Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 110 IV 30



110 IV 30

11. Urteil des Kassationshofes vom 17. Januar 1984 i.S. H. gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt (Nichtigkeitsbeschwerde) Regeste

    Art. 148 Abs. 2 StGB. Gewerbsmässiger Betrug.

    Wer zum eigenen Verbrauch bei jeder sich bietenden Gelegenheit
betrügerisch Konsumgüter erwirbt, handelt gewerbsmässig.

Sachverhalt

    A.- Der vielfach betriebene und überschuldete H., gegen den auch
Verlustscheine bestanden, bestellte in der Zeit vom 13. April 1975 bis 30.
April 1979 namentlich an Muster- und Warenmessen in Basel bei verschiedenen
Firmen in 22 Fällen zahlreiche Waren, vor allem Wein, ohne in der Lage
und willens zu sein, diese zu bezahlen.

    B.- Das Strafgericht Basel-Stadt sprach ihn am 2. November 1982 wegen
dieser und anderer strafbarer Handlungen des gewerbsmässigen Betrugs, der
Veruntreuung und der Irreführung der Rechtspflege schuldig und verurteilte
ihn zu zwei Jahren Zuchthaus, abzüglich der erstandenen Sicherheitshaft,
sowie zu einer Busse von Fr. 500.-. Auch verwies es ihn für fünf Jahre
des Landes.

    Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt hob am 19. Oktober 1983
die Landesverweisung auf, bestätigte aber im übrigen den erstinstanzlichen
Entscheid.

    C.- H. führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil
des Appellationsgerichts sei insoweit aufzuheben, als es ihn wegen
gewerbsmässigen Betrugs schuldig spreche, und es sei die Sache zur
Neubeurteilung wegen wiederholten Betrugs usw. und zur Neufestsetzung
der Strafe an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Der Beschwerdeführer anerkennt, die ihm angelasteten Betrüge
wiederholt und bei jeder sich an den Weinmessen bietenden Gelegenheit
begangen zu haben. Er wendet sich jedoch gegen die Annahme gewerbsmässiger
Tatbegehung, weil er sich keine Geldeinnahmen habe verschaffen wollen und
auch keine verschafft habe, "zumal ich keine einzige der mir gelieferten
und nicht bezahlten Flaschen Wein veräussert habe, um mir mit Geld andere
Dinge zu kaufen". Seine Tätigkeit sei deshalb nicht - wie diejenige
eines Gewerbetreibenden - auf irgendwie geartete Einnahmen gerichtet
gewesen. Er sei auf Entgegennahme von Konsumgütern und deren Verbrauch,
nicht aber auf ein in Geld bestehendes Erwerbseinkommen ausgegangen. Die
schon im Grundtatbestand des Art. 148 StGB liegende Bereicherung habe in
allen Fällen darin gelegen, dass er sozusagen gratis Wein habe trinken
können, nicht aber darin, dass er mit einem regelmässigen Einkommen
Miete und Lebenshaltungskosten habe bestreiten können. Die "Einsparung"
von Zahlungen könne nicht Geldeinnahmen im Sinne des Erwerbseinkommens
gleichgesetzt werden.

Erwägung 2

    2.- Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts handelt
gewerbsmässig, wer in der Absicht, zu einem Erwerbseinkommen zu gelangen,
und mit der Bereitschaft, gegenüber unbestimmt vielen oder bei jeder sich
bietenden Gelegenheit zu handeln, die Tat wiederholt verübt (BGE 107 IV
82 E. 3a, 174 E. 2, 99 IV 88 E. 7 mit Verweisungen).

    Das in dieser Begriffsumschreibung enthaltene Element der auf
Erlangung eines "Erwerbseinkommens" gerichteten Absicht ist nicht dahin
zu verstehen, dass gewerbsmässig nur handeln würde, wer unmittelbar
Geld ertrügt oder Warenbetrüge in der Absicht begeht, die Beute zu Geld
zu machen. Ein Erwerbseinkommen im Sinne jener Praxis kann vielmehr
im Erwirken irgendwelcher Vermögensvorteile bestehen. Dabei ist ohne
Belang, ob der Täter sich diese unmittelbar zur Fristung seines Lebens,
zur Bezahlung von Vergnügen, zum Zweck gewinnbringender Anlage oder zur
Hortung verschafft; auch die erlaubte Tätigkeit eines Gewerbetreibenden
hängt nach allgemeinem Sprachgebrauch nicht vom Beweggrund ab, mit welchem
jener handelt (BGE 71 IV 86). Da überdies Gewerbsmässigkeit nicht eine
lang anhaltende Tatbegehung voraussetzt (BGE 78 IV 155) noch der Täter auf
einen hauptsächlichen oder regelmässigen Erwerb ausgehen muss (BGE 99 IV
88 E. 7), besteht freilich insoweit zwischen jener Erwerbsabsicht und der
Bereicherungsabsicht des Grundtatbestands kein wesentlicher Unterschied
(s. BGE 71 IV 86 i.f.). Dieser wird jedoch durch die Verbindung jener
Absicht mit der dem Gewerbebetrieb eigenen Bereitschaft des Täters,
gegenüber unbestimmt vielen oder bei jeder sich bietenden Gelegenheit
zu handeln, geschaffen. Hierin liegt denn auch der eigentliche Grund der
verschärften Strafe (BGE 86 IV 11 mit Verweisungen).

Erwägung 3

    3.- Im vorliegenden Fall hat die Vorinstanz den Begriff der
Gewerbsmässigkeit keineswegs verkannt, wenn sie annahm, mit dem
betrügerischen Erwerb von Waren habe sich der zur Ausnützung jeder
passenden Gelegenheit bereite Beschwerdeführer die Auslagen in Höhe des
Ankaufspreises jener Güter erspart und damit im Sinne der vorgenannten
Definition ein Erwerbseinkommen verschafft. Vielmehr entspricht ihr
Entscheid den erwähnten Grundsätzen und verletzt deshalb Bundesrecht nicht.

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.