Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 110 IB 1



110 Ib 1

1. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 13. Januar 1984 i.S. X. gegen Bundesamt für Polizeiwesen
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Internierung eines Ausländers in einer geschlossenen Anstalt (Art. 14
ANAG, Art. 4 der Verordnung über die Internierung von Ausländern vom
14. August 1968 (VIA), Art. 5 Ziff. 1 lit. f EMRK).

    1. Zuständigkeit und Verfahren bei der Anordnung der Internierung
eines Ausländers (E. 1b).

    2. Sowohl die Europäische Menschenrechtskonvention als auch das
Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer gestatten es
dem Bundesrat, in der Verordnung über die Internierung von Ausländern den
Internierungsvollzug in einer geschlossenen Anstalt vorzusehen (E. 2b). Im
konkreten Fall ist die Internierung des Ausländers in einer geschlossenen
Anstalt sowohl aufgrund von Art. 4 VIA wie auch von Art. 5 Ziff. 1 lit. f
EMRK zulässig (E. 2c/aa und 2c/cc). Der Internierungsvollzug in einem
Gefängnis ist nicht zum vornherein unzulässig (E. 2c/bb).

Sachverhalt

    A.- X. wurde am 22. Februar 1982 in Zürich verhaftet. Er erklärte den
Behörden, ein Kurde zu sein und im Februar 1956 in Pütürge in Ostanatolien
geboren worden zu sein. Die Botschaft der Türkei in der Schweiz stellte
am 12. März 1982 beim Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement
(EJPD) ein formelles Auslieferungsbegehren. Das Gesuch stützte sich auf
ein türkisches, militärgerichtliches Urteil, welches X. zur Last legt,
er habe Y. (der später das Attentat auf Z. verübte) dazu angestiftet,
einen Redaktor der Zeitung "Milliyet" zu ermorden, und er habe ihm dazu
auch die Pistole verschafft, die bei der Ermordung verwendet worden sei. In
seinem Entscheid vom 22. März 1983 hat das Bundesgericht die Auslieferung
des X. aus humanitären Gründen verweigert (Art. 3 Abs. 2 des Europäischen
Auslieferungsübereinkommens vom 13. Dezember 1957; EAÜ; SR 0.353.1).

    Bei seiner Verhaftung am 22. Februar 1982 erklärte X. dem
einvernehmenden Polizisten beiläufig, er verlange politisches Asyl, doch
reichte er erst am 24. März 1983 ein begründetes, formelles Asylgesuch
ein, welches erstinstanzlich abgewiesen wurde; das hiegegen erhobene
Rechtsmittelverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Schon am 23. März 1983
hatte die Schweizerische Bundesanwaltschaft dem Bundesamt für Polizeiwesen
die Internierung des X. beantragt. Aufgrund des Asylgesuches wurde
X. aber zunächst in zwei Jugendherbergen und später bei der Familie
C., einem türkisch-schweizerischen Ehepaar, untergebracht. Nachdem
aber X. nach Angaben der Behörden die an ihn gerichteten Weisungen
nicht korrekt eingehalten hatte, beantragte die Bundesanwaltschaft dem
Bundesamt für Polizeiwesen mit Schreiben vom 23. Juni 1983 "aus Gründen
der Staatssicherheit aber auch im Interesse seiner eigenen Sicherheit"
erneut die Internierung des X. Auf Veranlassung des EJPD beauftragte das
Bundesamt für Polizeiwesen die Fremdenpolizei des Kantons Zürich, X. im
Hinblick auf die ins Auge gefasste Internierung anzuhören, und verfügte
am 19. Juli 1983:

    "1. X. wird für 6 Monate in einer geschlossenen Anstalt interniert.

    Bis zum Zeitpunkt, indem die beauftragte Fremdenpolizei des Kantons
Zürich
   eine geeignete Anstalt gefunden hat, in die der Ausländer überführt
   werden kann, erfolgt die Internierung am jetzigen Wohnort, mit der
   Auflage, dass sich Herr X. alle drei Tage bei der Fremdenpolizei des
   Kantons Zürich zu melden hat. Nach Ablauf von 6 Monaten nach Eintritt
   in eine geschlossene

    Anstalt wird eine neue Verfügung getroffen.

