Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 109 II 375



109 II 375

79. Urteil der II. Zivilabteilung vom 8. Dezember 1983 i.S. Christ gegen
Mills (Berufung) Regeste

    Klage auf Abänderung eines amerikanischen Urteils betreffend
Kinderzuteilung als Nebenfolge der Scheidung der Eltern; örtliche
Zuständigkeit.

    Eine solche Klage fällt in den Anwendungsbereich des Übereinkommens
über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem
Gebiet des Schutzes von Minderjährigen (MSA): Der angerufene schweizerische
Richter hat sie deshalb ohne weiteres an die Hand zu nehmen, wobei er
vorab freilich zu prüfen hat, ob das minderjährige Kind seinen gewöhnlichen
Aufenthalt im Sinne von Art. 1 MSA in der Schweiz habe.

Sachverhalt

    A.- Mit Urteil vom 1. August 1978 wurden Paul R. und Jane S.  Mills,
damals beide Staatsangehörige der Vereinigten Staaten von Amerika,
durch das Obergericht des DeKalb County in Georgia geschieden. In
einem besonderen Verfahren wurden am 9. Januar 1979 die drei aus
der Ehe hervorgegangenen Kinder dem Vater zur Pflege und Erziehung
zugesprochen. Eine Abänderungsklage der Mutter wurde vom Bezirksgericht
Tuscaloosa County in Alabama (USA) am 28. April 1980 abgewiesen.

    Zufolge einer neuen Ehe nahm Jane Mills den Namen Christ an und wurde
schweizerisch-amerikanische Doppelbürgerin. Nachdem die am 25. Januar 1967
geborene Tochter Heidi Marie zu ihr nach Liestal gezogen war, reichte
sie mit Eingabe vom 18. Februar 1981 beim dortigen Bezirksgericht Klage
auf Abänderung des Scheidungsurteils ein. Sie stellte dabei folgendes
Rechtsbegehren:

    "Es sei in Aufhebung des Urteils des Bezirksgerichts Tuscaloosa im

    Staate Alabama/U.S.A. vom 28. April 1980 das Scheidungsurteil des

    Obergerichts von DeKalb County im Staate Georgia/U.S.A. vom 1. August
1978
   bzw. das Urteil betreffend Kinderzuteilung vom 9. Januar 1979 in dem
   Sinne abzuändern, dass das Kind Heidi Marie Mills, geboren am 25. Januar
   1967, der Klägerin und Mutter zur Pflege und Erziehung zuzuweisen und
   bis zur

    Volljährigkeit unter deren elterliche Gewalt zu stellen ist."

    In seinem Urteil vom 4. November 1982 lehnte es das Bezirksgericht
Liestal ab, auf die Abänderungsklage einzutreten, da es an der örtlichen
Zuständigkeit fehle. Das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft
bestätigte diesen Entscheid am 7. Juni 1983.

    Gegen das obergerichtliche Urteil hat die Klägerin Berufung an das
Bundesgericht erhoben mit dem Antrag, es sei der angefochtene Entscheid
aufzuheben und auf die Abänderungsklage einzutreten. Der Beklagte schliesst
auf Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Urteils.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Streitig ist die Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte
zur Beurteilung einer Klage auf Abänderung eines Scheidungsurteils,
das gegenüber amerikanischen Staatsbürgern von einem amerikanischen
Gericht ausgesprochen worden und nach erfolgtem Wohnsitzwechsel der
einen Partei von einem weiteren amerikanischen Gericht bestätigt worden
ist. Diese Frage stellt sich im Rahmen einer nichtvermögensrechtlichen
Zivilrechtsstreitigkeit im Sinne von Art. 44 OG, so dass die Berufung
unabhängig von einem bestimmten Streitwert zulässig ist. Angesichts der
Tatsache, dass die Vorinstanz die örtliche Zuständigkeit verneint hat und
auf die Abänderungsklage nicht eingetreten ist, kann auch keinem Zweifel
unterliegen, dass ein Endentscheid im Sinne von Art. 48 OG vorliegt.

