Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 109 IV 147



109 IV 147

41. Urteil des Kassationshofes vom 5. Oktober 1983 i.S. S. gegen
Generaldirektion PTT (Nichtigkeitsbeschwerde) Regeste

    Art. 25 StGB, Art. 42 TVG; Gehilfenschaft zu Widerhandlungen gegen
Art. 42 des Bundesgesetzes betreffend Telegrafen- und Telefonverkehr.

    Der Verkauf von nicht konzessionsfähigen Funkgeräten an Käufer, welche
diese in der Schweiz widerrechtlich benützen, ist nur dann Gehilfenschaft
zu Widerhandlungen im Sinne von Art. 42 TVG, wenn der Verkäufer beim
Verkauf weiss oder zumindest damit rechnet, dass der Käufer die Geräte
in der Schweiz widerrechtlich erstellen, betreiben oder benützen werde.

Sachverhalt

    A.- S. verkaufte in den Jahren 1979 und 1980 sechs Funkgeräte,
für deren Betrieb keine Konzession bzw. Bewilligung erteilt wird und
die demzufolge in der Schweiz nur widerrechtlich verwendet werden
können. Diese Geräte wurden von den Käufern in Widerhandlung zu
Art. 42 Bundesgesetz betreffend Telegrafen- und Telefonverkehr (TVG)
erstellt, betrieben oder benützt. Mit Strafbescheid vom 30. Januar 1981
verurteilte die Kreistelefondirektion Basel S. wegen Gehilfenschaft zu
Widerhandlungen im Sinne von Art. 42 Ziff. 1 Abs. 1 TVG zu einer Busse
von Fr. 1'350.--. Auf dessen Verlangen um gerichtliche Beurteilung gemäss
Art. 71 VStrR hin überwies die Generaldirektion PTT die Angelegenheit an
die zuständigen Behörden des Kantons Basel-Stadt. In der Folge entschied
der Polizeigerichtspräsident von Basel-Stadt mit Strafbefehl vom 22. März
1982 auf eine Busse von Fr. 400.--. Im Einspracheverfahren sprach er
S. am 14. September 1982 dann aber vom Vorwurf der Gehilfenschaft zu
Widerhandlungen gegen das TVG frei.

    B.- Gegen diesen Entscheid führte die Generaldirektion PTT sowohl
Appellation als auch Beschwerde. Während das Appellationsgericht des
Kantons Basel-Stadt auf das erste Rechtsmittel nicht eintrat, hiess
es die Beschwerde gut, sprach S. der fortgesetzten Gehilfenschaft zu
Widerhandlungen gegen Art. 42 TVG schuldig und belegte ihn mit einer
Busse von Fr. 400.--.

    C.- Diesen Entscheid ficht S. mit Nichtigkeitsbeschwerde und
staatsrechtlicher Beschwerde beim Bundesgericht an. Mit eidgenössischer
Nichtigkeitsbeschwerde beantragt er, der angefochtene Entscheid sei
aufzuheben, und die Sache sei zur Freisprechung an das Appellationsgericht
Basel-Stadt zurückzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung von Art. 1, 25 StGB
und 42 TVG. Er macht u.a. geltend, der blosse Erwerb, Besitz und damit
auch Verkauf der inkriminierten Funkgeräte sei erlaubt; verboten und
mit Strafe bedroht sei einzig das Erstellen, Betreiben und Benützen von
nicht konzessionsfähigen Geräten. Der Verkauf stelle deshalb bloss eine
Beteiligung an der - im Falle des Erwerbs zum Zwecke illegaler Verwendung -
straflosen Vorbereitungshandlung des Käufers dar. Wenn der Verkauf weder
nach Art. 42 TVG noch nach der Minispiongesetzgebung in Art. 179bis
ff. StGB verboten sei, dürfe er nicht auf dem Umweg über die Bestrafung
als Gehilfenschaft bei der illegalen Verwendung durch den Käufer faktisch
untersagt werden. Dies ergebe sich auch aus einem Schreiben der PTT vom
24. September 1979, wonach der Verkauf an sich keine widerrechtliche
Handlung darstelle.

