich im
Prozess auch als begründet erwiese. Über die Immunität ist vorfrageweise zu
entscheiden. Dieses Institut verlöre seinen Sinn, wenn nicht auf die Natur
des Anspruchs abgestellt würde, sondern wenn der Staat die Berechtigung
dieses Anspruchs zunächst im Prozess unter Beweis stellen müsste.

    b) Nicht geteilt werden kann die Auffassung des Appellationsgerichts,
wonach die Zuerkennung der Immunität an den Staat Italien unter den hier
gegebenen Voraussetzungen auf die Anerkennung ausländischen öffentlichen
Rechts hinauslaufen würde, was nicht zulässig sei. Das Gericht folgt
dabei dem von der Beschwerdegegnerin im kantonalen Verfahren eingeholten
Privatgutachten von Professor Pierre Lalive. Der Gutachter stützt seine
Auffassung auf einen Entscheid des Bundesgerichts aus dem Jahre 1956
(BGE 82 I 196 ff.). In jenem Urteil ging es um die Frage, ob ein
ausländischer Enteignungsakt in der Schweiz anzuerkennen sei. Das
Bundesgericht führte dazu aus, ausländisches öffentliches Recht könne
in der Schweiz weder angewendet noch vollzogen werden, es sei denn,
die schweizerische Rechtsordnung verlange dies. Hieran wäre unter
vergleichbaren Verhältnissen festzuhalten. Indessen war damals nicht
darüber zu befinden, ob einem ausländischen Staat kraft völkerrechtlichen
Gewohnheitsrechts gerichtliche Immunität zustehe. In einem Verfahren dieser
Art muss notwendigerweise zum Entscheid über die Frage der Immunität
ausländisches öffentliches Recht berücksichtigt werden. Gerade die von
der Schweiz stets vertretene Auffassung, wonach zwischen Handlungen
"iure imperii" und "iure gestionis" zu unterscheiden ist, liesse sich
nicht durchsetzen, wenn das ausländische öffentliche Recht unbeachtet
bleiben müsste. Das Bundesgericht hat denn auch in früheren Urteilen
über die Immunität fremder Staaten auf ausländisches öffentliches
Recht Bezug genommen (BGE 104 Ia 375 E. 4b; nicht veröffentlichte
E. 3b und c des Urteils BGE 110 Ia 43). Auch in Auslieferungs- und
Rechtshilfesachen könnten die zuständigen schweizerischen Behörden ihre
Aufgabe ohne Mitberücksichtigung des ausländischen öffentlichen Rechts
oft nicht erfüllen. Allerdings ist das ausländische öffentliche Recht
nicht materiell anzuwenden; es ist nicht darüber zu entscheiden, ob der
Anspruch begründet ist, sondern nur, welcher Natur er ist. Zwischen der
im genannten Urteil geäusserten Auffassung (BGE 82 I 197/198 E. 1) und
der hier vertretenen besteht somit kein unüberbrückbarer Widerspruch.

Erwägung 5

    5.- a) Das Appellationsgericht verneinte die Immunität des
Beschwerdeführers allerdings im wesentlichen aus einem andern Grund. Es
stellte fest, die umstrittenen Grabplatten seien einzig zur Beweissicherung
in einer Strafuntersuchung nach Italien verbracht worden. Die italienischen
Behörden wären nach Art. 6 Ziff. 2 des Europäischen Übereinkommens
über Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. April 1959 (EÜR) verpflichtet
gewesen, die Platten nach der Untersuchung sofort wieder in die Schweiz
zurückzubringen. Es bezeichnet das Verhalten des Staates Italien als
"unkorrekt". Aus einem solchen Verhalten dürfe er keinen Vorteil ziehen; er
könne sich deshalb nicht auf seine völkerrechtliche Immunität berufen. Der
Beschwerdeführer hält dem in tatsächlicher Hinsicht entgegen, es lägen
keine Akten dafür vor, dass er durch die in Rechtshilfesachen zuständigen
schweizerischen Behörden aufgefordert worden sei, die Platten in die
Schweiz zurückzubringen. Die Feststellung des Appellationsgerichts, er
habe konventionswidrig gehandelt, beruhe deshalb auf einer unzulässigen
antizipierten Beweiswürdigung. In rechtlicher Hinsicht macht der
Beschwerdeführer geltend, das Appellationsgericht habe seine Zuständigkeit
überschritten; zur Feststellung einer Verletzung des Europäischen
Rechtshilfeübereinkommens wären die in Rechtshilfesachen kompetenten
Verwaltungsbehörden und nicht ein Zivilgericht zuständig gewesen.

