Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 110 V 40



110 V 40

8. Auszug aus dem Urteil vom 14. März 1984 i.S. Ausgleichskasse des
Kantons St. Gallen gegen F. AG und A. und Versicherungsgericht des Kantons
St. Gallen Regeste

    Art. 45 Abs. 1 VwVG. Eintretensvoraussetzung des drohenden,
nicht wieder gutzumachenden Nachteils: wann ist sie erfüllt, wenn auf
Verwaltungsgerichtsbeschwerde hin um Wiederherstellung der aufschiebenden
Wirkung ersucht wird:

    - durch den Versicherten bzw. durch die Ausgleichskasse im Rahmen einer
Versicherungsleistungsstreitigkeit (Überblick über die Rechtsprechung;
Erw. 4a);

    - durch die Ausgleichskasse im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens
gegen eine zu einer Geldleistung verpflichtenden Verfügung (Frage offen
gelassen; Erw. 4b)?

    Art. 55 VwVG, Art. 97 Abs. 2 AHVG. Interessenabwägung beim Entscheid
über die aufschiebende Wirkung:

    - Sinn und Zweck des Instituts der aufschiebenden Wirkung. Bedeutung
der Sondernorm des Art. 97 Abs. 2 AHVG. Grundsätzliches zur
Interessenabwägung (Erw. 5).

    - Öffentliches Interesse an der sofortigen Vollstreckung einer
Beitragsverfügung. Wann kann sich die Ausgleichskasse darauf berufen?
Voraussetzungen in casu nicht erfüllt (Erw. 7).

Sachverhalt

    A.- Mit Nachbelastungsverfügung vom 19. August 1983 verpflichtete die
Ausgleichskasse des Kantons St. Gallen die Firma F. AG zur Bezahlung von
paritätischen Beiträgen (AHV/IV/EO/AlV/FAK) für die Jahre 1978 bis 1982 in
der Höhe von insgesamt Fr. 28'188.05 (inklusive Verwaltungskostenbeiträge
und Verzugszinsen). Die Verwaltung stützte sich dabei auf
Prämienabrechnungen der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA)
und ermittelte die Differenz zu den bereits abgerechneten Lohnsummen.
Gleichzeitig ersuchte die Ausgleichskasse die Firma, die Arbeitnehmer
und deren Jahresbezüge bekanntzugeben, damit die nachträglich erhobenen
beitragspflichtigen Lohnsummen auf die individuellen Konten verbucht
werden könnten. Einer allfälligen Beschwerde entzog die Ausgleichskasse
gestützt auf Art. 97 Abs. 2 AHVG die aufschiebende Wirkung.

    Am selben Tag richtete die Ausgleichskasse sodann eine Verfügung
gleichen Inhalts über den Betrag von insgesamt Fr. 396'557.65 an A., den
Verwaltungsratspräsidenten der Firma F. AG, und zwar in dessen Eigenschaft
als Inhaber einer ebenfalls in der Baubranche tätigen Einzelfirma.

    B.- Beschwerdeweise liessen A. und die Firma F. AG die
Nachzahlungsverfügungen anfechten und das Gesuch um Wiederherstellung der
aufschiebenden Wirkung stellen. Zur Begründung dieses letzten Begehrens
wurde, soweit vorliegend wesentlich, geltend gemacht, für den Entzug des
Suspensiveffekts bei auf Geldleistungen gerichteten Verfügungen seien ganz
überzeugende Gründe erforderlich, welche vorliegend fehlen würden. Die
Firma und A. könnten sich nämlich durch die Beschwerdeführung als solche
keinerlei Vorteile sichern, zumal auch der Beginn des Verzugszinses davon
nicht berührt werde. In bezug auf die Nachzahlungsverfügung gegenüber
A. wurde ausserdem eingewendet, die sofortige Vollstreckung der Forderung
über knapp Fr. 400'000.-- wäre für ihn mit schwerwiegenden Nachteilen
verbunden, weil der Entzug liquider Mittel dieser Höhe ihn in seiner
Geschäftstätigkeit ganz massiv einschränken würde.