    Seine Verurteilung wegen Gehilfenschaft sei im weitern auch deshalb
ausgeschlossen, weil er die Käufer jeweils darauf aufmerksam gemacht habe,
dass die Funkgeräte in der Schweiz nur illegal benützt werden könnten. Das
Wissen und In-Kauf-Nehmen des späteren strafbaren Gebrauchs durch die
Käufer sei von der Vorinstanz nicht nachgewiesen worden. Diese habe
vielmehr den Eventualvorsatz allein schon aus der Tatsache des illegalen
Gebrauchs der bei ihm erstandenen Funkgeräte hergeleitet.

Erwägung 2

    2.- Gemäss Art. 42 Ziff. 1 Abs. 1 TVG ist das Erstellen, Betreiben
oder Benützen von konzessions- oder bewilligungspflichtigen Sende- und
Empfangsanlagen irgendwelcher Art ohne entsprechende Konzession oder
Bewilligung strafbar. Unbestritten ist, dass die vom Beschwerdeführer
verkauften und von sechs Käufern benützten Funkgeräte einerseits ohne
Konzession nicht betrieben werden dürfen und andererseits für den Betrieb
derartiger Geräte in der Schweiz keine Konzessionen oder Bewilligungen
erteilt werden. Die Generaldirektion PTT bestreitet sodann nicht, dass
das Verkaufen und Kaufen sowie der Besitz von nicht konzessionsfähigen
Anlagen kein tatbestandsmässiges Handeln gemäss Art. 42 TVG darstellt. Dies
schliesst - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - aber nicht aus,
dass das Verkaufen von nicht konzessionsfähigen Geräten an Käufer, welche
diese in der Schweiz benützen, als Gehilfenschaft zur Widerhandlung gegen
Art. 42 TVG strafbar sein kann. Gehilfenschaft setzt ja gerade voraus, dass
die Mitwirkung an der Tat eines Dritten vom Gesetz nicht als selbständiges
Delikt erfasst wird, sondern einem untergeordneten Tatbeitrag gleichkommt
(s. BGE 106 IV 73). Die Möglichkeit der Bestrafung wegen Gehilfenschaft
bedeutet jedoch keineswegs faktisch ein "Verbot" des Verkaufs der
inkriminierten Funkgeräte. Wäre der Verkauf als solcher strafbar, müsste
jede Verkaufshandlung zu einer Verurteilung führen. Gehilfenschaft zur
Widerhandlung gegen Art. 42 TVG darf dagegen nur angenommen werden,
wenn der Verkäufer beim Verkauf der Geräte weiss oder zumindest damit
rechnet, dass der Käufer sie widerrechtlich in der Schweiz erstellen,
betreiben oder benützen werde.

Erwägung 3

    3.- Gehilfenschaft setzt die Haupttat eines Dritten voraus; der Gehilfe
muss einen kausalen Tatbeitrag leisten, der die strafbare Handlung fördert,
so dass sich die Tat ohne sein Mitwirken anders abgespielt hätte (BGE 98 IV
85, 78 IV 7). Der Beschwerdeführer hat in concreto durch den Verkauf der
sechs nicht konzessionsfähigen Funkgeräte den illegalen Betrieb derselben
durch die Käufer überhaupt erst ermöglicht. Bedeutungslos ist, inwieweit
er mit dem Verkauf unmittelbar auch eine straflose Vorbereitungshandlung
- den Kauf und Besitz von Geräten - unterstützt hat. Nach Doktrin und
Rechtsprechung genügt jede Förderung des vom Täter entworfenen Tatplanes,
selbst wenn sie das tatbestandsmässige Handeln nicht berührt und -
für sich allein genommen - zu den straflosen Vorbereitungshandlungen zu
zählen ist (SCHULTZ, AT I, 4. Aufl., S. 297; vgl. STRATENWERTH, AT I, §
13 N. 113, S. 345; s. auch BGE 96 IV 116 f.). Vorliegend ist unbestritten,
dass durch den Verkauf nicht nur der Besitz der Geräte, sondern auch
deren - verbotene - Benützung in der Schweiz möglich gemacht wurde. Der
Einwand, wonach die Käufer dasselbe Gerät auch anderswo in der Schweiz
hätten beschaffen oder legal aus dem Ausland hätten einführen können,
ist nicht stichhaltig; nach der Rechtsprechung ist nicht verlangt, dass
die Begehung der Tat ohne inkriminierte Hilfeleistung nicht erfolgt wäre
(BGE 92 IV 114, 88 IV 27, vgl. STRATENWERTH, aaO, N. 113, S. 345). Der
Verkauf von nicht konzessionsfähigen Geräten war in concreto in sechs
Fällen ein nicht unwesentlicher kausaler Tatbeitrag. Der objektive
Tatbestand der Gehilfenschaft zu Widerhandlungen gegen Art. 42 TVG ist
demnach vorliegend erfüllt.

