Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 110 II 505



110 II 505

95. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 3. Dezember 1984 i.S.
W.-AG gegen L. und Mitbeteiligte (Berufung) Regeste

    Berufung gegen einen Zwischenentscheid (Art. 50 Abs. 1 OG).

    Schadenersatzklage; Zwischenentscheid über die grundsätzliche Haftung
und ein allfälliges Selbstverschulden des Klägers. Unzulässigkeit der
Berufung, soweit der Berufungsantrag die weiteren quantitativen Abklärungen
voraussetzt (E. 1b) oder nur zu einem Teilurteil führen würde (E. 1c).

Sachverhalt

    A.- Der 17jährige Skifahrer L. stürzte bei der Mittelstation einer
Luftseilbahn in eine Vertiefung und zog sich dabei schwere Verletzungen
zu. Er (Kläger 1) erhob zusammen mit seinem Vater (Kläger 2) und
der Krankenkasse (Klägerin 3) beim Appellationshof des Kantons Bern
Schadenersatzklage gegen die Luftseilbahn-Gesellschaft. Der Appellationshof
beschränkte das Verfahren vorerst auf die grundsätzliche Haftung der
Beklagten und auf ein allfälliges Selbstverschulden des Klägers 1. In
einem Zwischenentscheid bejahte er die Haftung (Dispositiv 1), stellte
sodann fest, den Verunfallten treffe ein Selbstverschulden, das indes den
Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten der Beklagten und dem Schaden
nicht unterbreche (Dispositiv 2), und bejahte ausserdem "zur Zeit" die
Aktivlegitimation der Kläger 2 und 3 (Dispositiv 3).

    Die Beklagte hat gegen den Zwischenentscheid Berufung erhoben mit
dem Antrag, die Klage abzuweisen. Die Kläger haben sich der Berufung mit
dem Antrag angeschlossen, es sei festzustellen, dass den Verunfallten kein
Selbstverschulden treffe, welches die Haftung der Beklagten herabsetze. Das
Bundesgericht tritt auf die Anschlussberufung nicht ein, ebensowenig auf
die Berufung, soweit diese sich gegen die Bejahung der Aktivlegitimation
der Kläger 2 und 3 wendet.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Der vorliegende Zwischenentscheid kann nur soweit mit Berufung
angefochten werden, als dadurch sofort ein Endentscheid herbeigeführt
und ein so bedeutender Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges
Beweisverfahren erspart werden kann, dass die gesonderte Anrufung des
Bundesgerichts gerechtfertigt erscheint (Art. 50 Abs. 1 OG).

    a) Falls die Berufung der Beklagten gegen die Bejahung ihrer
Haftung (Dispositiv 1) begründet ist, wird die Klage abzuweisen
und ein Beweisverfahren über die finanziellen Unfallfolgen unnötig
sein. Diesbezüglich sind die genannten Voraussetzungen daher ohne weiteres
gegeben.

    b) Gleich verhält es sich mit der Berufung der Beklagten
gegen die Verneinung eines den Kausalzusammenhang unterbrechenden
Selbstverschuldens des Klägers 1 (Dispositiv 2). Dringt sie damit durch,
führt das ebenfalls zur Abweisung der Klage. Demgegenüber wollen die
Kläger mit ihrer Anschlussberufung feststellen lassen, dass den Kläger
1 kein haftungsreduzierendes Selbstverschulden trifft. Ein Erfolg
dieses Berufungsantrags würde aber nicht zu einem Endentscheid führen,
sondern die weiteren quantitativen Abklärungen voraussetzen. Auf die
Anschlussberufung ist daher nicht einzutreten (BGE 101 II 175). Den Klägern
ist demnach unbenommen, mit einer Berufung gegen den Endentscheid des
Appellationshofes die Herabsetzung wegen Selbstverschuldens zu bestreiten;
eine solche wird zudem - wie die Kläger anerkennen - im angefochtenen
Urteil erst unverbindlich in Aussicht gestellt.

    c) Schliesslich wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung
auch gegen die Bejahung der Aktivlegitimation der Kläger 2 und 3
(Dispositiv 3). Diesem Antrag kommt nur Bedeutung zu, wenn die übrigen
Berufungsbegehren der Beklagten nicht durchdringen. Ist dagegen mit der
Vorinstanz grundsätzlich die Ersatzpflicht der Beklagten zu bejahen,
so könnte eine Verneinung der Aktivlegitimation der Kläger 2 und 3 nur
zu einem Teilurteil ihnen gegenüber führen. Teilurteile, die sich nur auf
eines von mehreren Klagebegehren oder auf einen von mehreren Streitgenossen
beziehen, unterliegen aber in der Regel nicht der Berufung; das muss erst
recht gelten, wo es sich nur um einen Zwischenentscheid handelt (BGE 107
II 352 E. 2 mit Hinweisen). Dass prozessökonomische Gründe vorliegend
im Sinn dieser Rechtsprechung eine Ausnahme rechtfertigen könnten, macht
die Beklagte zu Recht nicht geltend und ist auch nicht ersichtlich, zumal
der Appellationshof die Aktivlegitimation der beiden Kläger ausdrücklich
nur "zur Zeit" bejaht und nähere Prüfung in Verbindung mit den geltend
gemachten Schadenspositionen vorbehält. Insoweit ist daher auf die Berufung
nicht einzutreten.