Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 110 IB 43



110 Ib 43

8. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen
Abteilung vom 21. März 1984 i.S. Buob gegen Kanton St. Gallen und
Eidg. Schätzungskommission, Kreis 11 (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste

    Immissionen aus dem Betrieb einer Nationalstrasse.

    Keine Anwendung der Regeln über die Teilenteignung, wenn die von der
Nationalstrasse ausgehenden Immissionen nicht hätten ferngehalten werden
können, falls das für den Strassenbau teilweise beanspruchte Grundstück
in seiner ursprünglichen Form erhalten geblieben wäre (E. 2).

    Die negativen Auswirkungen einer Projektierungszone sind werkbedingt
und müssen bei der Entschädigungsfestsetzung unberücksichtigt bleiben,
sofern die Beschränkung des Grundeigentums durch die Planungsmassnahme
nicht auf eine materielle Enteignung hinausläuft und aus diesem
Grunde eine separate Entschädigung bezahlt worden oder zu bezahlen
ist (E. 3). Vorhersehbarkeit der Immissionen aus Schienen- und
Strassenverkehr. Kritik an der bundesgerichtlichen Praxis; Bestätigung
der Rechtsprechung (E. 4, 5).

Sachverhalt

    A.- Armin Dudler räumte am 28. Januar 1961 als Eigentümer der Parzelle
Nr. 202 in Rorschacherberg (SG) Wilhelm Buob zwei Kaufsrechte auf diese
Liegenschaft ein, das erste für den nördlichen, in den Quartierplan Burg
einbezogenen Teil, das zweite für die gesamte südliche Restfläche. Von
diesem südlichen Teil lagen damals etwa 1400 m2 in der Wohnzone W 2;
ungefähr 2000 m2 waren der Zone für öffentliche Zwecke zugewiesen oder
waren Wald, während auf 5457 m2 eine kantonalrechtliche Bausperre zur
Freihaltung des Strassenraumes für die Autobahn St. Gallen - St. Margrethen
lastete, die vom kantonalen Baudepartement am 22. Juni 1956 für eine
Dauer von fünf Jahren erlassen worden war. In beiden Kaufsrechtverträgen
wird ausdrücklich festgehalten, der Käufer sei darüber orientiert,
dass sich ein Teil des Kaufsobjektes im Gebiet der "Bausperre Autobahn"
befinde. Unmittelbar nach Vertragsabschluss übte Buob das Kaufsrecht für
den nördlichen Teil der Parzelle aus, überbaute ihn mit Einfamilienhäusern
und veräusserte ihn parzellenweise.

    Nach dem Dahinfallen der kantonalrechtlichen Bausperre wurde
das Strassenprojekt am 13. Dezember 1963 durch Festlegung einer
Projektierungszone nach Art. 14 des Bundesgesetzes über die Nationalstrasse
(NSG) gesichert. Am 22. Oktober 1963 machte Buob vom zweiten Kaufsrecht
Gebrauch und erwarb das Restgrundstück.

    Das Ausführungsprojekt für die Nationalstrasse N 1, Teilstrecke
Meggenhus-Buriet, wurde vom Eidgenössischen Departement des Innern
am 12. August 1968 genehmigt. Nach den Werkplänen war von der Parzelle
Nr. 202 eine Fläche von 892 m2 entlang der Südgrenze an den Strassenbau
abzutreten. Für diesen Boden erhielt Buob im Landumlegungsverfahren,
das für den Erwerb des Nationalstrassen-Terrains eingeleitet worden war,
das Baugrundstück Nr. 1217 "im Vogelherd" gegen eine Aufzahlung von
Fr. 4'140.70 neu zugeteilt.

