Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 110 IA 176



110 Ia 176

36. Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 26. September 1984
i.S. Peter Herzog und Mitbeteiligte gegen Kanton Thurgau und Grosser
Rat des Kantons Thurgau (staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Art. 85 lit. a OG; Fristwahrung, Teilungültigkeit einer
Volksinitiative.

    1. Soweit sich eine Stimmrechtsbeschwerde gegen Handlungen richtet,
die der Vorbereitung von Abstimmungen und Wahlen dienen, ist sie
grundsätzlich im Anschluss an deren Anordnung zu erheben (Präzisierung
der Rechtsprechung) (E. 2a).

    2. Das Stimmrecht wird im vorliegenden Fall nicht dadurch verletzt,
dass eine formulierte Volksinitiative teilweise als ungültig erklärt und
nur der gültige Teil der Volksabstimmung unterbreitet wird (E. 3).

Sachverhalt

    A.- Zwischen dem Kanton Thurgau einerseits und dem Land
Baden-Würtemberg andererseits besteht eine staatsvertragliche Vereinbarung
vom 5. Juni 1954 betreffend die gemeinschaftliche Wasserjagd auf dem
Untersee und dem Rhein. Nach dieser Vereinbarung steht den männlichen
Einwohnern der an die beiden Gewässer angrenzenden Gemeinden zu bestimmten
Zeiten und unter im einzelnen umschriebenen Bedingungen das Recht zu,
die sogenannte Wasserjagd auf bestimmte Vogelarten auszuüben.

    Mit einer formulierten Volksinitiative wurde das folgende Begehren
gestellt:

    "Der Staat setzt sich ein für die Abschaffung der gemeinschaftlichen

    Wasserjagd auf dem Untersee und Rhein. In allen seewärts des Uferweges
   vom Kuhhorn (oberhalb Gottlieben) bis Ermatingen gelegenen Gebieten
   ist die Wasserjagd untersagt."

    Der Grosse Rat des Kantons Thurgau beschloss, den zweiten Satz der
Initiative wegen Staatsvertragswidrigkeit als ungültig zu erklären und
ihn dem Volk nicht zur Abstimmung zu unterbreiten. Er bereinigte den Text
und legte dem Volk die Initiative auf Änderung der Kantonsverfassung in
folgender Fassung vor:

    "§ 24ter. Der Staat setzt sich ein für die Abschaffung der
   gemeinsamen Wasserjagd auf dem Untersee und Rhein."

    Dieser Beschluss des Grossen Rates wurde am 9. Dezember 1983 im
Amtsblatt des Kantons Thurgau veröffentlicht. Die Stimmbürger des
Kantons Thurgau nahmen die Volksinitiative am 29. Januar 1984 an. Das
Abstimmungsergebnis wurde im Amtsblatt am 3. Februar 1984 publiziert.

    Am 23. Februar 1984 reichten Peter Herzog und weitere Bürger gestützt
auf Art. 85 lit. a OG beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde
ein. Sie beantragen die Aufhebung der Volksabstimmung mit der Begründung,
der Grosse Rat hätte den Text der Volksinitiative nicht verändern dürfen.

    Das Bundesgericht nimmt zur Frage der Fristwahrung Stellung und weist
die Beschwerde materiell ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                         Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Die drei Beschwerdeführer sind unbestrittenermassen
stimmberechtigte Einwohner des Kantons Thurgau. Als solche sind sie zur
Stimmrechtsbeschwerde im Sinne von Art. 85 lit. a OG legitimiert.

Erwägung 2

    2.- Der Grosse Rat des Kantons Thurgau beantragt in seiner
Stellungnahme, auf die Stimmrechtsbeschwerde sei wegen Verspätung nicht
einzutreten. Er macht geltend, die Beschwerde richte sich nicht gegen die
Durchführung und Auswertung der Abstimmung als solche, sondern vielmehr
gegen die Formulierung der Abstimmungsfrage. Diese sei vom Grossen Rat
am 7. November 1983 beschlossen und am 9. Dezember 1983 im Amtsblatt des
Kantons Thurgau publiziert worden. Die Beschwerde hätte daher im Anschluss
daran innert dreissig Tagen erhoben werden müssen. Demgegenüber sind die
Beschwerdeführer der Ansicht, sie hätten das Ergebnis der Abstimmung vom
29. Januar 1984 abwarten und ihre Beschwerde innert dreissig Tagen seit
der Abstimmung erheben dürfen.