Erwägung 4

    4.- In subjektiver Hinsicht ist Vorsatz verlangt. Der Gehilfe muss
"mindestens damit rechnen", durch sein Verhalten eine bestimmt geartete
Straftat zu fördern und dies in Kauf nehmen. Zum Vorsatz gehört auch
die Voraussicht des Geschehensablaufs (STRATENWERTH, aaO, § 13 N. 116,
S. 346; vgl. THORMANN/VON OVERBECK, AT I, N. 6 zu Art. 25 StGB, S. 124).

    Aus der Tatsache, dass die vom Beschwerdeführer verkauften Geräte in
der Schweiz nur widerrechtlich erstellt (vgl. BGE 107 IV 152), betrieben
und benützt werden können, folgerte die Vorinstanz, er habe damit rechnen
müssen, dass die Funkgeräte in der Schweiz illegal benützt würden, weshalb
er zumindest eventualvorsätzlich gehandelt habe. Dieser Ansicht kann
nicht gefolgt werden. Wie S. - von der Beschwerdegegnerin unbestritten
- geltend macht, ist der Betrieb der inkriminierten Geräte in gewissen
Nachbarstaaten erlaubt. Die Anlagen kommen ausserdem als Ersatzteilspender
in Frage. Diese legalen Verwendungsmöglichkeiten stellen keine derart
aussergewöhnlichen Gebrauchsarten dar, dass der Kauf eines solchen
Geräts zu einem der genannten Zwecke - insbesondere im grenznahen Raum
(Basel) - gänzlich auszuschliessen wäre. Allein mit der Tatsache des
Verkaufs von nicht konzessionsfähigen Funkgeräten kann das Vorliegen
des Eventualvorsatzes deshalb nicht begründet werden. Das generelle
Wissen um die Möglichkeit des illegalen Betriebs der Geräte ist nicht nur
Tatbestandselement des Eventualvorsatzes, sondern ebenso der - straflosen
- bewussten Fahrlässigkeit. Im letztern Fall vertraut der Täter darauf,
dass der als möglich vorausgesehene Erfolg nicht eintreten werde. Beim
Eventualvorsatz will er diesen Erfolg für den Fall seines Eintritts,
indem er sich damit abfindet oder ihn in Kauf nimmt. Keine Rolle spielt
- entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - dabei, inwieweit er den
Eintritt des Erfolgs "billigend" oder als unerwünscht in Kauf nimmt
(BGE 96 IV 101).

    Eventualdolus ist demnach immer dann anzunehmen, wenn der
Beschwerdeführer im Einzelfall mit der späteren widerrechtlichen Verwendung
durch einen konkreten Käufer ernstlich rechnen muss (vgl. STRATENWERTH,
aaO, § 9 N. 94, S. 166). Dies trifft zweifellos zu, wenn sich aus
dem Verhalten, den Äusserungen usw. des Käufers ergibt, dass jener
den widerrechtlichen Betrieb der Geräte - eventuell trotz Hinweises
auf die Strafbarkeit dieses Verhaltens - beabsichtigt. Umgekehrt
liegt Eventualvorsatz regelmässig nicht vor, wenn sich aus den
Verkaufsverhandlungen die Absicht der Erwerber, die Funkgeräte nur legal
zu verwenden, entnehmen lässt. In diesem Fall darf der Verkäufer auf
weiteres rechtmässiges Handeln des Käufers vertrauen. Wie verhält es
sich aber, wenn jener sich zum Verwendungszweck überhaupt nicht oder
doch nicht mit genügender Klarheit äussert? Wer Funkgeräte verkauft,
die in der Schweiz nicht erstellt und betrieben werden dürfen, muss
ernstlich damit rechnen, dass die Apparate zum Zweck des illegalen
Gebrauchs in der Schweiz erworben werden; daran ändert nichts, dass
auch legale Verwendungszwecke möglich sind, kommt diesen doch wegen der
sehr eingeschränkten Benützungsmöglichkeit jedenfalls keine vorrangige
Bedeutung zu.

