Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 110 V 218



110 V 218

34. Urteil vom 4. Mai 1984 i.S. F. Hoffmann-La Roche & Co. AG gegen
Ausgleichskasse des Basler Volkswirtschaftsbundes und Kantonale
Rekurskommission für die Ausgleichskassen, Basel Regeste

    Art. 32 Abs. 3 und 150 Abs. 1 OG. Zwecks Wahrung der für die
Leistung eines Gerichtskostenvorschusses angesetzten Frist hat
der Vorschusspflichtige, der sich eines Giromandats im Rahmen
des Sammelauftragsdienstes der PTT (Art. 133d PVV) bedient,
als Fälligkeitsdatum spätestens den letzten Tag der verfügten Frist
einzusetzen und den Datenträger so rechtzeitig der Post zu übergeben, dass
die Gutschrift auf dem Empfängerkonto nach dem ordentlichen postalischen
Gang spätestens am bezeichneten Tage noch erfolgen kann.

Sachverhalt

    A.- Am 11. Mai 1983 erhob die Firma F. Hoffmann-La Roche &
Co. AG gegen Entscheide der Kantonalen Rekurskommission für die
Ausgleichskassen, Basel, vom 17. Februar 1983 (betreffend drei
Beitragsverfügungen der Ausgleichskasse des Basler Volkswirtschaftsbundes)
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Eidg. Versicherungsgericht.

    Mit Verfügung vom 25. Mai 1983 forderte der Präsident des Eidg.
Versicherungsgerichts die Beschwerdeführerin auf, bis zum 8. Juni 1983
zur Sicherstellung der mutmasslichen Gerichtskosten einen Vorschuss von
Fr. 1'000.- zu bezahlen; bei Nichtleistung innert der gesetzten Frist
werde auf die Rechtsvorkehr nicht eingetreten.

    B.- Die Beschwerdeführerin leistete den Vorschuss mittels Giroauftrages
auf einem Datenträger im Rahmen des Sammelauftragsdienstes gemäss
Art. 133d der Verordnung (1) zum Postverkehrsgesetz (PVV; SR 783.01). Sie
übergab den fraglichen Datenträger am 8. Juni 1983 in Basel der Post zur
Weiterbeförderung an die Postcheckabteilung der Generaldirektion PTT und
vermerkte für die darin erfassten Aufträge "SAD Zahlungen per 13.06.83"
bzw. "Fälligkeit 13.06.83". Am 13. Juni 1983 wurden dem Postcheckkonto
des Eidg. Versicherungsgerichts auftragsgemäss Fr. 1'000.- gutgeschrieben.

    Die Beschwerdeführerin hat sich auf gerichtliche Aufforderung
mit Eingaben vom 1. und 8. Juli sowie 21. Dezember 1983 zur Frage der
rechtzeitigen Leistung des Kostenvorschusses vernehmen lassen. Auf die
Stellungnahme der Generaldirektion der PTT vom 8. Dezember 1983 wird in
den Erwägungen zurückzukommen sein.

Auszug aus den Erwägungen:

       Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- a) Gemäss Art. 133d Abs. 1 PVV können die Teilnehmer am
Sammelauftragsdienst Zahlungsaufträge mit EDV-gerechten Datenträgern
einreichen; sie fassen ihre auf ein bestimmtes Datum (Werktag ohne
Samstag) auszuführenden Zahlungen zu einem Sammelauftrag zusammen,
erstellen einen Datenträger (Magnetband, Kassette oder Diskette) und
übergeben ihn der Postcheckabteilung der PTT-Generaldirektion. Nach
Abs. 3 der erwähnten Bestimmung vereinbaren die PTT-Betriebe mit jedem
Teilnehmer die Einzelheiten über die Teilnahme am Sammelauftragsdienst
und dessen EDV-gerechte Abwicklung.

    b) Nach der schriftlichen Auskunft der PTT-Generaldirektion
vom 8. Dezember 1983 wird in der Vereinbarung mit dem Teilnehmer am
Sammelauftragsdienst festgehalten, dass jeder einzelne Zahlungsauftrag
ein Fälligkeitsdatum aufweisen müsse; Aufträge ohne Datum der Fälligkeit
(beispielsweise mit dem blossen Vermerk "sofort") würden nicht
verarbeitet. Unter dem Fälligkeitsdatum sei bei Überweisung (Giro) der
Tag der Gutschrift auf dem Empfängerkonto zu verstehen.

