Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 109 V 10



109 V 10

10. Urteil vom 15. Februar 1983 i.S. Bundesamt für Sozialversicherung
gegen Steiner und Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen Regeste

    Art. 19 Abs. 1 IVG, Art. 8 Abs. 1 lit. a und Art. 9 IVV.
Sonderschulbedürftigkeit als Anspruchsvoraussetzung für die Gewährung
von Beiträgen an Sonderschulunterricht (Erw. 1). Art. 26bis IVG, Art. 24
Abs. 1 IVV, Art. 11 und 12 SZV.

    - Voraussetzung der behördlichen Zulassung der Sonderschule
(Bestätigung der Rechtsprechung, Erw. 2a).

    - Weder Invalidenversicherungs-Kommission noch Ausgleichskasse oder
Richter sind zuständig, über die Zulassung einer Sonderschule zu befinden
oder Zulassungsverfahren einzuleiten (Bestätigung der Rechtsprechung,
Erw. 2b).

    - Wann kann eine Privatschule, die den Anforderungen der Volksschule
entspricht, als Sonderschule zugelassen werden (Präzisierung der
Rechtsprechung, Erw. 3)?

Sachverhalt

    A.- Dominik Steiner (geb. 1967) leidet an einem leichten
psychoorganischen Syndrom und feinmotorischen Störungen der
Fingerfertigkeit. Nach Absolvierung der Primarschule wurde er im
Frühjahr 1979 probeweise in die öffentliche Sekundarschule aufgenommen. Am
15. Juni 1979 teilte seine Mutter der Invalidenversicherungs-Kommission
mit, der Schulpsychologische Dienst des Kantons St. Gallen rate in
Anbetracht der schwachen schriftlichen Leistungen zum Besuch einer als
Internat geführten privaten Sekundarschule; die Invalidenversicherung
werde ersucht, hieran im Sinne einer Sonderschulungsmassnahme Beiträge
zu leisten. Im Rahmen des daraufhin eingeleiteten Abklärungsverfahrens
bestätigte der Sekundarschulrat mit Schreiben vom 28. Juni 1979, Dominik
Steiner könne aufgrund der in der achtwöchigen Probezeit gezeigten
schlechten Leistungen, welche zum Teil auf seine motorischen Störungen
zurückzuführen seien, nicht mehr in der Sekundarschule verbleiben. In
einem Bericht vom 9. Juli 1979 stellte der Schulpsychologische Dienst den
Antrag auf "Sonderschulung im internen kath. Knabeninstitut St. Martin
(Internatssekundarschule) in Vättis/SG ab August 1979 für die Dauer
von 3 Jahren". Nach Einholung einer Stellungnahme des Bundesamtes für
Sozialversicherung (BSV) lehnte die Ausgleichskasse des Kantons St. Gallen
die Gewährung von Sonderschulbeiträgen am 29. Oktober 1979 verfügungsweise
mit der Begründung ab, die Alpine Schule St. Martin, Vättis, sei nicht
als Sonderschule der Invalidenversicherung zugelassen worden.

    B.- Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen hiess die hiegegen
erhobene Beschwerde nach Beizug eines vom 12. März 1980 datierten Berichtes
der kantonalen Sonderschulkommission am 9. Dezember 1980 gut. Der kantonale
Richter nahm in seinem Entscheid einerseits an, Dominik Steiner sei
sonderschulbedürftig; anderseits verfüge die Alpine Schule St. Martin
zwar weder über die eidgenössische noch über die kantonale Zulassung
als Sonderschule; doch liege ein "Sonderfall" im Sinne von Rz. 24 des
Kreisschreibens des BSV über die Zulassung von Sonderschulen in der
Invalidenversicherung vor, indem das Institut dank der individuellen
Unterrichtsgestaltung und dank der Betreuung ausserhalb der Schulzeit dem
Versicherten die Absolvierung des Sekundarschulpensums ermögliche; deshalb
stehe einer Anerkennung dieses Institutes als Sonderschule im vorliegenden
Fall nichts entgegen, insbesondere nicht die Rechtsprechung des Eidg.
Versicherungsgerichts, wonach bei Privatschulen, welche den Anforderungen
der Volksschule entsprechen, der Anspruch auf Sonderschulbeiträge entfalle.

