Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 109 V 108



109 V 108

22. Urteil vom 25. März 1983 i.S. Baumann gegen Ausgleichskasse Basel-Stadt
und Kantonale Rekurskommission für die Ausgleichskassen, Basel Regeste

    Art. 48 Abs. 2 IVG, 88bis Abs. 1 IVV.

    - Art. 88bis Abs. 1 IVV ist nur anwendbar, wenn eine bereits laufende
Rente erhöht werden soll (Erw. 1b).

    - Bei einer Neuanmeldung nach vorangegangener Rentenverweigerung ist
für die Festsetzung eines rückwirkenden Rentenbeginns Art. 48 Abs. 2 IVG
massgebend (Erw. 4).

    Art. 87 Abs. 3 und 4 IVV.

    - Zweck von Art. 87 Abs. 4 IVV (Erw. 2a).

    - Was haben Verwaltung und Richter im Rahmen des Eintretens auf eine
Neuanmeldung zu prüfen? (Erw. 2b, c.)

    - Bei einer Neuanmeldung haben Verwaltung und Richter materiell zu
prüfen, ob - analog wie bei einem Revisionsfall nach Art. 41 IVG - der
Invaliditätsgrad eine Änderung erfahren hat, ausserdem ob nunmehr eine
rentenbegründende Invalidität vorliegt (Erw. 2b, c).

    - Wann liegt eine nach Art. 87 Abs. 3 IVV beachtliche Änderung
vor? (Erw. 3.)

Sachverhalt

    A.- Erika Baumann, geboren am 22. Februar 1959, leidet seit ihrer
frühen Kindheit an Temporallappenepilepsie. Im Februar 1977 ersuchte sie
die Invalidenversicherung u.a. um Ausrichtung einer Invalidenrente. Dies
lehnte die Ausgleichskasse Basel-Stadt mit unangefochtener Verfügung vom
23. September 1977 ab; zur Begründung wurde ausgeführt, die Invalidität
liege zwar zwischen 33 1/3 und 50%, doch sei ein Härtefall nicht gegeben.

    Im März 1979 meldete sich die Versicherte erneut zum Rentenbezug
an. Die Invalidenversicherungs-Kommission trat auf das Begehren ein, holte
einen Regionalstellenbericht sowie die Meinungsäusserungen zweier Ärzte
ein und setzte hernach den Invaliditätsgrad auf 50% fest. Mit Verfügung
vom 24. April 1980 sprach die Ausgleichskasse der Versicherten ab 1. März
1979 eine halbe einfache Invalidenrente zu.

    B.- Die Versicherte liess Beschwerde erheben mit dem Antrag, es sei
ihr eine ganze Rente auszurichten, und zwar ab 1. März 1977.

    Mit Entscheid vom 18. September 1980 wies die Kantonale
Rekurskommission für die Ausgleichskassen Basel-Stadt die Beschwerde
ab. Zur Begründung führte sie aus, dass die Verfügung vom 23. September
1977 nicht zweifellos unrichtig gewesen sei; die Verwaltung habe keine
Wiedererwägung vorgenommen, sondern mit ihrer Verfügung vom 24. April 1980
"die Sachlage, wie sie heute besteht, berücksichtigt"; die Verhältnisse
seien sorgfältig abgeklärt worden; mit der Zusprechung einer halben
Rente werde man ihnen am ehesten gerecht; für eine ganze Rente bestehe
jedenfalls kein Anlass.

    C.- Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt
Erika Baumann das bei der Vorinstanz gestellte Begehren erneuern. Zur
Begründung bringt sie im wesentlichen vor, gemäss den Abklärungen
habe der Invaliditätsgrad seit März 1977 keine Veränderung erfahren;
die Verfügung vom 23. September 1977 habe sich vielmehr als zweifellos
unrichtig erwiesen, weshalb die Verwaltung eine Wiedererwägung vorgenommen,
dabei aber zu Unrecht Art. 88bis Abs. 1 lit. c IVV angewendet habe;
richtigerweise müsse die Rente rückwirkend ab März 1977 ausgerichtet
werden; da angesichts des Gesundheitszustandes nur extrem leichte und
entsprechend schlecht bezahlte Halbtagsarbeit zumutbar sei, betrage der
Invaliditätsgrad mindestens 66 2/3%; daher sei eine ganze Rente angebracht.

