Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 111 IA 322



111 Ia 322

55. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 29. Mai 1985 i.S. I. und Mitbeteiligte gegen Stadtrat von Zürich,
Regierungsrat und Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (staatsrechtliche
Beschwerde) Regeste

    Meinungsäusserungs- und Versammlungsfreiheit.

    Voraussetzungen, unter denen die Bewilligung für eine politische
Kundgebung auf öffentlichem Grund verweigert werden darf.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 6

    6.- a) Es drängt sich zunächst auf, in allgemeiner Hinsicht
klarzustellen, was zur politischen Meinungskundgebung gehört,
die auch auf öffentlichem Grund zu bewilligen ist, und was darüber
hinausgeht. Eine Demonstration ist die Darlegung der Meinung der
Teilnehmer, sei es durch das Mitmarschieren an sich, sei es durch das
Tragen von Spruchbändern, sei es durch Sprechchöre oder auch durch
Ansprachen an dazu geeigneten Plätzen. Keinesfalls zum Begriff der
Demonstration gehört aber Randalieren. Die öffentliche Ordnung lässt
keinen Raum für Meinungskundgebungen, die mit rechtswidrigen Handlungen
wie Beschmieren und Bekleben von Schaufenstern, Einschlagen von Scheiben,
Beschädigung von Autos, Stillegung des Strassenverkehrs, Belästigung
von Passanten etc. verbunden sind. Solche Veranstaltungen dürfen von
der Bewilligungsbehörde ohne Verletzung der Meinungsäusserungs- und
der Versammlungsfreiheit verboten werden. Ob bei einer Demonstration
eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung zu befürchten ist, hängt
von den Umständen des einzelnen Falles ab. Die Behörde hat diese nach
objektiven Gesichtspunkten zu würdigen. Wie das Bundesgericht schon
früher festgestellt hat, genügt die blosse Möglichkeit, dass es bei
einer Veranstaltung zu rechtswidrigen Handlungen kommen könnte, nicht,
um ein Verbot auszusprechen. Ein solches ist nur zulässig, wenn eine
konkrete Gefahr für die öffentliche Ordnung besteht, d. h. wenn bei
einer Kundgebung Ausschreitungen der erwähnten Art nach den Umständen
"mit Sicherheit oder hoher Wahrscheinlichkeit vorauszusehen" sind (BGE
57 I 272; 60 I 208/209).