    Am 27. Mai 1968 wies die Gemeinde Rorschacherberg den nach Wegfall der
Projektierungszone freigewordenen Boden nördlich der Nationalstrasse den
angrenzenden Bauzonen zu; damit fiel ein grosser Teil der Parzelle Nr. 202
in die Wohnzone W 2. Die Nationalstrasse N 1 wurde auf dem fraglichen
Abschnitt am 11. Dezember 1973 in Betrieb genommen. Im Juni 1977 legte
die Gemeinde Rorschacherberg einen neu überarbeiteten Zonenplan auf,
nach welchem ein grösseres Gebiet längs der Nationalstrasse, so auch die
Parzelle Nr. 202, wieder ausgezont und der Landwirtschaftszone zugeteilt
werden sollte. Die von Buob gegen die Auszonung erhobene Einsprache wurde
vom Gemeinderat abgewiesen. Zur Begründung führte der Gemeinderat an,
rein vom Erschliessungsgrad und von der Lage des Grundstücks her gesehen
liesse sich dessen Einzonung ohne weiteres rechtfertigen, doch sei die
Parzelle sehr stark dem von der Nationalstrasse ausgehenden Lärm ausgesetzt
und könne eine Überbauung aus diesem Grunde nicht verantwortet werden.

    Buob legte gegen den Entscheid des Gemeinderates beim Regierungsrat
Rekurs ein, welcher noch hängig ist.

    Auf Begehren Buobs ersuchte der Kanton St. Gallen im September
1977 den Präsidenten der Eidgenössischen Schätzungskommission, Kreis
11, um Eröffnung eines Enteignungsverfahrens, um dem Grundeigentümer
die Anmeldung seiner Forderungen zu ermöglichen. Nach Einleitung des
abgekürzten Verfahrens stellte Buob mit Eingabe vom 16. November 1977 ein
Realersatzbegehren und subsidiär ein Entschädigungsbegehren von insgesamt
Fr. 410'962.- bzw. von Fr. 380'970.- für den Fall, dass eine Lärmschutzwand
erstellt werden sollte. Die Schätzungskommission wies die Forderungen des
Enteigneten ab. Das Bundesgericht bestätigt diesen Entscheid aus folgenden

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Die Einleitung eines Enteignungsverfahrens gemäss Art. 23 der
Verordnung über die Nationalstrassen kann nicht verlangt werden, um das
Ergebnis der nationalstrassenbedingten Landumlegung erneut in Frage zu
stellen; Zweck des Verfahrens ist vielmehr, Probleme enteignungsrechtlicher
Natur zu lösen, die sich aus dem Bau oder Betrieb der Nationalstrasse
ergeben und für die das kantonale Landumlegungsrecht aus formellen oder
materiellen Gründen keine Lösung bietet (BGE 97 I 711; 105 Ib 16, 104 Ib
83 E. 1c, 99 Ia 499).

    Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer für
den an die Nationalstrasse abgetretenen Boden im Landumlegungsverfahren
vollen Realersatz erhielt. Ob er aus der Umlegung gar einen Vorteil
zog, wie die Schätzungskommission bemerkt, kann nach den folgenden
Erwägungen offen bleiben. Zu untersuchen ist hier die Frage, ob dem
Beschwerdeführer für die von der Nationalstrasse ausgehenden Immissionen,
welche im Rahmen des Umlegungsverfahrens nicht berücksichtigt worden sind,
eine Entschädigung geschuldet sei.

Erwägung 2

    2.- Der Beschwerdeführer macht mit Hinweis auf BGE 104 Ib 80
ff. zunächst geltend, der durch die Lärmeinwirkung entstandene Schaden
sei nach den Regeln über die Teilenteignung (Art. 19 lit. b EntG)
zu vergüten, da die Autobahn und die von ihr ausgehenden Einwirkungen
hätten ferngehalten werden können, wenn die Parzelle Nr. 202 in ihrer
ursprünglichen Gestalt erhalten geblieben wäre. Diese Behauptung ist
von der Schätzungskommission als unzutreffend bezeichnet worden. Zu
Recht. Die für den Nationalstrassenbau beanspruchte Fläche - ein Dreieck
mit einer Tiefe von höchstens 15 m - vermochte den noch überbaubaren Teil
der Parzelle Nr. 202, wie sich am Augenschein bestätigt hat, in keiner
Weise zu schützen. Das Grundstück wäre den gleichen oder noch stärkeren
Immissionen ausgesetzt, würde die Nationalstrasse längs der ursprünglichen
Südgrenze verlaufen; diese und, entgegen der Meinung des Beschwerdeführers,
keine andere Annahme ist zur Klärung der Frage zu treffen, ob die
Abtretungsfläche für die Restliegenschaft eine Schutzfunktion erfüllen
konnte (vgl. BGE 106 Ib 386 f.). Die vorliegende Beschwerdesache
unterscheidet sich dem Tatbestand nach klar von den Fällen Eberle (BGE 104
Ib 80 ff.) und Dr. Balmer (BGE 106 Ib 383), wo bestehende Wohnbauten ihren
ausgedehnten Umschwung verloren haben. Über die Entschädigungsbegehren des
Beschwerdeführers ist daher ausschliesslich nach den Regeln zu befinden,
die für die Enteignung nachbarlicher Abwehrrechte (Art. 684 ZGB) gelten.