    b) Der Standpunkt des Appellationsgerichts läuft im Ergebnis auf
eine Übernahme der im Privatgutachten Lalive vertretenen These hinaus,
das italienische Rechtshilfebegehren bilde Teil eines raffinierten
Gesamtplans ("manoeuvre astucieuse"), mit dem sich der Staat Italien aus
der Rolle eines Klägers in jene eines Beklagten manövriert habe. Ein
solches Verhalten verstosse gegen Treu und Glauben und müsse daher
unbeachtet bleiben. Dem Beschwerdeführer könne deshalb die Immunität so
wenig zuerkannt werden, wie wenn er im Zivilprozess in Basel als Kläger
aufgetreten wäre. Diese Erwägung erweckt Bedenken. Das Appellationsgericht
hat nicht dargelegt, auf welche tatsächlichen Umstände es seine Auffassung
stützt, wonach das Rechtshilfebegehren Teil eines derartigen Manövers
gebildet habe und daher zweckwidrig verwendet worden sei. Dem angefochtenen
Urteil lässt sich einzig entnehmen, dass die Grabplatten im August 1980
zu Beweiszwecken nach Italien verbracht wurden und dass sie seither noch
nicht in die Schweiz zurückgeführt worden sind. Indessen ist zunächst
festzustellen, dass der Staat Italien sich den Besitz an den Platten nicht
eigenmächtig verschafft hat; diese wurden ihm vielmehr nach Durchführung
eines Rechtshilfeverfahrens von den zuständigen schweizerischen Behörden
ordnungsgemäss zur Verfügung gestellt. Ob diese Behörden die ihnen
in solchen Fällen zustehende Prüfungsbefugnis richtig ausgeübt haben,
war nicht vom Appellationsgericht zu beurteilen. Jedenfalls kann die
Stellung eines Rechtshilfebegehrens an sich nicht als unlautere Handlung
betrachtet werden, weil den zuständigen Behörden des ersuchten Staates
eine weitgehende Prüfungsbefugnis zusteht.

    Das Appellationsgericht legt denn auch das Hauptgewicht weniger
darauf, dass sich der Staat Italien die Verfügungsgewalt über die
Grabplatten überhaupt verschafft habe; es stützt sich vor allem darauf,
dass er diese Platten seither nicht zurückerstattet habe. Es trifft zu,
dass auf dem Rechtshilfeweg übergebene Beweismittel dem ersuchenden Staat
"so bald wie möglich" zurückzugeben sind, sofern dieser nicht darauf
verzichtet (Art. 6 Ziff. 2 EÜR). Der Begriff "so bald wie möglich" ist
unbestimmt; er ist im Einzelfall zu konkretisieren. Wie die Bedingung hier
im Zeitpunkt der Rechtshilfe gegenüber dem Staat Italien formuliert wurde,
geht aus den Akten nicht hervor. Jedenfalls besteht die Rückgabepflicht
so lange nicht, als das Strafverfahren nicht abgeschlossen ist, für
das die Beweismittel angefordert worden sind. Hierüber geben die Akten
keinerlei Aufschluss. Zwar ist eine antizipierte Beweiswürdigung nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichts nicht durchwegs unzulässig (BGE 103 IV
301 E. 1a; 97 I 219/220 E. 4; 73 I 199 E. 1). Indessen setzt der Verzicht
auf Beweiserhebungen bzw. auf weitere Beweiserhebungen immer voraus, dass
bereits hinlänglich schlüssige Tatsachen vorliegen, aus denen sich die
Richtigkeit des massgeblichen Sachverhalts ergibt. Gerade hieran fehlt
es im vorliegenden Fall. Das Appellationsgericht hat nicht abgeklärt,
ob das Strafverfahren inzwischen abgeschlossen worden ist, für das der
Beschwerdeführer die Grabplatten als Beweismittel angefordert hat. Mit
Recht hat es nicht auf die bei den Akten befindlichen Zeitungsnotizen
abgestellt, die beschreiben, wo die Platten heute aufbewahrt werden. Selbst
wenn sie sich gegenwärtig in einem Museum befinden sollten, würde das
keinen zwingenden Schluss auf fehlenden Willen zur Rückgabe zulassen. Schon
aus diesen Gründen war die Annahme des Appellationsgerichts sachlich nicht
vertretbar, der Staat Italien habe seine staatsvertragliche Rückgabepflicht
verletzt.

