Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 111 IA 292



111 Ia 292

52. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom
10. Juli 1985 i.S. Dr. Alex Schwank und Dieter Bertschin gegen Landrat
des Kantons Basel-Landschaft (staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Art. 85 lit. a OG; Ungültigerklärung einer Volksinitiative wegen
Bundesrechtswidrigkeit.

    1. Auslegung von kantonalen Volksinitiativen; Kognition des
Bundesgerichts (E. 2).

    2. Darf ein Bundesgesetz entgegen seinem Wortlaut ausgelegt werden?

    Der Wortlaut von Art. 22quater Abs. 3 und 5 KUVG deckt sich insofern
mit der ratio legis, als die Kantonsregierungen zum Erlass der Tarife im
vertragslosen Zustand und zur Genehmigung der Verträge zwischen Kassen
und Heilanstalten zuständig erklärt werden (E. 3b).

    3. Eine kantonale Volksinitiative, die diese in Art. 22quater
Abs. 3 und 5 KUVG stipulierte Kompetenzzuweisung missachtet, ist
bundesrechtswidrig (E. 3c).

    4. Eine Teilungültigerklärung der Initiative ist im vorliegenden Fall
nicht möglich (E. 5).

Sachverhalt

    A.- Am 16. Dezember 1981 reichten die Progressiven Organisationen
Basel-Land (POBL/POCH) bei der Landeskanzlei des Kantons Basel-Landschaft
eine formulierte Volksinitiative "Für gerechtere Spitaltaxen" mit folgendem
Wortlaut ein:

    "Gestützt auf Art. 12 der Staatsverfassung des Kantons

    Basel-Landschaft verlangen die unterzeichneten, im Kanton

    Basel-Landschaft stimmberechtigten Bürgerinnen und Bürger, es sei

    Paragraph 6 des Spitalgesetzes vom 24. Juni 1976 zu streichen und durch
   folgende Bestimmungen zu ersetzen:

    1. Die Vertragsverhandlungen mit dem Verband Basel-Landschaftlicher

    Krankenkassen betr. die Übernahme der Kosten für Patienten der

    Allgemeinen Abteilung und für ambulante Patienten in den Spitälern
führen
   die Spitalleitungen der Kantonsspitäler Bruderholz und Liestal, der

    Kantonalen Psychiatrischen Klinik und des Kantonalen Altersheims
Liestal.

    Die Verträge bedürfen neben der Genehmigung durch den Regierungsrat
   auch der Zustimmung des Landrates.

    Alle übrigen Tarife beschliesst der Landrat auf Antrag des

    Regierungsrates.

    2. Die Tagesvollpauschale von Krankenkassenpatienten mit Wohnsitz im

    Kanton Basel-Landschaft soll in der Allgemeinen Abteilung höchstens 1/3
   der Betriebskosten decken. Die entsprechenden Ansätze für Kinder bis zum

    15. Lebensjahr dürfen 4/5 der Tagesvollpauschale von Erwachsenen nicht
   überschreiten.

    In der 2. Klasse sollen Patienten mit Wohnsitz im Kanton

    Basel-Landschaft mit ca. 2/3, in der 1. Klasse mit ca. 3/3 der

    Betriebskosten belastet werden.

    Investitionskosten, Abschreibungen sowie Kosten für Forschung und

    Lehre zählen nicht zu den Betriebskosten."

    Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft erwog in einem Antrag an
den Landrat, die Initiative sei teilweise bundesrechtswidrig. Sie missachte
die durch Art. 22quater des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung
vom 13. Juli 1911 (KUVG) begründete Tarifhoheit des Regierungsrates in der
Genehmigung der Verträge zwischen den Kassen und den Heilanstalten sowie
in der Ordnung des vertragslosen Zustandes. Er beantragte, die Kompetenz
des Landrates in Ziff. 1 Abs. 2 zu streichen und die Initiative dem Volk
zur Verwerfung zu empfehlen.

