Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 109 II 338



109 II 338

71. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 20. Dezember 1983 i.S.
BBC Aktiengesellschaft Brown, Boveri & Cie gegen PPC Electronic AG
(Berufung) Regeste

    Verwirkung von Unterlassungsansprüchen aus Firmenrecht und unlauterem
Wettbewerb.

    1. Die Verwirkung setzt voraus, dass der Verletzte das streitige
Kennzeichen des Mitbewerbers während längerer Zeit geduldet und letzterer
durch den Gebrauch des Zeichens einen wertvollen Besitzstand erworben hat;
Anforderungen (E. 2a).

    2. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt, weil qualifizierte
Mitarbeiter eines Grossunternehmens während nahezu neun Jahren mit
dem Konkurrenzunternehmen geschäftliche Beziehungen unterhalten haben,
das Grossunternehmen sich das Wissen und Verhalten dieser Mitarbeiter
anrechnen lassen muss und das streitige Zeichen des Konkurrenzunternehmens
sich inzwischen im Verkehr durchgesetzt hat (E. 2b-e).

    3. Ein Unterlassungsanspruch setzt ein aktuelles Rechtsschutzinteresse
voraus; Umstände, unter denen im Markenrecht ein solches Interesse mangels
Verletzungsgefahr zu verneinen ist (E. 3).

Sachverhalt

    A.- Die BBC Aktiengesellschaft Brown, Boveri & Cie, Baden, ist unter
anderem auf dem Gebiet der Informations- und Leistungselektronik tätig. In
diesem Bereich befasst sie sich seit 1961 mit der Herstellung und Fertigung
von gedruckten Schaltungen, die auch Leiterplatten oder Prints genannt
und mit dem Kennzeichen "BBC" versehen werden. Das Zeichen ist identisch
mit der Marke Nr. 304 925, welche die Gesellschaft im Jahre 1903 erstmals
in das schweizerische Register eintragen und seither wiederholt erneuern
liess; seit 1973 ist das Zeichen zudem Bestandteil ihrer Firma.

    Die PPC Electronic AG, Cham, ist 1970 mit dem Zweck gegründet worden,
gedruckte Schaltungen herzustellen und zu vertreiben. Ihre Firma ist
seit dem 11. Mai 1970 im Handelsregister eingetragen. Die PPC Electronic
AG will ihre Tätigkeit schon vorher aufgenommen und bereits in den 70er
Jahren eine Reihe führender Unternehmen der elektronischen Branche im In-
und Ausland zu ihren Kunden gezählt haben. Am 25. Mai 1980 hinterlegte
sie unter Nr. 305 699 die Marke "PPC ELECTRONIC".

    B.- Im März 1981 klagte die BBC Aktiengesellschaft Brown, Boveri & Cie
gegen die PPC Electronic AG auf Feststellung, dass die CH-Marke Nr. 305 699
"PPC ELECTRONIC" nichtig sei (Rechtsbegehren 1); sie verlangte ferner,
es sei der Beklagten bei Strafe zu verbieten, die Buchstabengruppe PPC
im Zusammenhang mit dem Anbieten, Verkaufen und Inverkehrbringen von
Präzisionsleiterplatten (Rechtsbegehren 2) und als Bestandteil ihrer
Firma oder sonstwie zur Kennzeichnung ihres Unternehmens zu verwenden
(Rechtsbegehren 3).

    Die Beklagte liess daraufhin die Marke "PPC ELECTRONIC" im Register
wieder löschen, widersetzte sich aber den Klagebegehren 2 und 3.

    Durch Urteil vom 29. Juni 1983 erklärte das Kantonsgericht Zug
das Feststellungsbegehren infolge Löschung der Marke Nr. 305 699 als
gegenstandslos und wies die Klage im übrigen ab.

    C.- Die Klägerin hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt, mit der
sie an ihren Rechtsbegehren 2 und 3 festhält.

    Das Bundesgericht weist die Berufung ab, soweit auf sie einzutreten
ist, und bestätigt das angefochtene Urteil.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Das Kantonsgericht hat die Klagebegehren 2 und 3 vor
allem abgewiesen, weil die Klägerin die Verwendung der streitigen
Buchstabengruppe PPC, die für "Precision Printed Circuit" stehe,
während rund neun Jahren hingenommen und dadurch allfällige Ansprüche
aus unlauterem Wettbewerb, Namens- und Persönlichkeitsrecht verwirkt
habe. Die Beklagte hält Vorhalt und Begründung des Kantonsgerichts
für zutreffend. Die Klägerin hingegen lässt die Einrede der Verwirkung
nicht gelten; sie ist vielmehr der Auffassung, das angefochtene Urteil
verletze in verschiedener Hinsicht Bundesrecht, weil bis Februar 1979,
als die Beklagte erstmals verwarnt worden sei, weder von einer Duldung
des streitigen Kennzeichens noch von einem wertvollen Besitzstand der
Beklagten die Rede sein könne.