    C.- Das BSV führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt die
Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides.

    Der Versicherte lässt auf Abweisung schliessen.

Auszug aus den Erwägungen:

       Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- a) Nach Art. 19 Abs. 1 IVG werden an die Sonderschulung
bildungsfähiger Minderjähriger, denen infolge Invalidität der Besuch
der Volksschule nicht möglich oder nicht zumutbar ist, Beiträge
gewährt (Satz 1); zur Sonderschulung gehört vorab die eigentliche
Schulausbildung (Satz 2). Art. 19 Abs. 3 IVG ermächtigt den Bundesrat,
die erforderlichen Voraussetzungen für die Gewährung der Beiträge im
einzelnen zu umschreiben. Gestützt hierauf bezeichnete der Bundesrat in
Art. 8 IVV die Massnahmen, welche im Rahmen der Sonderschulung von der
Invalidenversicherung zu übernehmen sind. Diese umfassen insbesondere
den regelmässigen Sonderschulunterricht für Minderjährige, die infolge
Invalidität den Anforderungen der Volksschule nicht zu genügen vermögen,
in Form einer dem Gebrechen angepassten eigentlichen Schulausbildung
(Art. 8 Abs. 1 lit. a IVV). Als Volksschule gilt der im Rahmen der
Schulpflicht vermittelte Unterricht mit Einschluss des Unterrichts in
Hilfs- und Förderklassen (Art. 8 Abs. 2 IVV).

    Wer Beiträge an Sonderschulunterricht verlangen kann, ergibt sich aus
Art. 9 IVV. Nach dieser Bestimmung zerfallen die Anspruchsberechtigten
in zwei Gruppen. Art. 9 IVV räumt nämlich das Anrecht auf Beiträge
einerseits jenen minderjährigen Versicherten ein, bei denen eine der in
Abs. 1 lit. a bis f beispielhaft aufgezählten Behinderungen vorliegt
(1. Gruppe); anderseits werden jene Minderjährigen berücksichtigt,
"denen infolge eines anderen körperlichen oder geistigen Gebrechens der
Besuch der Volksschule nicht möglich oder nicht zumutbar ist" (Abs. 1
lit. g: 2. Gruppe, 1. Variante) oder die "infolge mehrerer Gebrechen dem
Unterricht der Volksschule nicht zu folgen vermögen", auch "wenn die für
die einzelnen Gebrechen erforderlichen Voraussetzungen gemäss Absatz 1
Buchstaben a bis f nicht erfüllt sind" (Abs. 2: 2. Gruppe, 2. Variante).

    In bezug auf das Abklärungsverfahren unterscheiden sich die beiden
Gruppen beträchtlich: Die in Art. 9 Abs. 1 lit. a bis f IVV aufgeführten
Voraussetzungen lassen sich durch Mess- oder Grenzwerte oder durch
die klare Umschreibung des rechtserheblichen Gesundheitsschadens so
definieren, dass ihre Feststellung in der Praxis verhältnismässig leicht
und ermessensunabhängig vorgenommen werden kann. Ist sodann einer der
genannten Tatbestände erstellt - also zum Beispiel die Geistesschwäche
durch Tests ausgewiesen, die Blindheit, die Sehschwäche, die Taubheit
oder der Hörverlust durch Messresultate bestätigt -, knüpft sich daran
regelmässig die Leistungspflicht der Invalidenversicherung, indem die
Sonderschulbedürftigkeit diesfalls vermutet wird, ohne dass es in der
Regel noch weiterer Untersuchungen bedürfte. Demgegenüber erfordern die
Voraussetzungen der zweiten Gruppe (Art. 9 Abs. 1 lit. g und Abs. 2 IVV)
über die (ärztliche) Feststellung eines bestimmten gesundheitlichen
Defektzustandes hinaus eine vorsichtige Gewichtung und Abwägung der
wechselseitigen Auswirkungen zwischen der bestehenden Behinderung und dem
Volksschulbesuch. Hiefür sind verschiedene fachtechnische Abklärungen
nötig, die einerseits durch den Arzt und anderseits durch die für
Schulfragen zuständigen Stellen der Gemeinden oder der Kantone erfolgen
sollen. Dem Mediziner obliegen dabei im wesentlichen die Feststellung und
die Beurteilung der Gesundheitsschädigung sowie der gesundheitlichen
Auswirkungen des Besuchs einer öffentlichen Volksschule; die für
schulische Belange zuständige Behörde hat demgegenüber im wesentlichen zu
Fragen der geeigneten Schulung und des geeigneten Schultyps Stellung zu
nehmen. Ein solches abgestimmtes Vorgehen der verschiedenen Fachleute gibt
Gewähr dafür, dass alle Umstände, die im Einzelfall von medizinischer,
pädagogischer oder therapeutischer Bedeutung sein können, bestmöglich
erhellt werden. Die genannten Abklärungsmassnahmen sind deshalb vom
Eidg. Versicherungsgericht wiederholt als zweckmässig und notwendig
bezeichnet worden (nicht veröffentlichte Urteile Frei vom 11. August 1982,
Bamert vom 4. August 1980 und Spycher vom 20. Januar 1976).