    Mit gleichlautenden Entscheiden vom 26. September 1983 stellte das
Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen die aufschiebende Wirkung
wieder her. Das Gericht erwog, aus der sofortigen Vollstreckung der
angefochtenen Verfügungen vom 19. August 1983 würde beiden Rekurrenten
"tatsächlich ein nicht nur wirtschaftlich, sondern auch rechtlich nicht
wiedergutzumachender Nachteil (entstehen), weil Dispositionen getroffen
würden, die nachher kaum mehr rückgängig gemacht werden könnten".

    C.- Die Ausgleichskasse führt in beiden Fällen
Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des
vorinstanzlichen Entscheides. Zur Begründung wird ausgeführt, die Firma
beschäftige aufgrund ihrer Aktivitäten viel mehr Angestellte, als die
offensichtlich unrichtigen AHV-Abrechnungen ausweisen würden. A. selbst
beschäftige seit Jahren eine grosse Zahl von Arbeitnehmern, welche er auf
Baustellen im In- und Ausland einsetze. Da für diese Arbeitnehmer mit
der AHV nie abgerechnet worden sei, habe die Ausgleichskasse Ende 1982
Strafanzeige gegen A. erstattet, in welchem Verfahren der prämienpflichtige
Lohn der SUVA bekanntgeworden sei, was zu den Nachbelastungsverfügungen vom
19. August 1983 geführt habe. Für den Entzug der aufschiebenden Wirkung
seien die mit der Firma und mit A. gemachten Erfahrungen ausschlaggebend
gewesen. Das kantonale Gericht habe sich allein auf die Argumente der
Gegenpartei abgestützt, ohne die Verwaltung nach den Gründen für den
Entzug des Suspensiveffekts anzuhören und ohne die Gründe für und gegen
die sofortige Vollstreckbarkeit abzuwägen.

    Die Firma und A. beantragen, auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerden
sei nicht einzutreten; eventuell seien sie abzuweisen. Das
Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) beantragt Gutheissung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerden, soweit darauf einzutreten sei.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- a) Gemäss dem auf den 1. Januar 1979 in Kraft getretenen Art. 97
Abs. 2 AHVG kann die Ausgleichskasse in ihrer Verfügung einer allfälligen
Beschwerde die aufschiebende Wirkung entziehen, auch wenn die Verfügung
auf eine Geldleistung gerichtet ist; im übrigen gilt Art. 55 Abs. 2
bis 4 VwVG. Auf eine Geldleistung gerichtet ist eine Verfügung, die den
Adressaten zu einer vermögensrechtlichen Leistung verpflichtet (BGE 109
V 232; RSKV 1981 Nr. 445 S. 82 Erw. 3 mit Hinweis; vgl. auch BGE 99 Ib
219 Erw. 4; GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., S. 241).

    b) Die angefochtenen kantonalen Zwischenentscheide lauten auf
Gutheissung eines vom Verfügungsadressaten gestellten Gesuches um
Wiederherstellung der von der Ausgleichskasse in einem AHV-rechtlichen
Verfahren gestützt auf Art. 97 Abs. 2 AHVG entzogenen aufschiebenden
Wirkung. Sie stützen sich somit auf Art. 55 Abs. 3 VwVG, der laut
Art. 1 Abs. 3 letzter Satz VwVG in Verbindung mit Art. 97 Abs. 2
zweiter Satzteil AHVG auf das Verfahren vor dem Versicherungsgericht im
AHV-Bereich Anwendung findet. Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerden
gegen die vorinstanzlichen Zwischenentscheide ist daher einzutreten,
wenn diese einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können.