    2. Die Internierung erfolgt auf eigene Kosten, soweit Mittel vorhanden
   sind.

    3. Die Internierung wird aufgehoben, wenn

    a) der Ausländer rechtmässig ausreisen kann (Art. 3 Abs. 2 VIA),

    b) ein anderer Staat sich zur Übernahme des Ausländers bereit erklärt
   und für den Internierten die Ausreise dorthin zumutbar ist,

    c) das Anwesenheitsverhältnis des Ausländers ordentlich geregelt wird.

    4. Gegen diese Verfügung kann innert 30 Tagen seit der Eröffnung und
   in Anwendung von Art. 47 Abs. 2 des Bundesgesetzes über das

    Verwaltungsverfahren beim Schweizerischen Bundesgericht ... Beschwerde
   erhoben werden ...

    5. In Anwendung von Art. 55 Abs. 2 des Bundesgesetzes über das

    Verwaltungsverfahren wird einer allfälligen Beschwerde die
aufschiebende

    Wirkung entzogen."

    Am 25. Juli 1983 wurde X. im Bezirksgefängnis Pfäffikon interniert.

    In einer als "Rekurs" überschriebenen Eingabe vom 19. Juli 1983
beantragt X. dem Bundesgericht:

    "Es sei die Verfügung aufzuheben.

    Es sei dem Rekurs die aufschiebende Wirkung zu verleihen, unter EF
   zugunsten des Rekurrenten."

    Der Beschwerdeführer bestreitet jede kriminelle Tätigkeit
und behauptet, die Voraussetzungen einer Internierung in einer
geschlossenen Anstalt seien nicht gegeben, da zu seinen Gunsten von der
Unschuldsvermutung auszugehen sei.

    Mit Schreiben vom 25. Juli 1983 forderte der Präsident der II.
öffentlichrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts das EJPD zur Erstattung
ergänzender Angaben sowie zur Stellung eines Antrages im Hinblick auf die
Gewährung der aufschiebenden Wirkung auf. In der Stellungnahme vom 27. Juli
1983 beantragt das Departement, es sei von der Gewährung der aufschiebenden
Wirkung abzusehen. In der Präsidialverfügung vom 28. Juli 1983 wurde dem
Beschwerdeführer Mitteilung von der Stellungnahme des Departements gemacht
und ihm gleichzeitig eine Frist zur Replik angesetzt; da das Departement
beachtliche Gründe gegen die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung
vorbrachte, wurde das diesbezügliche Begehren des Beschwerdeführers zur
Zeit abgewiesen.

    In seiner Vernehmlassung vom 22. August 1983 hält der Beschwerdeführer
an seinen ursprünglich gestellten Anträgen fest und bestreitet die
Ausführungen des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements. Mit
Eingabe vom 29. August 1983 hat der Beschwerdeführer noch weitere "Nova"
vorgebracht.

    Mit Präsidialverfügung vom 18. Oktober 1983 wurde das Bundesamt für
Polizeiwesen zur Vernehmlassung aufgefordert. In der Antwort, die vom EJPD
verfasst ist, wird die Abweisung der Beschwerde beantragt. Am 9. November
1983 ergänzte der Rechtsbeistand des X. seine Anträge unaufgefordert
wie folgt:

    "1. Es sei die angefochtene Verfügung aufzuheben.

    2. Es sei dem Beschwerdeführer die unentgeltliche Rechtspflege zu
   bewilligen mit dem Unterzeichneten als unentgeltlichem Rechtsbeistand.

    3. Es sei dem Beschwerdeführer nach Art. 5 Ziff. 5 EMRK eine

    Haftentschädigung auszurichten.

