Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 111 IA 44



111 Ia 44

11. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 19. April 1985
i.S. X. gegen Kanton Solothurn und Kantonale Rekurskommission Solothurn
(staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Art. 46 Abs. 2 BV; doppelbesteuerungsrechtliche Abgrenzung zwischen
Kapitalgewinn- und Mehrwertbesteuerung auf beweglichem Privatvermögen.

    1. Keine Prüfung von Amtes wegen, ob die vom Beschwerdeführer nicht
angefochtene konkurrierende Steuerveranlagung eines andern Kantons das
Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung verletzt (E. 1b).

    2. Der Wohnsitzkanton ist zur Besteuerung der Veräusserungsgewinne
auf beweglichem Privatvermögen zuständig (Bestätigung der Rechtsprechung,
E. 3a).

    Er ist doppelbesteuerungsrechtlich nicht gehalten, der Gewinnermittlung
einen Einstandswert zugrunde zu legen, der in einem anderen Kanton
anlässlich der Besteuerung eines nicht geldwert realisierten Mehrwertes
für die Mehrwertermittlung herangezogen wurde (E. 3b und c).

Sachverhalt

    A.- Im Jahre 1972 verstarb der Ehemann der im Kanton Basel-Stadt
wohnhaften Frau Y. Der Kanton Basel-Stadt besteuerte die durch die
Nachlassinventur in Erscheinung tretenden Mehrwerte gemäss § 55 Abs. 1
lit. a seines Gesetzes über die direkten Steuern in der damals geltenden
Fassung. Bestandteil der Nachlassinventur bildeten unter anderem Aktien
und Genussscheine der Hoffmann-La Roche & Co. AG.

    Am 15. August 1973 schenkte Frau Y. ihrem Sohn X. 30 dieser Aktien
und 30 dieser Genussscheine. Der zwischen dem Erbanfall und der Schenkung
entstandene Kapitalverlust auf diesen Wertpapieren konnte im Kanton
Basel-Stadt steuerlich mangels anderweitiger Kapitalgewinne von Frau
Y. in den Jahren 1973 und 1974 nicht verrechnet werden.

    X. veräusserte im Jahre 1980 vier Aktien und zwei Genussscheine der
Hoffmann-La Roche & Co. AG. Der Kanton Solothurn, in dem X. Wohnsitz hat,
bezog in die Veranlagung zu den Staats- und Gemeindesteuern 1981 einen
bei der Veräusserung der Wertpapiere realisierten Kapitalgewinn ein. Dabei
wurde der Kapitalgewinnberechnung als Einstandspreis der Wertpapiere deren
- im vorliegenden Fall extrem tiefer - Wert vor 25 Jahren zugrunde gelegt.

    X. führt staatsrechtliche Beschwerde, mit der er unter anderem
beantragt:

    "1. ...

    2. Es sei festzustellen, dass der Kanton Solothurn nicht berechtigt
   sei, den Wertzuwachs auf den vom Beschwerdeführer am 5.2.1980 verkauften

    Aktien und Genussscheinen Hoffmann-La Roche & Co. AG der
solothurnischen

    Kapitalgewinnsteuer zu unterwerfen, soweit dieser Wertzuwachs
bereits bei
   der Rechtsvorgängerin des Beschwerdeführers im Kanton Basel-Stadt der
   baselstädtischen Kapitalgewinnbesteuerung unterlag, und es sei demgemäss
   festzustellen, dass die massgebenden Anlagekosten i.S. von § 37 Abs. 1
   des solothurnischen Steuergesetzes für die erwähnten Aktien Fr. ... und
   für die Genussscheine Fr. ... pro Titel betragen (Wert der Titel bei der

    Schenkung per 15.8.1973).

    3. ..."

    Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung von Art. 46 Abs. 2 BV
sowie hinsichtlich der ihm von der Kantonalen Rekurskommission auferlegten
Gerichtsgebühr Willkür geltend.

