Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 110 II 122



110 II 122

24. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 20. August 1984
i.S. W. gegen Psychiatrische Gerichtskommission des Kantons Zürich
(Berufung) Regeste

    Fürsorgerische Freiheitsentziehung.

    1. Art. 397e Ziff. 5 ZGB, wonach bei psychisch Kranken nur unter
Beizug von Sachverständigen entschieden werden darf, verlangt nicht den
Beizug von Sachverständigen als Gutachter. Es genügt für die Einhaltung
dieser Vorschrift, wenn Sachverständige der entscheidenden Instanz als
Mitglieder angehören (E. 3).

    2. Im Falle eines psychisch Kranken ist der in Art. 397f Abs. 3
ZGB vorgeschriebenen mündlichen Anhörung Genüge getan, wenn der als
Sachverständiger mitwirkende ärztliche Referent die Einvernahme in der
Klinik vornimmt (E. 4).

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- In der Berufung wird geltend gemacht, Art. 397e Ziff. 5 ZGB sei
verletzt worden, indem entgegen dieser Vorschrift ohne den Beizug von
Sachverständigen entschieden worden sei; unter einem Sachverständigen
könne nur ein aussenstehender Fachmann verstanden werden, nicht aber der
ärztliche Referent oder Korreferent der Vorinstanz, deren gutachterliche
Meinungsäusserungen dem Vertreter des Berufungsklägers im übrigen auch
unzugänglich geblieben seien.

    Entgegen der in der Berufung vertretenen Auffassung schreibt Art. 397e
Ziff. 5 ZGB nicht zwingend den Beizug von Sachverständigen als Gutachter
durch die entscheidende Instanz vor, sondern es genügt für die Einhaltung
dieser Vorschrift, wenn Sachverständige der entscheidenden Instanz als
Mitglieder angehören. Dies sah bereits die bundesrätliche Botschaft vom
17. August 1977 so vor (BBl 1977, Bd. III, S. 36 oben). Der Sinn der
gesetzlichen Anordnung besteht darin, dass bei psychisch Kranken nicht
ohne den Rat und das Fachwissen psychiatrisch geschulter Ärzte entschieden
werden soll. Das ist bei der Mitwirkung solcher Ärzte als Mitglieder der
gerichtlichen Instanz in optimaler Weise der Fall. Aus dem angefochtenen
Entscheid geht auch hervor, zu welcher Auffassung der ärztliche Referent
aufgrund seiner Untersuchungen gelangt ist. Das Bundesgericht verfügt
damit als Berufungsinstanz über eine genügende Urteilsgrundlage. Entgegen
den Ausführungen in der Berufung benötigt es für seinen Entscheid nicht
weitergehende gutachterliche Meinungsäusserungen der mitwirkenden Ärzte,
da es im Rahmen des Berufungsverfahrens die Beweiswürdigung ohnehin nicht
überprüfen kann. Was im übrigen die Frage anbetrifft, ob den Parteien
Gelegenheit zur Stellungnahme zu den gutachterlichen Äusserungen der
mitwirkenden Ärzte zu geben sei, wie in der Berufung geltend gemacht wird,
handelt es sich dabei um eine Frage des Anspruchs auf das rechtliche Gehör,
dessen Verletzung nur mit staatsrechtlicher Beschwerde gerügt werden kann.

    Auch auf die in der Berufung enthaltene Kritik an der Beurteilung
medizinischer Fragen durch die sachverständigen Mitglieder der Vorinstanz
ist nicht näher einzugehen, da es sich dabei um Fragen der Beweiswürdigung
handelt, die ebenfalls nur im Rahmen einer staatsrechtlichen Beschwerde,
und zwar unter dem Gesichtspunkt der Willkür, aufgeworfen werden können.

Erwägung 4

    4.- Heikler ist die in der Berufung nur kurz gestreifte Frage, ob
die in Art. 397f Abs. 3 ZGB vorgeschriebene mündliche Anhörung durch den
Referenten allein erfolgen konnte. Der bundesrätlichen Botschaft lässt
sich diesbezüglich nichts entnehmen. Im Falle eines psychisch Kranken
wie hier ist dem Grundsatz der mündlichen Anhörung jedoch Genüge getan,
wenn der ärztliche Referent die Einvernahme in der Klinik vornimmt. Das
Verfahren, das nach Art. 397f Abs. 1 ZGB einfach und rasch sein soll,
würde dadurch kompliziert, dass zusätzlich zu dieser Befragung durch
den fachkundigen Referenten noch die mündliche Anhörung durch das ganze
Gericht verlangt würde. Das Erfordernis des Art. 397f Abs. 3 ZGB ist
daher jedenfalls im vorliegenden Fall als erfüllt zu betrachten.