    4. Unter o/e-Kostenfolgen zulasten der Beschwerdegegner."

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- a) Auf eine unmittelbare Anhörung des Beschwerdeführers durch das
Bundesgericht kann verzichtet werden; er ist in Begleitung seines Anwalts
am 18. Juni 1983 einvernommen worden, worauf er in der anschliessenden
Verwaltungsgerichtsbeschwerde über seinen Rechtsbeistand alles vorbringen
konnte, was ihm zur Wahrung seines rechtlichen Gehörs erforderlich schien.

    b) Nach Art. 15 Abs. 4 des Bundesgesetzes über Aufenthalt und
Niederlassung der Ausländer vom 26. März 1931 (ANAG; SR 142.20) in
Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 der Verordnung über die Internierung von
Ausländern vom 14. August 1968 (VIA; SR 142.281) ist das Bundesamt
für Polizeiwesen für die Anordnung und den Vollzug der Internierung
zuständig. Die Internierung kann angeordnet werden, wenn eine Ausschaffung
des Ausländers nicht möglich ist (Art. 14 Abs. 2 ANAG; vgl. auch Art. 3
VIA). Gegen Internierungsverfügungen des Bundesamtes für Polizeiwesen
ist nach Art. 20 Abs. 1 ANAG die Beschwerde an das EJPD zulässig; da
alsdann keine Ausnahmevorschrift von Art. 100 lit. b OG Platz greift
und die vorliegende Internierung auch kein "acte de gouvernement" ist
(Art. 100 lit. a OG; BGE 104 Ib 132 E. 1), kann der Departementsentscheid
mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht weitergezogen werden
(vgl. auch Art. 20 Abs. 3 ANAG).

    Im vorliegenden Fall hat das EJPD jedoch hinsichtlich der Internierung
Weisungen erteilt, weshalb die Verfügung des Bundesamtes für Polizeiwesen
unmittelbar an das Bundesgericht weitergezogen werden konnte (sog.
Sprungrekurs: Art. 47 Abs. 2 VwVG). Da der Rechtsmittelweg somit
eingehalten ist und die Eingabe des Beschwerdeführers die gesetzlichen
Anforderungen an eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde erfüllt, ist auf die
Sache einzutreten.

    Es ist aber an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass das
Sprungrekursverfahren nur ausnahmsweise zur Anwendung kommen sollte:
Das Bundesgericht ist in erster Linie dazu berufen, Beschwerdeentscheide
zu überprüfen, weshalb der ordentliche Rechtsmittelzug grundsätzlich
einzuhalten ist, nicht zuletzt auch im Hinblick auf die Wahrung der
Parteirechte des von der Internierung Betroffenen. Die unmittelbare
Beschwerdemöglichkeit ans Bundesgericht ist auch nicht durch Art. 5
Ziff. 4 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten
vom 4. November 1950 (EMRK; SR 0.101) bedingt: Dass "raschmöglichst" ein
Gericht "über die Rechtmässigkeit der Haft" zu entscheiden hat, bedeutet
nicht, dass ein vorgeschaltetes Administrativverfahren ausgeschlossen wäre.

Erwägung 2

    2.- a) Nach Abweisung des türkischen Auslieferungsbegehrens durch
das Bundesgericht am 22. März 1983 war die Ausschaffung des X. im
Sinne von Art. 14 Abs. 2 ANAG in Verbindung mit Art. 3 VIA einstweilen
undurchführbar, durfte dem Beschwerdeführer doch einerseits die Rückreise
in seinen Heimatstaat aufgrund des ergangenen Bundesgerichtsentscheides
nicht zugemutet werden und anderseits war auch eine rechtmässige Ausreise
in einen Drittstaat nicht möglich. Ist aber die Ausschaffung eines über
keine Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz verfügenden Ausländers nicht
möglich, so kann nach Art. 14 Abs. 2 ANAG an deren Stelle die Internierung
treten, welche unter dem Vorbehalt von Art. 27 ANAG nicht länger als zwei
Jahre dauern darf.

