Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 109 V 86



109 V 86

18. Auszug aus dem Urteil vom 20. Juni 1983 i.S. T. gegen Ausgleichskasse
des Kantons Zürich und AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich Regeste

    Art. 52 AHVG: Schadenersatzpflicht des Arbeitgebers.

    - Berücksichtigung der rechtlichen und faktischen Stellung eines
Organs einer Aktiengesellschaft (Erw. 4-6).

    - Solidarische Haftung. Verhältnis von Art. 52 AHVG zu Art. 9 Abs. 2
Verantwortlichkeitsgesetz (anteilsmässige Haftung) (Erw. 7).

    - Verjährung der Schadenersatzforderung. Verhältnis von Art. 16 Abs. 1
AHVG zu Art. 82 Abs. 1 AHVV (Erw. 9).

    - Keine Berufung auf die verspätete Geltendmachung der
Schadenersatzforderung gegenüber andern Verwaltungsratsmitgliedern
(Erw. 10).

    - Haftung des Verwaltungsratsmitglieds einer Aktiengesellschaft für
die Nichtbezahlung der paritätischen Beiträge nach seinem Ausscheiden
aus dem Verwaltungsrat (Präzisierung der Rechtsprechung; Erw. 13).

Sachverhalt

    A.- Hans T. war Verwaltungsratspräsident, W. B. zunächst Mitglied des
Verwaltungsrates und später dessen Vizepräsident und V. S. Delegierter des
Verwaltungsrates und Geschäftsführer der Firma W. AG. Hans T. schied im
Frühjahr 1976 aus dem Verwaltungsrat aus; die entsprechende Publikation
im Schweizerischen Handelsamtsblatt erfolgte am 12. Mai 1976.

    Am 13. Juli 1976 wurde über die Firma W. AG der Konkurs
eröffnet. Im Konkursverfahren kam die Ausgleichskasse des Kantons
Zürich für in den Jahren 1971 bis 1976 nicht abgerechnete paritätische
Sozialversicherungsbeiträge sowie Verwaltungskosten und Mahngebühren in
der Höhe von Fr. 41'177.35 zu Verlust. Am 13. April 1977 wurde der Konkurs
geschlossen und die Firma von Amtes wegen im Handelsregister gelöscht.

    Gestützt auf Art. 52 AHVG erklärte die Ausgleichskasse die obgenannten
Verwaltungsräte für den Betrag von Fr. 41'177.35 solidarisch haftbar
und forderte sie zur Bezahlung des Schadenersatzes auf (Verfügungen vom
4. und 25. Juli 1977).

    B.- Gegen diese Verfügungen erhoben Hans T. sowie W. B. und V. S. im
Sinne von Art. 81 Abs. 2 AHVV Einspruch, worauf die Kasse am 8. September
1977 bei der AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich Klage erhob.

    Die Rekurskommission hiess die Klage gegen Hans T. gut und
verpflichtete diesen zur Bezahlung des Schadenersatzes in der Höhe von
Fr. 41'177.35. Dagegen wies sie die Klage gegen W. B. und V. S. wegen
Verspätung ab (Entscheid vom 29. April 1980).

    C.- Hans T. lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde erheben mit dem
Antrag, der Entscheid der Rekurskommission sei aufzuheben, soweit dieser
ihn zur Bezahlung von Schadenersatz verpflichte; evtl. sei die Sache zur
Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Ausgleichskasse
und das Bundesamt für Sozialversicherung beantragen die Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- (Kognition.)

Erwägung 2

    2.- (Vgl. BGE 108 V 200 Erw. 1.)

Erwägung 3

    3.- (Vgl. BGE 108 V 202 Erw. 3a.)

Erwägung 4

    4.- Es steht fest, dass die Firma W. AG entgegen der
Vorschrift des Art. 14 Abs. 1 AHVG paritätische bundesrechtliche
Sozialversicherungsbeiträge, Verwaltungskosten und Mahngebühren in
der Höhe von Fr. 41'177.35 der Ausgleichskasse nicht bezahlt hat und
dass dieser dadurch ein Schaden entstanden ist. Hiefür haften somit die
Verwaltungsratsmitglieder, insoweit sie den Schaden durch grobfahrlässige
oder vorsätzliche Missachtung von AHV-Vorschriften verursacht haben. Die
ohne nähere Begründung in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde aufgestellte
Behauptung, die subsidiäre Haftung der Organe einer Aktiengesellschaft
für Schäden gemäss Art. 52 AHVG widerspreche den massgebenden gesetzlichen
Bestimmungen, ist unzutreffend.