    Im Auftrag des Landrates wurde zur Frage, wer nach dem Recht des
Bundes und des Kantons Basel-Landschaft zuständig sei, die Spitaltarife
festzulegen, bei Prof. Dr. Kurt Eichenberger, Universität Basel,
ein Gutachten eingeholt. Gestützt darauf erachtete die vorberatende
Kommission die Initiative als teilweise rechtswidrig und damit
rechtlich unzulässig. Sie beantragte deshalb dem Landrat, sie nicht der
Volksabstimmung zu unterstellen. Der Landrat folgte diesem Antrag und
fasste am 21. Mai 1984 einen entsprechenden Beschluss, der im Amtsblatt
des Kantons Basel-Landschaft vom 24. Mai 1984 publiziert wurde.

    Gegen diesen Beschluss führen Dr. Alex Schwank und Dieter Bertschin,
Mitglieder des Initiativkomitees und Stimmberechtigte des Kantons
Basel-Landschaft, staatsrechtliche Beschwerde mit dem Hauptbegehren,
den Beschluss aufzuheben und den Landrat anzuweisen, die Initiative zu
behandeln. Eventualiter beantragen sie Aufhebung des Beschlusses und
Anweisung an den Landrat, die Initiative im Umfang ihrer rechtlichen
Zulässigkeit zu behandeln.

Auszug aus den Erwägungen:

                  Auszug aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Die Beschwerdeführer machen nicht geltend, der Landrat hätte
die Initiative nicht auf ihre materielle Rechtmässigkeit hin überprüfen
dürfen. Indessen sind sie der Meinung, dieser habe zu Unrecht angenommen,
Teile der Initiative verstiessen gegen Normen des Bundes und gegen
kantonales Verfassungsrecht.

    Das Initiativrecht des Volkes ist rechtlich nicht unbeschränkt. Eine
Initiative muss, um gültig zu sein, neben formellen auch bestimmten
materiellen Anforderungen genügen. Ein inhaltlicher Grund, welcher
die Ungültigkeit der Initiative bewirkt, liegt u.a. dann vor, wenn das
Volksbegehren höherrangigem Recht widerspricht (KONRAD KELLER, Probleme
des Initiativrechts, in: Rechtsprobleme von Stadtgemeinden, Zürich 1962,
S. 48 ff.; ALFRED KUTTLER, Probleme des zürcherischen Initiativrechts
und Finanzreferendums, im ZBl 78/1977, S. 199 ff., 201). Kantonale
Gesetzesinitiativen dürfen deshalb weder dem Bundesrecht noch dem
kantonalen Verfassungsrecht widersprechen (BGE 94 I 126 E. 3; vgl. auch
109 Ia 140 E. 4a; 105 Ia 364 E. 2/9; 104 Ia 417 E. 3 ff.; 101 Ia 233 E. 3).

