Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 110 IB 121



110 Ib 121

21. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen
Abteilung vom 18. Mai 1984 i.S. X. gegen Wehrsteuerverwaltung und
Wehrsteuerrekurskommission des Kantons Y. (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste

    Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB.

    1. Geschäftsvermögen kann nur sein, was zivilrechtlich im Eigentum
des Geschäftsinhabers steht; Grundsatz und Ausnahmen (Bestätigung der
Rechtsprechung; E. 2a).

    2. Anwendung dieses Grundsatzes auf in ungetrennter Ehe
lebende Ehegatten; Ausnahme, wenn ein Ehegatte eine Liegenschaft zu
Geschäftszwecken erwirbt und dem zusammen mit dem anderen Ehegatten
betriebenen Geschäft zur Verfügung stellt; für die Abgrenzung massgebende
Kriterien (Präzisierung der Rechtsprechung; E. 2b, 3).

Sachverhalt

    A.- Der Beschwerdeführer X. betreibt seit 1962 ein Hotel in M. (Kanton
Y.). Seine Ehefrau kaufte im Jahre 1963 eine Hotelliegenschaft
mit verschiedenen Nebengebäuden und weiteren Grundstücken in
S. (Kanton Z.) sowie das Hotelinventar zu einem Preis von insgesamt
Fr. 1'015'000.-. Die Eingangsbilanz per 1. März 1963 des Hotelbetriebes
in S. wies ein Eigenkapital von von Fr. 70'000.- aus, währenddem die
restlichen Mittel für die Finanzierung der Liegenschaften und weiterer
Betriebsgegenstände durch Hypotheken der Kantonalbank von Z. und Darlehen
von Verwandten aufgebracht wurden.

    Am 26. Juli 1963 liess der Beschwerdeführer die Einzelfirma "Hotel
..., X." in das Handelsregister des Kantons Z. eintragen. Am 15. November
1963 schlossen der Beschwerdeführer und seine Ehefrau einen Ehevertrag,
in dem sie den Güterstand der Gütertrennung wählten und ausdrücklich
festhielten, dass die Hotelliegenschaft und weitere Grundstücke in
S. (Kanton Z.) im Alleineigentum der Ehefrau verbleiben, währenddem die
Hotelgebäude in M. (Kanton Y.) weiterhin dem Ehemann gehören. Ferner wurde
vereinbart, dass Frau X. ihre Liegenschaft in S. ihrem Ehemann verpachte,
wobei die Einzelheiten in einem separaten Vertragstext festgelegt werden
sollten. Ein solcher Pachtvertrag wurde indessen nicht abgeschlossen.

    In den Jahren 1963 bis 1969 figurierten die Frau X. gehörenden
Liegenschaften in S. sowie die darauf lastenden Hypotheken und die
zur Finanzierung des Liegenschaftenerwerbes benötigten Darlehen von
Verwandten in den Bilanzen des Hotels in S. In diesen Geschäftsjahren
wurden einerseits Liegenschaftsaufwände und -abschreibungen sowie
Hypothekar- und Darlehenszinsen der Gewinn- und Verlustrechnung belastet
und andererseits bescheidene Mietzinseinnahmen aus der Vermietung einzelner
Räumlichkeiten an Dritte entsprechenden Erfolgskonti gutgeschrieben. In
den Jahren 1963 und 1964 trugen die Bilanzen den Namen der Ehefrau, ab
1965 denjenigen des Beschwerdeführers selbst, ohne dass sich indessen an
den Eigentumsverhältnissen an den Liegenschaften etwas geändert hätte.

    Im Geschäftsabschluss per 31. Dezember 1970 wurden die Liegenschaften
in S. sowie die mit diesen Immobilien zusammenhängenden Hypotheken und
Darlehen ausbilanziert. Im Juni 1973 schliesslich verkaufte Frau X. ihre
Liegenschaften in S. einem Dritten.

