Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 109 IV 43



109 IV 43

12. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 11. April 1983 i.S. F.
gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste

    1. Art. 198 Abs. 2 StGB. Die Mündigkeit bestimmt sich nach
schweizerischem Recht. Eine gemäss ihrem Heimatrecht volljährige 19 Jahre
alte Österreicherin ist eine unmündige Person im Sinne von Art. 198 Abs. 2
StGB (E. 5).

    2. Art. 198 Abs. 2 StGB, Art. 201 Abs. 1 StGB. Zwischen den
Straftatbeständen der qualifizierten einfachen Kuppelei und der passiven
Zuhälterei besteht Idealkonkurrenz (E. 6).

Sachverhalt

    A.- F. begleitete im Januar 1975 seine damalige Freundin G.,
geb. 26. September 1956, von Romanshorn nach Zürich und machte sie mit dem
dortigen Massagesalon-Besitzer I. bekannt. Auf Vorschlag und Vermittlung
von F. wurde ihr der Massagesalon "Happy" überlassen. Während ungefähr
einem Monat gewährte sie dort ihrer Kundschaft sowohl Feinmassagen als
auch den Geschlechtsverkehr. Ihre Einnahmen beliefen sich auf total
ca. Fr. 16'000.--, wovon sie ca. Fr. 5'000.-- I. abliefern musste. Von
den restlichen Fr. 11'000.-- kassierte F. 50%.

    Mit Entscheid vom 26. März 1982 verurteilte das Obergericht des Kantons
Zürich F. wegen Kuppelei im Sinne von Art. 198 Abs. 2 StGB und Zuhälterei
im Sinne von Art. 201 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Gefängnisstrafe von
16 Monaten und einer Busse von Fr. 4'500.--. Ausserdem verpflichtete es F.,
den unrechtmässigen Deliktsvorteil von Fr. 5'500.-- der Obergerichtskasse
abzuliefern.

    Gegen diesen Entscheid führt F. u.a. eidg. Nichtigkeitsbeschwerde. Er
beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache sei an
die Vorinstanz zurückzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 5

    5.- Der Beschwerdeführer rügt, das Obergericht sei zu Unrecht davon
ausgegangen, dass es sich bei G. um eine unmündige Person im Sinne von
Art. 198 Abs. 2 StGB handle. Als Österreicherin sei sie im Zeitpunkt der
Tat gemäss ihrem Heimatrecht mündig gewesen. Entgegen der Ansicht der
Vorinstanz sei zur Auslegung des Begriffs der Unmündigkeit in Art. 198
Abs. 2 StGB nicht nur auf das schweizerische Zivilrecht, sondern auf das
"gesamte Zivilrecht mit Einschluss des internationalen Privatsrecht"
abzustellen.

    Das Schweizerische Strafgesetzbuch lässt nicht nur Schweizern,
sondern gegebenenfalls auch ausländischen Inhabern von strafrechtlich
geschützten Rechtsgütern den durch das Strafrecht gebotenen Schutz
zuteil werden (vgl. BGE 86 IV 212 ff.; SCHULTZ, SJZ 60, S. 82). Art. 198
Abs. 2 StGB bezweckt den Schutz der normalen sexuellen Entwicklung
Jugendlicher (vgl. HAFTER, BT I, S. 143; STRATENWERTH, BT II, 1978
S. 53/4; PAUL USTERI, Strafwürdigkeit der Kuppelei, Diss. Zürich 1972,
S. 81). Wird eine Person in der Schweiz aber um ihrer Jugend willen
geschützt, kann dieser Schutz nicht davon abhängen, wann ein Ausländer
nach seinem Heimatrecht mündig ist. Eine noch nicht zwanzigjährige
Österreicherin ist, wie die Vorinstanz zurecht bemerkt, nicht reifer oder
resistenter und demzufolge weniger schutzbedürftig als eine gleichaltrige
Schweizerin. Was unter Unmündigkeit im Sinne von Art. 198 Abs. 2 StGB zu
verstehen ist, bestimmt sich deshalb ausschliesslich nach schweizerischem
Recht. Da das Strafgesetzbuch das Mündigkeitsalter nicht festlegt, ist die
Regelung in Art. 14/15 ZGB heranzuziehen (vgl. BGE 70 IV 79, USTERI, aaO
S. 81/82). Nach dieser Bestimmung ist eine ledige Person vor Erreichung
des zwanzigsten Altersjahres unmündig. Da G. im Zeitpunkt der Tat noch
nicht zwanzig Jahre alt war, ist das Tatbestandsmerkmal der Unmündigkeit
im Sinne von Art. 198 Abs. 2 StGB gegeben. Die Beschwerde ist in diesem
Punkt abzuweisen.

Erwägung 6

    6.- Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, die Vorinstanz habe
zwischen den Straftatbeständen der Kuppelei und Zuhälterei zu Unrecht
Idealkonkurrenz angenommen. Er führt unter Berufung auf STRATENWERTH aus,
dass im Falle der typischen Zuhälterei der Zuhälter dadurch, dass er die
Dirne zu einem Tun veranlasst und ihre Tätigkeit fördert, immer auch der
Unzucht Vorschub leiste.

    Ohne näher auf den qualifizierten Tatbestand von Art. 198 Abs. 2 StGB
einzugehen, vertreten STRATENWERTH (aaO S. 65), HAFTER (aaO S. 149/150)
und LOGOZ (BT I, S. 343) die Ansicht, dass wegen der im wesentlichen
übereinstimmenden Schutzrichtung der Tatbestände der Kuppelei und der
Zuhälterei echte Konkurrenz ausgeschlossen ist. Inwieweit diese - nicht
unwidersprochene - Ansicht im Falle des Verkuppelns mündiger Personen
zutrifft, kann vorliegend offen bleiben.

    Der Beschwerdeführer ist wegen qualifizierter einfacher Kuppelei
(Art. 198 Abs. 2 StGB) und passiver Zuhälterei (Art. 201 Abs. 1 StGB)
schuldig gesprochen worden. Beide Gesetzesbestimmungen schützen die
allgemeine öffentliche Sittlichkeit (vgl. BGE 98 IV 257 E. 1). Art. 198
Abs. 2 StGB bezweckt jedoch überdies den Schutz der normalen
geschlechtlichen Entwicklung Jugendlicher (vgl. Ziff. 5 hiervor). Die
Tatbestände der Art. 198 Abs. 2 und Art. 201 Abs. 1 StGB schützen
also mindestens teilweise unterschiedliche Rechtsgüter. Die Annahme von
echter Konkurrenz erscheint deshalb berechtigt (vgl. auch BEAT MEIER, Die
Behandlung der Zuhälterei im schweizerischen Strafrecht, Diss. Zürich 1957,
S. 88; USTERI, aaO S. 114). Die Beschwerde ist in diesem Punkt abzuweisen.