    Die Ausgleichskasse beantragt teilweise Gutheissung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde und Rückweisung der Sache an die
Verwaltung zu weitern Abklärungen und neuer Verfügung; sie führt aus,
dass der Invaliditätsgrad nicht korrekt bemessen worden sei; ferner
sei möglicherweise die seinerzeitige Berechnung des Härtefalles falsch
und aus diesem Grunde die Verfügung vom 23. September 1977 zweifellos
unrichtig gewesen.

    Das Bundesamt für Sozialversicherung verweist auf die Stellungnahme
seines ärztlichen Dienstes, wonach in Würdigung der medizinischen
Unterlagen eine hälftige Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit seit 1977
nicht unwahrscheinlich sei; die Berechnung des Härtefalles erachtet das
Bundesamt als zutreffend; im übrigen enthält es sich einer Stellungnahme
sowie eines Antrags.

Auszug aus den Erwägungen:

       Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Zunächst erhebt sich die Frage, ob es sich beim Rentengesuch der
Beschwerdeführerin vom März 1979 um eine Neuanmeldung im Sinne von Art. 87
Abs. 4 IVV, um ein Revisionsgesuch nach Art. 41 IVG oder um ein Begehren
um Wiedererwägung einer früheren, zweifellos unrichtigen Verfügung handelt.

    a) Im vorinstanzlichen Verfahren vertrat die
Invalidenversicherungs-Kommission die Auffassung, die rentenabweisende
Verfügung vom 23. September 1977 sei nicht zweifellos unrichtig gewesen,
weshalb die Voraussetzungen für eine Wiedererwägung dieser Verfügung
nicht gegeben seien; bei der angefochtenen Verfügung vom 24. April
1980 gehe es darum, die in diesem Zeitpunkt bestehenden tatsächlichen
Verhältnisse zu berücksichtigen. Auch die Vorinstanz verneint,
dass die Verwaltung ihre frühere Verfügung in Wiedererwägung gezogen
habe. Invalidenversicherungs-Kommission und Vorinstanz scheinen somit den
vorliegenden Fall unter dem Gesichtspunkt einer Neuanmeldung zu beurteilen.

    Demgegenüber beruft sich die Beschwerdeführerin in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde darauf, die Verfügung vom 24. April 1980
stütze sich hinsichtlich des Rentenbeginns auf Art. 88bis IVV; insofern
liege eine Revisionsverfügung vor, mit welcher die rentenabweisende
Verfügung vom 23. September 1977 revidiert werde. In Wirklichkeit habe die
Verwaltung jedoch ihre frühere Verfügung in Wiedererwägung gezogen; denn
die Voraussetzungen für eine Revision seien bei der Beschwerdeführerin
gar nicht erfüllt gewesen, habe doch der Invaliditätsgrad seit März
1977 keinerlei Veränderung erfahren; vielmehr sei die Verfügung vom
23. September 1977 zweifellos unrichtig gewesen, da sie sich auf einen
offensichtlich falschen Arztbericht abgestützt habe.