Erwägung 5

    5.- In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird geltend gemacht, dass
die Sozialversicherungsbeiträge "nicht aus einer Unterlassung heraus",
sondern in Ermangelung finanzieller Mittel nicht bezahlt worden seien.
Das ist indessen unerheblich. Denn für die Beurteilung der Haftbarkeit des
Beschwerdeführers kommt es nicht darauf an, dass die Aktiengesellschaft
nicht über ausreichende materielle Mittel verfügte. Entscheidend ist
vielmehr, ob sie infolge Verschuldens des Beschwerdeführers nicht in der
Lage war, ihrer Zahlungspflicht gegenüber der Ausgleichskasse nachzukommen.

Erwägung 6

    6.- Unerheblich ist auch der weitere Einwand, weder der Buchhalter
noch der Geschäftsführer V. S. habe dem Beschwerdeführer je Mahnungen
der Ausgleichskasse gezeigt. Als Verwaltungsratspräsident einer Firma,
die nach eigenen Angaben in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde sich
"in einer zunehmend schwierigeren Liquiditätskrise befand" und bei der
"die in solchen Fällen üblichen Verzögerungen" in der "Begleichung aller
Rechnungen" eintraten, war der Beschwerdeführer verpflichtet, sich einen
Überblick über die hängigen Verbindlichkeiten und deren Bedeutung zu
verschaffen. Er musste wissen, dass und wieviel AHV-Beiträge noch zu
bezahlen waren, und er hätte dafür sorgen müssen, dass mit den Löhnen
auch die Beiträge bezahlt werden. Indem er im Verlaufe mehrerer Jahre
(1971-1975) dieser Pflicht nicht nachgekommen ist, hat er das ausser acht
gelassen, "was jedem verständigen Menschen in gleicher Lage und unter
gleichen Umständen als beachtlich hätte einleuchten müssen". Der Einwand,
dass er "kein ausgebildeter Wirtschaftswissenschafter" und "keinesfalls
der kaufmännische Experte in der Firma" war und dass es nach Ausbildung
und interner Funktionsaufteilung in erster Linie am Geschäftsführer V. S.,
am Buchhalter V. und am Verwaltungsrats-Vizepräsidenten W. B. gelegen
hätte, bezüglich der AHV-Abrechnungspflicht für Ordnung zu sorgen,
vermag den Beschwerdeführer nicht zu entlasten. Zwar dürfte es zutreffen,
dass die genannten drei Personen intern primär für die AHV-Abrechnungen
zuständig und über die Sache im einzelnen besser orientiert waren. Dies
ändert aber nichts daran, dass dem Beschwerdeführer selber im Sinne der
obigen Darlegungen ebenfalls grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist. Er
kann als Verwaltungsratspräsident dort, wo es um die Verantwortlichkeit
in Geschäften geht, mit denen er sich ihrer Bedeutung wegen befassen
musste, nicht darauf berufen, dass sich seine Tätigkeit "vor allem auf
die Leitung der Verwaltungsratssitzungen und der Generalversammlungen"
beschränkt und er "als Nichtaktionär ... auch keinen faktischen Einfluss
auf die Geschäftsführung" gehabt habe.

Erwägung 7

    7.- Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, ein Verwaltungsrat
hafte nur anteilsmässig für den von ihm verursachten Schaden. Das
Eidg. Versicherungsgericht habe jeweils keine solidarische Haftung der
Verwaltungsräte für den entstandenen Schaden angenommen. Das AHVG sehe
eine solidarische Haftung nicht vor. Zudem unterstehe der Arbeitgeber
bezüglich der Zahlung paritätischer Beiträge dem Verantwortlichkeitsgesetz
(VG); dessen Art. 9 Abs. 2 bestimme, dass mehrere Beamte, welche einen
Schaden gemeinsam verschuldet haben, in Abweichung von Art. 50 OR lediglich
anteilsmässig nach der Grösse des Verschuldens haften.

