Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 110 IB 24



110 Ib 24

5. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 16. Mai 1984 i.S. B. gegen Wehrsteuerverwaltung des Kantons
Zürich und Wehrsteuerrekurskommission des Kantons Zürich
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB.

    1. Wann ist ein Landwirtschaftsbetrieb buchführungspflichtig? (E. 2b)

    2. Fall eines Unternehmers, der neben buchführungspflichtigen Gewerben
einen Landwirtschaftsbetrieb führt (E. 2c-e).

Sachverhalt

    A.- Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines Landwirtschaftsbetriebes,
einer Heuhandelsunternehmung, eines Schweinemästerei-Grossbetriebes und
eines Transportgeschäftes. Er ist im Handelsregister eingetragen mit dem
Firmenzweck "Handel mit Landesprodukten".

    In den Jahren 1973 und 1974 überbaute der Beschwerdeführer zu seinem
landwirtschaftlichen Heimwesen gehörende Parzellen mit einer Gesamtfläche
von über 6 000 m2 mit Wohnblöcken. Ausserdem verkaufte er im Jahre 1974
über 12 000 m2 Land des Bauernbetriebes an eine Baugesellschaft.

    Die Wehrsteuerbehörden des Kantons Zürich rechneten dem
Beschwerdeführer in der Veranlagung für die 18. Wehrsteuerperiode (1975/76)
den aus dem Landverkauf erzielten Gewinn als wehrsteuerpflichtiges
Einkommen gemäss Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB auf. Hinsichtlich der mit
Wohnblöcken überbauten Parzellen nahmen sie eine wehrsteuerpflichtige
Privatentnahme an.

    In der gegen diese Veranlagung geführten Beschwerde bestreitet der
Beschwerdeführer unter anderem, dass sein Landwirtschaftsbetrieb im
Handelsregister eintragungspflichtig und damit buchführungspflichtig im
Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB sei. Das Bundesgericht weist die
Beschwerde ab

Auszug aus den Erwägungen:

                  aus folgenden Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Gemäss Art. 957 OR unterliegt der Buchführungspflicht, wer seine
Firma in das Handelsregister einzutragen hat. In das Handelsregister
hat sich eintragen zu lassen, wer ein Handels-, Fabrikations- oder ein
anderes nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe betreibt (Art. 934 OR).

    a) Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, als Inhaber eines
Schweinemästerei-Grossbetriebes, eines Transportgeschäftes und eines
Heuhandels in der fraglichen Zeit eintragungs- und buchführungspflichtig
gewesen zu sein. Er stellt sich jedoch auf den Standpunkt, ein einziger
Inhaber könne verschiedene Unternehmungen betreiben, bei denen für jede
gesondert die Verpflichtung zum Eintrag ins Handelsregister abzuklären
sei. Der Landwirtschaftsbetrieb habe nur in bescheidenem Ausmass Futter
für die Schweinemast geliefert. Der mögliche Dörrfutterertrag aus dem
Eigenland habe nur einen ausgesprochen geringen Anteil am Gesamtumsatz
des Heugrosshandels dargestellt. Der Heuhandel habe die Einrichtungen des
Landwirtschaftsbetriebes kaum beansprucht, weil sozusagen alles gehandelte
Heu mit den Fahrzeugen des Transportgeschäftes ohne Zwischenlagerung
direkt von den Wiesen der Produzenten zu den Abnehmern geführt worden
sei. Der Landwirtschaftsbetrieb sei daher eine selbständige Unternehmung,
welche nicht im Handelsregister eintragungspflichtig und somit auch nicht
buchführungspflichtig im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB sei.

    b) Landwirtschaftsbetriebe bleiben nach herkömmlicher Ansicht
im allgemeinen ausserhalb des Handelsrechts und unterliegen daher
der Buchführungspflicht nicht (PATRY, Grundlagen des Handelsrechts, in
Schweizerisches Privatrecht Band VIII/1, S. 81/82; KÄFER, N. 70 zu Art. 957
OR; STEINMANN, Zur Frage der Buchführungspflicht im Wehrsteuerrecht,
insbesondere auch bei den sog. "anderen" kaufmännischen Gewerben,
Steuer-Revue 34 (1979) S. 15). Dieser Grundsatz gilt allerdings nicht
unbegrenzt. Ein Landwirtschaftsbetrieb stellt ein eintragungs- und
damit buchführungspflichtiges Handelsgewerbe dar, wenn aus ihm ein
Grosshandel der gewonnenen Produkte wird (PATRY, aaO, S. 82; STEINMANN,
aaO, S. 15, je mit weiteren Nachweisen) bzw. wenn er mit einer zusätzlichen
Handelstätigkeit verbunden wird (KÄFER, aaO, N. 67 zu Art. 957 OR). Eine
Eintragungspflicht besteht ausserdem, wenn der Landwirtschaftsbetrieb
nur ein Nebengewerbe eines dem gleichen Inhaber gehörenden und seiner
Natur nach eintragungspflichtigen (Haupt-)Gewerbes darstellt (vgl. Art. 56
HRegV). Das Nebengewerbe muss in engem Zusammenhang mit dem Hauptgewerbe
stehen; nicht erforderlich ist jedoch, dass das Hauptgewerbe ohne das
Nebengewerbe nicht existieren könnte oder dass das Nebengewerbe einen
quantitativ wesentlichen Einfluss auf das Hauptgewerbe hat.