    Im Veranlagungsverfahren für die Wehrsteuer der 16. Periode
(1971/72) betrachtete die Wehrsteuerrekurskommission des Kantons Y. die
Liegenschaften in S. (Kanton Z.) als vormaliges Geschäftsvermögen
von Frau X. und die per 31. Dezember 1970 erfolgte Ausbilanzierung
dieser Liegenschaften als steuerwirksame Überführung von Geschäfts-
in Privatvermögen. Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil
der Wehrsteuerrekurskommission des Kantons Y. macht der Beschwerdeführer
geltend, die Liegenschaften in S. hätten immer zum Privatvermögen der
Ehefrau gehört und seien seinem Geschäftsbetrieb bloss zur Verfügung
gestellt worden. Die Ehefrau selbst habe nie einen Geschäftsbetrieb
geführt. Die Liegenschaften in S. seien fälschlicherweise in die Bilanzen
aufgenommen worden und hätten daher nach dem Grundsatz der Bilanzwahrheit
ausbilanziert werden müssen. Da nach konstanter Rechtsprechung des
Bundesgerichtes nur Geschäftsvermögen sein könne, was im Eigentum des
Geschäftsinhabers stehe, liege keine steuerwirksame Überführung von
Geschäfts- in Privatvermögen vor.

    Das Bundesgericht weist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab aus
den folgenden

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Gemäss Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB unterliegen der Wehrsteuer
Kapitalgewinne, die im Betriebe eines zur Führung kaufmännischer Bücher
verpflichteten Unternehmens bei der Veräusserung oder Verwertung
von Vermögensstücken erzielt werden, wie Liegenschaftsgewinne und
dergleichen mehr. Voraussetzung ist, dass das veräusserte Gut zum
Geschäftsvermögen des Unternehmens gehört hat, währenddem Gewinne, die
bei der Veräusserung von Gegenständen des Privatvermögens erzielt werden,
der Wehrsteuer für Einkommen nicht unterliegen (BGE 105 Ib 240 E. 2, mit
weiteren Hinweisen). Als steuerbare Verwertung gilt u. a. die Überführung
eines Gegenstandes vom Geschäfts- ins Privatvermögen (BGE 105 Ib 240/241
E. 2; 102 Ib 53 E. 3 a bb; KÄNZIG, Wehrsteuer, 2. A., N. 169 zu Art. 21
WStB). Die Unterscheidung von Geschäfts- und Privatvermögen ist demnach
im vorliegenden Fall von grundlegender Bedeutung.

    a) Gemäss konstanter Rechtsprechung des Bundesgerichtes kann
nur Geschäftsvermögen sein, was sich zivilrechtlich im Eigentum
des Geschäftsinhabers befindet (BGE 95 I 169 ff.; 83 I 337 ff.; ASA
39, 93 ff.; KÄNZIG, aaO, 2. A., N. 151 zu Art. 21 WStB; MASSHARDT,
Wehrsteuerkommentar, Ausgabe 1980, S. 121; GURTNER, Geschäfts- und
Privatvermögen - Erbrechtlicher Übergang von Unternehmungen, ASA 45,
3 ff.; STEINMANN, Das Grundstück als Gegenstand des Geschäftsvermögens
im Wehrsteuerrecht, ASA 44, 565; kritisch betr. Personengesellschaften,
ALTORFER, Geschäfts- und Privatvermögen im Einkommenssteuerrecht,
Diss. St. Gallen 1959, S. 78 ff., und THALMANN, Die Abgrenzung von Privat-
und Geschäftsvermögen in der neueren schweizerischen Rechtsprechung,
ASA 33, 92 ff.). Das Bundesgericht hat diesen Grundsatz auch in Fällen
bestätigt, in denen eine Liegenschaft im Eigentum eines Ehegatten stand
und dem Geschäftsbetrieb des anderen Ehegatten diente (BGE 95 I 169 ff.;
83 I 337 ff.). Eine Ausnahme von dieser Regel wurde allerdings gemacht bei
Liegenschaften, die im Eigentum der Teilhaber einer Kollektivgesellschaft
standen, von diesen aber der Gesellschaft unentgeltlich zur Verfügung
gestellt wurden und in der Geschäftsbuchhaltung figurierten (Entscheid vom
26. September 1958, in NStP 13 (1959), S. 5 ff.; Entscheid vom 3. Oktober
1958, in NStP 13 (1959), S. 1 ff.). Ebenfalls zum Geschäftsvermögen
einer Kollektivgesellschaft wurde eine Liegenschaft gerechnet, die
sich im Alleineigentum eines Gesellschafters befand und von diesem der
Gesellschaft zur Verfügung gestellt wurde, wobei die Gesellschaft den
Liegenschaftsunterhalt und die Bezahlung der Hypothekarzinsen übernahm,
ohne dem Gesellschafter ein Entgelt für die Benutzung der Liegenschaft
auszurichten (BGE 93 I 362 ff.; vgl. dazu kritisch KÄNZIG, aaO, 2. A.,
N. 153 zu Art. 21 WStB). Auf die Eigentumsverhältnisse wird ausserdem
nicht abgestellt, wenn eine Steuerumgehung vorliegt (BGE 95 I 174; 83 I
343 E. 1).