Erwägung 4

    4.- a) Das Eidg. Versicherungsgericht hat bisher nicht entschieden,
unter welchen Voraussetzungen im Zusammenhang mit Verfügungen, die im
Sinne von Art. 97 Abs. 2 AHVG auf eine Geldleistung gerichtet sind, ein
den Suspensiveffekt wiederherstellender kantonaler Zwischenentscheid
für die Ausgleichskasse einen irreparablen Nachteil bewirken kann. In
der in ZAK 1982 S. 328 nicht publizierten Erwägung 1 des Urteils Geisser
vom 13. März 1981, in welcher Sache es um die aufschiebende Wirkung im
Zusammenhang mit einer Versicherungsleistungsstreitigkeit ging, hat das
Gericht die Frage aufgeworfen und offengelassen, ob die Voraussetzung
des irreparablen Nachteils erfüllt sei, nachdem die Kasse und nicht der
Versicherte von der vorinstanzlichen Wiederherstellung der aufschiebenden
Wirkung betroffen war. In der in BGE 108 V 232 nicht publizierten
Erwägung 1 des Urteils Binder vom 30. November 1982, wo es ebenfalls
auf Beschwerde der Ausgleichskasse hin um die aufschiebende Wirkung im
Rahmen einer Versicherungsleistungsstreitigkeit ging, hat das Gericht
die Voraussetzung des drohenden, nicht wieder gutzumachenden Nachteils
bejaht; es nahm an, dass - sollte sich im Hauptverfahren das Fehlen
der Leistungsvoraussetzungen ergeben und müsste die Ausgleichskasse in
der Zwischenzeit die Rente ausrichten - die Wiedereinbringlichkeit der
vom Versicherten zwischenzeitlich zu Unrecht bezogenen und deswegen
zurückzuerstattenden Betreffnisse unter den gegebenen Verhältnissen
gefährdet sei.

    Führt dagegen der Versicherte gegen die Aberkennung des
Suspensiveffekts im Rahmen einer Versicherungsleistungsstreitigkeit
Verwaltungsgerichtsbeschwerde, wird der drohende irreparable Nachteil nach
ständiger Rechtsprechung dann bejaht, wenn die plötzliche Einstellung der
Rentenzahlungen den Versicherten aus dem finanziellen Gleichgewicht bringen
und zu kostspieligen oder sonstwie unzumutbaren Massnahmen zwingen könnte
(BGE 109 V 233 Erw. 2b).

    b) Die eben erwähnte Rechtsprechung zum drohenden irreparablen Nachteil
im Gebiete der Versicherungsleistungen kann auf die hier zu beurteilenden,
wesentlich anders gelagerten Fälle nicht einfach übertragen werden. Der
Hinweis des BSV auf BGE 105 V 268 Erw. 1 i.f., wo im Zusammenhang mit
einer Versicherungsleistungsstreitigkeit der drohende, nicht wieder
gutzumachende Nachteil eines Rentenbezügers "unter den geltend gemachten
Umständen" als erfüllt betrachtet wurde, ist deshalb nicht stichhaltig. Wie
der drohende irreparable Nachteil in Fällen wie den vorliegenden zu
umschreiben und ob diese Eintretensvoraussetzung hier erfüllt ist, was
die Beschwerdegegner bestreiten, kann indessen offenbleiben, weil die
Verwaltungsgerichtsbeschwerden der Ausgleichskasse ohnehin unbegründet
und abzuweisen sind, wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt.

Erwägung 5

    5.- a) Bei der Regelung der aufschiebenden Wirkung in
der Verwaltungsrechtspflege hat der Gesetzgeber zwei einander
widerstrebende Interessenlagen zu würdigen: Einerseits ist dem Bürger an
der aufschiebenden Wirkung, d.h. daran gelegen, dass eine ihn belastende
Verfügung nicht vollstreckt wird, bevor sie rechtskräftig geworden ist. Dem
steht das Interesse des Gemeinwesens entgegen, dass die als dringlich
erachtete Vollstreckung einer Verfügung während eines Beschwerdeverfahrens
nicht gehindert oder dadurch vereitelt wird, mit andern Worten, dass einer
Beschwerde die aufschiebende Wirkung entzogen werden kann (BGE 102 Ib 226;
GYGI, aaO, S. 244 f.).

    Aus Art. 55 Abs. 1 und 2 VwVG geht hervor, dass der Suspensiveffekt
von Beschwerden gegen Verfügungen, die zu einer vermögensrechtlichen
Leistung verpflichten, auf keinen Fall entzogen werden darf. Anlässlich
der 9. AHV-Revision erachtete es der Gesetzgeber als notwendig, den
Ausgleichskassen in Durchbrechung dieses Grundsatzes zu ermöglichen,
den Beschwerden gegen Beitragsverfügungen die aufschiebende Wirkung
zu entziehen. In der Botschaft vom 7. Juli 1976 wies der Bundesrat
darauf hin, dass die bisherige Ordnung dem Selbständigerwerbenden
und dem Arbeitgeber erlaube, durch Erhebung der Beschwerde gegen
eine Beitrags- oder Veranlagungsverfügung die Vollstreckung der
Beitragsforderung hinauszuzögern; dies gelte es zu verhindern und
einen ordnungsgemässen Bezug der Beiträge zu ermöglichen (BBl 1976 III
66). Die Durchführungsorgane würden selbstverständlich die neue Regelung
massvoll anwenden, d.h. nur in jenen Fällen, in denen sich der Entzug
der aufschiebenden Wirkung tatsächlich aufdränge (BBl 1976 III 67).