    Es trifft zwar grundsätzlich zu, dass ein Einzelkaufmann gleichzeitig
mehrere, voneinander separat geführte Geschäfte betreiben kann, bei denen
die Frage der Eintragungspflicht gesondert zu prüfen ist (BGE 70 I 207
E. 3). Voraussetzung dafür ist aber, dass die beiden Betriebe zueinander
nicht in einem Verhältnis von Haupt- und Nebengewerbe stehen, sondern
selbständige, organisatorisch völlig getrennte und auch "rechtlich"
unabhängige Unternehmungen bilden (KÄFER, aaO, N. 69 zu Art. 957 OR;
vgl. auch BGE 70 I 207 E. 3).

    c) Der Landwirtschaftsbetrieb des Beschwerdeführers war mit der
Schweine-Grossmästerei und dem Heuhandelsbetrieb eng verknüpft. So
wurden in den Jahren 1964 bis 1967 jährlich über 100 000 kg im
Landwirtschaftsbetrieb produziertes Heu über den Handelsbetrieb
verkauft. Nach Aufgabe des Grossviehbestandes in den Jahren 1970/71 erhöhte
sich nach den eigenen Aussagen des Beschwerdeführers diese Menge sogar
noch. Einrichtungen des Landwirtschaftsbetriebes dienten offenbar auch der
Lagerung eines Teils des im Handelsbetrieb umgesetzten Heus. In der Bilanz
per 31. Dezember 1974 hat der Beschwerdeführer eine Scheune und Lagerhalle
im Werte von Fr. 676'973.90 sowie Vorräte im Werte von Fr. 81'650.-, davon
Heu im Betrage von Fr. 22'800.-, aufgeführt. In den Jahren 1971, 1972 und
1973 waren die bilanzierten Vorräte sogar noch wesentlich höher. Angesichts
dieser Tatsachen vermag die Behauptung des Beschwerdeführers, der Heuhandel
habe die Einrichtungen des Landwirtschaftsbetriebes kaum beansprucht,
weil sozusagen alles gehandelte Heu ohne Zwischenlagerung direkt zu den
Abnehmern geführt worden sei, nicht zu überzeugen.

    Unter diesen Umständen wirkt die vom Beschwerdeführer verlangte
Unterscheidung zwischen einzutragenden Unternehmungen (Heuhandel,
Schweinemästerei) einerseits und davon getrenntem Landwirtschaftsbetrieb
andererseits gekünstelt. Die verschiedenen Gewerbe waren in keiner Weise
tatsächlich und organisatorisch getrennt und voneinander unabhängig. Der
Landwirtschaftsbetrieb erweist sich vielmehr als Nebenbetrieb der
Schweine-Grossmästerei und des Heuhandels. Daran vermag auch die Tatsache
nichts zu ändern, dass die Schweinemästerei und der Heuhandelsbetrieb auch
ohne das landwirtschaftliche Heimwesen hätten existieren können. Für einen
Nebenbetrieb ist es geradezu charakteristisch, dass das Hauptgewerbe auch
allein betrieben werden könnte.

    d) Schliesslich ist noch darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer
selbst keine klare Trennung zwischen seinen verschiedenen Betrieben
durchgeführt hat. Wenn er, wie er dies in der Beschwerde behauptet,
aus praktischen Gründen die Aktiven aus den Konten der "Buchführung"
für den Landwirtschaftsbetrieb in die Konten der Buchhaltung für die
buchführungspflichtigen Betriebe übertragen hat, so sind die Steuerbehörden
nicht gehalten, im nachhinein die Aktiven aus ein und derselben Bilanz
wieder auf buchführungspflichtige und nicht buchführungspflichtige
Betriebe aufzuteilen.

    e) Es steht somit fest, dass das landwirtschaftliche Heimwesen des
Beschwerdeführers in der Bemessungsperiode ein Nebengewerbe darstellte und
zusammen mit den anderen Betrieben der Eintragungs- und Buchführungspflicht
unterlag.