    b) Der Beschwerdegegner leidet an einer Form des Geburtsgebrechens
Ziffer 390, nämlich einem leichten psychoorganischen Syndrom und
feinmotorischen Störungen der Fingerfertigkeit, welche sich u.a. in
Schreibschwierigkeiten äussern (Bericht des Dr. med. D. vom 9. September
1976). Aufgrund dieser ärztlichen Beurteilung ist anzunehmen, dass beim
Beschwerdegegner ein anderes körperliches oder geistiges Gebrechen im Sinne
von Art. 9 Abs. 1 lit. g IVV vorliegt. Fraglich ist, ob ihm deswegen der
Besuch der öffentlichen Volksschule auf der Sekundarstufe nicht möglich
oder nicht zumutbar ist.

    Laut dem Bericht des Schulpsychologischen Dienstes vom 9. Juli
1979 bestand der Beschwerdegegner die Probezeit in der Sekundarschule
nicht, weil er vor allem in den Fächern scheiterte, die graphomotorische
Grundlagen erfordern (Sprache schriftlich, speziell französisches Diktat,
geometrisches Zeichnen); im Vergleich zur festgestellten Intelligenz
würden sich die graphomotorischen Schwierigkeiten besonders krass
bemerkbar machen; sodann liege auch ein Mangel an Konzentrationsfähigkeit
vor. Diese Darstellung deckt sich im wesentlichen mit den Angaben im
Bericht des Sekundarschulrates vom 23. Juni 1979, wonach das Scheitern des
Sekundarschulbesuches jedenfalls zum Teil auf die motorischen Störungen
zurückzuführen ist. Dass begleitende Massnahmen pädagogisch-therapeutischer
Art gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. c IVV hieran etwas zu ändern vermöchten,
wird von keiner Seite behauptet und ist nach der Aktenlage auch nicht
anzunehmen. Somit ist erstellt, dass der Beschwerdegegner wegen seines
Leidens die öffentliche Volksschule auf der Sekundarstufe nicht besuchen
kann. Folglich stehen ihm gestützt auf Art. 9 Abs. 1 lit. g IVV Beiträge
an Sonderschulunterricht grundsätzlich zu.

Erwägung 2

    2.- a) Schulen, die invaliden Minderjährigen einen dem Gebrechen
angepassten regelmässigen Sonderschulunterricht im Sinne von Art. 8
Abs. 1 lit. a IVV erteilen wollen, bedürfen nach Art. 26bis Abs. 1
und 2 IVG einer Zulassung, um ihren Schülern Anspruch auf Beiträge
der Invalidenversicherung zu vermitteln. Der Bundesrat übertrug die
Zuständigkeit zum Erlass von Zulassungsvorschriften gemäss Art. 24 Abs. 1
IVV dem Eidg. Departement des Innern, das gestützt auf diese Delegation
am 11. September 1972 die Verordnung über die Zulassung von Sonderschulen
in der Invalidenversicherung (SZV) erlassen hat. Deren Art. 10 sieht
vor, dass für die Zulassung von Sonderschulen, die ständig mehr als vier
Schüler mit Anspruch auf den Sonderschulbeitrag der Invalidenversicherung
unterrichten, das BSV zuständig ist (Abs. 1); in den übrigen Fällen
liegt die Zuständigkeit für die Anerkennung als Sonderschule beim Kanton,
in dem sich das Institut befindet (Abs. 2).