    a) Nach Art. 89 Abs. 1 OG ist die staatsrechtliche Beschwerde
innert dreissig Tagen seit der nach kantonalem Recht massgebenden
Eröffnung oder Mitteilung beim Bundesgericht zu erheben. Richtet sich
eine Stimmrechtsbeschwerde gegen Handlungen, die der Vorbereitung einer
Abstimmung dienen, so beginnt die Beschwerdefrist mit der Eröffnung
oder Mitteilung der entsprechenden Anordnung. Nach der Rechtsprechung
ist die Beschwerde sofort und vor der Durchführung der Abstimmung
einzureichen, damit der Mangel noch vor der Abstimmung behoben werden
kann und diese nicht wiederholt zu werden braucht; unterlässt dies der
Stimmberechtigte, obwohl nach den Verhältnissen ein sofortiges Handeln
geboten und zumutbar war, so verwirkt er das Recht zur Anfechtung des
Abstimmungsergebnisses (BGE 106 Ia 198 E. 2c, 105 Ia 150, 101 Ia 241,
99 Ia 644 E. 5a, 98 Ia 620 E. 2, ZBl 84/1983 S. 276, 83/1982 S. 205,
80/1979 S. 528, mit Hinweisen). Solche Vorbereitungshandlungen stellen
etwa Beschlüsse über die Durchführung einer Abstimmung (BGE 105 Ia 12),
über die Ungültigkeit einer Initiative (BGE 105 Ia 362) oder über die
Formulierung der Abstimmungsfrage (BGE 106 Ia 22) dar. Dazu zählen nach
der bundesgerichtlichen Rechtsprechung auch amtliche Erläuterungen zu
Volksabstimmungen (BGE 106 Ia 198 E. 2c); diese weisen lediglich die
Besonderheit auf, dass sie den Stimmberechtigten oftmals kurz vor dem
Abstimmungstag zugestellt werden und dass das Datum der Zustellung in der
Regel nicht genau festgestellt werden kann. Solche Vorbereitungshandlungen
sind grundsätzlich im Anschluss an deren Anordnung innert dreissig Tagen
anzufechten. Läuft diese Frist indessen nach dem Abstimmungstermin ab, so
kann nicht verlangt werden, dass die Beschwerde vor der Durchführung der
Abstimmung erhoben wird; in diesem Fall kann eine Vorbereitungshandlung mit
einer gegen die Abstimmung als solche gerichteten Beschwerde angefochten
werden (BGE 106 Ia 198 E. 2c, 101 Ia 241; anders BGE 99 Ia 220 E. 2a).

    Diese Grundsätze sind in der Praxis nicht durchwegs konsequent
angewendet worden; in keinem der erwähnten Urteile ist das Bundesgericht
wegen Verspätung auf die Beschwerden nicht eingetreten. Zum Teil hat es
die Eintretensfrage offengelassen und die Beschwerden aus materiellen
Erwägungen abgewiesen (BGE 99 Ia 644 E. 5a, 98 Ia 620 E. 2). In anderen
Fällen war über die Eintretensfrage nicht zu entscheiden, weil separate
Beschwerden sowohl gegen die Anordnung der Vorbereitungshandlung als auch
gegen die Abstimmung erhoben worden sind (BGE 105 Ia 150, ZBl 80/1979
S. 528). Bei einer weitern Beschwerde lief die von der Anordnung der
Vorbereitungshandlung an gerechnete Frist erst nach dem Abstimmungstermin
ab (BGE 106 Ia 198). In einer letzten Gruppe von Fällen ist das
Bundesgericht auf Beschwerden, die sich gegen Vorbereitungshandlungen
richteten, aber erst nach der Abstimmung eingereicht wurden, eingetreten,
obwohl die von der Anordnung der Vorbereitungshandlung an gerechnete
dreissigtägige Frist vor der Abstimmung abgelaufen ist: Im Falle von
BGE 101 Ia 241 endete die Frist drei Tage vor dem Abstimmungstage;
da in diesem Zeitpunkt der Mangel nicht mehr behoben werden konnte,
trat das Bundesgericht auf die Beschwerde ein. Im Entscheid ZBl 83/1982
S. 205 führte das Bundesgericht aus, die Anfechtung vor der Abstimmung
erscheine dann als unzumutbar, wenn die Zeit trotz rechtzeitiger
Beschwerdeerhebung zu knapp wäre, um die gerügten Mängel vor dem
Abstimmungstermin zu beheben; in dieser Beschwerdesache lief die Frist
am Montag vor dem Abstimmungssonntag ab, und das Bundesgericht hat
die Beschwerde materiell behandelt (vgl. WALTER KÄLIN, Das Verfahren
der staatsrechtlichen Beschwerde, Bern 1984, S. 303 N. 48). In einer
weiteren Stimmrechtsangelegenheit ist das Bundesgericht auf eine Beschwerde
eingetreten, ohne darzutun, aus welchen Gründen die Beschwerde nicht vor
der Abstimmung hätte eingereicht werden können (ZBl 84/1983 S. 276).