    Das Prinzip der Unverletzlichkeit des Stimmrechts verlangt indessen,
dass die Behörde, welche sich über die materielle Gültigkeit einer
Initiative ausspricht, diese in dem für die Initianten günstigsten Sinn
auslegt. Erlaubt es der Text, eine Initiative bei entsprechender Auslegung
als mit höherrangigem Recht vereinbar zu bezeichnen, so ist sie gültig
zu erklären und der Volksabstimmung zu unterbreiten (BGE 104 Ia 348 E. 4;
vgl. auch 105 Ia 366 E. 4; je mit Hinweisen). Wenn möglich sind kantonale
Volksinitiativen mittels verfassungskonformer und bundesrechtskonformer
Interpretation vor einer Ungültigkeit zu bewahren. Dabei ist allerdings
der Spielraum für eine dem übergeordneten Recht konforme Interpretation
wesentlich grösser, wenn nicht eine formulierte, sondern eine in der
Form der allgemeinen Anregung gehaltene Initiative zu beurteilen ist,
steht dem kantonalen Parlament doch nicht zu, an einem formulierten
Begehren Änderungen vorzunehmen, um einen Widerspruch mit übergeordnetem
Recht auszumerzen (ALFRED KÖLZ, Die kantonale Volksinitiative in der
Rechtsprechung des Bundesgerichts, im ZBl 83/1982, S. 1 ff., 24; ALFRED
KUTTLER, aaO, S. 205). Bei der inhaltlichen Überprüfung formulierter
Gesetzesinitiativen sind die Grundsätze zu beachten, welche das
Bundesgericht zur abstrakten Normenkontrolle entwickelt hat (BGE 105 Ia
366 E. 4 mit Hinweis). Danach ist massgebend, ob der betreffenden Norm
nach den anerkannten Auslegungsregeln ein Sinn zugemessen werden kann,
der sie mit dem höherrangigen Recht als vereinbar erscheinen lässt. Das
Bundesgericht hebt eine angefochtene kantonale Vorschrift nur auf, wenn sie
sich jeder verfassungskonformen Auslegung entzieht, nicht jedoch, wenn sie
einer solchen in vertretbarer Weise zugänglich ist (Urteil vom 9. Mai 1984
E. 2, im ZBl 86/1985, S. 21 f.; 107 Ia 294 E. 2c; 106 Ia 359 E. 3d; je mit
Hinweisen). Auszulegen ist dabei eine formulierte Gesetzesinitiative aus
sich selbst, unabhängig von den subjektiven Vorstellungen der Initianten
(BGE 105 Ia 154 E. 3a, 366 E. 4).

    Bei Beschwerden gemäss Art. 85 lit. a OG überprüft das Bundesgericht
nicht nur die Auslegung von Bundesrecht und kantonalem Verfassungsrecht
frei (BGE 109 Ia 47 E. 3b; 105 Ia 239 E. 2, 387 E. 1c; 104 Ia 227 E. 1;
je mit Hinweisen), sondern es beurteilt ebenfalls ohne Einschränkung
der Kognition die Auslegung des streitigen Initiativtextes, soweit sie
für den Entscheid über die Gültigkeit der Initiative von Bedeutung ist
(BGE 105 Ia 154 E. 3b mit Hinweis).

Erwägung 3

    3.- Vorab ist zu prüfen, ob die Initiative bundesrechtskonform
ist. Dabei genügt ein genereller Zielkonflikt mit dem Bundesrecht noch
nicht, um sie ungültig zu machen; denn die Kantone sind nicht schlechthin
gehindert, andere Ziele zu verfolgen als der Bund. Nur wenn konkrete
Begehren der Initiative bestimmten Normen des Bundesrechts widersprechen,
sind sie als nicht bundesrechtskonform zu betrachten (BGE 109 Ia 140
E. 4a).

    a) Nach Auffassung des Landrates verstösst die Initiative gegen
zwingende Vorschriften des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung
vom 13. Juni 1911. Dessen Tarifordnung beruht - jedenfalls im hier
interessierenden Bereich - auf dem Prinzip der Vertragsfreiheit. Die
Spitaltarife sollen nach Möglichkeit durch Verträge der Kassen mit den
Heilanstalten vereinbart werden. Sie haben indessen mit dem Gesetz und der
Billigkeit in Einklang zu stehen. Die Verträge bedürfen der Genehmigung
durch die Kantonsregierung (Art. 22quater Abs. 5 KUVG). Kommt kein Vertrag
zustande, so setzt diese nach Anhören der Beteiligten die Tarife fest für
die in der allgemeinen Abteilung der Heilanstalten gewährten ärztlichen
Leistungen, Heilanwendungen und Analysen, für die von den Heilanstalten
gewährte ambulante Behandlung sowie für die von den Heilanstalten
abgegebenen Arzneimittel (Art. 22quater Abs. 3 KUVG).