    In ZAK 1978 S. 384 nahm das BSV zur neuen Ordnung des Art. 97 Abs. 2
AHVG in dem Sinne Stellung, dass ein Entzug des Suspensiveffekts nur
angebracht sei, "wenn die Ausgleichskasse aus Erfahrung annehmen darf, dass
der Beitragsschuldner versucht, durch sein Verhalten die Entrichtung der
Beiträge hinauszuzögern, oder wenn er sich als offenkundig widersetzlich
erweist". Dementsprechend sieht die bundesamtliche Wegleitung über den
Bezug der Beiträge in Randziffer 372.2 vor: "Die Ausgleichskassen dürfen
einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung nur entziehen, wenn
diese Massnahme als eindeutig geboten erscheint. Das ist namentlich der
Fall, wenn die Ausgleichskasse aufgrund ihrer Erfahrung annehmen darf,
der Beitragspflichtige gehe darauf aus, die Entrichtung der Beiträge
hinauszuzögern, oder wenn sie weiss, dass es sich um einen notorisch
renitenten Beitragspflichtigen handelt."

    b) Nach der Rechtsprechung zu Art. 55 VwVG bedeutet der
Grundsatz der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde nicht, dass
nur ganz aussergewöhnliche Umstände ihren Entzug zu rechtfertigen
vermöchten. Vielmehr ist es Sache der nach Art. 55 VwVG zuständigen Behörde
zu prüfen, ob die Gründe, die für die sofortige Vollstreckbarkeit der
Verfügung sprechen, gewichtiger sind als jene, die für die gegenteilige
Lösung angeführt werden können. Dabei steht der Behörde ein gewisser
Beurteilungsspielraum zu. Im allgemeinen wird sie ihren Entscheid auf
den Sachverhalt stützen, der sich aus den vorhandenen Akten ergibt, ohne
zeitraubende weitere Erhebungen anzustellen. Bei der Abwägung der Gründe
für und gegen die sofortige Vollstreckbarkeit können auch die Aussichten
auf den Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache ins Gewicht fallen; sie
müssen allerdings eindeutig sein. Im übrigen darf die verfügende Behörde
die aufschiebende Wirkung nur entziehen, wenn sie hiefür überzeugende
Gründe geltend machen kann (BGE 105 V 268 Erw. 2 mit Hinweisen; vgl. auch
BGE 106 Ib 116 Erw. 2a). Diese Grundsätze sind auch im Rahmen des Art. 97
Abs. 2 AHVG anwendbar (BGE 105 V 269 zweiter Absatz).

Erwägung 6

    6.- ...

Erwägung 7

    7.- a) Die Ausgleichskasse führt zur Rechtfertigung des Entzugs des
Suspensiveffekts im wesentlichen Schwierigkeiten bei der Veranlagung und
beim Bezug paritätischer Beiträge an und weist darauf hin, A. sei ein
notorisch renitenter Beitragspflichtiger, bei dem "aufgrund der Situation,
wie sie sich heute präsentiert", die Gefahr bestehe, dass die geforderten
und zweifellos geschuldeten Beiträge nicht mehr eingebracht werden könnten.