    Angesichts dieser Praxis erscheint es angezeigt, die Rechtsprechung
klarzustellen. Soweit sich Stimmrechtsbeschwerden gegen Handlungen
richten, die der Vorbereitung von Abstimmungen und Wahlen dienen,
sind sie grundsätzlich im Anschluss an deren Anordnung innert dreissig
Tagen zu erheben. Ein sofortiges Handeln ist normalerweise durchaus
zumutbar. Wegen der zwingenden Natur der Rechtsmittelfrist rechtfertigt es
sich nämlich nicht, nach der Durchführung der Abstimmung gewissermassen
eine zweite Frist beginnen zu lassen. Wohl kann die Zeitspanne zwischen
dem Fristenablauf und dem Abstimmungsdatum zu kurz sein, als dass das
Bundesgericht materiell entscheiden oder eine vorsorgliche Verfügung
treffen könnte. Diese rein praktische Überlegung reicht indessen nicht aus,
von der gesetzlichen Regelung abzuweichen. Der Stimmberechtigte erleidet
auch keinen Nachteil, wenn von ihm sofortiges Handeln verlangt wird; wird
die Abstimmung nämlich aufgrund der beanstandeten Vorbereitungshandlung
durchgeführt, so ist die dagegen gerichtete Beschwerde nach der
Rechtsprechung so zu verstehen, dass sinngemäss auch der Antrag auf
Aufhebung der Abstimmung selber gestellt wird (BGE 105 Ia 150). Zudem wäre
es stossend und mit Treu und Glauben unvereinbar, wenn ein Beschwerdeführer
wegen eines Mangels, den er zunächst widerspruchslos hingenommen hat,
hinterher die Abstimmung anfechten könnte, weil deren Ergebnis den
gehegten Erwartungen nicht entspricht (BGE 89 I 86 f.; vgl. Botschaft
des Bundesrates zum Bundesgesetz über die politischen Rechte, BBl
1975 I 1356). Vom Grundsatz, dass die gegen Vorbereitungshandlungen
gerichtete Beschwerde sofort nach deren Anordnung innert dreissig Tagen
einzureichen ist, kann lediglich abgewichen werden, wenn die Frist nach
dem Abstimmungstermin abläuft (BGE 106 Ia 199 E. c) oder wenn spezielle
Gründe sofortiges Handeln als unzumutbar erscheinen lassen (BGE 89 I 87);
Unzumutbarkeit wird indessen nicht durch den Umstand begründet, dass die
Beschwerdefrist kurz vor dem Abstimmungstage endet. In diesem Sinne ist
die Rechtsprechung klarzustellen.

    b) Im vorliegenden Fall machen die Beschwerdeführer geltend, der
Initiativtext sei zu Unrecht verändert worden, und sie fechten damit die
dem Volk unterbreitete Abstimmungsfrage an. Der Beschluss des Grossen
Rates hierüber stellt eine Vorbereitungshandlung zu einer Abstimmung
dar, welche nach den genannten Grundsätzen innert dreissig Tagen
seit der Bekanntmachung mit Beschwerde angefochten werden muss. Unter
diesem Gesichtswinkel erweist sich die Beschwerde als verspätet. In
zeitlicher Hinsicht ist indessen zu beachten, dass die Beschwerdefrist
am Montag vor dem Abstimmungssonntag endete. Somit ist der vorliegende
Fall den in BGE 101 Ia 241 und ZBl 83/1982 S. 205 beurteilten Umständen
vergleichbar. Diese Praxis konnte daher den Eindruck erwecken, es könne
auch noch während dreissig Tagen nach der Abstimmung Beschwerde geführt
werden. Da die vorstehend genannten Grundsätze eine Verschärfung der Praxis
darstellen, sind sie im vorliegenden Fall noch nicht anzuwenden. Denn
nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung bedeuten Praxisänderungen,
welche Fragen der Zulässigkeit eines Rechtsmittels berühren oder die
Verwirkung eines Rechts zur Folge haben, eine Verletzung von Art. 4 BV,
wenn sie ohne vorherige Ankündigung vorgenommen werden (BGE 104 Ia 3 E. 4,
101 Ia 371 E. 2, 94 I 16, mit Hinweisen). Aus diesem Grunde kann daher
auf die vorliegende Beschwerde eingetreten werden.