    b) Vorweg ist klarzustellen, dass es sich nicht um ein
Revisionsverfahren im Sinne von Art. 41 IVG handeln kann. Nach dieser
Vorschrift ist die Rente für die Zukunft zu erhöhen, herabzusetzen oder
aufzuheben, wenn sich der Grad der Invalidität eines Rentenbezügers in
einer für den Anspruch erheblichen Weise ändert. Der Wortlaut setzt
demnach eine bereits laufende Rente eines "Rentenbezügers" voraus,
die es dem veränderten Invaliditätsgrad anzupassen gilt (BGE 106 V 16,
ZAK 1966 S. 279). Dies ist vorliegend nicht der Fall; die Verfügung
vom 23. September 1977 war keine leistungsgewährende Verfügung, sondern
beinhaltete die Abweisung eines Rentenbegehrens und kann als solche gar
nicht der Revision nach Art. 41 IVG unterliegen. Daher ist hier auch
der im Beschluss der Invalidenversicherungs-Kommission vom 3. Januar 1980
bezüglich des Rentenbeginns erwähnte Art. 88bis Abs. 1 IVV nicht anwendbar;
er betrifft nach der Systematik der IVV (Marginalie vor Art. 86 IVV:
"E. Die Revision der Rente ...") und nach seinem Wortlaut ("Die Erhöhung
der Renten) ... erfolgt frühestens ...") eindeutig die Anpassung einer
laufenden Rente und beschlägt somit das Revisionsverfahren. In diesem
Zusammenhang drängt sich aber ein Vorbehalt hinsichtlich Art. 88bis Abs. 1
lit. c IVV auf. Auch diese Bestimmung knüpft - wie lit. a und b - an eine
laufende Rente an, betrifft aber nach ihrem Wortlaut nicht das Institut der
- eine Veränderung des Invaliditätsgrades voraussetzenden - Rentenrevision,
sondern den Fall der Wiedererwägung einer zweifellos unrichtigen Verfügung.

    c) Gemäss einem allgemeinen Grundsatz des Sozialversicherungsrechts
kann die Verwaltung eine formell rechtskräftige Verfügung, welche
nicht Gegenstand materieller richterlicher Beurteilung gebildet hat, in
Wiedererwägung ziehen, wenn sie zweifellos unrichtig und ihre Berichtigung
von erheblicher Bedeutung ist (BGE 107 V 84 Erw. 1).

    In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird dazu vorgebracht, die
Verwaltung sei bei der Abweisung des ersten Rentenbegehrens im Jahre
1977 vom Arztbericht des Dr. S. vom 16. Mai 1977 ausgegangen, wonach
die Beschwerdeführerin zu 100% arbeitsfähig sei. Diese Beurteilung habe
sich aber aufgrund der 1979 vorgenommenen Abklärungen als offensichtlich
falsch herausgestellt. Denn laut Arztbericht des Dr. W. vom 3. April 1979
habe der Gesundheitszustand seit März 1977 keine Änderung erfahren und
die Arbeitsunfähigkeit betrage seit Januar 1977 unverändert 66 2/3%;
sodann habe der Arzt ausdrücklich beigefügt: "Aus mir unerfindlichen
Gründen wurde die Patientin im Gutachten vom 16. Mai 1977 als 100%ig
arbeitsfähig eingestuft." Schliesslich habe auch Dr. R. ausgeführt,
dass die Arbeitsfähigkeit seit Jahren, jedenfalls seit Eintritt in das
Erwerbsfähigkeitsalter, unter 50% liege (Arztbericht vom 8. Dezember
1979). Die Beschwerdeführerin schliesst daraus auf zweifellose
Unrichtigkeit der ersten Verfügung vom 23. September 1977 mit der Folge,
dass die zweite Verfügung vom 24. April 1980 unter dem Gesichtspunkt der
Wiedererwägung beurteilt werden müsse.

