Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 110 IB 14



110 Ib 14

3. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom
5. März 1984 i.S. Bundesamt für Justiz gegen Jochen Jakob Hermann
Herbert Kienzle-Kirschvink und Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Berechtigtes Erwerbsinteresse nach Art. 6 Abs. 2 lit. a BewB.

    Im Rahmen von Art. 6 Abs. 2 lit. a BewB darf eine Person mit Wohnsitz
oder Sitz im Ausland nur ein einziges schweizerisches Grundstück erwerben,
auch wenn ein zweiter Grundstückerwerb auf eine andere arabische Ziffer
(1-3) der Gesetzesbestimmung gestützt werden könnte als der erste.

Sachverhalt

    A.- Jochen Jakob Hermann Herbert Kienzle-Kirschvink, deutscher
Staatsangehöriger, beantragte der zuständigen baselstädtischen
Bewilligungsbehörde am 14. Juli 1982 die Liegenschaft Grundbuch Riehen,
Sektion D, Parzelle 2828 (am Hang 26) erwerben zu dürfen, obwohl er
bereits Eigentümer einer Vierzimmerwohnung in Samedan-GR war.

    Das Wirtschafts- und Sozialdepartement Basel-Stadt bewilligte den
Erwerb am 27. Juli 1982 gestützt auf Art. 6 Abs. 2 lit. a Ziff. 2 des
Bundesbeschlusses über den Erwerb von Grundstücken durch Personen
im Ausland vom 23. März 1961 (BewB; SR 211.412.41). Der Erwerb der
Ferienwohnung in Samedan war seinerzeit gestützt auf Art. 6 Abs. 2 lit. a
Ziff. 3 BewB bewilligt worden. Mit Beschluss vom 14. Dezember 1982 wies
der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt die gegen den erstinstanzlichen
Entscheid gerichtete Beschwerde des Bundesamtes für Justiz (BAJ) ab.

    Mit fristgemässer Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt das Bundesamt
für Justiz dem Bundesgericht:

    "Den angefochtenen Entscheid (Regierungsratsentscheid vom 14. Dezember

    1982) aufzuheben und die Bewilligung zum Erwerb eines Grundstückes in

    Riehen, Grundbuch-Nr. Sektion D, Parzelle 2828, Am Hang 26, nur
unter der

    Bedingung zu erteilen, dass der Erwerber vorgängig sein Grundstück

    Grundbuch Nr. 50 462 (4-Zimmerwohnung) in Samedan veräussere, unter

    Kostenfolge."

    Das beschwerdeführende Amt rügt die Verletzung von Bundesrecht. Auf
dessen einzelne Ausführungen wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen
eingegangen.

    J. J. H. H. Kienzle-Kirschvink sowie der Regierungsrat des Kantons
Basel-Stadt beantragen sinngemäss die Abweisung der Beschwerde.

    Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, aus folgenden

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Nach Art. 6 Abs. 1 BewB ist einer Person mit Wohnsitz oder Sitz
im Ausland eine Erwerbsbewilligung für ein schweizerisches Grundstück zu
erteilen, wenn der Erwerber ein berechtigtes Interesse am Erwerb nachweist;
andernfalls ist sie zu verweigern. Ein berechtigtes Interesse ist nach
Art. 6 Abs. 2 lit. a BewB anzunehmen,

    "wenn das zu erwerbende Grundstück in erster Linie dem Aufenthalt des

    Erwerbers oder seiner Familie dient, der Erwerber es auf seinen
   persönlichen Namen erwirbt und er, sein Ehegatte oder seine
   minderjährigen

    Kinder kein anderes diesem Zwecke dienendes Grundstück in der Schweiz
   erworben haben und ausserdem eine der folgenden Voraussetzungen
   erfüllt ist:

    1. aussergewöhnlich enge geschäftliche oder andere schutzwürdige

    Beziehungen des Erwerbers zu dem Ort des zu erwerbenden Grundstücks;

    2. dauernder Aufenthalt des Erwerbers am Ort des zu erwerbenden

    Grundstücks mit Bewilligung der Fremdenpolizei oder Kraft einer anderen

    Berechtigung;

    3. Lage des Grundstückes an einem Orte, dessen Wirtschaft vom

    Fremdenverkehr abhängt und der Ansiedlung von Gästen bedarf, um den

    Fremdenverkehr zu fördern, insbesondere in Berggegenden."

    Strittig ist die Frage, ob eine Person im Ausland berechtigt ist,
im Rahmen von Art. 6 Abs. 2 lit. a BewB mehrere Grundstücke zu erwerben,
wenn jeder Erwerb wenigstens auf eine andere arabische Ziffer (1-3)
der Gesetzesbestimmung gestützt werden kann. Diese Frage ist im Sinne
der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu verneinen.

    Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich klar, dass der Gesetzgeber
im Rahmen der Bundesgesetzgebung über den Erwerb von Grundstücken durch
Personen im Ausland keinen Unterschied zwischen der sekundären Wohnung
(Ferienwohnung) und dem Hauptwohnsitz eines der Bewilligungspflicht
unterstellten Kaufsinteressenten machen wollte (Entscheid des
Bundesgerichts vom 2. März 1977 i.S. E. Bignami E. 1b). Der Begriff des
"Aufenthalts" im Sinne von Art. 6 Abs. 2 lit. a BewB erfasst sowohl das
Wohnen als Ferienzweck wie auch dasjenige zu dauernder Anwesenheit. Ist
somit eine der Bewilligungspflicht unterstellte Person, ihr Ehegatte
oder ihre minderjährigen Kinder bereits Eigentümer eines schweizerischen
Grundstückes, welches ihrem Ferien- oder Wohnaufenthalt dient, so haben
diese Personen kein berechtigtes Interesse mehr, gestützt auf Art. 6
Abs. 2 lit. a BewB noch ein weiteres Grundstück in der Schweiz zu erwerben.
Art. 6 Abs. 2 lit. a BewB kann zum Erwerb eines Grundstückes in der Schweiz
nur dann wieder angerufen werden, wenn das erste dem Aufenthalt dienende
Grundstück inzwischen veräussert worden ist.

    Aufgrund der vom Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt und von
J. J. H. H. Kienzle-Kirschvink vorgebrachten Argumente besteht kein
Anlass, auf die bestehende Rechtsprechung zurückzukommen. Die Beschwerde
des Bundesamtes für Justiz ist daher gutzuheissen.