    Das Bundesgericht weist die Beschwerde in der Hauptsache ab und tritt
auf die Rüge gegen die Gerichtsgebühr nicht ein aus den folgenden

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) Eine staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von
Art. 46 Abs. 2 BV ist spätestens im Anschluss an die Geltendmachung des
zweiten der einander ausschliessenden Steueransprüche zu erheben, wobei
der kantonale Instanzenzug nicht ausgeschöpft zu werden braucht, aber
gegenüber dem angefochtenen Entscheid die dreissigtägige Beschwerdefrist
eingehalten werden muss (Art. 86 Abs. 2 und Art. 89 Abs. 3 OG; BGE 104
Ia 257 E. 1; ASA 52, 171 E. 1, mit weiteren Nachweisen). Durchläuft der
Steuerpflichtige den kantonalen Instanzenzug ganz oder teilweise, so hat
sich die Doppelbesteuerungsbeschwerde gegen den Entscheid derjenigen
kantonalen Instanz zu richten, die sich zuletzt mit der Sache befasst
hat (BGE 83 I 95/96 E. 2; LOCHER, Doppelbesteuerungsrecht, § 12, III B,
2 Nr. 20). Die vorliegende Beschwerde ist somit zulässig, soweit sie sich
gegen das Urteil der Kantonalen Rekurskommission Solothurn vom 23. Januar
1984 richtet und soweit eine Verletzung des Doppelbesteuerungsverbotes
geltend gemacht wird.

    Anders verhält es sich dagegen mit der vom Beschwerdeführer gegen
die Kostenauflage erhobenen Willkürrüge. Eine staatsrechtliche Beschwerde
wegen Verletzung von Art. 4 BV ist nur gegen letztinstanzliche Entscheide
zulässig (Art. 87 OG). Im solothurnischen Steuerjustizverfahren bildet
auch die besondere Revision nach § 121bis des Steuergesetzes (StG)
einen Bestandteil des Instanzenzuges im Sinne von Art. 87 OG (vgl. dazu
einlässlich BGE 110 Ia 136 ff.). Auf die Willkürrüge kann daher nicht
eingetreten werden. Dem Beschwerdeführer ist es anheimgestellt, allenfalls
binnen 10 Tagen seit Zustellung des vorliegenden Urteils ein Gesuch um
Restitution der Frist für die Einlegung der besonderen Revision bei der
Kantonalen Rekurskommission zu stellen (BGE 110 Ia 139/140 E. 5).

    b) Das Bundesgericht prüft in Doppelbesteuerungssachen nach seiner
früheren und in neueren Urteilen wieder aufgenommenen Rechtsprechung
nicht von Amtes wegen, ob die vom Beschwerdeführer nicht angefochtene
konkurrierende Veranlagung das Verbot der Doppelbesteuerung verletzt (BGE
93 I 241 E. 1; LOCHER, aaO, § 12, III A, 1 Nr. 22; nicht publiziertes
Urteil vom 14. September 1984 i.S. Oe./Kanton Solothurn). Da der
Beschwerdeführer keinen Antrag gegen eine Steuerveranlagung des Kantons
Basel-Stadt stellt, ist nur zu prüfen, ob der Kanton Solothurn mit
der angefochtenen Besteuerung des Kapitalgewinnes Art. 46 Abs. 2 BV
verletzt hat.

    c) Die staatsrechtliche Beschwerde ist grundsätzlich kassatorischer
Natur (BGE 108 Ia 199 E. 1, 288, je mit Nachweisen). Eine Ausnahme
macht das Bundesgericht bei den Fällen, in denen die verfassungsmässige
Ordnung nicht schon mit der Aufhebung des angefochtenen Entscheides
wiederhergestellt werden kann (BGE 107 Ia 257 E. 1, mit Hinweisen).
Dies ist bei Beschwerden wegen Verletzung von Art. 46 Abs. 2 BV der
Fall, wenn sich das Bundesgericht nicht auf die Aufhebung einer
oder mehrerer kantonaler Steuerveranlagungen beschränken kann,
sondern den betroffenen Kantonen allenfalls verbindliche Weisungen
hinsichtlich der verfassungskonformen Steuerausscheidung zu erteilen hat
(vgl. z. B. BGE 85 I 17; 81 I 219). In diesem Sinne ist der Antrag 2 in
der staatsrechtlichen Beschwerde insofern zulässig, als die Feststellung
verlangt wird, der Kanton Solothurn dürfe den Wertzuwachs auf den
verkauften Wertpapieren nicht besteuern, soweit dieser bereits der
baselstädtischen Kapitalgewinnbesteuerung unterlag.