    Dem kann nicht beigepflichtet werden. Die Attestierung 100%iger
Arbeitsfähigkeit durch Dr. S. erfolgte unter dem Vorbehalt der
"Berücksichtigung der beruflichen Eignung (Anlernen einer entsprechenden
Beschäftigung entsprechend dem IQ der Patientin) bei leichter regelmässiger
Arbeit tagsüber". Diese Beurteilung der Zumutbarkeit von Arbeit wurde
nicht dadurch in Frage gestellt, dass zuvor Ende 1976 ein Arbeitsversuch
als Ladenhilfe in einer Migros-Filiale gescheitert war. Laut dem noch
vor Einreichen des ersten Rentengesuchs von der Regionalstelle Basel im
Rahmen der Berufsberatung am 31. Januar 1977 erstatteten Zwischenbericht
soll bei der Arbeit anfangs alles gut gegangen sein; Probleme hätten
sich erst ergeben, als man der Beschwerdeführerin körperlich schwerere
Arbeit zugewiesen habe, worauf dann das Arbeitsverhältnis aufgelöst
worden sei. Dass in der Folge die Aufnahme einer dem Gesundheitszustand
angepassten und den Empfehlungen von Dr. S. entsprechenden Arbeit nicht
möglich wurde und sich auch die von der Regionalstelle vorgeschlagene
Plazierung in der BAND-Werkstätte nicht realisieren liess, dürfte -
wie dem weitern Regionalstellenbericht vom 4. Juli 1977 zu entnehmen
ist - vor allem darauf zurückzuführen gewesen sein, dass die Mutter der
Beschwerdeführerin bezüglich Arbeitsfähigkeit und Arbeitsmöglichkeit
eine andere Meinung vertreten habe und ihre Tochter im eigenen Haushalt
habe beschäftigen wollen. Gestützt auf die vorgenommenen Abklärungen,
setzte die Invalidenversicherungs-Kommission den Invaliditätsgrad mit
Beschluss vom 1. August 1977 auf 44,91% fest, worauf die Ausgleichskasse
die Zusprechung einer Invalidenrente mit Verfügung vom 23. September 1977
ablehnte, da ein Härtefall nicht gegeben war. Der Umstand, dass Dr. W. und
Dr. R. im Jahre 1979 die Zumutbarkeit von Arbeit anders beurteilten und
die Möglichkeit einer ganztägigen Beschäftigung verneinten, ist nicht
geeignet, die frühere Verfügung als zweifellos unrichtig erscheinen zu
lassen (vgl. BGE 102 V 17 Erw. 3b). Nach der Rechtsprechung kann die
Wiedererwägung rechtskräftiger Verfügungen nur in Betracht kommen, wenn
es sich um die Korrektur grober Fehler der Verwaltung handelt (BGE 102 V
17 Erw. 3a; nicht veröffentlichte Urteile Ciba-Geigy vom 8. Februar 1977
und Meyer vom 20. Januar 1976). Ein Mangel dieser Art muss vorliegend
aber mit Bezug auf die Bemessung des Invaliditätsgrades im Jahre 1977
verneint werden. Dies gilt auch hinsichtlich der damals vorgenommenen
Berechnung des Härtefalles. Entgegen den Zweifeln der Ausgleichskasse in
ihrer Stellungnahme zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde war es richtig,
in sinngemässer Anwendung der EL-Vorschriften bei der damals noch
minderjährigen Beschwerdeführerin auch einen Teil des Einkommens der Eltern
mit zu berücksichtigen (vgl. Art. 3 ELV sowie ZAK 1974 S. 433; vgl. auch
EVGE 1969 S. 168 und S. 233, ZAK 1973 S. 379 Erw. 4a). Bestand nach dem
Gesagten keine Veranlassung für eine Wiedererwägung der rechtskräftigen
Verfügung vom 23. September 1977, so ist das Rentengesuch vom März 1979
als Neuanmeldung zu betrachten.

Erwägung 2

    2.- a) Wurde eine Rente wegen eines zu geringen Invaliditätsgrades
verweigert, so wird eine neue Anmeldung nach Art. 87 Abs. 4 IVV nur
geprüft, wenn die Voraussetzungen gemäss Abs. 3 erfüllt sind. Danach ist
vom Versicherten im Gesuch glaubhaft zu machen, dass sich der Grad der
Invalidität in einer für den Anspruch erheblichen Weise geändert hat. Mit
Art. 87 Abs. 4 IVV soll verhindert werden, dass sich die Verwaltung
nach vorangegangener rechtskräftiger Rentenverweigerung immer wieder
mit gleichlautenden und nicht näher begründeten Rentengesuchen befassen
muss (ZAK 1971 S. 525 Erw. 2 in fine, 1966 S. 279; nicht veröffentlichte
Urteile Mettler vom 13. März 1981, Roch vom 5. Januar 1979 und Miéville
vom 10. Juni 1977).

    b) Es fragt sich, welche Prüfungspflichten sich aus den genannten
Bestimmungen ergeben, und zwar einerseits für die Verwaltung, welche mit
einer Neuanmeldung konfrontiert wird, und anderseits für den Richter,
wenn gegen die im Anschluss an ein neues Begehren erlassene Verfügung
Beschwerde erhoben wird.