    Nach ständiger Rechtsprechung entfällt der Anspruch auf Beiträge
an Sonderschulunterricht, wenn das Institut, für dessen Besuch Beiträge
verlangt werden, nicht im dafür vorgesehenen Verfahren tatsächlich formell
als Sonderschule zugelassen worden ist (ZAK 1980 S. 273 f. Erw. 1b und
Erw. 2 i.f., 1978 S. 32 Erw. 2 und 3).

    b) Aus den Akten geht hervor, dass die Alpine Schule St. Martin in
Vättis weder durch das BSV (generell) noch durch die Sonderschulkommission
als (im Falle des Beschwerdegegners) zuständige kantonale Instanz als
Sonderschule zugelassen worden ist. Der Bericht vom 12. März 1980,
in welchem die Sonderschulkommission zum Ausdruck brachte, dass das
genannte Institut aufgrund der vollzogenen Abklärungen "als geeignete
Sonderschulmassnahme im Einzelfall zu bezeichnen sei", weshalb "bei
einem evtl. Rekursfall die Sonderschulung in der Alpinen Schule Vättis"
unterstützt werden könne, ändert hieran nichts. Somit ist festzustellen,
dass es vorliegend an der formellen Anspruchsvoraussetzung der
Sonderschulzulassung fehlt.

    Die Vorinstanz wendet hiegegen in ihrer Stellungnahme
zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde ein, es gehe nicht an, dem
Sozialversicherungsrichter in Fällen wie dem vorliegenden die
Zuständigkeit abzusprechen, im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens
betreffend die Gewährung von Sonderschulbeiträgen über die Zulassung
einer Sonderschule zu befinden. Diese Auffassung verkennt, dass Gesetz
und Verordnung zwischen den materiellen Anspruchsvoraussetzungen
für Sonderschulbeiträge einerseits (Art. 19 IVG, Art. 8 f. IVV) und
dem Erfordernis der formellen Zulassung anderseits (Art. 26bis IVG,
Art. 24 Abs. 1 IVV) klar unterscheiden. Gestützt auf die letztgenannten
Bestimmungen sieht die SZV besondere Zulassungsvoraussetzungen und ein
spezielles Zulassungsverfahren für Institutionen und Einzelpersonen
vor, die im Rahmen der Invalidenversicherung invalide Minderjährige
unterrichten. Die Invalidenversicherung darf die Sonderschulung
nur subventionieren, wenn die betreffende Schule zur Tätigkeit auf
dem Gebiet der Invalidenversicherung zugelassen worden ist. Weder
Invalidenversicherungs-Kommission, Ausgleichskasse noch Richter sind
zuständig, über diese Zulassung zu befinden oder Zulassungsverfahren
einzuleiten (vgl. ZAK 1982 S. 325). Dies ist nach der durch Gesetz
und Verordnung getroffenen Ordnung in allen Fällen Sache des BSV oder
der zuständigen kantonalen Amtsstelle. Ihnen obliegt es, abzuklären,
ob das Institut generell oder bezogen auf einen einzelnen Schüler die
Zulassungsvoraussetzungen (Art. 2 ff. SZV) erfüllt.

Erwägung 3

    3.- Aus dem Gesagten folgt, dass der vorinstanzliche Entscheid
aufzuheben ist. Die Ablehnungsverfügung vom 29. Oktober 1979 erweist
sich als richtig. Im Hinblick darauf, dass die Sonderschulbedürftigkeit
des Beschwerdegegners erstellt ist (vgl. Erw. 1b hievor) und unter
Berücksichtigung der Möglichkeit, dass die Alpine Schule St. Martin
nachträglich bei der Sonderschulkommission des Kantons St. Gallen ein
Gesuch um Zulassung als Sonderschule im Falle des Beschwerdegegners stellen
kann (vgl. Art. 12 Abs. 1 SZV), rechtfertigt es sich, folgendes beizufügen.