    Die Tarifhoheit der Kantone im Spitalwesen ist somit grundsätzlich
auf die Genehmigungsbefugnis über Tarifverträge beschränkt und wird nur
ausnahmsweise voll wirksam, nämlich im vertragslosen Zustand. Eigentliche
Staatstarife sind daher der Vertragsordnung sekundär und nur als
Provisorium bis zum Zustandekommen eines Vertrages vorgesehen (ALFRED
MAURER, Schweiz. Sozialversicherungsrecht, Band 2, Bern 1982, S. 356;
KILIAN BONER/WERNER HOLZHERR, Die Krankenversicherung, Bern 1969,
S. 78, 91; BBl 1962 II 1271; VPB 41 Nr. 51, S. 104 E. 2; 45 Nr. 64,
S. 357 E. 2). Derselbe Grundgedanke liegt dem Bundesgesetz über die
Unfallversicherung vom 20. März 1981 (UVG) zugrunde, allerdings unter
Begründung einer subsidiären Tarifhoheit des Bundes (Art. 56).

    b) Das Bundesrecht erklärt ausdrücklich die Kantonsregierungen
für zuständig, die Tarifverträge zwischen Kassen und Heilanstalten
zu genehmigen und im vertragslosen Zustand die bundesrechtlich
vorgeschriebenen Tarife zu erlassen (Art. 22quater KUVG). Seinem Wortlaut
nach schreibt es damit unmittelbar die formelle Vollzugsordnung der
Kantone für das Bundesrecht vor.

    Die Beschwerdeführer machen indessen geltend, eine Interpretation
des KUVG in der Richtung, dass allein die Kantonsregierung zur
Gebührenfestsetzung zuständig wäre, sei willkürlich und damit
verfassungswidrig, da sie in keiner Weise auf den Sinn und Zweck des
Gesetzes Rücksicht nehme. Damit legen sie den Art. 22quater KUVG in bezug
auf die hier interessierende Kompetenzordnung entgegen seinem Wortlaut aus.
Demgegenüber ist festzuhalten, dass der Begriff der Kantonsregierung
an sich klar und unwidersprochen ist. Es stellt sich daher die Frage,
ob eine solche Interpretation gegen den klaren Wortlaut des Gesetzes
aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichts und der allgemeinen
hermeneutischen Auslegungsgrundsätze zulässig ist. Auszugehen ist dabei
von der konstanten Praxis, wonach die Auslegung vom klaren Wortlaut eines
Rechtssatzes nur dann abweichen darf, wenn triftige Gründe dafür bestehen,
dass er nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Solche triftigen
Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte, aus dem Sinn und Zweck
der Vorschrift und aus dem Zusammenhang mit anderen Gesetzesbestimmungen
ergeben (BGE 104 Ia 7 E. 1 mit weiteren Hinweisen; siehe auch FRITZ GYGI,
Vom Anfang und vom Ende der Rechtsfindung. Zur Tragweite des Wortlautes bei
der Auslegung, in recht 1983, S. 73 ff., 77). Entscheidend ist danach nicht
der vordergründig klare Wortlaut einer Norm, sondern der wahre Rechtssinn,
welcher durch die anerkannten Regeln der Auslegung zu ermitteln ist. Auch
Bundesgesetze sind dabei einer Auslegung wider den Wortlaut zugänglich
(BERNHARD SCHNYDER, "Entgegen dem Wortlaut...", in Erhaltung und Entfaltung
des Rechts in der Rechtsprechung des Schweizerischen Bundesgerichts,
Basel, 1975, S. 29 ff. mit Hinweisen). Art. 113 Abs. 3 BV setzt einer
solchen Interpretation nur insoweit Schranken, als er verbietet, vom
klaren Wortlaut und vom Sinn und Zweck einer Vorschrift abzugehen, um
diese in den Rahmen der Verfassung zu stellen (vgl. dazu ANDREAS AUER,
La juridiction constitutionnelle en Suisse, Basel und Frankfurt a.M.
1983, S. 88 Ziffer 154, 89 Ziffer 156). Der Wortlaut allein aber stellt
kein Hindernis dar, selbst wenn er klar ist. Bestehen triftige Gründe
dafür, dass er den wahren Rechtssinn einer Vorschrift - die ratio legis
- nicht wiedergibt, ist nach dem Gesagten zulässig, von ihm abzuweichen
und die Vorschrift entsprechend zu deuten, insbesondere dann, wenn der
wahre Rechtssinn entgegen dem Wortlaut verfassungskonform erscheint
(vgl. dazu BGE 105 Ib 62 E. 5b; ANDREAS AUER, "... le Tribunal fédéral
appliquera les lois votées par l'Assemblée fédérale...": réflexions sur
l'art. 113 al. 3 Cst., in ZSR NF, 1984, Bd. 99, I, S. 107 ff., 134 f.;
WALTER KÄLIN, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, Bern 1984,
S. 38 ff.; FRITZ GYGI, Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung des
Bundesgerichts im Jahr 1981, in ZbJV 1983, S. 265 ff., 286 f.).