Erwägung 2

    2.- Gemäss Art. 90 Abs. 1 lit. b OG prüft das Bundesgericht im
Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerden nur ausdrücklich erhobene
Rügen (vgl. dazu BGE 110 Ia 3/4 E. 2a). Der Beschwerdeführer macht
hinsichtlich der angefochtenen Steuerveranlagung nur eine Verletzung
des Doppelbesteuerungsverbotes, nicht jedoch eine willkürliche und damit
gegen Art. 4 BV verstossende Anwendung des kantonalen Rechts geltend. Auf
eine solche Rüge wäre im übrigen mangels Ausschöpfung des Instanzenzuges
(vgl. oben E. 1a) nicht einzutreten. Das Bundesgericht hat daher nicht
zu prüfen, ob die solothurnischen Steuer- und Steuerjustizbehörden das
kantonale Steuerrecht dadurch willkürlich angewandt haben, dass sie bei
der Ermittlung der Anlagekosten auf den relativ niedrigen Wert der Aktien
und Genussscheine vor 25 Jahren, und nicht auf den bedeutend höheren
Erwerbspreis (der Rechtsvorgänger) abgestellt haben (§ 37 Abs. 1 und
2 StG).

Erwägung 3

    3.- Eine gegen Art. 46 Abs. 2 BV verstossende Doppelbesteuerung liegt
vor, wenn ein Steuerpflichtiger von zwei oder mehreren Kantonen für das
nämliche Steuerobjekt und für die gleiche Zeit zu Steuern herangezogen
wird (aktuelle Doppelbesteuerung) oder wenn ein Kanton in Verletzung der
geltenden Kollisionsnormen seine Steuerhoheit überschreitet und eine Steuer
erhebt, zu deren Erhebung ein anderer Kanton zuständig wäre (virtuelle
Doppelbesteuerung). Ausserdem hat das Bundesgericht aus Art. 46 Abs. 2 BV
abgeleitet, ein Kanton dürfe einen Steuerpflichtigen nicht deshalb stärker
belasten, weil er nicht in vollem Umfang seiner Steuerhoheit unterstehe,
sondern zufolge seiner territorialen Beziehungen auch noch in einem anderen
Kanton steuerpflichtig sei (BGE 107 Ia 42 E. 1a; ASA 52, 171/2 E. 2a). Der
Beschwerdeführer macht geltend, er bzw. seine Rechtsvorgängerin sei für
den Wertzuwachs auf den im Jahre 1980 veräusserten Wertpapieren schon
vom Kanton Basel-Stadt zur Kapitalgewinnsteuer herangezogen worden
und es liege daher eine unzulässige aktuelle Doppelbesteuerung vor,
wenn der Kanton Solothurn auf dem nämlichen Wertzuwachs neuerdings eine
Kapitalgewinnsteuer erhebe.

    a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtes unterliegen
Veräusserungsgewinne auf beweglichem Privatvermögen der Steuerhoheit
desjenigen Kantons, in dem der Veräusserer im Zeitpunkt der Realisierung
sein Hauptsteuerdomizil hat (BGE 78 I 421 ff.; ASA 39, 180 E. 2; 28,
182/3 E. 3; LOCHER, aaO, § 6, I D; HÖHN, Interkantonales Steuerrecht,
S. 204). Steuerobjekt ist dabei nicht ein Wertzuwachs auf dem veräusserten
Gegenstand des Privatvermögens, sondern der im eingegangenen Erlös in
Erscheinung tretende Gewinn, auch wenn dieser regelmässig auf einer
latenten Wertsteigerung beruhen mag (BGE 78 I 421/2 E. 1; ASA 28,
182/3 E. 3). Das Bundesgericht hat es aus diesem Grund abgelehnt, die
interkantonale Steuerhoheit etwa in dem Sinne abzugrenzen, dass ein im
Veräusserungserlös in Erscheinung tretender Gewinn vom Domizilkanton
nur insoweit erfasst werden dürfe, als die Wertsteigerung seit dem
Zuzug des Steuerpflichtigen in den Kanton eingetreten ist (BGE 78 I 417
ff.). Daran ist festzuhalten. Denn im Unterschied zum Geschäftsvermögen
werden die Wertveränderungen im Privatvermögen steuerlich nicht buchmässig
und periodisch erfasst. Diejenigen Kantone, welche Kapitalgewinne auf
beweglichem Privatvermögen der - allgemeinen oder einer besonderen -
Einkommenssteuer unterwerfen (vgl. dazu ZUPPINGER/BÖCKLI/LOCHER/REICH,
Steuerharmonisierung, S. 95 ff.), machen die Besteuerung vielmehr
von einem Realisierungstatbestand abhängig (DORMOND, L'imposition des
gains en capital sur la fortune mobilière privée, Diss. Lausanne 1974,
S. 66 ff.; CHRISTEN, Kapitalgewinne auf beweglichem Privatvermögen im
basellandschaftlichen und baselstädtischen Steuerrecht, Diss. Basel 1983,
S. 12 f.; zum Begriff der Realisierung vgl. OESCH, Die steuerliche
Behandlung der Wertzuwachsgewinne auf dem beweglichen Privatvermögen,
Diss. Bern 1975, S. 108 f.). Sind aber blosse Wertveränderungen auf
beweglichem Privatvermögen einkommenssteuerrechtlich unbeachtlich,
solange keine Realisierung stattfindet, so erscheint es folgerichtig,
dass der Wohnsitzkanton im Zeitpunkt der Realisierung einen allfälligen
Gewinn vollumfänglich besteuern kann.