Erwägung 3

    3.- Die Schätzungskommission hat einen Entschädigungsanspruch Buobs
schon deshalb verneint, weil das den Lärmimmissionen ausgesetzte Grundstück
faktisch nie Bauland gewesen sei und daher auch keine Werteinbusse habe
erleiden können. Die Kritik, die der Beschwerdeführer in dieser Hinsicht
am angefochtenen Entscheid übt, ist berechtigt.

    Es ist unbestritten, dass die nach dem Dahinfallen der
Projektierungszone freigewordene Fläche durch Änderung des kommunalen
Zonenplanes vom 27. Mai 1968/14. November 1969 der Wohnzone W 2
zugeschlagen wurde. Der fragliche Boden erlangte dadurch, wie auch die
Schätzungskommission einräumt, rechtlich gesehen Baulandqualität. Im
weiteren steht ausser Zweifel, dass Buob, hätte der Autobahnbetrieb nicht
übermässigen Lärm mit sich gebracht, den bisher noch landwirtschaftlich
genutzten Boden gleich wie den nördlichen Teil der ehemaligen
Liegenschaft in Kürze überbaut und verkauft, mit anderen Worten einer
besseren Verwendung im Sinne von Art. 20 Abs. 1 EntG zugeführt hätte
(vgl. BGE 97 I 603). Die zur Erschliessung notwendige Verlängerung der
Burgstrasse ist übrigens am 6. April 1972 vom Gemeinderat Rorschacherberg
genehmigt worden. Auch der Regierungsrat hat den Baulandcharakter der
Parzelle Nr. 202 in anderem Zusammenhang anerkannt, indem er das dem
Beschwerdeführer neu zugeteilte Grundstück "im Vogelherd" in der Bauzone
beliess, mit der Begründung, das ab Parzelle Nr. 202 an die Nationalstrasse
abgetretene Bauland sei nach dem Grundsatz von Treu und Glauben durch
Land im Baugebiet zu ersetzen (Entscheid des Regierungsrates des Kantons
St. Gallen vom 4. Juli 1978 E. 4). Soweit die Schätzungskommission bei der
Landbewertung auch die Zone zur Freihaltung des Strassenraumes in Betracht
gezogen und ihretwegen die Überbaubarkeit der Parzelle verneint hat, geht
ihre Überlegung fehl. Die negativen Auswirkungen der Projektierungszone
sind werkbedingt und müssen - gleich wie günstige Vorwirkungen des Werkes
- bei der Entschädigungsfestsetzung ausser acht gelassen werden (Art. 20
Abs. 3 EntG; BGE 104 Ia 470), sofern die Beschränkung des Grundeigentums
durch Projektierungszonen nicht auf eine materielle Enteignung hinausläuft
und unter diesem Gesichtswinkel eine Entschädigung geschuldet wird
(Art. 18 NSG).

    Dass die Parzelle Nr. 202 als Bauland zu betrachten ist, heisst
allerdings noch nicht, dass die Beschwerde gutzuheissen sei. Wie noch
darzulegen bleibt, kann dem Entschädigungsbegehren nicht stattgegeben
werden, weil der von der Nationalstrasse ausgehende Lärm für den
Beschwerdeführer voraussehbar war.