Erwägung 2

    2.- Das Obergericht hat die Klage nicht an die Hand genommen, weil sie
nicht in den Anwendungsbereich des Übereinkommens vom 5. Oktober 1961 über
die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet
des Schutzes von Minderjährigen (MSA; SR 0.211.231.01) falle. Die örtliche
Zuständigkeit sei nach den Kriterien des schweizerischen internationalen
Privatrechts zu beurteilen, das davon ausgehe, dass Klagen auf Abänderung
eines ausländischen Scheidungsurteils grundsätzlich am Wohnsitz des
Beklagten einzureichen seien; es sei für die Klägerin durchaus möglich,
die Klage am Wohnsitz des Beklagten in Tuscaloosa/Alabama einzuleiten. Ob
die Tochter der Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne von Art. 1
MSA in der Schweiz habe, brauche bei dieser Sachlage gar nicht erörtert
zu werden.

    Die Klägerin wirft dem Obergericht vor, es habe den Anwendungsbereich
des MSA zu eng umschrieben und dadurch Bundesrecht verletzt.

Erwägung 3

    3.- Nach seiner Präambel soll das MSA "gemeinsame Bestimmungen über
die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet
des Schutzes von Minderjährigen" festlegen. Mit den staatsvertraglichen
Zuständigkeitsregeln sollen positive und negative Kompetenzkonflikte
im internationalen Bereich vermieden und gleichzeitig die Anerkennung
und Durchsetzung von Massnahmen zum Schutze von Minderjährigen in den
Vertragsstaaten gefördert werden. Dabei soll auch die internationale
Zusammenarbeit der mit Minderjährigenschutz befassten Behörden vertieft
werden. Erst dadurch lässt sich auch im internationalen Bereich ein
kontinuierlicher Rechtsschutz für den Minderjährigen verwirklichen. Indem
für die örtliche Zuständigkeit und das anwendbare Recht der Ort des
gewöhnlichen Aufenthaltes des Minderjährigen als massgebend erklärt wurde
(vgl. Art. 1 und 2 MSA), sollte eine Vereinfachung des Rechtsschutzes
erreicht werden.

    Während die Fragen der internationalen Zuständigkeit und des
anwendbaren Rechts im MSA eingehend geregelt wurden, ist der sachliche
Anwendungsbereich des Abkommens nur sehr allgemein umschrieben. Gegenstand
des Übereinkommens sind nach dem Wortlaut von Art. 1 die "Massnahmen zum
Schutze der Person oder des Vermögens des Minderjährigen". Damit wurde
der Vielfalt in Betracht fallender Massnahmen und der unterschiedlichen
rechtlichen Ausgestaltung durch die verschiedenen nationalen Gesetzgeber
Rechnung getragen (vgl. Botschaft des Bundesrates vom 4. März 1966 zum MSA,
BBl 1966 I S. 352).