    Nach Eingang einer Neuanmeldung ist die Verwaltung zunächst zur Prüfung
verpflichtet, ob die Vorbringen des Versicherten überhaupt glaubhaft sind;
verneint sie dies, so erledigt sie das Gesuch ohne weitere Abklärungen
durch Nichteintreten. Dabei wird sie u.a. zu berücksichtigen haben, ob
die frühere Verfügung nur kurze oder schon längere Zeit zurückliegt,
und dementsprechend an die Glaubhaftmachung höhere oder weniger hohe
Anforderungen stellen (ZAK 1966 S. 279; nicht veröffentlichtes Urteil Emery
vom 3. Oktober 1980). Insofern steht ihr ein gewisser Beurteilungsspielraum
zu, den der Richter grundsätzlich zu respektieren hat. Daher hat der
Richter die Behandlung der Eintretensfrage durch die Verwaltung nur zu
überprüfen, wenn das Eintreten streitig ist, d.h. wenn die Verwaltung
gestützt auf Art. 87 Abs. 4 IVV Nichteintreten beschlossen hat und
der Versicherte deswegen Beschwerde führt; hingegen unterbleibt eine
richterliche Beurteilung der Eintretensfrage, wenn die Verwaltung auf
die Neuanmeldung eingetreten ist.

    Von der eben erwähnten Eintretensfrage zu unterscheiden ist die
materielle Prüfung. Tritt die Verwaltung auf die Neuanmeldung ein, so
hat sie die Sache materiell abzuklären und sich zu vergewissern, ob die
vom Versicherten glaubhaft gemachte Veränderung des Invaliditätsgrades
auch tatsächlich eingetreten ist; sie hat demnach in analoger Weise wie
bei einem Revisionsfall nach Art. 41 IVG vorzugehen. Stellt sie fest,
dass der Invaliditätsgrad seit Erlass der früheren rechtskräftigen
Verfügung keine Veränderung erfahren hat, so weist sie das neue Gesuch
ab. Andernfalls hat sie zusätzlich noch zu prüfen, ob die festgestellte
Veränderung genügt, um nunmehr eine rentenbegründende Invalidität zu
bejahen, und hernach zu beschliessen. Im Beschwerdefall obliegt die
gleiche materielle Prüfungspflicht auch dem Richter.

    c) Im vorliegenden Fall trat die Verwaltung auf die Neuanmeldung vom
März 1979 ein und nahm in der Folge verschiedene Abklärungen vor. Nach dem
Gesagten ist es nicht Sache des Eidg. Versicherungsgerichts zu beurteilen,
ob die Verwaltung die Eintretensfrage richtig beantwortete oder ob sie
gemäss Schreiben des Bundesamtes für Sozialversicherung vom 10. August
1979 auf Nichteintreten hätte erkennen sollen. Hingegen hat das Gericht zu
prüfen, ob im Zeitraum zwischen der ersten (23. September 1977) und der
zweiten Verfügung (24. April 1980) eine Änderung des Invaliditätsgrades
eingetreten ist und ob dieser im April 1980 rentenbegründendes Ausmass
erreichte.