    b) "Die Internierung wird innerhalb der im Gesetz vorgesehenen Dauer
vollzogen: a) durch Einweisung in eine geschlossene oder offene Anstalt
oder in ein geeignetes Heim" (Art. 4 Abs. 1 lit. a VIA). Im angefochtenen
Entscheid wird die Internierung in einer "geeigneten geschlossenen Anstalt"
verfügt. Der Beschwerdeführer rügt nicht, dass Art. 4 Abs. 1 lit. a VIA,
soweit die Bestimmung den Internierungsvollzug in einer geschlossenen
Anstalt zulässt, an sich rechtswidrig sei; das Bundesgericht kann diese
Frage jedoch von Amtes wegen prüfen.

    Die Internierung in einer geschlossenen Anstalt steht zunächst nicht im
Widerspruch zum ANAG: Insbesondere überlässt Art. 14 ANAG die Bestimmung
des Internierungsvollzuges dem Verordnungsgeber, wobei der allgemeine
Sprachgebrauch die Verwahrung des Internierten in einer geschlossenen
Anstalt mitbeinhaltet (vgl. dazu z.B. den Duden "Rechtschreibung", welcher
den Begriff als "staatlichen Gewahrsam" oder als ein "in Haft nehmen"
definiert). Die Internierungsmöglichkeit ist sodann auch im Rahmen der
Europäischen Menschenrechtskonvention gegeben, wenn die Ausschaffung
eines Ausländers unmöglich ist (vgl. dazu den Bericht des Bundesrates an
die Bundesversammlung über die Konvention zum Schutze der Menschenrechte
und Grundfreiheiten vom 9. Dezember 1968, in BBl 1968 II, S. 1088/1089
Ziff. 4). Der Bundesrat war somit berechtigt, in seiner Verordnung den
Internierungsvollzug in einer geschlossenen Anstalt vorzusehen.

    c) Zu prüfen ist nunmehr, ob die Internierung in einer geschlossenen
Anstalt im konkreten Fall zulässig war. Da das Eidgenössische
Justiz- und Polizeidepartement im Rahmen der Verwaltungsbeschwerde
den Internierungsentscheid des Bundesamtes für Polizeiwesen auch auf
Unangemessenheit überprüft hätte (Art. 49 lit. c VwVG), hat auch das
Bundesgericht, welches im Sprungrekursverfahren über die Befugnisse der
übersprungenen Instanz verfügt (Art. 47 Abs. 3 VwVG), die Opportunität
des angefochtenen Entscheids ebenfalls zu prüfen.

    aa) Art. 4 VIA überlässt der rechtsanwendenden Behörde die Wahl unter
verschiedenen Vollzugsformen der Internierung. Eine freie Unterbringung
kommt aber nur in Frage, wenn die Internierungsverfügung bloss den Zweck
hat, das Anwesenheitsverhältnis eines Ausländers, der keine ordentliche
kantonale Bewilligung erhalten hat, aber auch nicht ausgeschafft werden
kann, gesetzmässig zu regeln (Art. 4 Abs. 1 lit. a VIA). Der Zweck der
Internierung des Beschwerdeführers geht aber über die blosse gesetzmässige
Regelung des Anwesenheitsverhältnisses hinaus: Der illegal in die Schweiz
eingereiste Beschwerdeführer war bei seiner Verhaftung in Zürich in
Begleitung eines extremistischen Aktivisten und Mitgliedes der "Grauen
Wölfe", die ihre politischen Ziele auch mit terroristischen Mitteln zu
verwirklichen suchen. Bei seinen früheren Aufenthalten in Wien hatte
X. sodann mit diesem Mann in derselben Wohnung gelebt. Die Kontakte zu
den gleichen Kreisen hat der Beschwerdeführer auch nicht abgebrochen,
als ihm zunächst ein relativ freier Aufenthaltsort in der Jugendherberge
in W. zugewiesen worden war. Schliesslich bleibt er für die ihm von der
Türkei vorgeworfenen schweren strafbaren Handlungen weiterhin verdächtig,
wenn auch zu seinem Schutze die Auslieferung verweigert wurde. Die
Kontakte des Beschwerdeführers zu terroristischen Kreisen begründen
ein eigentliches Sicherheitsrisiko, was seine Internierung in einer
geschlossenen Anstalt rechtfertigte. Nicht zugunsten des Beschwerdeführers
spricht es sodann auch, dass er ein formelles Asylgesuch erst stellte,
als seine Internierung unmittelbar bevorstand und nicht sofort an
der Landesgrenze oder wenigstens nach seiner illegalen Einreise in die
Schweiz. Da der Schutz der Öffentlichkeit mit keinem schonenderen Mittel
als seiner Einschliessung in einer Anstalt erreicht werden konnte, war
der Eingriff in die persönliche Freiheit des Beschwerdeführers auch
verhältnismässig. Im vorliegenden Fall war die Internierung in einer
geschlossenen Anstalt gestützt auf die dem Bundesgericht zur Verfügung
stehenden Unterlagen somit sachgerecht und verhältnismässig.