Erwägung 3

    3.- In materieller Hinsicht ist nicht streitig, ob der Grosse Rat zu
Recht oder zu Unrecht angenommen habe, der zweite Satz des Initiativtextes
stehe mit dem eingangs erwähnten Staatsvertrag vom 5. Juni 1954 in
Widerspruch und dürfe deshalb wegen Verstosses gegen übergeordnetes Recht
nicht zur Abstimmung gebracht werden. Die Beschwerdeführer machen einzig
geltend, gemäss § 26 Abs. 2 des thurgauischen Gesetzes über Wahlen und
Abstimmungen vom 10. Januar 1953 (Wahl- und Abstimmungsgesetz) dürfe der
Text einer formulierten Initiative nicht verändert werden. Ihr Standpunkt
ist somit im Ergebnis der, dass die Initiative entweder unverändert
der Volksabstimmung hätte unterbreitet oder in ihrem ganzen Inhalt als
ungültig erklärt werden müssen. Der Grosse Rat vertritt demgegenüber
die Auffassung, der erwähnten Gesetzesbestimmung komme nicht eine derart
umfassende Bedeutung zu, wie dies die Beschwerdeführer annähmen. Es gehe
nur darum, dass der Sinn der Initiative nicht durch redaktionelle Eingriffe
verändert werde, jedoch nicht um den Ausschluss einer Teilnichtigkeit in
Fällen, in denen die Initiative zwei oder mehr verschiedene Teile umfasse,
von denen einzelne auch für sich allein eine dem Willen der Initianten
mindestens in einem Teilbereich entsprechende Lösung ergäben.

    a) Bei Stimmrechtsbeschwerden prüft das Bundesgericht nicht nur die
Auslegung von Bundesrecht und kantonalem Verfassungsrecht frei, sondern
auch diejenige anderer kantonaler Vorschriften, welche den Inhalt des
Stimm- und Wahlrechts normieren oder mit diesem in engem Zusammenhang
stehen (BGE 109 Ia 47 E. b, 108 Ia 39 E. 2, 163 E. a, 167 E. a, mit
Hinweisen). In ausgesprochenen Zweifelsfällen schliesst es sich jedoch
der von der obersten kantonalen Behörde vertretenen Auffassung an. Als
oberste kantonale Behörde anerkennt das Bundesgericht das Volk und das
Parlament (BGE 109 Ia 47 E. 3b, 107 Ia 220 E. 2b, mit Hinweisen).

    b) § 26 Abs. 2 des thurgauischen Wahl- und Abstimmungsgesetzes hat
folgenden Wortlaut:

    "Enthält die Initiative den vollen Wortlaut des angestrebten

    Erlasses, so ist sie als formulierte Initiative zu behandeln. An ihrem

    Text darf nichts verändert werden."