Erwägung 3

    3.- a) Das erste Rentengesuch wurde u.a. mit der Begründung
abgewiesen, es liege kein wirtschaftlicher Härtefall vor. Wie in
Erw. 1 in fine hievor dargetan wurde, hatte die Verwaltung bei der
Berechnung des Härtefalles auch einen Teil des elterlichen Einkommens zu
berücksichtigen. Mit Erreichen der Volljährigkeit am 22. Februar 1979 trat
für die Beschwerdeführerin insofern eine neue Lage ein, als der Härtefall
nunmehr allein aufgrund ihrer eigenen finanziellen Situation zu beurteilen
ist. Diese Veränderung betrifft indessen nicht den Invaliditätsgrad als
solchen, sondern bloss die wirtschaftliche Härte. Obwohl Art. 87 Abs. 3 IVV
dem Wortlaut nach nur von der Veränderung des Invaliditätsgrades spricht,
muss im Rahmen einer Neuanmeldung nach vorangegangener Rentenverweigerung
auch dann eine Überprüfung des Rentenanspruchs möglich sein, wenn sich -
bei gleich bleibendem Invaliditätsgrad - etwas Relevantes hinsichtlich der
wirtschaftlichen Härte änderte. Darum hat das Eidg. Versicherungsgericht
entschieden, dass Art. 87 Abs. 3 und 4 IVV analog anzuwenden und
ein solcher Sachverhalt gleich zu behandeln ist wie die Änderung des
Invaliditätsgrades (nicht veröffentlichtes Urteil Huber vom 14. Dezember
1982).

    Im vorliegenden Fall ist aber nicht die wirtschaftliche Härte,
sondern die Höhe des Invaliditätsgrades streitig. Deshalb kommt der eben
erwähnten Änderung der Härtefallberechnungsart keine praktische Bedeutung
zu. Anders verhielte es sich allerdings, wenn für die Beschwerdeführerin
auch im Zeitraum ab Erreichen der Volljährigkeit bis zum Erlass der
angefochtenen Rentenverfügung eine unter 50% liegende, aber mindestens
33 1/3% betragende Invalidität anzunehmen wäre.

    b) Zu einer Änderung des Invaliditätsgrades Anlass geben kann
einerseits eine wesentliche Verbesserung oder Verschlechterung des
Gesundheitszustandes mit entsprechender Beeinflussung der Erwerbsfähigkeit
und anderseits eine erhebliche Veränderung der erwerblichen Auswirkungen
eines an sich gleich gebliebenen Gesundheitsschadens (BGE 107 V 221 Erw. 2
mit Hinweisen). Ist die Invalidität nach der Einkommensvergleichsmethode
gemäss Art. 28 Abs. 2 IVG zu bemessen, so kann jede Änderung eines der
beiden Vergleichseinkommen zu einer für den Anspruch erheblichen Erhöhung
oder Verringerung des Invaliditätsgrades führen.