    Laut dem Schreiben der Sonderschulkommission vom 3. April
1978 an das BSV besitzt die Alpine Schule St. Martin in Vättis die
kantonalrechtliche Anerkennung als private Sekundarschule, die in allen
Klassen nach dem öffentlichen Lehrplan geführt wird. Das BSV beruft
sich nun auf die Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichts, wonach
beim Besuch von Privatschulen, die den Anforderungen der Volksschule
entsprechen, der Anspruch auf Sonderschulbeiträge entfällt (ZAK 1980
S. 273 Erw. 1a, 1978 S. 31 Erw. 1). Die Vorinstanz ist der Auffassung,
dass diese Rechtsprechung in Anbetracht der Rz. 22 bis 24 ("Zulassung
in Sonderfällen") des seit 1. Januar 1979 in Kraft befindlichen
Kreisschreibens des BSV über die Zulassung von Sonderschulen in der
Invalidenversicherung nicht mehr gelte. Bedeutung und Rechtsbeständigkeit
dieser Weisungen brauchen indessen vorliegend nicht geprüft zu werden. Es
genügt, darauf hinzuweisen, dass die erwähnte Rechtsprechung nicht
bezweckt, Privatschulen, die Volksschulunterricht anbieten, schlechthin
als mögliche Träger von Sonderschulmassnahmen der Invalidenversicherung
auszuschliessen. Denn es sind auch jene Versicherten einer angemessenen
Sonderschulung zuzuführen, die im Sinne von Art. 9 Abs. 1 lit. g oder
Abs. 2 IVV dem an der öffentlichen Schule erteilten Unterricht nicht folgen
können - auch nicht mit Hilfe ergänzender Massnahmen nach Art. 8 Abs. 1
lit. c IVV -, dagegen aber bei geeigneten schulisch-pädagogischen Vorkehren
im Rahmen einer Privatschule in der Lage wären, das im kantonalen Lehrplan
vorgeschriebene (Primar- oder Sekundar-) Pensum zu bewältigen. Entscheidend
ist somit, welche Funktion der betreffenden Privatschule im Einzelfall
zukommt. Beschränkt sich das private Institut auf die Vermittlung
von Volksschullehrstoff in einer der Unterrichtsgestaltung an der
öffentlichen Volksschule vergleichbaren Weise, ist die Zulassung
als Sonderschule in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung
ausgeschlossen. Daran ist festzuhalten. Kommt die Privatschule anderseits
der Behinderung eines Schülers in der Weise entgegen, dass sie auf die
invaliditätsbedingten Bedürfnisse abgestimmte Mittel zur Verfügung stellt
(Lehrmethoden, Lehrkräfte, Einrichtungen u.a.m.), wodurch erst die im
kantonalen Lehrplan aufgestellten Ziele erreicht werden können, fällt eine
Zulassung als Sonderschule in Betracht. Unter solchen Umständen tritt die
Privatschule eben nicht mehr nur "in ihrer Eigenschaft als Volksschule"
(ZAK 1980 S. 273 Erw. 1b, 1978 S. 32 Erw. 2) auf, sondern wesentlich auch
als Institution der Förderung sonderschulbedürftiger Minderjähriger. In
diesem Sinne ist die bisherige Rechtsprechung zu präzisieren.

    Wann eine Privatschule mit Volksschulunterricht im Einzelfall als
Sonderschule zugelassen werden kann, lässt sich nicht in allgemeingültiger
und abschliessender Weise sagen. Jedenfalls muss eine solche Lösung durch
die mit den Abklärungen betrauten Stellen (vgl. Erw. 1a hievor) gründlich
geprüft werden. Als Regel wird gelten, dass allein der Umstand besonderer
Rücksichtnahme seitens der Privatschulorgane, die dem behinderten Schüler
ein "Mitschwimmen" im ansonst normal geführten Klassenverband erlaubt, zur
Anerkennung nicht genügt. Erforderlich wird vielmehr grundsätzlich sein,
dass sich die gewählte Privatschule von ihrem pädagogischen Konzept her
(z.B. durch individualisierte Unterrichtsgestaltung, individuelle Betreuung
ausserhalb der Schulzeit o.ä.) in einer Weise für die Sonderschulung
eignet, die über die Möglichkeiten des jeweils in Frage stehenden
öffentlichen Volksschultypus hinausgeht.

Entscheid:

        Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

    In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid
des Versicherungsgerichtes des Kantons St. Gallen vom 9. Dezember 1980
aufgehoben.