    a) Entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers hat das Eidg.
Versicherungsgericht stets solidarische Haftung der schuldhaft handelnden
Organpersonen einer in Konkurs geratenen Aktiengesellschaft angenommen. In
Übereinstimmung mit der bisherigen Praxis ist in diesem Zusammenhang
auf Art. 754 Abs. 1 OR in Verbindung mit Art. 759 Abs. 1 OR abzustellen,
wonach alle mit der Verwaltung, Geschäftsführung oder Kontrolle einer
Aktiengesellschaft betrauten Personen sowohl der Gesellschaft als
den einzelnen Aktionären und Gesellschaftsgläubigern für den Schaden
verantwortlich sind, den sie durch absichtliche oder fahrlässige Verletzung
der ihnen obliegenden Pflichten verursachen, und solidarisch dafür haften,
wenn sie für den gleichen Schaden verantwortlich sind. Im Falle einer
einfachen Gesellschaft als Arbeitgeberin hat das Gericht ebenfalls auf
die zivilrechtlich vorgesehene solidarische Haftung der Gesellschafter
(Art. 544 Abs. 3 OR) abgestellt und dazu erklärt, dass die zivilrechtlichen
Solidaritätsbestimmungen auch im öffentlichen Recht zu beachten sind
(ZAK 1981 S. 378).

    b) Zur Begründung der bloss anteilsmässigen Haftung beruft sich der
Beschwerdeführer auch auf SOMMERHALDER, Die Rechtsstellung des Arbeitgebers
in der AHV, und auf BGE 96 V 125. SOMMERHALDER führt auf S. 59 aus, dass
der Arbeitgeber wegen seiner Organeigenschaft dem Verantwortlichkeitsgesetz
unterstehe. Für diese Annahme spricht der sehr weit gefasste Wortlaut
von Art. 1 Abs. 1 lit. f VG, wonach ausser den in den lit. a-e genannten
Behördemitgliedern, Beamten und übrigen Arbeitskräften des Bundes "alle
anderen Personen, insoweit sie unmittelbar mit öffentlichrechtlichen
Aufgaben des Bundes betraut sind", dem Verantwortlichkeitsgesetz
unterstehen. Dabei ist es keineswegs erforderlich, dass diese mit
öffentlichrechtlichen Bundesaufgaben betrauten Personen in einem
Arbeitsverhältnis zum Bund, sei es öffentlich- oder privatrechtlicher
Natur, stehen (BGE 106 Ib 275). Gerade zu dieser Personenkategorie würden
grundsätzlich die Arbeitgeber gehören, denen die in Art. 14 Abs. 1 AHVG
statuierte öffentlichrechtliche Pflicht zur Abrechnung und Ablieferung
der paritätischen Sozialversicherungsbeiträge obliegt. Indessen hat das
Eidg. Versicherungsgericht in BGE 96 V 125 erklärt, Art. 52 AHVG bilde
"innerhalb des Systems des Verantwortlichkeitsgesetzes eindeutig eine
Spezialbestimmung", indem nach dem klaren Wortlaut des Art. 52 AHVG -
in Umkehrung des im Art. 19 Abs. 1 lit. b VG statuierten allgemeinen
Grundsatzes der primären Haftung der fehlbaren Organe und der bloss
subsidiären Haftung der Organisation als solcher - "primär der
Arbeitgeber, also gegebenenfalls die Organisation, haftet". Daneben
müsse "im Hinblick auf den erwähnten allgemeinen Grundsatz aber auch
die - wenigstens subsidiäre - Haftung der handelnden Personen angenommen
werden". Ferner hat das Gericht im gleichen Urteil erklärt, dass die dem
Verantwortlichkeitsgesetz zugrundeliegenden allgemeinen Rechtsnormen auch
bei der Auslegung des Art. 52 AHVG heranzuziehen seien.