Erwägung 4

    4.- Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung, die durch den Entscheid
Werren (BGE 94 I 286) eingeleitet und in zahlreichen Urteilen bestätigt
wurde (vgl. BGE 95 I 490, 98 Ib 329, 100 Ib 200, 101 Ib 405, 102 Ib 271,
106 Ib 394 nicht publizierte E. 2, nicht publizierter Entscheid i.S.
Philipp/Mehrlin vom 15. Dezember 1982), gelten die vom Schienen- und
Strassenverkehr ausgehenden Immissionen nur dann als übermässig im Sinne
von Art. 684 ZGB und lassen den Enteigner ersatzpflichtig werden, wenn
sie für den Grundeigentümer nicht voraussehbar waren, ihn in spezieller
Weise treffen und einen schweren Schaden verursachen. Diese Praxis kann
nach Auffassung des Beschwerdeführers, der auf kritische Stellungnahmen
zum Entscheid Werren verweist (vgl. GIGER, Grundsätzliche Überlegungen
zum Immissionsschutz, SJZ 65/1969 S. 201 ff., hiezu Ergänzungen von
WEGMANN, S. 369 ff., und OFTINGER, S. 372 ff.; KUBAT, Die Enteignung des
Nachbarrechtes, Diss. Basel 1971, S. 160 ff.; MEIER-HAYOZ, Kommentar zu
Art. 684 ZGB, N. 244 ff.; MERKER, Der Grundsatz der "vollen Entschädigung"
im Enteignungsrecht, Diss. Zürich 1975, S. 75 ff.), nicht aufrecht
erhalten werden.

    Es besteht kein Anlass, die ungeachtet der Kritik vom Bundesgericht
weitergeführte und von den Eidgenössischen Schätzungskommissionen
übernommene Rechtsprechung im vorliegenden Fall in ihrer Gesamtheit
zu überprüfen. Dagegen ist die hier im Mittelpunkt stehende Frage der
Vorhersehbarkeit bzw. Nichtvorhersehbarkeit der Immissionen erneut
zu überdenken.

    Im Entscheid Werren wurde ausgeführt, die Bedingung der
Nichtvorhersehbarkeit ergebe sich schon aus der früheren Rechtsprechung
(BGE 40 I 455 und nicht publizierter Entscheid Siegenthaler vom 9. Juli
1958 S. 9), nach welcher der Besitzer eines Hauses in der Nähe einer Bahn
mehr Lärm in Kauf nehmen müsse als der Einwohner eines Villenquartiers
und sich nicht auf Art. 684 ZGB berufen könne, wenn sich der bereits
bestehende Lärm infolge einer vorauszusehenden normalen Erweiterung der
vorhandenen Bahnanlagen vermehre. Es bestehe kein Grund, den Anstösser
an eine öffentliche Strasse anders zu behandeln (BGE 94 I 302 E. 9b). Wer
allerdings den Ortskern meidet und vor Bekanntwerden des Autobahnprojektes
in ein Wohnquartier an der äussersten Grenze der Gemeinde zieht, der darf,
wie im Urteil Reich dargelegt wurde, für sich in Anspruch nehmen, dass die
Lärmplage nicht voraussehbar war und der dadurch entstehende Schaden - bei
Vorliegen der weiteren Voraussetzungen - zu vergüten sei (BGE 95 I 494).