Erwägung 4

    4.- a) Was die zu beurteilende Frage betrifft, ob die Zuteilung
eines Kindes geschiedener Eltern vom MSA erfasst wird, ist vorab darauf
hinzuweisen, dass der Bundesrat in seiner Botschaft vom 10. November 1982
zum Bundesgesetz über das internationale Privatrecht im Zusammenhang mit
Art. 7 MSA (Anerkennung und Vollstreckung von Massnahmen) ausdrücklich
und ohne jeden Vorbehalt die Übertragung der elterlichen Gewalt erwähnt
hat (BBl 1983 I S. 378). Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ergibt
sich aus dem Schlussbericht der Expertenkommission zum Entwurf zu einem
Bundesgesetz über das internationale Privatrecht (Schweizer Studien zum
internationalen Recht, Band 13) keineswegs das Gegenteil. Im Zusammenhang
mit der Abgrenzung zwischen dem Anwendungsbereich des MSA und demjenigen
des innerstaatlichen Kollisionsrechtes im Bereiche des internationalen
Privatrechts betreffend die Wirkungen des Kindesverhältnisses wird im
Bericht davon gesprochen, dass dem nicht staatsvertraglich geregelten
Wirkungsstatut bei der Eltern-Kind-Beziehung insofern Raum bleibe, als
Rechtsfragen allein aufgrund der Tatsache der Abstammung zu beantworten
seien, während der Minderjährigenschutz erst dort eingreife, wo es
eine Gefahr für das bestehende Eltern-Kind-Verhältnis abzuwehren gelte
(vgl. S. 145). Daraus darf jedoch nicht geschlossen werden, die Zuteilung
der elterlichen Gewalt als Nebenfolge einer Scheidung bzw. die Scheidung
selber sei nicht ihrerseits als Gefährdungstatbestand im Sinne des MSA
zu werten. Freilich ist die Frage der Zuteilung der elterlichen Gewalt
im Zusammenhang mit einer Scheidung eine nicht zu vermeidende Folge
dessen, dass die tatsächliche Lebensgemeinschaft zwischen den beiden
Eltern und ihrem Kind mit der Scheidung aufhört, und der gesetzlich
gewollten Unmöglichkeit, die elterliche Gewalt trotzdem beiden Eltern
zu belassen. Insofern kann nicht von einer aussergewöhnlichen Bedrohung
gesprochen werden. Stellt sich in einem späteren Zeitpunkt indessen die
Frage der Umteilung der elterlichen Gewalt, wird deutlich, dass es darum
geht, für das Kind eine bessere Lösung zu finden und damit eine weniger
befriedigende auszuschalten. Sodann kann nichts darauf ankommen, dass
im Bereiche des internen Rechts eines Vertragsstaates die Grenzziehung
zwischen der Zu- und Umteilung der elterlichen Gewalt im Zusammenhang mit
einer Scheidung einerseits und den Kindesschutzmassnahmen andererseits
allenfalls anders verläuft als diejenige, die sich aufgrund des MSA
ergibt. Die Kompetenzen verschiedener Behörden können sich im übrigen
auch dort überschneiden, wo allein schweizerisches Recht anzuwenden
ist. So ist das Bundesgericht in seiner jüngsten Rechtsprechung davon
ausgegangen, dass die Umteilung der elterlichen Gewalt über ein Kind
geschiedener Eltern wenigstens dann zu einer konkurrierenden Zuständigkeit
der Vormundschaftsbehörde mit derjenigen des Richters führen kann, wenn
der bisherige Inhaber der elterlichen Gewalt verstorben und die Frage
der Übertragung auf den überlebenden Ehegatten zu entscheiden ist (BGE
108 II 375 ff.).

    b) Der Beklagte glaubt, aus Art. 15 MSA etwas für seinen Standpunkt
ableiten zu können. Gemäss Absatz 1 dieser Bestimmung kann jeder
Vertragsstaat, dessen Behörden dazu berufen sind, über eine Klage auf
Nichtigerklärung, Auflösung oder Lockerung des zwischen den Eltern eines
Minderjährigen bestehenden Ehebandes zu entscheiden, die Zuständigkeit
dieser Behörden für Massnahmen zum Schutze der Person oder des Vermögens
des Minderjährigen vorbehalten. Die Schweiz hat von diesem Vorbehalt
Gebrauch gemacht und erachtet den Richter, der über Ungültigkeit,
Scheidung oder Trennung der Ehe zu befinden hat, als zuständig, im Rahmen
der Art. 133 Abs. 2, 156 und 157 ZGB Massnahmen zum Schutze der Person
oder des Vermögens eines Minderjährigen zu treffen.