    Es ist anzuerkennen, dass die Auffassung der Beschwerdeführer nach
diesem Text einiges für sich zu haben scheint. Entscheidend ist aber nicht
allein der Wortlaut, sondern der Sinn einer gesetzlichen Bestimmung. Es
ist davon auszugehen, dass das thurgauische Recht keine Bestimmungen
darüber enthält, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen
eine kantonale Volksinitiative als ungültig erklärt werden darf. Bei
dieser Sachlage ist das Kantonsparlament nach ständiger Rechtsprechung
des Bundesgerichtes berechtigt, aber nicht verpflichtet, Initiativen auf
ihre Vereinbarkeit mit Normen höherer Ordnung zu prüfen und die Anordnung
einer Volksabstimmung zu verweigern, wenn diese Vereinbarkeit fehlt
(BGE 105 Ia 12 E. 2a, 364 E. 2, 102 Ia 134 E. 3, 550 E. 2a). Auch die
Beschwerdeführer sprechen dem Grossen Rat die Befugnis, in diesem Sinne
über die Gültigkeit einer Initiative - und zwar auch einer sogenannten
formulierten Initiative - zu befinden, nicht ab. Sie wollen § 26 Abs. 2
des Wahl- und Abstimmungsgesetzes lediglich in dem Sinne verstanden
wissen, dass diese Bestimmung die Annahme blosser Teilnichtigkeit einer
Initiative ausschliesse. Indessen wäre es schwer verständlich, wenn
das Kantonsparlament zwar ermächtigt sein sollte, eine Initiative aus
rechtlichen Gründen von der Volksabstimmung auszuschliessen, ihm aber der
schonendere Weg der Teil-Nichtigerklärung verschlossen bliebe. Die neuere
Rechtsprechung des Bundesgerichts geht denn auch dahin, die Prüfungsbehörde
habe es bei einer blossen Teil-Ungültigerklärung bewenden zu lassen,
wenn vernünftigerweise angenommen werden könne, die Initianten hätten
auch dem verbleibenden Teil der Initiative zugestimmt (BGE 105 Ia 365,
mit Hinweisen). Diese Lösung, die sowohl der Achtung vor dem Willen der
Initianten als auch dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit entspricht,
ist in der Literatur vorwiegend auf Zustimmung gestossen (ALFRED KÖLZ,
Die kantonale Volksinitiative in der Rechtsprechung des Bundesgerichts, in
ZBl 83/1982, S. 26; JÖRG PAUL MÜLLER, Die staatsrechtliche Rechtsprechung
des Bundesgerichtes im Jahre 1979, ZBJV 117/1981, S. 240/241; kritisch aber
ALBERTO FERRARI, Die Zuständigkeit und das Verfahren der Ungültigkeit von
Volksbegehren: eine kritische Betrachtung anhand von Fällen in Bund und
Kanton Zürich, Züricher Diss. 1982, S. 58; ETIENNE GRISEL, La validité
partielle des initiatives populaires, in: Festschrift Eichenberger, Basel
1982, S. 335 ff.). Es besteht kein Anlass, hier von der Rechtsprechung
abzuweichen.

    c) Geht man aber von diesen Grundsätzen aus, so ist festzustellen,
dass das wesentliche Anliegen der Initianten in der Verpflichtung
des Kantons liegt, sich für die Abschaffung der Vogeljagd auf Rhein
und Untersee einzusetzen. Dieses kommt im ersten Satz der Initiative
zum Ausdruck, dessen Gültigkeit unbestritten war und der denn auch in
unveränderter Form der Volksabstimmung unterbreitet wurde. Satz 2 enthält
eine Konkretisierung dieses Prinzips und eine genaue geographische
Fixierung der Linie, welche das Jagdverbotsgebiet begrenzen soll. Die
Annahme des Grossen Rates, diejenigen Personen, die wegen ihrer Abneigung
gegen die Wasserjagd das Volksbegehren unterzeichnet haben, hätten dies
vermutlich auch dann getan, wenn dieser zweite Satz weggeblieben wäre,
liegt daher nahe. Das kommt bis zu einem gewissen Grad auch im Umstand
zum Ausdruck, dass sich die Initianten mit der Streichung des zweiten
Satzes abgefunden und auf eine staatsrechtliche Beschwerde verzichtet
hatten. Die Behauptung der Gegner der Vorlage, bei Belassung des zweiten
Satzes wären der Initiative zusätzliche Gegner erwachsen, erscheint kaum
stichhaltig. Schliesslich kann nicht gesagt werden, § 26 Abs. 2 des Wahl-
und Abstimmungsgesetzes verliere jeden vernünftigen Sinn, wenn man ihn
nicht auf Fälle wie den vorliegenden bezieht. Er behält die Bedeutung,
dass redaktionelle Änderungen am Text einer formulierten Initiative
ausgeschlossen sind und Korrekturen allenfalls nur im Zusammenhang mit der
Ungültigerklärung zugelassen sind. Bei dieser Sachlage erweist sich die
Beschwerde als unbegründet, und es braucht nicht auf die Regel abgestellt
zu werden, wonach sich das Bundesgericht in ausgesprochenen Zweifelsfällen
der Auslegung der obersten kantonalen Instanz anschliesst. Die Beschwerde
ist demnach abzuweisen.