Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 110 III 30



110 III 30

9. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 2.
Februar 1984 i.S. K. (Rekurs) Regeste

    Publikation einer Grundstücksteigerung.

    Die in Art. 138 SchKG vorgeschriebene öffentliche Bekanntmachung einer
Grundstücksteigerung soll eine möglichst grosse Anzahl Interessierter
erreichen. Eine Publikation, die diesen Zweck nicht erfüllt, ist
gesetzwidrig.

Sachverhalt

    A.- Im Konkurs über K. beschloss die 2. Gläubigerversammlung vom
11. November 1983, auf eine Publikation der Versteigerung der beiden zur
Konkursmasse gehörenden Eigentumswohnungen in Samedan im Bündner Tagblatt
und in der Bündner Zeitung zu verzichten. Mit Entscheid vom 9. Januar 1984
hiess die kantonale Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs des
Kantons St. Gallen eine Beschwerde der Schulgemeinde N. gut und hob den
Beschluss der 2. Gläubigerversammlung auf. K. ficht diesen Entscheid mit
Rekurs bei der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts
an. Er beantragt sinngemäss die Bestätigung des Beschlusses der 2.
Gläubigerversammlung.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Der Rekurrent macht sinngemäss geltend, die 2.
Gläubigerversammlung sei allein für die Durchführung des Konkurses
verantwortlich (Art. 253 Abs. 2 SchKG). Die Aufsichtsbehörde dürfe
deshalb die Angemessenheit deren Entscheide nicht überprüfen. Das
trifft zu; indessen können die Beschlüsse der 2. Gläubigerversammlung
wegen Gesetzesverletzung, worunter auch Ermessensmissbrauch und
Ermessensüberschreitung fallen, angefochten werden (BGE 101 III 54, 87 III
113, 86 III 103 mit Verweisen). Die Aufsichtsbehörde hat diese Rechtslage
nicht verkannt. Sie hat im Beschluss der 2. Gläubigerversammlung eine
Verletzung der Art. 259 und 134 SchKG gesehen, weil dieser Beschluss der
Konkursverwaltung verwehre, die Versteigerung der beiden Eigentumswohnungen
in Samedan ausgerechnet in den beiden auflagestärksten und den gesamten
bündnerischen Raum abdeckenden Zeitungen zu publizieren.

    Es kann dahingestellt bleiben, ob Art. 134 SchKG, der bestimmt, dass
die Steigerungsbedingungen "in ortsüblicher Weise aufzustellen und so
einzurichten sind, dass sich ein möglichst günstiges Ergebnis erwarten
lässt", auch die Art der Publikation regelt. Es genügt, festzustellen,
dass Art. 138 SchKG die Publikation der Steigerung vorschreibt und es
nicht dem Betreibungsbeamten überlässt, welche Art der Bekanntmachung
er für gut hält, wie dies für die Verwertung von beweglichen Sachen und
Forderungen gemäss Art. 125 SchKG gilt. Selbst bei dieser Bekanntmachung
ist der Betreibungsbeamte indessen nicht völlig frei, sondern muss sich
von deren Zweck leiten lassen; d.h. er muss die Art der Bekanntmachung
wählen, mit welcher eine möglichst grosse Zahl interessierte Personen
angesprochen werden kann (vgl. dazu das in BGE 54 III 78 veröffentlichte
Kreisschreiben Nr. 2 des Bundesgerichts vom 7. November 1912). Um so
mehr gilt das für Verwertung von Liegenschaften: die vorgeschriebene
öffentliche Bekanntmachung der Steigerung muss einen möglichst grossen
Kreis Interessierter erreichen. Eine Publikation im kantonalen Amtsblatt
gemäss Art. 35 SchKG ist dabei ebenso unabdingbar (vgl. AMONN,
Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 3. Aufl. S. 236,
Nr. 14) wie die in Art. 139 SchKG vorgesehenen Spezialanzeigen. Die
Vorinstanz hat zu Recht festgehalten, dass eine Publikation, welche
nicht geeignet ist, eine möglichst grosse Zahl von Kaufsinteressenten an
den Steigerungsort anzuziehen, zweckwidrig und damit auch gesetzwidrig
ist. Eine solche unzweckmässige Publikation verträgt sich auch nicht
mit dem Ziel des Konkurses und kommt einem Missbrauch der in Art. 253
Abs. 2 SchKG der 2. Gläubigerversammlung eingeräumten Befugnisse gleich
(vgl. BGE 87 III 113). Ein Ermessensmissbrauch liegt auch darin, dass
die 2. Gläubigerversammlung Umstände berücksichtigt hat, die nach
dem Sinn des Gesetzes keine Rolle spielen dürfen. Die Erwägung, dass
eine Publikation in den beiden auflagestärksten Bündner Zeitungen dem
Gemeinschuldner schaden könnte, durfte daher für ihren Entscheid nicht
massgebend sein. Es liegt in der Natur der Zwangsvollstreckung, dass
diese für den Schuldner Nachteile bringt. Das Gesetz schützt ihn nicht
davor. Gesetzlich geschützt ist er nur, wenn seine Persönlichkeitsrechte
auf dem Spiele stehen. Das wäre namentlich der Fall, wenn krass in den
Notbedarf des Schuldners eingegriffen und er dadurch in eine unhaltbare
Lage versetzt würde (Art. 92 und 93 SchKG; BGE 108 III 63 E. 3, 105 III
49, 97 III 11 mit Verweisungen; AMONN, aaO S. 174, Nr. 9; JOOS, Handbuch
für die Betreibungsbeamten der Schweiz, S. 134 f.).

    Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Rekurrent eine
Bundesrechtsverletzung nicht darzutun vermag. Der Rekurs ist deshalb als
unbegründet abzuweisen.