    Gewiss waren die ursprünglichen Absichten der Schweizer Delegation
an der Haager Konferenz darauf gerichtet, die nach schweizerischem
Recht in die Zuständigkeit des Scheidungsrichters fallenden Massnahmen,
die minderjährige Kinder betreffen, aus dem Anwendungsbereich des MSA
auszuklammern (vgl. KAUFMANN, Die Anerkennung von Entscheiden über
die Gestaltung der Elternrechte bei Ehescheidung, in: Festschrift zum
70. Geburtstag von Max Guldener, S. 159 f.; zur Entstehungsgeschichte
von Art. 15 MSA vgl. auch KROPHOLLER, in: Kommentar Staudinger, N. 740
ff. zu den Vorbemerkungen zu Art. 18 EGBGB). In seiner Botschaft vom
4. März 1966 betreffend die Genehmigung des MSA (BBl 1966 I S. 349
ff.) erläuterte der Bundesrat Art. 15 jedoch dann nicht in dem Sinne,
dass die Anordnungen des Scheidungsrichters bezüglich Minderjähriger ganz
allgemein vom Anwendungsbereich des Übereinkommens ausgeschlossen bleiben
sollen. Vielmehr wurde zu Art. 15 Abs. 2 MSA, wonach Massnahmen im Bereiche
des Vorbehaltes von Art. 15 Abs. 1 MSA von den andern Vertragsstaaten
nicht anzuerkennen sind, bemerkt, dass dadurch kein grösserer Einbruch
in die gegenseitige Anerkennung von Kindesschutzmassnahmen erfolge, "da
die (vorbehaltene) Zuständigkeit des Scheidungsrichters oft mit den vom
Übereinkommen anerkannten Zuständigkeiten zusammenfallen dürfte" (aaO, S.
358). Daraus ist zu schliessen, dass Art. 15 MSA für einen bestimmten Fall
eine besondere Zuständigkeit im Rahmen des Übereinkommens schafft, ohne
dass dessen sachlicher Anwendungsbereich eingeschränkt würde. Etwas anderes
ergibt sich auch nicht aus den Meinungsäusserungen der schweizerischen
Lehre (vgl. BAECHLER, Fragen des internationalen Minderjährigenschutzes
aus schweizerischer Sicht, in: ZVW 30/1975, S. 1 ff., insbes. S. 5 f.;
KAUFMANN, aaO, S. 160). Dass die Frage der Kinderzuteilung im Zusammenhang
mit einer Scheidung durch das MSA erfasst wird, nehmen im übrigen auch
die deutsche und die österreichische Rechtsprechung an (vgl. KROPHOLLER,
aaO, N. 276 zu den Vorbemerkungen zu Art. 18 EGBGB).

    c) Beim Verfahren betreffend Abänderung eines Scheidungsurteils
hinsichtlich der Zuteilung der elterlichen Gewalt kann es nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichts nicht einfach darum gehen, die
Interessenabwägung des Scheidungsrichters neu vorzunehmen. Vielmehr ist
eine Abänderung des scheidungsrichterlichen Entscheides nur dann zulässig,
wenn eine Veränderung der massgeblichen Verhältnisse eine andere Regelung
zwingend erfordert (vgl. BGE 100 II 77). Um so weniger würde es sich
rechtfertigen, Entscheide dieser Art vom Anwendungsbereich des MSA
auszunehmen.

Erwägung 5

    5.- a) Die Anwendbarkeit des MSA und die Zuständigkeit des von der
Klägerin angerufenen schweizerischen Richters können nach dem Gesagten
nur dann verneint werden, wenn die Tochter der Parteien im Zeitpunkt
der Klageeinleitung ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne von Art. 1
MSA nicht in der Schweiz gehabt haben sollte. Die Vorinstanz wird diese
Frage deshalb noch zu prüfen haben. Dabei ist ihr darin beizupflichten,
dass die Voraussetzung des gewöhnlichen Aufenthalts nicht leichthin
als gegeben betrachtet werden darf. Es sei in diesem Zusammenhang auf
das Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler
Kindesentführung hingewiesen (BBl 1983 I S. 139 ff.), das für die Schweiz
am 1. Januar 1984 in Kraft treten wird (vgl. AS 1983, S. 1711) und aus
dessen Art. 3 zu schliessen ist, dass das widerrechtliche Vorenthalten
eines Kindes gegenüber dem Inhaber der elterlichen Gewalt als eine Form
von Kindesentführung betrachtet wird. Ferner ist zu berücksichtigen,
dass verschiedene Vertragsstaaten des MSA sich auch dem Europäischen
Übereinkommen vom 20. Mai 1980 über die Anerkennung und Vollstreckung von
Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und die Wiederherstellung
des Sorgerechts (vgl. BBl 1983 I S. 127 ff.) angeschlossen haben
(vgl. AS 1983, S. 1692) und dass es auch unter diesem Gesichtspunkt gilt,
Konventionskonflikte zu vermeiden. Wie bei den erwähnten Übereinkommen
geht es beim MSA darum, Massnahmen, die in einem anderen Staat getroffen
wurden, anzuerkennen und durchzusetzen. Daran vermag der Umstand nichts
zu ändern, dass der erhöhte Schutz für die im Heimatstaat erlassenen
Massnahmen (Art. 5 Abs. 3 MSA) in Anbetracht des Art. 13 Abs. 2 MSA
nach einem Aufenthaltswechsel nicht gewährleistet sein soll, wenn es
sich dabei um einen Nichtvertragsstaat handelt (vgl. KROPHOLLER, aaO,
N. 591 ff. zu den Vorbemerkungen zu Art. 18 EGBGB).

