Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 110 IV 112



110 IV 112

34. Auszug aus dem Urteil der Anklagekammer vom 14. Dezember 1984
i.S. Firma X gegen Bundesamt für Aussenwirtschaft Regeste

    Art. 28 Abs. 3 VStrR; Fristwiederherstellung.

    Die Wiederherstellung der eine Beschwerde an die Anklagekammer
betreffenden Frist des Art. 28 VStrR kann nur durch das Bundesgericht
erfolgen.

Sachverhalt

    A.- Mit Verfügung vom 12. November 1984 teilte das Bundesamt für
Aussenwirtschaft (BAWI) der Firma X mit, dass gewisse beschlagnahmte Waren
aufgrund von Art. 47 Abs. 3 VStrR öffentlich versteigert oder freihändig
verkauft würden, weil die Lagerkosten bereits auf über Fr. 50'000.--
angestiegen seien. Am 16. November 1984 reichte die betroffene Firma
beim Direktor des BAWI gegen diese Verfügung eine Beschwerde gemäss
Art. 26 VStrR ein, wobei sie um Fristerstreckung zur Einreichung der
Begründung nachsuchte. Mit Verfügung vom 20. November 1984 entsprach der
Direktor des BAWI dem Gesuch im Sinne einer Wiederherstellung der Frist,
und am 26. November 1984 reichte die Firma X eine ausführlicher begründete
Beschwerde ein.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Im vorliegenden Fall stellt sich vorerst die Frage nach der
Rechtzeitigkeit der Beschwerde. Diese liegt in zwei Eingaben vor. Eine
erste als Beschwerde bezeichnete Rechtsschrift vom 16. November 1984 ist
innert der Frist des Art. 28 VStrR eingereicht worden, und sie enthält
einen Antrag und eine knappe Begründung, indem darin namentlich die
materiellen und/oder formellen Voraussetzungen für einen Verkauf der
beschlagnahmten Waren bestritten werden. Eine zweite Rechtsschrift
mit eingehenderer Begründung datiert vom 26. November 1984. Sie wurde
innert einer vom BAWI mit Verfügung vom 20. November 1984 "über die
Wiederherstellung der Frist" gewährten neuen dreitägigen Frist eingereicht.

    Bezüglich der zweiten Eingabe ist vorweg darauf hinzuweisen, dass
eine Wiederherstellung im Sinne des Art. 31 VStrR in Verbindung mit
Art. 24 VwVG nur denkbar ist, wenn eine Frist versäumt wurde. Das traf
hier nicht zu, hatte doch die Beschwerdeführerin innert der dreitägigen
Beschwerdefrist gehandelt. Des weiteren hätte nicht eine neue Frist
angesetzt werden dürfen, nachdem das Gesetz selber vorschreibt, dass
binnen 10 Tagen nach Wegfall des Hindernisses das Wiederherstellungsgesuch
einzureichen und die versäumte Rechtshandlung nachzuholen ist. Das Vorgehen
des BAWI läuft im Ergebnis auf eine Fristerstreckung hinaus, die aber
bei gesetzlichen Fristen - und um eine solche handelt es sich bei der
Beschwerdefrist des Art. 28 VStrR - nach Art. 31 VStrR in Verbindung mit
Art. 22 Abs. 1 VwVG ausgeschlossen ist. Schliesslich ist festzustellen,
dass eine Wiederherstellung der die Beschwerde an die Anklagekammer
betreffenden Frist des Art. 28 VStrR allein durch das Bundesgericht
erfolgen kann. Wenn Art. 26 Abs. 2 lit. b VStrR vorschreibt, es sei die
Beschwerde "in den übrigen Fällen" (d.h. in den Fällen, in welchen die
Beschwerde nicht gegen eine kantonale Gerichtsbehörde oder gegen den
Vorsteher der beteiligten Verwaltung gerichtet ist) beim Direktor oder
Chef der beteiligten Verwaltung "einzureichen", so bedeutet das nicht,
dass dieser insoweit Beschwerdeinstanz sei, sondern bloss, dass ihm
gemäss Art. 26 Abs. 3 VStrR die Möglichkeit gegeben ist, die Verfügung
seiner Verwaltung in Wiedererwägung zu ziehen und damit die Beschwerde
hinfällig werden zu lassen. Tut er dies aber - wie in casu - nicht, ist
die Beschwerde zur Beurteilung an die Anklagekammer weiterzuleiten, und
es steht einzig dieser zu, über ein Wiederherstellungsgesuch zu befinden.