    Unter der Voraussetzung, Art. 9 Abs. 2 VG, auf den sich der
Beschwerdeführer beruft, wäre eine solche allgemeine, auch im
Bereiche des Art. 52 AHVG anwendbare Rechtsnorm, würde sie auf den
konkreten Fall nicht bzw. mindestens nicht direkt zutreffen. Denn
Art. 2 Abs. 1 VG bestimmt, dass die Vorschriften über die Beamten auch
für alle übrigen, in Art. 1 VG genannten Personen gelten, sofern das
Verantwortlichkeitsgesetz nicht besondere Normen enthält. Der in Art. 9
verwendete Begriff des lediglich anteilsmässig haftenden "Beamten" würde
hier dem Arbeitgeber entsprechen. Das hätte zur Folge, dass nur dann,
wenn zwei oder mehr Arbeitgeber (natürliche oder juristische Personen)
als solche gemeinsam einen Schaden verursachen, keine solidarische,
sondern lediglich anteilsmässige Haftung besteht. Hier geht es aber darum,
ob die subsidiär haftenden Organpersonen einer juristischen Person,
die ihrerseits als Arbeitgeberin ohne Mitwirkung weiterer Arbeitgeber
einen Schaden verursacht hat, solidarisch oder anteilsmässig für diesen
von der juristischen Person verursachten Schaden haften. Es stellt
sich also die Frage, ob diese subsidiären Haftungssubjekte entgegen
ihrer zivilrechtlichen solidarischen Haftung (Art. 759 Abs. 1 OR) in
Analogie zu Art. 9 Abs. 2 VG bloss anteilsmässig haftbar erklärt werden
sollen. Dies ist zu verneinen, weil eine solche analoge Behandlung -
jedenfalls theoretisch - auf eine doppelte Privilegierung der subsidiären
Haftungssubjekte hinausliefe. Denn bei gemeinsamer Schadenszufügung durch
mehrere Arbeitgeber würde zunächst der einzelne Arbeitgeber zum vornherein
nur im Rahmen von Art. 9 Abs. 2 VG anteilsmässig haften, und danach wären
- im Falle einer juristischen Person - die subsidiären Haftungssubjekte
ihrerseits zum vornherein nochmals nur für ihren Anteil haftpflichtig und
käme nicht erst auf dem Wege des Rückgriffs die Verteilung des Schadens
nach Massgabe des Verschuldens in Frage, wie dies Art. 759 Abs. 2 OR
vorsieht. Zu einer solchen zweifachen Privilegierung dieser subsidiären
Haftungssubjekte, die dann in allen Fällen gelten müsste, in denen eine
juristische Person in "amtlicher Tätigkeit" dem Bund einen Schaden zufügt,
besteht kein Anlass; denn bei dieser subsidiären Haftung steht doch im
Vordergrund, dass diese Organpersonen im Rahmen von Art. 759 OR für die
juristische Person, in deren Namen sie gehandelt haben, voll einstehen
sollen, unabhängig von der Rechtsnatur der auf diese Weise für die
juristische Person geschaffenen Verbindlichkeit.

Erwägung 8

    8.- ...

Erwägung 9

    9.- Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, die vor dem 25. Juli
1972 fällig gewesenen Sozialversicherungsbeiträge seien verjährt, weil
für diese Beiträge die fünfjährige Verjährungsfrist des Art. 82 AHVV zur
Zeit ihrer Geltendmachung durch die Schadenersatzverfügung am 25. Juli
1977 bereits abgelaufen gewesen sei.

    Nach Art. 82 Abs. 1 AHVV verjährt die Schadenersatzforderung, wenn sie
nicht innerhalb eines Jahres seit Kenntnis des Schadens verfügungsweise
geltend gemacht wird, auf jeden Fall aber mit Ablauf von 5 Jahren seit
Eintritt des Schadens. Der Eintritt des Schadens muss als erfolgt gelten,
sobald anzunehmen ist, dass die geschuldeten Beiträge aus rechtlichen
oder tatsächlichen Gründen nicht mehr erhoben werden können (BGE 103 V
122). Dies trifft im Falle eines Konkurses beispielsweise bei Erhalt des
Verlustscheins zu (vgl. BGE 108 V 50). In diesem Zeitpunkt beginnt die
fünfjährige Frist des Art. 82 AHVV zu laufen. In dem am 13. Juli 1976 über
die Firma W. AG eröffneten Konkurs hat die Ausgleichskasse durch Zustellung
des Verlustscheins am 13. April 1977 Kenntnis erhalten, dass sie mit
ihrer Forderung zu Verlust kommen würde. Bereits am 25. Juli 1977 machte
die Ausgleichskasse die Schadenersatzforderung verfügungsweise gegenüber
dem Beschwerdeführer geltend. Seither läuft das Schadenersatzverfahren
ununterbrochen. Von Verjährung der Forderung der Ausgleichskasse kann
somit keine Rede sein.