    b) Am Prinzip, wonach Geschäftsvermögen nur sein kann,
was zivilrechtlich im Eigentum des Geschäftsinhabers steht, ist
grundsätzlich festzuhalten. Allerdings ist der Kreis der Ausnahmen
weiter zu ziehen. Die bisherige Rechtsprechung (BGE 95 I 169 ff.; 83 I
337 ff.) hat der wirtschaftlichen Einheit, die zwischen in ungetrennter
Ehe lebenden Ehegatten im allgemeinen herrscht und die auch in Art. 13
WStB zum Ausdruck kommt, zu wenig Rechnung getragen und es dadurch den
Steuerpflichtigen ermöglicht, in wenig klaren Verhältnissen im nachhinein
eine für sie günstige Lösung zu beanspruchen, nachdem sie zuvor die
Steuervorteile einer anderen Lösung genossen hatten. In dieser Hinsicht
drängt sich daher eine Präzisierung der Rechtsprechung auf.

    aa) An sich kann ein Ehegatte eine ihm gehörende Liegenschaft dem
andern Ehegatten zu Geschäftszwecken zur Verfügung stellen, ohne dass
diese Liegenschaft Geschäftsvermögen des buchführungspflichtigen Ehegatten
darstellt. Dies ist dann der Fall, wenn die Liegenschaft vom Eigentümer
ausschliesslich als Kapitalanlage erworben worden ist und dem andern
Ehegatten gegen Entgelt oder im Rahmen der ehelichen Beistandspflicht
(Art. 159 Abs. 2 ZGB) zur Verfügung gestellt wird. Der die Liegenschaft
besitzende Ehegatte wird in diesem Fall nicht oder jedenfalls nicht
wesentlich im Geschäftsbetrieb des andern Ehegatten mitwirken (vgl. dazu
BGE 95 I 169 ff.). Die Liegenschaft ist konsequenterweise nicht in die
Buchhaltung des Geschäftsbetriebes aufzunehmen.

    Anders verhält es sich dagegen, wenn ein Ehegatte eine Liegenschaft
zu Geschäftszwecken erwirbt und dem zusammen mit dem andern Ehegatten
betriebenen Geschäft zur Verfügung stellt. Dabei ist nicht erforderlich,
dass die Ehegatten eine einfache Gesellschaft gemäss Art. 530 ff. OR oder
eine Personengesellschaft des Handelsrechts bilden (a.M. noch BGE 95 I
172 E. 4; 83 I 344). Das tatsächliche Zusammenarbeiten in Verwirklichung
der zwischen Ehegatten im allgemeinen herrschenden wirtschaftlichen
Einheit genügt. Dann dient die Liegenschaft dem Eigentümer nicht
als blosse Kapitalanlage; sie ist vielmehr als Geschäftsvermögen zu
betrachten. Welchem Ehegatten dieses Geschäftsvermögen zuzurechnen ist,
kann in Anbetracht von Art. 13 WStB offen bleiben.

    bb) Die nicht immer leichte Abgrenzung zwischen diesen beiden Fällen
hat anhand sämtlicher konkreter Umstände zu erfolgen. Massgebend für die
Beantwortung der Frage, ob die Ehegatten bei der Führung eines Geschäftes
eine wirtschaftliche Einheit bilden, sind dabei vor allem die Behandlung
der Liegenschaft in den Bilanzen und in den Gewinn- und Verlustrechnungen,
die Erwerbsart und die Finanzierung der Liegenschaft, das Auftreten
der Ehegatten gegenüber Behörden und Kunden sowie die Ausgestaltung des
internen Verhältnisses zwischen den Ehegatten. Formale Kriterien, wie
die im Handelsregister eingetragene Firma, die Benennung der Bilanzen
usw. spielen dagegen eher eine untergeordnete Rolle.