    b) Im Lichte des Gesagten dürfte ein Aufenthalt von vierzehn Tagen
zur Erfüllung der Voraussetzung des gewöhnlichen Aufenthaltes im Sinne
von Art. 1 MSA in der Regel nicht ausreichen. Indessen kann - wie auch
die Vorinstanz andeutet - die nach Einreichung eines Massnahmebegehrens
verstrichene Zeit nicht gänzlich ausser acht bleiben. Es ist nicht
darüber hinwegzusehen, dass nach einer gewissen Zeitspanne - wegen der
sozialen Desintegrierung im einen Staat und der Integrierung im andern
(Aufenthalts-) Staat - eine Veränderung der massgeblichen Verhältnisse
unabhängig davon eintreten kann, ob der Aufenthaltswechsel unter
dem Gesichtspunkt der elterlichen Gewalt und des damit verbundenen
Bestimmungsrechtes bezüglich des Aufenthaltes des Minderjährigen als
widerrechtlich zu bezeichnen ist oder nicht (vgl. KROPHOLLER, aaO, N.
604 f. zu den Vorbemerkungen zu Art. 18 EGBGB). Dem Gedanken des
widerrechtlichen Aufenthaltswechsels ist in einem solchen Fall bei
der materiellen Beurteilung der im neuen Aufenthaltsstaat verlangten
Schutzmassnahme Rechnung zu tragen. Auch bei einer die elterliche Gewalt
betreffenden Abänderungsklage, für die der schweizerische Richter gestützt
auf das MSA zuständig ist, bleibt so genügend Raum, den Gesichtspunkt der
Kindesentführung, deren nähere Umstände im konkreten Fall aufgrund eines
Beweisverfahrens festzustellen sind, gebührend zu berücksichtigen. Das
Eintreten auf die von der Klägerin beim Bezirksgericht Liestal
eingereichte Klage bedeutet keineswegs, der Umstand bleibe ausser acht,
dass amerikanische Gerichte im Zusammenhang mit der Scheidung der Parteien
die Tochter Heidi Marie dem Vater zur Pflege und Erziehung zugesprochen und
eine spätere Abänderungsklage seitens der Mutter abgewiesen haben. Sind die
Voraussetzungen für die Anerkennung dieser Urteile in der Schweiz erfüllt,
kann dies dazu führen, dass eine Umteilung der elterlichen Gewalt vom
Beklagten auf die Klägerin als nicht angezeigt erscheint. In diesem Sinne
ist auch KROPHOLLER (aaO, N. 641 zu den Vorbemerkungen zu Art. 18 EGBGB)
zu verstehen, auf den sich die Vorinstanz beruft. Entgegen der Annahme des
Obergerichts zieht dieser Autor jedoch nicht auch den Schluss, dass, sollte
sich bei materieller Prüfung der Kindesschutzmassnahme herausstellen,
dass sich eine solche Massnahme im Aufenthaltsstaat nicht aufdrängt,
auf das entsprechende Begehren gar nicht erst einzutreten sei.

    c) Im vorliegenden Fall fällt in Betracht, dass das Verfahren vor
dem Bezirksgericht fast zwei Jahre gedauert hat. Es ist deshalb nicht von
vornherein auszuschliessen, dass eine allenfalls eingetretene Veränderung
der massgeblichen Verhältnisse eine Abänderung des Scheidungsurteils
aus der Sicht des Kindeswohls als zwingend erforderlich erscheinen
lässt, auch wenn dies gestützt auf die bisherige Aktenlage kaum als sehr
wahrscheinlich angesehen werden kann. Abschliessend wird darüber jedoch
erst nach durchgeführtem Beweisverfahren zu entscheiden sein. Was dabei
die Frage der Einvernahme der Tochter der Parteien betrifft, so ist zu
bemerken, dass die von der Klägerin ins Recht gelegten Briefe des Mädchens
dessen Befragung nicht überflüssig zu machen vermögen.