    Insofern der Beschwerdeführer durch den Hinweis auf BGE 102
V 206 geltend machen will, die Forderung der Ausgleichskasse sei
gemäss Art. 16 Abs. 1 AHVG verwirkt, kann ihm ebenfalls nicht gefolgt
werden. Die Beitragsverwirkung nach Art. 16 Abs. 1 AHVG wird häufig
eine Voraussetzung dafür bilden, dass überhaupt Schadenersatz gefordert
werden kann. Der eigentliche Rechtsgrund des Schadenersatzes ist aber -
neben dem Schaden - die absichtliche oder grobfahrlässige Rechtsverletzung
seitens des Arbeitgebers. Liegt eine solche vor, so löst diese - anstelle
der bisherigen Beitragsforderung - eine Schadenersatzforderung der
Ausgleichskasse aus, für welche nicht die Verwirkungsfrist des Art. 16
Abs. 1 AHVG, sondern die Verjährungsfrist des Art. 82 AHVV gilt. Die
allgemeine Verwirkung gemäss Art. 16 AHVG hat damit nichts zu tun (EVGE
1961 S. 231).

Erwägung 10

    10.- Nach Auffassung des Beschwerdeführers wäre es auch deshalb
unzulässig, ihn ins Recht zu fassen, weil die Frist zur Geltendmachung der
Schadenersatzforderung gegenüber W. B. und V. S. versäumt worden sei. Auch
dieser Einwand ist unerheblich. Es ist gerade die Eigentümlichkeit der
Solidarschuldnerschaft, dass es im Belieben des Gläubigers steht, welchen
Solidarschuldner er in Anspruch nehmen will (BGE 108 V 195 Erw. 3). Der
Beschwerdeführer geht fehl, wenn er seine einseitige Inanspruchnahme für
rechtsungleich hält. Ebenso unerheblich ist es, ob sich das Vorgehen der
Ausgleichskasse auf das Regressrecht des Beschwerdeführers, zu dem sich
das Eidg. Versicherungsgericht nicht zu äussern hat, allenfalls nachteilig
auswirken wird.

Erwägung 11

    11.- ...

Erwägung 12

    12.- Zusammengefasst ergibt sich folgendes: Der Beschwerdeführer als
Organperson der ehemaligen Arbeitgeberin W. AG hat der Ausgleichskasse
dadurch, dass er sich nicht hinreichend um die Bezahlung der
Sozialversicherungsbeiträge kümmerte und dass deshalb der Ausgleichskasse
ein Schaden erwachsen ist, mindestens grobfahrlässig diesen Schaden
verursacht (bzw. mitverursacht). Es sind keine Exkulpations- oder
Rechtfertigungsgründe dargetan. Schliesslich ist die Forderung auch
nicht aus formellen Gründen untergegangen. Die Schadenersatzpflicht des
Beschwerdeführers ist somit grundsätzlich zu bejahen.

Erwägung 13

    13.- In masslicher Hinsicht ist indessen folgendes zu beachten:
Der Beschwerdeführer macht geltend, die im Jahre 1976 fällig gewordenen
Sozialversicherungsbeiträge könnten ihm nicht mehr angelastet werden,
weil er bereits am 17. März 1976 aus dem Verwaltungsrat ausgeschieden
sei. Auf den gleichen, schon vor der Rekurskommission erhobenen Einwand
hat diese darauf hingewiesen, dass der Rücktritt aus dem Verwaltungsrat
nach Art. 932 Abs. 2 OR gegenüber Dritten nicht vor der Publikation im
Schweizerischen Handelsamtsblatt wirksam werde. Im vorliegenden Fall sei
die Publikation erst im Mai 1976 erfolgt. Weil sich der ganze Schaden aus
nicht bezahlten Beiträgen auf bis Ende April 1976 ausbezahlten Löhnen
zusammensetze, hafte Hans T., obschon bereits am 17. März 1976 aus dem
Verwaltungsrat ausgeschieden, in vollem Umfang. Die Vorinstanz beruft sich
auf BGE 103 V 123. In diesem Urteil hat das Eidg. Versicherungsgericht
wohl erklärt, dass nicht nur die Eintragung, sondern auch die Löschung
eines Verwaltungsratsmandats im Handelsregister gegenüber Dritten mit
der Veröffentlichung im Handelsregister wirksam werde. Das Gericht hat
aber auch darauf hingewiesen, dass die Organhaftung für Unterlassungen
der Firma nur für Vorfälle in Betracht komme, die sich ergeben hatten,
"als er (sc. der Beschwerdeführer und frühere Verwaltungsratspräsident)
tatsächlich Organ der Firma war".