    bb) Die angefochtene Verfügung hat lediglich die Internierung in
einer "geeigneten geschlossenen Anstalt" angeordnet. Die Frage, ob diese
Anstalt ein Gefängnis sein konnte, ist nicht Beschwerdegegenstand und kann
daher auch nicht überprüft werden: Zur Überprüfung dieser Frage hätte der
kantonale Vollzugsakt zum Gegenstand einer besonderen Beschwerde gemacht
werden müssen. Immerhin behauptet der Beschwerdeführer selbst nicht, das
Bezirksgefängnis Pfäffikon sei keine geeignete geschlossene Vollzugsanstalt
für die Internierung; er wehrt sich vielmehr gegen die Einweisung in eine
geschlossene Anstalt an sich. Ausserdem kann wohl ohnehin nicht gesagt
werden, ein Gefängnis sei ein schlechthin ungeeigneter Vollzugsort für
eine Internierung: massgeblich scheint vielmehr zu sein, welchem konkreten
Verwahrungsregime der betreffende Internierte unterstellt wird.

    cc) Zu prüfen bleibt, ob die Internierung des Beschwerdeführers in
einer geschlossenen Anstalt menschenrechtskonform ist. Nach Art. 5 Ziff. 1
EMRK hat jedermann ein Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf
einem Menschen nur in den in der Bestimmung (lit. a-f) genannten Fällen
und nur auf gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden. Dass die
Internierung in gesetzlich vorgeschriebener Weise erfolgte, wurde soeben
gezeigt (E. 2c, aa). Es fragt sich aber, ob auch einer der in Art. 5 EMRK
genannten Fälle, welcher eine Freiheitsentziehung rechtfertigt, vorliegt;
dies ist zu bejahen. Nach Art. 5 Ziff. 1 lit. f EMRK darf die Freiheit
einem Menschen entzogen werden, "wenn er rechtmässig festgenommen worden
ist oder in Haft gehalten wird, um ihn daran zu hindern, unberechtigt in
das Staatsgebiet einzudringen, oder weil er von einem gegen ihn schwebenden
Ausweisungs- und Auslieferungsverfahren betroffen ist".