    Die Kritik an der bundesgerichtlichen Rechtsprechung setzt an jenem
Punkte an, wo dem Gemeinwesen zugestanden wird, durch Bau und Betrieb
einer öffentlichen Strasse den Ortsgebrauch einseitig und plötzlich
(statt allmählich mit fortschreitender Entwicklung) zu ändern und die
neugeschaffene Situation wenn auch nicht den bereits Ansässigen so doch
jenen aufzuzwingen, die erst nach Bekanntwerden des Strassenprojektes
Grundbesitz erwerben (MEIER-HAYOZ, aaO, N. 143 und 249 zu Art. 684 ZGB;
WEGMANN, aaO, S. 371; OFTINGER, aaO, S. 372; KUBAT, aaO, S. 147, 153
ff.). In dieser Hinsicht wird hervorgehoben, die Tatsache, dass der mit
Immissionen verbundene Betrieb zuerst auf dem Platze war (Prävention oder
Priorität), sei bei der Anwendung von Art. 684 ZGB grundsätzlich ohne
Bedeutung und könne den sich später Ansiedelnden nicht entgegenhalten
werden, selbst wenn diese die Einwirkungen kannten (ZBJV 79/1943 S. 135,
138; SJZ 1928-29 S. 10 Nr. 3) oder voraussehen konnten (vgl. BGE 88
II 13). Die Unbeachtlichkeit der Prävention gelte in der Regel sogar
dann, wenn der Kaufpreis mit Rücksicht auf die lästigen Einwirkungen
niedriger angesetzt worden sei. Diesem Umstand sei aus Billigkeitsgründen
allenfalls bei der Bemessung des Schadenersatzes Rechnung zu tragen
(MEIER-HAYOZ, aaO, N. 139 zu Art. 684 ZGB; BAUHOFER, Immissionen
und Gewerberecht, Diss. Zürich 1916, S. 118 ff., 121; SCHLEGEL, Die
Immissionen des Art. 684 ZGB in ihrem Verhältnis zu den zürcherischen
kantonalen Eigentumsbeschränkungen, Diss. Zürich 1949, S. 69). Eine
Enteignungsentschädigung wäre danach auch beim Bau einer öffentlichen
Strasse nicht nur dem Eigentümer geschuldet, für den die Immissionen nicht
vorhersehbar waren, sondern ebenfalls dem Käufer, der diese kannte oder
voraussehen musste, da die Einwirkungen - um mit OFTINGER (aaO, S. 372)
zu sprechen - "nach Lage und Beschaffenheit der Grundstücke bisher nicht
gerechtfertigt - also unzulässig - waren und jetzt bloss um den Preis einer
Entschädigung zulässig werden". Der Erwerber eines Grundstückes träte
mit anderen Worten in die Rechtsstellung des bisherigen Eigentümers ein
(BAUHOFER, aaO, S. 121 unten).

    Es ist einzuräumen, dass nach der enteignungsrechtlichen
Praxis des Bundesgerichts der Eigentümer einer öffentlichen Strasse
hinsichtlich der Änderung des Ortsgebrauches sowie der Priorität bzw. der
Voraussehbarkeit der Immissionen anders behandelt wird als der Besitzer
eines die Nachbarschaft beeinträchtigenden Privatbetriebes. In dieser
Ungleichbehandlung liegt indessen keine ungerechtfertigte Privilegierung
des Enteigners; sie stützt sich vielmehr auf sachliche Gründe. Es
kann nicht darüber hinweggesehen werden, dass das Gemeinwesen beim
Bau und bei der Inbetriebnahme einer Strasse eine rechtmässige und
im öffentlichen Interesse liegende Tätigkeit ausübt, dass dieses
öffentliche Interesse den nachbarlichen Abwehrrechten vorgeht und die
Unterlassungsklage daher von vornherein ausgeschlossen ist bzw. durch den
enteignungsrechtlichen Entschädigungsanspruch ersetzt wird (vgl. BGE 106
Ib 244 E. 3 mit zahlreichen Hinweisen). Dem Gemeinwesen ist deshalb auch
das Vorrecht einzuräumen, die Lage und Beschaffenheit der Grundstücke und
den Ortsgebrauch durch das öffentliche Werk einseitig zu ändern und zu
verlangen, dass dieser Änderung vom Zeitpunkt an, in dem sie eingetreten
ist oder voraussehbar wird, in der Nachbarschaft Rechnung getragen
wird. Nach einem Grundsatz des Enteignungsrechtes hat der Enteignete
die Pflicht, alle zumutbaren Vorkehren zu treffen, um den Schaden zu
vermindern oder einzudämmen. Diesem Grundsatz liefe es zuwider, würde
der Nachbar einer Nationalstrasse für die immissionsbedingte Entwertung
seines Hauses entschädigt, welches er auf eigene Gefahr erst erstellt hat,
als der Bau der Strasse schon bekannt oder voraussehbar war. Das gleiche
gilt für den Fall, dass ein Baugrundstück erst nach Bekanntwerden des
Strassenprojektes erworben wird. Es ist Sache des Käufers, das Risiko
zukünftiger Beeinträchtigung bei seiner Offerte mit in Betracht zu
ziehen. In dieser Hinsicht befindet sich der Erwerber in anderer Lage
als sein Rechtsvorgänger und darf dieser Verschiedenheit, ohne gegen
die Art. 684 ZGB zugrundeliegende Idee zu verstossen, Rechnung getragen
werden. Die bisherige Rechtsprechung zur Frage der Voraussehbarkeit der
Immissionen ist daher zu bestätigen.