    Die Beschwerdegegner machen demgegenüber geltend, jene Hinweise
vermöchten bei der Interessenabwägung keineswegs die sofortige
Vollstreckung der allein gestützt auf Lohnsummenangaben der SUVA verfügten
Nachzahlungen zu rechtfertigen. Auf dieser unbestimmten Grundlage eine
Beitragsverfügung bereits vor dem rechtskräftigen Entscheid vollstrecken
zu wollen, sei unzulässig. In der Sache des A. wird ausserdem geltend
gemacht, der Entzug liquider Mittel in der Höhe von rund Fr. 400'000.--
würde ihn in seiner Geschäftstätigkeit ganz massiv einschränken; der
daraus entstehende Schaden sei rechnerisch schwer zu ermitteln und könne
nachträglich auch kaum wieder gutgemacht werden.

    b) Der Sicherstellung des Beitragsbezugs kommt, wie das BSV
in seiner Vernehmlassung zutreffend ausführt, im Interesse der
Gesamtheit der Versicherten an der ordnungsgemässen Finanzierung der
Sozialversicherungswerke hohe Bedeutung zu. Diesem Zweck dient insbesondere
Art. 97 Abs. 2 AHVG, der den Entzug der aufschiebenden Wirkung selbst
bei einer Beitragsverfügung für zulässig erklärt.

    Anderseits ist zu beachten, dass der Beitragspflichtige befugt ist, die
von der Ausgleichskasse erhobene Beitragsforderung vom Richter überprüfen
zu lassen, wobei davon auszugehen ist, dass er ein Interesse daran hat,
die verfügten Beiträge nicht vor ihrer rechtskräftigen Festsetzung
entrichten zu müssen.

    Entgegen den erwähnten bundesamtlichen Weisungen ist das öffentliche
Interesse am sofortigen Beitragsbezug nicht schon dann gegeben,
wenn die Ausgleichskasse aufgrund ihrer Erfahrung annehmen darf,
der Beitragspflichtige gehe darauf aus, die Entrichtung der Beiträge
hinauszuzögern, oder wenn sie weiss, dass es sich um einen notorisch
renitenten Beitragspflichtigen handelt; denn einerseits profitiert
der Beitragspflichtige durch die Erhebung einer Beschwerde gegen eine
Nachzahlungsverfügung finanziell nichts und die Ausgleichskasse erleidet
keinen Schaden, weil für die ganze Zeit die Verzugszinspflicht besteht
(Art. 41bis Abs. 3 lit. b AHVV); anderseits enthält das Institut des
Entzugs der aufschiebenden Wirkung kein pönales Element. Das öffentliche
Interesse an der sofortigen Vollstreckung der Beitragsverfügung liegt
vielmehr darin, dass in Anbetracht der finanziellen Verhältnisse des
Beitragspflichtigen die Annahme der Gefahr eines Beitragsverlustes
begründet erscheint. Dieses Interesse ist so gewichtig, dass es in der
Regel gegenüber den Interessen des Beitragspflichtigen überwiegt. Die
Ausgleichskasse kann sich indessen nur darauf berufen, wenn die verfügten
Beiträge auf zuverlässigen Grundlagen beruhen.

    c) In den vorliegenden Fällen sind die Erfolgsaussichten der gegen
die Nachbelastungsverfügungen vom 19. August 1983 erhobenen Beschwerden
ungewiss. Da somit der Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache nicht
als eindeutig erscheint, hängt die Frage, ob die aufschiebende Wirkung zu
gewähren ist, vorab davon ab, ob die erwähnten Voraussetzungen erfüllt
sind.

    Die Ausgleichskasse befürchtet, es müsse angenommen werden,
sowohl die Firma als auch A. als Einzelkaufmann beschäftigten im In-
und Ausland Arbeitnehmer, für welche AHV-rechtlich nicht abgerechnet
werde. Sie unterstreicht dies mit der Einreichung einer Strafanzeige und
der in jenem Verfahren bekannt gewordenen prämienpflichtigen Lohnsummen in
bezug auf die obligatorische Unfallversicherung. Einzig gestützt auf diese
Grundlage verfügte die Ausgleichskasse die Nachzahlung der Beiträge. Sie
behauptet hingegen nicht, dass aufgrund der finanziellen Situation der
beiden Beschwerdegegner die Gefahr eines Beitragsverlustes bestehe.

    Aufgrund dieser Umstände sind die in Erwägung 7b festgelegten
Kriterien für die Annahme eines überwiegenden öffentlichen Interesses an
der sofortigen Vollstreckung der Nachzahlungsverfügungen nicht erfüllt. Die
kantonalen Entscheide erweisen sich somit im Ergebnis als richtig.