    Der Beschwerdeführerin ist darin beizupflichten, dass aufgrund der
eingeholten Arztberichte ein gleich gebliebener Gesundheitszustand
angenommen werden muss. Hingegen erfolgte im massgeblichen
Vergleichszeitraum beim hypothetischen Einkommen ohne Invalidität
eine Anpassung. Da die Beschwerdeführerin wegen der Invalidität keine
zureichenden beruflichen Kenntnisse erwerben konnte, ist von den Ansätzen
gemäss Art. 26 Abs. 1 IVV auszugehen. Während sich das durchschnittliche
Einkommen nach der Lohn- und Gehaltserhebung des Bundesamtes für
Industrie, Gewerbe und Arbeit 1977 auf Fr. 27'000.-- belief und der
Beschwerdeführerin davon 70%, d.h. Fr. 18'900.-- anzurechnen waren,
betrug es im Zeitpunkt der streitigen Verfügung Fr. 32'000.-- bzw. -
da die Beschwerdeführerin mittlerweile das 21. Altersjahr vollendet
hatte - 80% davon, also Fr. 25'600.--. 1977 nahm die Verwaltung ein
Invalideneinkommen von Fr. 10'410.40 im Jahr bei einem Stundenlohn
von Fr. 4.55 (den die Beschwerdeführerin 1976 bei der Migros erzielt
hatte) sowie einer Arbeitszeit von 44 Wochenstunden an, woraus sie -
verglichen mit dem hypothetischen Valideneinkommen (Fr. 18'900.--) - einen
Invaliditätsgrad von 44,91% ermittelte. Angesichts der Stellungnahmen
von Dr. W. und Dr. R., welche 1979 übereinstimmend die Zumutbarkeit
von Arbeit wesentlich anders beurteilten als 1977 Dr. S., kann für
den Zeitpunkt der streitigen Kassenverfügung bei der Berechnung des
erzielbaren Invalideneinkommens kaum von einer 44-Stunden-Woche ausgegangen
werden. Die Verwaltung tat dies denn auch nicht; ihrer ersten, vorläufigen
Rechnung legte sie 1979 eine Halbtagstätigkeit zugrunde und übernahm beim
Stundenlohn unverändert den Ansatz aus dem Jahre 1977 (Fr. 4.55), was ein
Invalideneinkommen von jährlich Fr. 5205.20 ergab. Bei der Beschlussfassung
am 3. Januar 1980 setzte die Invalidenversicherungs-Kommission dann
aber Fr. 10'000.-- bis Fr. 10'500.-- ein, wobei aus den Akten nicht
hervorgeht, ob die Annahme einer höheren Wochenstundenleistung und/oder
eines höheren Stundenlohnes zu diesen Beträgen führte. Hinzu kommt, dass
die Invalidenversicherungs-Kommission dieses Invalideneinkommen mit einem
- bezogen auf das Alter der Beschwerdeführerin im Verfügungszeitpunkt -
nicht nach den Regeln des Art. 26 Abs. 1 IVV errechneten Valideneinkommen
verglich. Mit Recht weist daher die Ausgleichskasse in ihrer Stellungnahme
zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde darauf hin, das der Beschwerdeführerin
zumutbare Invalideneinkommen und der Invaliditätsgrad seien ungenügend
abgeklärt. Aufgrund der jetzigen Aktenlage kann somit nicht beurteilt
werden, ob der Invaliditätsgrad seit der ersten Verfügung vom 23.
September 1977 eine für den Rentenanspruch erhebliche Veränderung erfuhr
und ob der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der zweiten Verfügung (24. April
1980) eine halbe oder eine ganze Invalidenrente zustand. Anderseits kann
aber auch nicht mit Sicherheit gesagt werden, dass der Invaliditätsgrad
sich im massgeblichen Zeitraum nicht veränderte. Die Sache ist daher zur
Vornahme ergänzender Abklärungen und zu neuer Verfügung an die Verwaltung
zurückzuweisen.

Erwägung 4

    4.- Bei der Festlegung des Beginns der am 24. April 1980 zugesprochenen
Rente stützte sich die Verwaltung auf Art. 88bis Abs. 1 lit. c IVV. Wie
bereits erwähnt wurde (Erw. 1b hievor), ist diese Vorschrift hier
nicht anwendbar. Im Rahmen ihrer Neuabklärung wird die Verwaltung zu
berücksichtigen haben, dass für den rückwirkenden Rentenbeginn bei einer
Neuanmeldung Art. 48 Abs. 2 IVG massgebend ist (BGE 98 V 103 Erw. 4,
97 V 59 Erw. 2; nicht veröffentlichte Urteile Mettler vom 13. März 1981
und Miéville vom 10. Juni 1977), wobei selbstverständlich in dem nach
dieser Bestimmung ermittelten Zeitpunkt die Voraussetzungen des Art. 29
Abs. 1 IVG erfüllt sein müssen; sodann kann die volle Ausschöpfung der
zwölf Monate gemäss Art. 48 Abs. 2 IVG nur in Betracht kommen, wenn die
frühere rentenverweigernde Verfügung mindestens zwölf Monate vor der
Neuanmeldung liegt (BGE 97 V 59 Erw. 1; nicht veröffentlichte Urteile
Zahnd vom 7. September 1978 und Kunz vom 10. Februar 1978), was im Falle
der Beschwerdeführerin allerdings klarerweise zutrifft.

Erwägung 5

    5.- (Kostenpunkt.)

Entscheid:

        Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

    Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass
der Entscheid der Kantonalen Rekurskommission für die Ausgleichskassen
Basel-Stadt vom 18. September 1980 und die Kassenverfügung vom 24. April
1980 aufgehoben werden und die Sache an die Ausgleichskasse Basel-Stadt
zurückgewiesen wird, damit sie, nach erfolgter Abklärung im Sinne der
Erwägungen, über den Rentenanspruch neu verfüge.