    Zu prüfen bleibt damit, ob triftige Gründe dafür bestehen, dass sich
die ausdrückliche Zuständigkeit der Kantonsregierung in Art. 22quater
Abs. 3 und 5 KUVG nicht mit der ratio legis deckt. Die Bestimmung wurde
durch das BG betreffend die Änderung des Ersten Titels des Bundesgesetzes
über die Kranken- und Unfallversicherung vom 13. März 1964 in das KUVG
eingefügt (AS 1964, 965 ff.). Indessen enthielt das Gesetz bereits in
seiner ursprünglichen Fassung eine vergleichbare Regelung (Art. 22
KUVG; BS 8, 287), welche die Kantonsregierungen zuständig erklärte,
Rahmentarife für die ärztlichen Leistungen und die Arzneien festzusetzen
sowie die Verträge der Kassen mit Ärzten und Apothekern zu genehmigen. Die
Materialien aus der Entstehungszeit des Gesetzes sowie diejenigen der
Revision von 1964 enthalten keine Hinweise dafür, dass entgegen dem
Wortlaut nicht die Kompetenz der Kantonsregierung, sondern diejenige
eines anderen kantonalen Organs normiert werden sollte. Ebenso fehlt
jeder Anhaltspunkt dafür, dass der Bundesgesetzgeber eine Delegation
dieser Kompetenz an eine andere kantonale Behörde hätte zulassen wollen
(vgl. dazu BBl 1906 VI 423 f.; Amtl.Bull. 1909 S. 174, Art. 12quater
sowie die Beratungen S. 386 und 420 f., 1910 S. 84, Art. 12quinquies). Im
Gegenteil, die Tarifzuständigkeit der Kantonsregierungen wurde ausdrücklich
damit begründet, dass einzig sie in der Lage seien, die von Kanton zu
Kanton sehr verschiedenartigen Verhältnisse im Spitalwesen zu ordnen (BBl
1961 I 1470). Wie bereits der Bundesrat in einem Entscheid vom 17. März
1975 zutreffend festhielt, soll die Zuständigkeit der Kantonsregierung ein
rasches Handeln im vertragslosen Zustand gewährleisten. In Anbetracht der
verschiedenartigen Verhältnisse in den Kantonen aber sei rasches Handeln
nur garantiert, wenn die zuständige Behörde eindeutig bezeichnet und zudem
zum Handeln verpflichtet sei. Damit stehe fest, dass ausschliesslich
die Kantonsregierung zum Erlass von Tarifen im vertragslosen Zustand
zuständig sei und dass diese Zuständigkeit weder an eine andere kantonale
Behörde, noch an die Legislative delegiert werden könne (VPB 39 Nr. 106,
S. 102 f.). Gleiches aber gilt für die Zuständigkeit zur Genehmigung
der Verträge zwischen Kassen und Heilanstalten. Da dieser konstitutive
Wirkung zukommt, ist rasches Handeln notwendig, um einen unerwünschten
vertragslosen Zustand zu vermeiden. Es sprechen somit gewichtige Gründe
dafür, dass der Wortlaut des Art. 22quater KUVG in bezug auf die hier
interessierende Frage auch dessen wahren Sinn und Zweck wiedergibt. Die
Willkürrüge der Beschwerdeführer erweist sich somit als unbegründet.