    Diese bundesgerichtliche Kollisionsnorm erscheint im übrigen
nicht nur folgerichtig, sondern vermeidet auch stossende Ergebnisse
im Einzelfall. Wollte man einem Kanton nicht gestatten, bei der
Bemessung des unter seiner Steuerhoheit realisierten Kapitalgewinnes
auf einen Einstandspreis abzustellen, den der Steuerpflichtige oder
sein Rechtsvorgänger vor dem Zuzug bezahlt hat, so bliebe dem den
Kapitalgewinn besteuernden Kanton wohl nichts anderes übrig, als auf den
Wert im Zeitpunkt des Zuzuges abzustellen. Diesem Wert haftet aber etwas
Willkürliches an. Liegt er unter dem Wert zum Zeitpunkt des Erwerbes, so
hätte der Steuerpflichtige bei der Veräusserung des Vermögensgegenstandes
einen höheren Kapitalgewinn zu versteuern, als er effektiv erzielt
hat, während er den nur rechnerisch entstandenen Verlust, der in der
Differenz zwischen dem Einstandswert und dem Wert im Zeitpunkt des
Kantonswechsels besteht, im Wegzugskanton steuerlich nicht in Anrechnung
bringen könnte. Solche Ergebnisse lassen sich nur bei Wertveränderungen
auf Geschäftsvermögen dank der kaufmännischen Buchführung vermeiden.

    b) Von den Steuersystemen, die als Steuerobjekt den im Zeitpunkt
einer entgeltlichen Veräusserung (und damit einer Realisierung im
Sinne von OESCH, aaO, S. 108 f.) erzielten Kapitalgewinn umschreiben,
sind diejenigen Steuergesetze zu unterscheiden, die (auch) den auf
beweglichem Privatvermögen angewachsenen Mehrwert besteuern, ohne dass
es einer entgeltlichen Veräusserung bedarf. Es sind dies beispielsweise
die - in der Zwischenzeit durch eine Revision des Steuergesetzes
wieder weggefallene - baselstädtische Steuer auf dem Mehrwert, der
sich in der Nachlassinventur niederschlägt (§ 55 Abs. 1 lit. a des
baselstädtischen Steuergesetzes in der bis zur Revision vom 30. September
1976 geltenden Fassung; BGE 89 I 364; GRÜNINGER/STUDER, Kommentar zum
Basler Steuergesetz, S. 344; ZUPPINGER/BÖCKLI/LOCHER/REICH, aaO, S. 99),
und die sanktgallische Beteiligungsgewinnsteuer im Zeitpunkt des Wegzuges
aus dem Kanton (Art. 35 Abs. 1 lit. b und Abs. 2, Art. 36 Abs. 2 des
sanktgallischen Steuergesetzes; vgl. dazu auch DAVID, Die sanktgallische
Beteiligungsgewinnsteuer, Diss. Zürich 1974, S. 219 ff.). Bei der
sogenannten Mehrwertbesteuerung handelt es sich juristisch um ein
anderes Steuerobjekt als bei der auf eine Realisierung abstellenden
Kapitalgewinnbesteuerung (HÖHN, Die Besteuerung der privaten Gewinne
(Kapitalgewinnbesteuerung), Diss. Zürich 1955, S. 253). In der Literatur
wird indessen das Bedürfnis nach interkantonalen Kollisionsregeln für
Fälle wie den vorliegenden bejaht, da die Steuerobjekte wirtschaftlich
identisch seien (HÖHN, aaO, S. 253 ff.; DORMOND, aaO, S. 154 f.; CHRISTEN,
aaO, S. 176 f.).

