Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 110 II 401



110 II 401

78. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 13. Juli 1984 i.S.
Fundaziun Pro Gonda gegen Eidgenössisches Amt für das Handelsregister
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Handelsregistereinträge in rätoromanischer Sprache.

    Gemäss Art. 7 Abs. 1 der Verordnung über das Handelsregister sind
Eintragungen in rätoromanischer Sprache unzulässig.

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Die am 12. Juli 1983 gegründete Fundaziun Pro Gonda wurde
vom Handelsregister des Kantons Graubünden am 11. November 1983 in
romanischer Sprache ins Tagebuch eingetragen. Das Eidgenössische Amt für
das Handelsregister verweigerte mit Verfügung vom 15. Februar 1984 die
Genehmigung, da Eintragungen in anderen als den Amtssprachen des Bundes
unzulässig seien.

    Die Fundaziun Pro Gonda führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit
dem Antrag, die Verfügung des Eidgenössischen Handelsregisteramtes sei
aufzuheben und dieses anzuweisen, die in romanischer Sprache erfolgte
Eintragung zu genehmigen und deren Bekanntmachung anzuordnen. Sie ersucht
ferner um Erlass der Gerichtskosten.

    Das Eidgenössische Amt für das Handelsregister begehrt Abweisung
der Beschwerde.

Erwägung 2

    2.- Gemäss Art. 7 Abs. 1 der Verordnung über das Handelsregister
vom 7. Juni 1937 (HRegV) werden die Eintragungen in das Register in der
Landessprache abgefasst, die am Sitz des Amtes als Amtssprache gilt. Weil
es sich um eine eidgenössische Vorschrift handelt, bestimmt unabhängig
davon, ob sie von den Bundes- oder kantonalen Behörden angewendet wird,
nicht kantonales Recht, sondern Bundesrecht ihren Inhalt. Es ist deshalb
entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin unerheblich, dass die
Kantonsverfassung Graubündens das Rätoromanische als Amtssprache anerkennt.

    Gemäss Art. 116 BV ist das Rätoromanische zwar National-, nicht
aber Amtssprache. Mit der Anerkennung des Rätoromanischen als National-
oder Landessprache anlässlich der Revision von 1938 wurde nach den
Ausführungen in der Botschaft des Bundesrates im Bereich der Amtssprachen
am früheren rechtlichen und tatsächlichen Zustand nichts geändert
(BBl 1937 II 24 und 27). Die Botschaft weist besonders darauf hin,
dass Bestimmungen in bestehenden Gesetzen, Verordnungen und Reglementen,
wo von den Nationalsprachen die Rede sei, inskünftig dem neuen Begriff
der Amtssprachen zu unterstellen und in diesem Sinne auszulegen
und anzuwenden seien (BBl 1939 II 24). Diese Auffassung ist in den
eidgenössischen Räten ausdrücklich bestätigt worden und unwidersprochen
geblieben (Sten.Bull. 1937 NR S. 711 ff., SR S. 483 ff.). Die von der
Beschwerdeführerin angerufenen Zitate aus der bundesrätlichen Botschaft
vermögen nichts daran zu ändern. Sie betreffen nicht das Rätoromanische
als Amtssprache, wie die Beschwerdeführerin zu unterstellen versucht,
sondern ausnahmslos "die Erfüllung der gestellten Nebenbegehren" (BBl 1937
II 27), wie zum Beispiel die Übersetzung der bedeutendsten Bundesgesetze
in eine der rätoromanischen Schriftsprachen sowie die Entgegennahme von
Schriftstücken in rätoromanischer Sprache. Es bestand Einigkeit darüber,
dass das Rätoromanische nicht Amtssprache des Bundes werden sollte (BBl
1937 II 27). Das war im übrigen auch gar nie verlangt worden (BBl 1937
II 2 und 12). Auf dieser Grundlage beurteilt hat das Eidgenössische
Handelsregisteramt demnach mit der Verweigerung des Eintrags kein
Bundesrecht verletzt.

Erwägung 3

    3.- Trifft, wie dargelegt, die Bundesverfassung selbst für das
Rätoromanische eine nach National- und Amtssprache unterschiedliche
Ordnung, so kann weder die von der Beschwerdeführerin angerufene
Sprachenfreiheit, noch das Sprachgebietsprinzip, noch die Garantie des
Rätoromanischen als Nationalsprache verletzt sein.