    c) Aufgrund dieses Auslegungsergebnisses ist zu untersuchen, ob die
in Ziff. 1 der Initiative angestrebte Kompetenzordnung der massgebenden,
wortgetreuen Auslegung von Art. 22quater KUVG widerspricht:

    aa) Ziff. 1 Abs. 1 der Initiative verletzt unbestrittenermassen und
offensichtlich kein Bundesrecht. Dieses beschlägt die innerkantonale
Kompetenzordnung zur Führung von Vertragsverhandlungen nicht, sondern
belässt diese ohne Einschränkung der Organisationshoheit der Gliedstaaten.

    bb) Ziff. 1 Abs. 2 der Initiative sieht vor, die Verträge nebst der
Genehmigung des Regierungsrates auch der Zustimmung des Landrates zu
unterstellen. Die Formulierung lässt keine andere Deutung zu, als dass
die Vertragstarife einer doppelten kantonalen Genehmigung bedürfen,
einerseits des Regierungsrates, anderseits des Landrates. Damit aber
setzt sich die Initiative in Widerspruch zu Art. 22quater Abs. 5 KUVG,
welcher - wie in E. 3b gezeigt - die Genehmigungskompetenz abschliessend
der Kantonsregierung, im Kanton Basel-Landschaft dem Regierungsrat,
zuweist. Die vorgesehene Regelung widerspricht damit dem Bundesrecht und
ist unzulässig.

    Die von den Beschwerdeführern gegen diese Betrachtungsweise
erhobenen Einwände halten einer Überprüfung nicht stand. Ziff. 1
Abs. 2 der Initiative bezieht sich nicht auf die Vertragsverhandlungen,
sondern auf die Genehmigung der unter diesem Vorbehalt rechtsgenüglich
abgeschlossenen Verträge. Es gilt nicht, die Verhandlungsposition
der kantonalen Heilanstalten abzusegnen, sondern die ausgehandelten
Tarife auf ihre Übereinstimmung mit dem Gesetz und der Billigkeit hin zu
überprüfen (Art. 22quater Abs. 5 KUVG). Zuständig hierfür ist einzig die
Kantonsregierung unter Ausschluss der Legislative.