    c) Hinzu kommt, dass der Zeitpunkt für die Rückgabe nach Art. 6
Ziff. 2 EÜR unbestimmt ist ("so bald wie möglich"); dieser Umstand lässt
die Annahme nicht zu, der ersuchende Staat gerate nach Ablauf einer
bestimmten Frist automatisch in Verzug. Im Gegenteil ist anzunehmen,
der ersuchte Staat habe nach angemessener Zeit zu mahnen und die
Rückerstattung zu verlangen. Erst wenn der ersuchende Staat einem
solchen Begehren innert Frist nicht entspricht, kann von einer Verletzung
des Völkerrechts gesprochen werden. Diese Folgerung drängt sich um so
mehr auf, als übergebene Gegenstände, Akten oder Schriftstücke nicht
notwendigerweise in jedem Fall zurückzuerstatten sind; Art. 6 Ziff. 2
EÜR sieht ausdrücklich die Möglichkeit vor, dass der ersuchte Staat auf
eine Rückerstattung verzichtet. Reagiert der ersuchende Staat auf ein
Rückerstattungsbegehren zulässigerweise mit einem Gesuch um Verzicht im
Sinne dieser Bestimmung, kann solange, als die zuständige Behörde des
ersuchten Staates ihren Entscheid nicht gefällt hat, ebenfalls noch
nicht von einer Rechtsverletzung gesprochen werden (vgl. VPB 40/1976
Nr. 88). Im vorliegenden Fall ist indessen nicht dargetan worden, dass
die italienischen Behörden zur Rückerstattung der Platten aufgefordert
worden seien. Soweit ersichtlich, hat die Beschwerdegegnerin nicht einmal
behauptet, sie habe die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt oder das
Bundesamt für Polizeiwesen um die Einleitung des Rückerstattungsverfahrens
ersucht. Aus allen diesen Gründen war es unzulässig, eine Verletzung
völkerrechtlicher Bestimmungen durch den Beschwerdeführer als erwiesen zu
betrachten. Demzufolge durfte auch nicht davon ausgegangen werden, dass
sich der Staat Italien im vorliegenden Prozess in einer wider Treu und
Glauben verstossenden Weise die Rolle des Beklagten verschafft habe. Die
Beschwerde erweist sich somit als begründet; sie ist gutzuheissen, und
das angefochtene Urteil ist aufzuheben.

    d) Wie sich aus den vorstehenden Erwägungen 4a und 5c ergibt, hat
dieser Entscheid nicht den Sinn, dass nunmehr Beweise zu erheben wären;
vielmehr ist die Immunität des Beschwerdeführers zu bejahen. Das kantonale
Verfahren wird daher durch Prozessurteil zu erledigen sein. Das hat zur
Folge, dass der Rechtsstreit nicht materiell rechtskräftig entschieden
ist. Er kann nach Erfüllung der in Art. 6 Ziff. 2 EÜR enthaltenen
Rückgabepflicht durch den Beschwerdeführer von diesem als Kläger
in der Schweiz wieder angehoben werden; auch könnte einer Klage der
Beschwerdegegnerin in Italien die Einrede der abgeurteilten Sache nicht
entgegengehalten werden.