Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 111 IA 31



111 Ia 31

8. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 1. Februar 1985 i.S. Coop Zentralschweiz gegen Regierungsrat und
Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz (staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Art. 31 und 32quater BV: Alkoholverkaufspatent; gesetzliche Grundlage.

    Aufgrund des Legalitätsprinzips ist nicht erforderlich, dass sich die
für die Beurteilung der Bedürfnisfrage massgebenden Kriterien aus einer
Rechtsverordnung ergeben. Es genügt, wenn sich die kantonalen Behörden
in dieser Hinsicht auf eine gleichmässige Praxis stützen.

Sachverhalt

    A.- § 56 des Schwyzer Gesetzes über das Gastgewerbe und den Handel
mit alkoholischen Getränken vom 1. März 1974 (GGG) lautet:

    "Bedürfnisklausel Für die Neueröffnung und die Vergrösserung einer

    Verkaufsstelle werden die Patente I und III nur erteilt, wenn sie unter

    Berücksichtigung der Zahl und der Verteilung bereits bestehender

    Verkaufsstellen einem öffentlichen Bedürfnis nach Art. 32quater der

    Bundesverfassung entsprechen."

    Regierungsrat und Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz haben diese
Bestimmung in mehrjähriger übereinstimmender Praxis dahin konkretisiert,
dass ein Bedürfnis nur bejaht wird, wenn das Verhältnis zwischen der
Einwohnerzahl einer Ortschaft oder eines abgegrenzten Gebietes und der
Zahl der Patente ein bestimmtes Mass erreicht. In Ortschaften mit mehr
als 3000 Einwohnern wird ein zusätzliches Patent nur bewilligt, wenn auf
eine Verkaufsstelle mehr als 800 Einwohner entfallen.

    Die Coop Zentralschweiz ersuchte mit Eingabe vom 5. Mai 1983 um
Erteilung eines Alkoholverkaufspatentes (Kleinhandelspatent III gemäss
§ 53 GGG) für den im Bau befindlichen Coop Center in Küssnacht. Der
Regierungsrat verweigerte das Patent, im wesentlichen mit der Begründung,
das Kontingent für Küssnacht sei mit 15 bestehenden Verkaufsstellen
bereits überzogen. Die gegen diesen Beschluss erhobene Beschwerde wies
das Verwaltungsgericht am 30. Dezember 1983 ab.

    Mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung der Handels- und
Gewerbefreiheit, des Rechtsgleichheitsgebotes und der derogatorischen
Kraft des Bundesrechts beantragt die Coop Zentralschweiz die Aufhebung
des verwaltungsgerichtlichen Urteils. Das Bundesgericht weist sie ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 4

    4.- Die Beschwerdeführerin rügt zunächst, die Patentverweigerung
und die damit verbundene Beschränkung der Handels- und Gewerbefreiheit
entbehre einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage, da die von den
Behörden angewandte Normzahl nicht dem Gesetz entnommen werden könne.

    Wie das Bundesgericht in einem ähnlichen Fall aus dem Kanton Genf
erkannt hat, muss die gesetzliche Bedürfnisklausel den behördlichen
Interpretationsrahmen soweit abstecken, dass der Zweck der Bestimmung,
d.h. die vernünftige Begrenzung der Alkoholverkaufsstellen aus
gesundheitspolitischen Gründen, in geeigneter Weise erreicht werden kann
(nicht publiziertes Urteil vom 18. Juni 1982 i.S. Chaubert). Indem § 56 GGG
den Regierungsrat ausdrücklich verpflichtet, die Zahl und die Verteilung
bestehender Läden zu berücksichtigen, wird diesen Anforderungen Genüge
getan, selbst wenn der Behörde ein erheblicher Beurteilungsspielraum
verbleibt. Unter dem Gesichtswinkel des Legalitätsprinzips ist
ferner auch nicht zu beanstanden, dass sich die im Einzelfall
massgebenden Kriterien nicht aus einer Rechtsverordnung sondern aus
einer gleichmässigen und den besonderen Umständen Rechnung tragenden
Praxis der Behörden ergeben. Auf diese Weise erfährt die Handels- und
Gewerbefreiheit keine zusätzliche Einschränkung, welche sich mit dem von
der Verfassung vorgegebenen Gesetzeszweck nicht vereinbaren liesse. In
dieser Beziehung ist nur erforderlich, dass weder die Auswahl noch die
Anwendung der ausschlaggebenden Kriterien in willkürlicher, sachfremder
Weise erfolgt. Wie es sich damit im vorliegenden Fall verhält, wird noch
zu prüfen sein. Nach dem Gesagten steht jedenfalls das Vorhandensein
einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage ausser Frage.