    cc) In Ziff. 1 Abs. 3 der Initiative soll eine Auffangkompetenz
des Landrates für alle übrigen Tarife begründet werden. Wie auch die
Beschwerdeführer anerkennen, erweist sich diese Regelung mindestens
soweit als bundesrechtswidrig, als sie die auf bestimmte Materien
beschränkte Tarifkompetenz des Regierungsrates gemäss Art. 22quater
Abs. 3 KUVG missachtet. Die Zuständigkeit des Landrates wäre mithin
auf diejenigen Tarife im vertragslosen Zustand beschränkt, welche
bundesrechtlich nicht geordnet sind (vgl. Art. 22quater Abs. 3 lit. a
bis c KUVG). Der formulierte Initiativtext aber lässt eine solche
Differenzierung nicht zu. Die kantonalen Behörden waren auch nicht befugt,
ihn mit einem Vorbehalt des Bundesrechts zu ergänzen (ALFRED KÖLZ, aaO,
S. 24; ALFRED KUTTLER, aaO, S. 205). Aufgrund der gewichtigen Bedeutung des
bundesrechtlichen Vorbehalts für das gesamte spitalmässige Tarifwesen wurde
auch der Abs. 3 von Ziff. 1 der Initiative zu Recht als bundesrechtswidrig
erklärt. Die Initianten haben keinen Anspruch darauf, dass eine Bestimmung
dem Volk vorgelegt wird, welche in einer erheblichen wenn nicht der
überwiegenden Zahl ihrer Anwendungsfälle dem Bundesrecht widersprechen
würde. Der Grundsatz "in dubio pro populo" besagt bloss, dass mehrdeutige
Texte, welche bei entsprechender Auslegung als mit höherrangigem Recht
vereinbar erscheinen, im Zweifel der Volksabstimmung zu unterstellen sind
(vgl. dazu BGE 104 Ia 348 E. 4 mit Hinweis; Urteil vom 24. Juni 1965, im
ZBl 67/1966, S. 36 f.; ALBERTO FERRARI, Die Zuständigkeit und das Verfahren
der Ungültigerklärung von Volksbegehren: eine kritische Betrachtung anhand
von Fällen in Bund und Kanton Zürich, Zürich 1982, S. 144 ff., 166),
nicht dagegen, dass ein Anspruch auf Durchführung einer Volksabstimmung
besteht für Normen, welche in wesentlichen Teilbereichen zu Konflikten mit
dem Bundesrecht führen und diesem widersprechen. Ist mit Sicherheit davon
auszugehen, dass die Initiative zu einer Gesetzesbestimmung führt, die in
vielen Fällen der bundesrechtlichen Normenkontrolle nicht standzuhalten
vermöchte, rechtfertigt es sich, sie nicht zur Abstimmung zu bringen.

    Zusammenfassend ergibt sich, dass die Bestimmungen in Ziff. 1
Abs. 2 und 3 der Initiative bundesrechtswidrig sind, so dass es sachlich
gerechtfertigt war, sie nicht der Volksabstimmung zu unterstellen.

    d) Nach Ziff. 2 der Initiative sollen für die Spitaltarife
materielle Grundsätze der Gebührenberechnung in das Gesetz aufgenommen
werden. Angestrebt wird eine Abstufung der Höchstsätze für die einzelnen
Abteilungen, orientiert an den Betriebskosten, welche ihrerseits näher
umschrieben werden.

    Gestützt auf das Gutachten Eichenberger hält der Regierungsrat auch
diese Regelung für bundesrechtswidrig. Danach darf für den vertragslosen
Zustand und die in Art. 22quater Abs. 3 KUVG aufgezählten Leistungen die
Tariffreiheit der Kantonsregierung durch den Gesetzgeber nicht beschränkt
werden. Zudem würde die gesetzliche Fixierung der Tarife die Befugnis
der Kantonsregierung beschneiden, die vertraglich abgemachten Tarife
auf ihre Übereinstimmung mit Gesetz und Billigkeit zu überprüfen. Die
Verpflichtung auf einen Billigkeitsentscheid zwinge die Kantonsregierung,
die Vertragstarife auf deren Angemessenheit hin zu kontrollieren, weshalb
ihr ein Beurteilungsspielraum offen bleiben müsse. Dieser würde durch
die vorgesehene gesetzliche Tarifordnung zu stark eingeengt.

    Dieser Argumentation halten die Beschwerdeführer entgegen, Ziff. 2 der
Initiative setze lediglich den nach dem allgemeinen Gebührenrecht gebotenen
Kostendeckungsgrad fest. Wohl sei es aufgrund von Art. 22quater Abs. 3
lit. a bis c KUVG dem kantonalen Gesetzgeber verwehrt, in die Tarifhoheit
der Kantonsregierung für den vertragslosen Zustand einzugreifen, doch
beziehe sich die Initiative eben nicht auch auf diesen vertragslosen
Zustand. Im Hinblick auf die Vertragstarife aber erweise sich die
Initiative in jeder Hinsicht als bundesrechtskonform. Die Verpflichtung
der Kantonsregierung, die Verträge auch auf Billigkeit hin zu überprüfen,
hindere den Kanton nicht, ein gesetzliches Kostendeckungsprinzip
einzuführen.

    Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer ergibt sich aus Ziff. 2
der Initiative nicht, der vertragslose Zustand sei von der Gebührenordnung
ausgenommen. Gegenteils zwingt bereits der systematische Aufbau der
Initiative zur Auslegung, dass sich sowohl die formelle wie die materielle
Ordnung auf beide Tatbestände des Bundesrechts, den vertraglichen wie den
vertragslosen Zustand, beziehen sollen. Wie bereits in E. 3c/cc dargelegt,
ist zudem mangels eines Vorbehaltes der Schluss abzulehnen, die Vorschrift
beziehe sich nur auf die Bereiche, in welchen das Bundesrecht nicht bereits
in Art. 22quater Abs. 3 KUVG eine Regelung getroffen hat. Die Bestimmung
von Ziff. 2 der Initiative erstreckt sich vielmehr sowohl nach ihrem
Wortlaut wie nach den Erläuterungen zur Initiative auf die Spitaltarife
schlechthin, ohne Teilbereiche auszunehmen oder den vertraglichen vom
vertragslosen Zustand zu unterscheiden. Dieser dem vorgeschlagenen
Gesetzestext immanente Schematismus in der Normierung sämtlicher
Spitaltarife hält daher vor der bundesrechtlichen Kompetenzordnung gemäss
Art. 22quater Abs. 3 KUVG nicht stand. Die für die Bundesrechtswidrigkeit
von Ziff. 1 Abs. 3 der Initiative angeführten Gründe gelten im übrigen
sinngemäss.

    Auch Ziff. 2 der Initiative ist mit Art. 22quater Abs. 3 KUVG nicht zu
vereinbaren und damit bundesrechtswidrig. Angesichts dieses Ergebnisses
kann offen bleiben, ob die Bestimmung auch Art. 22quater Abs. 5 KUVG
widerspräche.

Erwägung 4

    4.- Erweisen sich Ziff. 1 Abs. 2 und 3 sowie Ziff. 2 der Initiative
als bundesrechtswidrig, braucht nicht mehr geprüft zu werden, ob sie auch
im Widerspruch zu kantonalem Verfassungsrecht stünden.

Erwägung 5

    5.- Eventualiter beantragen die Beschwerdeführer, den angefochtenen
Beschluss aufzuheben und den Landrat anzuweisen, die Initiative im Umfang
ihrer rechtlichen Zulässigkeit zu behandeln.

    a) Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichts ist die
vollständige Ungültigerklärung einer Initiative unverhältnismässig,
wenn der verbleibende Teil der Initiative als wichtig anzusehen ist und
objektiv angenommen werden kann, dass die Initiative auch im reduzierten
Umfange unterzeichnet worden wäre (BGE 110 Ia 182 E. 3b; 105 Ia 365 E. 3).

    b) Nach den vorstehenden Erwägungen sind Ziff. 1 Abs. 2 und 3
sowie Ziff. 2 der Initiative bundesrechtswidrig. Gültig ist damit
einzig noch Ziff. 1 Abs. 1, welche ausschliesslich die Kompetenzen
in den Vertragsverhandlungen regelt. Diese Bestimmung aber ist im
Hinblick auf die Zielsetzung der Initiative ("Für gerechtere Spitaltaxen")
offensichtlich von untergeordneter Bedeutung und im wesentlichen ohne Bezug
auf die Hauptanliegen des Volksbegehrens. Es erscheint nicht sinnvoll,
nur sie allein dem Volk zur Abstimmung zu unterbreiten. Auch hätten von den
1937 Unterzeichnern wohl kaum die notwendige Anzahl von 1500 die Initiative
unterschrieben, wenn diese nur aus Ziff. 1 Abs. 1 bestanden hätte.

    Da auch der Eventualantrag der Beschwerdeführer nicht durchdringt,
ist die Beschwerde abzuweisen.