Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 110 II 433



110 II 433

83. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 12. November 1984 i.S.
L. gegen Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt (Berufung) Regeste

    Namensänderung (Art. 30 ZGB).

    Lebt ein Kind geschiedener Eltern bei seiner Mutter, die nach der
Scheidung wieder ihren Mädchennamen angenommen hat, so ist es nicht
bundesrechtswidrig, die Namensänderung des Kindes erst zwei Jahre nach
der Scheidung zu bewilligen.

Sachverhalt

    A.- Am 16. März 1984 wurde die Ehe von Y. und R. L.-N.  geschieden. Der
aus der Ehe hervorgegangene Sohn E., geboren am 12. November 1981, wurde
seiner Mutter zur Pflege und Erziehung zugesprochen. Diese nahm nach der
Scheidung wieder ihren Mädchennamen N. an.

    Am 21. Juni 1984 stellte R. N. im Namen ihres Sohnes das Gesuch,
diesem sei zu gestatten, ihren Familiennamen N. zu führen. Der Vater des
Kindes stimmte der Namensänderung schriftlich zu. Das Justizdepartement
des Kantons Basel-Stadt wies das Namensänderungsgesuch mit Entscheid vom
21. August 1984 ab.

    Dagegen erhebt E. L., gesetzlich vertreten durch seine Mutter, Berufung
an das Bundesgericht mit dem Antrag, der vorinstanzliche Entscheid sei
aufzuheben und es sei ihm die Bewilligung zu erteilen, den Familiennamen
seiner Mutter zu führen.

    Das Bundesgericht weist die Berufung ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Dem Berufungskläger ist beizupflichten, dass das Argument, er wäre
gesellschaftlichen Diffamierungen ausgesetzt, wenn er den Namen seiner
Mutter tragen würde, nicht stichhaltig ist. In der näheren Umgebung der
geschiedenen Mutter sind deren Lebensumstände bekannt. In der weiteren
Öffentlichkeit hingegen lässt sich nicht mit Sicherheit erkennen, ob
die Namenseinheit der alleinerziehenden Mutter mit ihrem Kind sich auf
eine durch den Tod des andern Ehegatten oder durch Scheidung aufgelöste
Ehe stützt oder in der Geburt des Kindes ausserhalb der Ehe begründet
ist. Indessen sind in diesem Zusammenhang auch die Interessen des Vaters,
dessen Namen der Gesuchsteller trägt, zu berücksichtigen (BGE 99 Ia 563
f.), wobei allerdings dem Umstand, dass im vorliegenden Fall der Vater
des Kindes der Namensänderung schriftlich zugestimmt hat, Rechnung zu
tragen ist. Anderseits ist auch dem in der Berufungsschrift vorgebrachten
Argument Beachtung zu schenken, dass die Mutter des Berufungsklägers im
Hinblick auf die sehr kurze Dauer und den unglücklichen Verlauf ihrer Ehe
ein Interesse daran hatte, nach der Scheidung wieder ihren angestammten
Namen anzunehmen, um nicht immer wieder an ihren geschiedenen Ehemann
erinnert zu werden. Dazu kommt, dass die Mutter als am vorliegenden
Verfahren nicht unmittelbar beteiligte Drittperson zu betrachten ist,
deren Verhalten sich der Berufungskläger nicht ohne weiteres anrechnen
lassen muss (BGE 109 II 179).

    Die Vorinstanz hat indessen das Gesuch des Berufungsklägers im
wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, eine Namensänderung könne
nur bewilligt werden, wenn die gegebenen Verhältnisse von Dauer seien,
d.h. die Hausgemeinschaft zwischen Mutter und Kind aller Voraussicht
nach bestehen bleibe und keine Namensänderung der Mutter infolge von
Wiederverheiratung zu erwarten sei. Nach baselstädtischer Praxis werde
eine Namensänderung des Kindes frühestens zwei Jahre nach der Scheidung
bewilligt. Die Eltern des Berufungsklägers seien jedoch erst vor fünf
Monaten geschieden worden. Seine Mutter sei erst 21 Jahre alt, weshalb
ihre Wiederverheiratung nach einer gewissen Zeit nicht auszuschliessen
sei. Demgegenüber wendet der Berufungskläger ein, seine Mutter habe nicht
die Absicht, sich wieder zu verheiraten. Es sei kein Grund ersichtlich,
an der Ernsthaftigkeit dieser Erklärung zu zweifeln. Indessen entspricht es
der allgemeinen Lebenserfahrung, dass eine Frau, die in sehr jugendlichem
Alter geschieden wird, sich später wieder verheiratet. Auf jeden Fall
kann diese Möglichkeit nicht zum vornherein ausgeschlossen werden. Eine
allfällige Wiederverheiratung der Mutter hätte zur Folge, dass diese
wiederum einen andern Namen als ihr Kind tragen würde. Die Vorinstanz hat
aus diesem Grunde die Namensänderung unmittelbar nach der Auflösung der
Ehe der Eltern des Berufungsklägers noch nicht gestatten wollen. Dies
entspricht auch der Praxis in anderen Kantonen, welche ebenfalls die
Bewilligung einer Namensänderung davon abhängig machen, dass mindestens
seit zwei Jahren die gleichen Verhältnisse gegeben sind (PAUL MÜLLER,
Die Namensänderung nach Art. 30 ZGB, Diss. Zürich 1972, S. 68; MANGOLD,
Familiennamensänderungen im Kanton Basel-Stadt unter Berücksichtigung
von Fällen aus dem Bereiche des IPR, Diss. Basel-Stadt 1981, S. 110).

    Dass dem Gesichtspunkt der Dauerhaftigkeit eine gewisse Bedeutung
beizumessen ist, kann nicht von der Hand gewiesen werden. Zwar
lassen sich auch mit einem Zuwarten eine mehr oder weniger plötzliche
Wiederverheiratung der Mutter und damit ein weiterer Namensunterschied
zwischen Mutter und Kind nicht einfach ausschliessen. Ein gewisser Abstand
von der in der Regel als schmerzlich empfundenen Scheidung einer Ehe vermag
jedoch wenigstens zu einer Klärung der künftigen Lebensverhältnisse der
geschiedenen Mutter zu führen. Dannzumal wird auch die Dauerhaftigkeit der
auf seiten des Kindes vorzunehmenden Namensänderung besser beurteilt werden
können, selbst wenn die Zukunftsprognose nicht mit absoluter Sicherheit
gestellt werden kann. Wird mit der Namensänderung für das Kind zwei
Jahre, nachdem die Mutter ihren angestammten Namen nach der Scheidung
wieder angenommen hat, zugewartet, so ist darin aus den angeführten
Gründen keine Bundesrechtsverletzung zu erblicken. Diese Wartefrist kann
vielmehr in der Regel einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Bedürfnis
nach baldmöglichster Herstellung der Namenseinheit zwischen Mutter
und Kind einerseits und dem Interesse des Kindes an einer dauerhaften
Lösung anderseits gewährleisten. Dabei sind allerdings unmittelbar
bevorstehende Veränderungen in den Lebensverhältnissen des Kindes wie
z.B. ein Schuleintritt vorzubehalten. Aber gerade dies ist hier nicht der
Fall, da der Berufungskläger erst dreijährig ist und die Namensänderung
auch nach einer zweijährigen Wartefrist seit der Scheidung seiner Eltern
noch vor seinem Schuleintritt vollzogen werden kann. Die Berufung erweist
sich daher als unbegründet.