    Im nicht publizierten Urteil B. und S. vom 3. Dezember 1982 wurde
die Schadenshaftung eines Verwaltungsratspräsidenten deshalb verneint,
weil dieser bereits rund einen Monat vor der Fälligkeit der Beiträge
aus dem Verwaltungsrat entlassen worden war und damals noch auf die
Beitragsausstände aufmerksam gemacht hatte. Keine Bedeutung wurde dem
Umstand beigemessen, dass das Ausscheiden aus dem Verwaltungsrat erst nach
Fälligkeit der Beitragsforderung im Handelsamtsblatt veröffentlicht worden
war. - In ähnlichem Sinne verneinte das Eidg. Versicherungsgericht im
nicht publizierten Urteil B. vom 31. Januar 1983 die grobe Fahrlässigkeit
bei einem Verwaltungsratsmitglied, das zehn Tage vor der Fälligkeit der
Beiträge effektiv aus dem Verwaltungsrat ausgeschieden war, weil dieses
Verwaltungsratsmitglied vom Zeitpunkt seines Ausscheidens hinweg keine
Möglichkeit mehr hatte zu prüfen, ob die Beiträge bei Fälligkeit oder
später tatsächlich bezahlt würden. Als unmassgeblich bezeichnete das
Gericht dem Sinne nach den Umstand, dass die Organstellung der betreffenden
Personen im Handelsregister noch nicht gelöscht war.

    Es scheint angezeigt, die dargelegte Rechtsprechung wie folgt
zu präzisieren: Die Organhaftung aus Art. 52 AHVG besteht nicht
für Beitragsforderungen, die nach der Publikation der Löschung der
Organstellung der betreffenden Person im Handelsregister fällig werden,
weil die betreffende Person im Zeitpunkt der Fälligkeit nicht mehr
Organ ist. Für die vor der Publikation fälligen Beitragsforderungen
haftet das Organ, wenn es durch eine vorsätzliche oder grobfahrlässige
Handlung bzw. Unterlassung bewirkt hat, dass die Beiträge im Zeitpunkt
der Fälligkeit nicht bezahlt werden konnten. Ein Verschulden des Organs
kann nur so lange in Frage kommen, als es die Möglichkeit hat, durch
Handlungen oder Unterlassungen die Geschäftsführung massgeblich zu
beeinflussen. Das ist faktisch längstens bis zum effektiven Ausscheiden
aus dem Verwaltungsrat der Fall.

    Der Beschwerdeführer ist am 17. März 1976 aus dem Verwaltungsrat
ausgeschieden und hat deshalb bis zu diesem Zeitpunkt die Geschäftsführung
der Firma W. AG massgeblich mitbeeinflussen können. Nachher hatte er
keine Möglichkeit mehr zu veranlassen, dass die für das erste Quartal
des Jahres 1976 geschuldeten und mit dem Ablauf dieser Zahlungsperiode
fällig gewordenen Beiträge in diesem Zeitpunkt bzw. innerhalb von zehn
Tagen nach ihrer Fälligkeit (Art. 34 Abs. 1 lit. a und Abs. 4 AHVV)
bezahlt würden. Somit haftet er für die Beiträge, die auf den ab Januar
1976 ausbezahlten Löhnen geschuldet und Ende März und später fällig
geworden sind, sowie für die entsprechenden Verwaltungskosten nicht. Damit
reduziert sich die Schadenersatzsumme von Fr. 41'177.35 um Fr. 22'133.90
(Fr. 21'489.20 + 644.70) auf Fr. 19'043.45.

Entscheid:

        Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

    In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird die
Schadenersatzforderung auf Fr. 19'043.45 herabgesetzt. Im übrigen wird
die Verwaltungsgerichtsbeschwerde abgewiesen.