    In der Tat können sich bei der Bemessung der Kapitalgewinne
bzw. Mehrwerte zeitliche Überschneidungen ergeben, die nach
einer kollisionsrechtlichen Abgrenzung der Steuerhoheiten rufen
würden. Allerdings vermag keine der denkbaren und in der Literatur
diskutierten Kollisionsregeln vollständig zu befriedigen und zu einer
sowohl theoretisch als auch praktisch akzeptablen Lösung zu führen
(vgl. dazu eingehend HÖHN, aaO, S. 253 ff.). Insbesondere die vom
Beschwerdeführer vorgeschlagene Abgrenzungsnorm (befürwortet etwa von
DORMOND, aaO, S. 155 Fn. 14), die zu einer Aufteilung der Steuerhoheit
zwischen denjenigen Kantonen, die (auch) nicht realisierte Mehrwerte
auf beweglichem Privatvermögen besteuern, und solchen, die nur effektiv
realisierte Kapitalgewinne der Besteuerung unterwerfen, führen würde,
brächte etliche Unzukömmlichkeiten mit sich (vgl. dazu HÖHN, aaO,
S. 254 f.). Eine solche Kollisionsregel, die unter dem Gesichtspunkt der
aktuellen Doppelbesteuerung allenfalls einleuchten könnte, erscheint unter
demjenigen der virtuellen Doppelbesteuerung problematisch. Sie müsste bei
konsequenter Anwendung eben doch dazu führen, dass sich sämtliche Kantone,
die Gewinne auf dem beweglichen Privatvermögen besteuern, auf die Erfassung
derjenigen Gewinne zu beschränken hätten, welche auf dem Mehrwert beruhen,
der ausschliesslich unter ihrer Steuerhoheit entstanden ist. Damit wäre,
nur weil vereinzelte Kantone wie früher Basel-Stadt oder heute noch
St. Gallen in gewissen Fällen einen nicht geldwert realisierten Mehrwert
besteuern, die bisherige bundesgerichtliche Kollisionsnorm (vgl. oben
E. 3a), die sich als folgerichtig, einfach und praktikabel erwiesen
hat, nicht mehr haltbar. HÖHN (aaO, S. 254 f.) neigt denn auch dazu,
der Gewinnbesteuerung absoluten Vorrang einzuräumen, was im Falle eines
Doppelbesteuerungskonfliktes die Besteuerung eines nicht realisierten
Mehrwertes vollständig ausschliessen würde (ähnlich CHRISTEN, aaO, S. 177,
sowie DAVID, aaO, S. 228).

    Im vorliegenden Fall würde indessen eine derartige Kollisionsregel
nicht zur Gutheissung der Beschwerde führen, da kein Antrag gegen eine
Steuerveranlagung des Kantons Basel-Stadt gerichtet wurde (vgl. dazu
vorne E. 1b).

    c) Unter diesen Umständen besteht kein Anlass, dem Kanton Solothurn
eine Verletzung des Doppelbesteuerungsverbotes vorzuwerfen. Als Kanton,
in dem der Beschwerdeführer zur Zeit der Veräusserung der fraglichen
Wertpapiere seinen Wohnsitz und damit sein Hauptsteuerdomizil hatte, war
Solothurn grundsätzlich zur Besteuerung des Kapitalgewinnes auf beweglichem
Privatvermögen zuständig (vgl. oben E. 3a). Doppelbesteuerungsrechtlich
war der Kanton Solothurn nicht gehalten, der Gewinnermittlung einen
Einstandswert der Aktien und Genussscheine zugrunde zu legen, der in
einem anderen Kanton anlässlich der Besteuerung eines nicht geldwert
realisierten Mehrwertes für die Mehrwertermittlung herangezogen wurde
oder für eine allfällige Verlustverrechnung hätte herangezogen werden
können. Die Besteuerung nicht geldwert realisierter Mehrwerte bildet heute
in der Schweiz - abgesehen von der hier nicht interessierenden Überführung
von Geschäfts- in Privatvermögen - eine Ausnahme, so dass es sich im
jetzigen Zeitpunkt nicht rechtfertigt, zulasten derjenigen Kantone, die
nur realisierte Kapitalgewinne auf beweglichem Privatvermögen besteuern,
eine Kollisionsregel aufzustellen. Ob anders zu entscheiden wäre, wenn die
Kantone vermehrt nicht realisierte Mehrwerte besteuern würden (was an sich
denkbar wäre; vgl. dazu Art. 13 Abs. 3 des Entwurfes eines Bundesgesetzes
über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden,
BBl 1983 III 294), kann zur Zeit offenbleiben.