Erwägung 5

    5.- Der Beschwerdeführer bringt im weiteren vergeblich vor, aus der
kantonalen Bausperre und der nachfolgenden Projektierungszone habe man
zwar schliessen können, dass eine Staats- oder Nationalstrasse erstellt
werden solle, doch sei seinerzeit eine so hohe Lärmbelastung, wie sie heute
bestehe, mangels entsprechender Erfahrung in der Schweiz auf keine Weise
voraussehbar gewesen. Ausschlaggebend ist, dass der Beschwerdeführer - wie
er selbst anerkennt - schon beim Kauf der fraglichen Liegenschaft wusste,
dass an diese angrenzend eine wichtige Strassenverbindung geschaffen
würde. Buob, der damals übrigens Mitglied des Gemeinderates war, musste
deshalb darauf gefasst sein, dass sich der Ortsgebrauch ändern und für
die Grundstücke längs der Autobahn eine Situation entstehen werde, die
etwa jener an Hauptverkehrsadern oder in Stadtzentren entspricht. Dass
nicht mit Bestimmtheit vorauszusagen war, welches Mass die Lärmbelästigung
erreichen werde, ist für die Voraussehbarkeit im hier massgeblichen Sinne
nicht erheblich.

    Auch die Tatsache, dass das im Jahre 1968 eingezonte Land ausserhalb
der Nationalstrassenbaulinie lag, berechtigte den Beschwerdeführer
nicht zur Annahme, dass die Überbaubarkeit stets gewähreistet sei. Wohl
dienen die Baulinien dazu, den Freiraum zu sichern, der unter anderem
der Wohnhygiene dienen soll (vgl. Art. 22 NSG), doch werden sie in der
Regel schematisch gezogen und können den örtlichen Verhältnissen nicht
im einzelnen und auf kleinstem Raume angepasst werden.

    Gleichfalls unbehelflich sind schliesslich die Ausführungen
des Beschwerdeführers über das Prinzip von Treu und Glauben. Die
Voraussetzungen, unter denen dem Privaten Vertrauensschutz und demzufolge
eine Sonderbehandlung gewährt werden kann, sind im vorliegenden Falle
offensichtlich nicht erfüllt. Zudem wäre, wie das Bundesgericht unlängst
in BGE 108 Ib 500 E. 1b festgehalten hat, die Schätzungskommission nicht
zuständig zum Entscheid über eine Entschädigungsforderung, die der Nachbar
einer Nationalstrasse wegen unrichtiger Auskünfte der Behörden erhebt.

Erwägung 6

    6.- Zu Recht hat es die Schätzungskommission abgelehnt, sich
mit den Folgen der 1977/78 vorgenommenen, noch nicht rechtskräftigen
Auszonung der Parzelle Nr. 202 zu befassen. Auch das Bundesgericht hat
sich im vorliegenden Verfahren über diese Frage nicht auszusprechen und
insbesondere nicht darüber zu befinden, ob mit der Änderung des Zonenplanes
lediglich der schon bestehende, durch den Nationalstrassenbetrieb
geschaffene Zustand baurechtlich bestätigt werde oder ob der Teilrevision
eigene planerische Tragweite zukomme (vgl. hiezu den Entscheid i.S. Haas
u. Theiler c. Gemeinde Knonau vom 30. Mai 1979, publiziert in ZBl 81/1980
S. 354 ff.).