Erwägung 3

    3.- a) Der Beschwerdeführer betrieb seit dem Jahre 1962 ein Hotel in
M. Im Jahre 1963 erwarb die Ehefrau des Beschwerdeführers die streitigen
Hotelliegenschaften samt zugehörigem Mobiliar zu einem Preis von Fr.
1'015'000.- mit eigenen Mitteln von bloss Fr. 70'000.-. Für den Betrieb
in S. wurde eine eigene, vom Hotelbetrieb in M. vollkommen unabhängige
Buchhaltung geführt, in der die Liegenschaften und das Hotelmobiliar in
jeder Hinsicht wie Geschäftsvermögen behandelt, Neuinvestitionen aktiviert
und Abschreibungen, Liegenschaftsunterhaltskosten sowie Hypothekarzinsen
(von jährlich rund Fr. 35'000.-) zu Lasten der Gewinn- und Verlustrechnung
abgebucht wurden. Nach den Feststellungen der Steuerrekurskommission
Z., die von der Vorinstanz in den angefochtenen Entscheid einbezogen
worden sind, war die Ehefrau des Beschwerdeführers aktiv im Hotelbetrieb
in S. tätig. Übrigens wurde sie schon in der Steuererklärung 1965/66
(13. Wehrsteuerperiode) als Hotelière von Beruf bezeichnet. Aus diesen
Tatsachen muss geschlossen werden, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers
am Betrieb des Hotels in S. selbst zu einem wesentlichen Teil mitgewirkt
hat. Angesichts der Finanzierungsverhältnisse und der Behandlung der
Liegenschaften in den Geschäftsbüchern können diese Objekte zudem auf
keinen Fall als blosse Kapitalanlage der Ehefrau betrachtet werden. Die
streitigen Liegenschaften sind daher dem Geschäftsvermögen der Ehegatten
zuzuordnen.

    Diese Schlussfolgerung wird bekräftigt durch die vertragliche
Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen den Eheleuten. Die Ehegatten
X. haben untereinander den Güterstand der Gütertrennung vereinbart und
den Abschluss eines Pachtvertrages hinsichtlich der Liegenschaften und
des Hotelmobiliars vorbehalten. Ein solcher Vertrag wurde jedoch nie
geschlossen. Vielmehr wurden sämtliche anfallenden Liegenschaftsunkosten
und Hypothekarzinsen der Betriebsrechnung belastet. Einen Miet-
oder Pachtzins hat die Ehefrau bis 1969 nie erhalten. Sie hat die
Vermögensgegenstände in S. auch nicht im Rahmen ihrer ehelichen
Beistandspflicht ihrem Ehemann zur Verfügung gestellt. Dies hätte im
Gütertrennungsvertrag festgehalten werden können (vgl. z.B. Art. 247 ZGB),
wurde aber unterlassen und durch den Hinweis auf ein - bis 1970 nicht
zustande gekommenes - Pachtverhältnis ersetzt. Einen Lohn schliesslich,
auf den die Ehefrau gemäss Ehevertrag Anspruch haben soll, hat sie in
den Steuererklärungen nicht deklariert.

    b) Was der Beschwerdeführer gegen die Annahme vorbringt, seine
Ehefrau sei am Betrieb in S. wesentlich beteiligt gewesen, dringt nicht
durch. Zwar sind sowohl der Handelsregistereintrag als auch die Führung der
Bilanzen seit 1965 unter seinem Namen Indizien, die den Beschwerdeführer
als alleinigen Geschäftsinhaber erscheinen lassen. Gegen die Gesamtheit
aller übrigen Umstände vermögen diese Indizien indes nicht aufzukommen,
zumal sich die Ehegatten X. selbst über ihre gegenseitige Beteiligung am
Hotelbetrieb in S. in den sechziger Jahren nicht klar waren. Sonst wäre
der Name der Ehefrau nicht in den ersten beiden Geschäftsjahren auf den
Bilanzen erschienen.