Erwägung 2

    2.- Im vorliegenden Fall stellt sich die Frage, unter welchen
Voraussetzungen die für die Zahlung eines Kostenvorschusses richterlich
gesetzte Frist eingehalten ist, wenn die Zahlung im Verfahren des
Sammelauftragsdienstes erfolgt.

    Beim herkömmlichen Giromandat ist nach der Rechtsprechung die
Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses in sinngemässer Anwendung von
Art. 32 Abs. 3 OG eingehalten, wenn der entsprechende Überweisungsauftrag
spätestens am letzten Tag der Frist der schweizerischen Post übergeben wird
(BGE 104 II 63 Erw. 2, 96 I 472 Erw. 1). Die Aufgabe des Giromandats wird
somit der direkten Zahlung am Postschalter gleichgestellt. Der Grund hiefür
liegt darin, dass einerseits die Post die Gutschrift sofort vornehmen kann,
anderseits aber der Auftraggeber den Tag der Gutschrift weder bestimmen
noch zuverlässig berechnen kann. Aus Gründen der Praktikabilität muss
deshalb die Postaufgabe des Giromandats innerhalb der gesetzten Frist
als rechtzeitige Zahlung betrachtet werden.

    Demgegenüber kann der Teilnehmer am Sammelauftragsdienst den Tag
der Gutschrift selber festlegen, womit er die Möglichkeit hat, zu
bestimmen, auf welchen Zeitpunkt er den geforderten Kostenvorschuss
erbringen will. Dieser wesentliche Unterschied bei der Benützung
des Sammelauftragsdienstes hat zur Folge, dass die Fristwahrung
an andere Voraussetzungen zu knüpfen ist als beim herkömmlichen
Giromandat. Erforderlich ist dabei, dass der Vorschusspflichtige als
Fälligkeitsdatum spätestens den letzten Tag der verfügten Frist einsetzt;
zudem hat er den Datenträger der Post so rechtzeitig zu übergeben, dass
die Gutschrift auf dem Empfängerkonto nach dem ordentlichen postalischen
Gang spätestens am bezeichneten Tage noch erfolgen kann. Diese Lösung
allein vermag in befriedigender Weise zu verhindern, dass der Auftraggeber
die Zahlung nach Bedarf oder Gutdünken mehr oder weniger weit über die
gesetzte Frist hinaus verzögern kann. Zwar verkürzt sich dadurch die
Frist, innerhalb welcher der Zahlungspflichtige handeln muss; dieser hat
das indessen in Kauf zu nehmen, wenn er sich des Sammelauftragsdienstes
bedient und sich dessen Vorteile zunutze macht. Eine rechtserhebliche
Benachteiligung ist darin nicht zu erblicken, da ihm ja nebstdem wie
jedem andern Postbenützer die Möglichkeit der Zahlungsanweisung oder des
herkömmlichen Giromandats offensteht.

Erwägung 3

    3.- Die Beschwerdeführerin hat den Datenträger am 8. Juni 1983
(Mittwoch) der Post übergeben und als Fälligkeitstag den 13. Juni 1983
(Montag) eingesetzt. Da der letzte Tag der verfügten Frist der 8. Juni
1983 war, hat die Beschwerdeführerin den Kostenvorschuss nach dem Gesagten
nicht rechtzeitig geleistet, so dass auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
androhungsgemäss nicht einzutreten ist.

Entscheid:

        Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

    Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nicht eingetreten.