    Ausgehend vom blossen Wortlaut der Bestimmung könnte man sich
mit dem Beschwerdeführer auf den Standpunkt stellen, keine der in
Art. 5 Ziff. 1 lit. f EMRK genannten Varianten sei im vorliegenden
Internierungsfall erfüllt. Die rein grammatikalische Auslegung vermag
jedoch dem Sinn und Zweck der Norm nicht gerecht zu werden. Die Europäische
Menschenrechtskommission hat festgestellt, die Bedingungen zur Anwendung
von Art. 5 Ziff. 1 lit. f EMRK seien in einem belgischen Fall erfüllt
gewesen, in welchem der Gesuchsteller, der nicht ausgewiesen werden
konnte, in einer Anstalt zur "Verfügung der Regierung gestellt" wurde
(Entscheid vom 13. April 1961 in Annuaire de la Convention Européenne
des droits de l'homme Nr. 4/1961, S. 237 ff.; vgl. auch den Bericht des
Bundesrates an die Bundesversammlung über die Konvention zum Schutze der
Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 9. Dezember 1968, in BBl 1968 II, S.
1089 Ziff. 4). Das Bundesgericht hat sich bei der Auslegung von Erlassen
denn auch stets von einem Methodenpluralismus leiten lassen (vgl. dazu den
systematischen Überblick bei IMBODEN-RHINOW, Verwaltungsrechtsprechung, 5.
Aufl., Nr. 20 B, S. 130 ff.) und nur dann allein auf die grammatikalische
Auslegungsmethode abgestellt, wenn sich daraus zweifellos eine sachlich
richtige Lösung ergab.

    Die Tatbestandsvariante des unberechtigten Eindringens in das
Staatsgebiet kann nach teleologischen Gesichtspunkten nur so verstanden
werden, dass auch der bereits illegal ins Land eingedrungene Ausländer
soll erfasst werden können, wenn von dessen Gefährlichkeit auszugehen ist
und er nicht wieder ins Ausland abgeschoben werden kann: Es geht darum,
solche Ausländer daran zu hindern, sich frei auf dem Staatsgebiet zu
bewegen. Ob die Internierung auch auf Art. 5 Ziff. 1 lit. f EMRK gestützt
werden kann, wenn der Ausländer legal in die Schweiz gekommen ist, braucht
hier nicht geprüft zu werden. Im vorliegenden Fall ist der Beschwerdeführer
illegal in das Staatsgebiet eingedrungen, ferner ist seine Ausschaffung
gegenwärtig nicht möglich und schliesslich ist zu befürchten, dass er
für Dritte gefährlich ist, weshalb seine auf sechs Monate befristete
Einweisung in eine geschlossene Anstalt auch unter dem Gesichtswinkel
von Art. 5. Ziff. 1 lit. f EMRK zulässig war.

    Bei dieser Sachlage kann die weitere Frage, ob die Einschliessung mit
Art. 5 Ziff. 1 lit. f EMRK auch vereinbar ist, weil der Beschwerdeführer
von einem Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren betroffen ist,
offen gelassen werden: Obwohl nämlich das Bundesgericht in seinem
Entscheid vom 22. März 1983 die Auslieferung des Beschwerdeführers an
die Türkei verweigerte, wäre nicht auszuschliessen, dass bei einer
wesentlichen Änderung der für den damaligen Entscheid massgeblichen
Umstände eine Rückschiebung des Beschwerdeführers in seinen Heimatstaat
erfolgen könnte. Auch die Ausweisung des Beschwerdeführers in einen
Drittstaat, der bereit wäre, ihn aufzunehmen, bleibt vorbehalten. Wenn
auch gegenwärtig kein formelles Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren
gegen den Beschwerdeführer angehoben ist, sind die zuständigen Behörden
doch intensiv an der Suche, seine rechtmässige Abschiebung in die Wege
zu leiten.

    d) Selbstverständlich kann sich der Beschwerdeführer auch nicht auf
das Asylrecht berufen, um seiner Internierung zu entgehen. Wohl bestimmt
Art. 19 Abs. 1 des Asylgesetzes vom 5. Oktober 1979 (AsylG; SR 142.31),
dass sich der Asylbewerber bis zum Abschluss des Asylverfahrens in
der Schweiz aufhalten könne, doch präzisiert Art. 19 Abs. 3 AsylG,
die zuständige Behörde könne dem Asylbewerber einen Aufenthaltsort
zuweisen. Eine nach ANAG angezeigte Internierung kann nicht durch ein
Asylgesuch gehemmt werden.

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Internierungsverfügung
des Bundesamtes für Polizeiwesen vom 13. Juli 1983 und das Gesuch um
Entschädigung wegen unrechtmässiger Inhaftierung werden abgewiesen.

    (...)