    Will der Veräusserer in diesem Falle trotzdem nicht konzessionsfähige
Funkgeräte verkaufen, muss er den Erwerber zumindest auf das in der Schweiz
gültige Benützungsverbot ausdrücklich aufmerksam machen und damit kundtun,
dass er Geräte nur an Käufer aushändigt, welche weder das Erstellen noch
das Betreiben bzw. Benützen in der Schweiz beabsichtigen (vgl. REHBERG,
in SJZ 67 (1971) S. 108). Ist aus der Reaktion des Käufers auf eine
auch bloss eventuelle zukünftige widerrechtliche Verwendungsabsicht
zu schliessen, macht sich der Verkäufer durch die Veräusserung der
eventualvorsätzlichen Gehilfenschaft bei der späteren illegalen Handlung
des Erwerbers strafbar. Anders verhält es sich, wenn dieser auf den
Hinweis des Benützungsverbotes in der Schweiz versichert, die Geräte
zu legalen Zwecken zu erwerben, oder wenn er davon Kenntnis nimmt, ohne
sich über seine weiteren Absichten zu äussern. In beiden Fällen darf der
Verkäufer von Gütern, die straflos verkauft, gekauft und besessen werden
dürfen, deren Verwendung aber in der Schweiz untersagt und strafbar ist,
auf die Gesetzestreue des Erwerbers vertrauen, womit ihm bezüglich der
späteren Widerhandlung des Käufers die für den Eventualdolus notwendige
Voraussicht des Geschehensablaufs fehlt. Eine weitere Abklärungspflicht
zur Absicht des Käufers käme im übrigen einer eigentlichen - im TVG nicht
vorgesehenen - Verpflichtung zur aktiven Verhinderung von Widerhandlungen
Dritter gleich. Dass Gehilfenschaft nicht so weit geht, erhellt schon
daraus, dass der Strafgrund dieser Teilnahmeform einzig in der Mitwirkung
am vom Täter begangenen Unrecht besteht (BGE 101 IV 51). Die umfassende
strafrechtliche Erfassung des Verkaufs - wie sie die Beschwerdegegnerin
anstrebt - lässt sich nicht über die Gehilfenschaft verwirklichen,
sondern nur über eine entsprechende Gesetzesänderung.

Erwägung 5

    5.- Die Vorinstanz geht demnach fehl, wenn sie Eventualvorsatz allein
aufgrund der Tatsache des Verkaufs bejahte. Weder der Beschwerdeführer
noch andere Personen wurden in den bisherigen Verfahren zum subjektiven
Tatbestand einvernommen; tatsächliche Feststellungen dazu fehlen
vollständig. Insbesondere ist den Entscheiden des Appellationsgerichtes
und des Polizeigerichtspräsidenten nicht zu entnehmen, inwieweit der
Beschwerdeführer - wie mit Nichtigkeitsbeschwerde geltend gemacht - die
Käufer in allen sechs Fällen auf das Verbot, die Geräte in der Schweiz
zu benützen, hingewiesen hat und ob diese in der Folge den Betrieb der
Anlagen im Ausland resp. die Benützung des Geräts als Ersatzteilspender
als alleinigen Kaufszweck angaben. Damit ist eine Überprüfung des
Schuldspruchs wegen Gehilfenschaft zu Widerhandlungen gemäss Art. 42
TVG nicht möglich. Das angefochtene Urteil ist deshalb in Anwendung von
Art. 277 BStP aufzuheben und die Sache zur Ergänzung des Sachverhalts
und zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen zurückzuweisen.