    a) Nach ständiger Rechtsprechung können Ansprüche aus der Verletzung
von Rechten auf Grund des Art. 2 ZGB untergehen, wenn sie zu spät geltend
gemacht werden (BGE 106 II 324 und 106 III 58 ff. mit Hinweisen). Das
gilt auch für Immaterialgüterrechte, insbesondere Löschungs- und
Unterlassungsansprüche aus Markenrecht, ferner für ähnliche Ansprüche
aus Firmenrecht und unlauterem Wettbewerb (BGE 100 II 399 E. 3b, 98 II
144 E. 3, 97 II 154). Eine Verwirkung wegen verspäteter Rechtsausübung
ist jedoch nicht leichthin anzunehmen, weil gemäss Art. 2 Abs. 2 ZGB ein
Recht nur dann nicht geschützt werden darf, wenn sein Missbrauch offenbar
ist. Sie setzt in Fällen wie hier vielmehr voraus, dass der Berechtigte
die Verletzung seiner Rechte, z.B. durch Mitgebrauch eines gleichen oder
ähnlichen Kennzeichens, während längerer Zeit widerspruchslos geduldet und
der Verletzter inzwischen am Konkurrenzzeichen einen eigenen wertvollen
Besitzstand erworben hat. Je länger der angeblich Verletzte mit der
Rechtsverfolgung zuwartet, desto weniger braucht der Mitbewerber nach
Treu und Glauben damit zu rechnen, dass er das, was er sich aufgebaut hat,
wieder preisgeben muss (BGE 97 II 154, 88 II 180 und 375, 76 II 395).

    Der schützenswerte Besitzstand, den der Verletzter sich durch den
unangefochtenen Gebrauch seines an sich unzulässigen Kennzeichens erworben
hat, braucht dabei nicht den Bekanntheitsgrad oder die Bedeutung eines
Ausschliesslichkeitsrechtes zu erreichen. Das leuchtet namentlich ein,
wenn es sich um kleinere oder stark spezialisierte Unternehmen mit sehr
beschränktem Kundenkreis handelt. Entscheidend ist vielmehr die Bedeutung
der im Wettbewerb errungenen Stellung samt den damit verbundenen Vorteilen,
die dem Unternehmen in seinem Tätigkeitsbereich daraus entstehen, dass
sich sein Zeichen durch eine länger andauernde und ungestörte Benutzung
im Verkehr durchgesetzt hat, seine aktuellen und potentiellen Kunden es
also seit langem ihm selber oder seiner Ware zuordnen. Trifft dies zu,
so ist eine derart gefestigte Stellung als Folge davon zu betrachten,
dass die nach aussen bekundete Einheit von Zeichen und Unternehmen
auch von den Kunden als solche aufgefasst und anerkannt worden ist
(TROLLER, Immaterialgüterrecht II, 3. Aufl., S. 83 und 206; VON BÜREN,
Kommentar zum UWG, S. 199 N. 2b); sie ist für das Unternehmen wertvoll
und ihm zu erhalten, wenn sich dies nach den Umständen mit Treu und
Glauben verträgt. Der wertvolle Besitzstand ist von dem zu beweisen,
der daraus die Verwirkung eines besseren Rechts ableitet (Art. 8 ZGB).

    Von einer Duldung eines gleichen oder ähnlichen Zeichens sodann kann im
Ernst nur die Rede sein, wenn das verletzte Unternehmen trotz Kenntnis von
tatsächlichen oder drohenden Rechtsverletzungen lange untätig bleibt. Der
Verletzte kann freilich gute Gründe für ein Zuwarten haben; es kann ihm
namentlich bei schwierigen Verhältnissen oder Grenzfällen nicht verwehrt
werden, die Bedeutung der Verletzung und die Nachteile, die ihm aus einer
Verwechslungsgefahr allenfalls entstehen, zunächst abklären zu lassen. Eine
rechtzeitige Verwarnung ist aber auch diesfalls angezeigt, damit der
Verletzter weiss, dass die Gegenpartei sein Verhalten als widerrechtlich
betrachtet und er sich auf eine Rechtsverfolgung gefasst machen muss;
sein guter Glaube wird dadurch zerstört. Der Verletzte handelt daher nicht
rechtsmissbräuchlich, wenn er die Verzögerung zu rechtfertigen vermag.
   b) Eine andere Frage ist, ob der gute Glaube einer juristischen
Person einzig nach dem Wissen ihrer Organe und Vertreter oder auch
nach den Kenntnissen weiterer Mitarbeiter zu beurteilen sei. Sie
lässt sich angesichts der vielfältigen Funktionen der Vorschriften
über den guten Glauben einerseits (vgl. JÄGGI, N. 63 ff. zu Art. 3
ZGB) und der verschiedenen Arten von juristischen Personen sowie der
sehr unterschiedlichen Erscheinungsformen von Aktiengesellschaften
andererseits nicht allgemein beantworten. Ob und inwieweit das Wissen
einzelner Mitarbeiter, die im Rahmen ihrer Aufgaben Kenntnis von möglichen
oder tatsächlichen Rechtsverletzungen erhalten, der juristischen Person
selber anzurechnen ist, hängt vielmehr von den Umständen des Einzelfalles
ab. Dabei ist namentlich die konkrete Interessenlage der Parteien zu
berücksichtigen (JÄGGI, N. 121 und 136 zu Art. 3 ZGB).

    Bei unlauterem Wettbewerb durch Verwendung eines Kennzeichens,
das einem sehr bekannten angeblich nachgebildet ist, muss sich eine
juristische Person das Wissen und Verhalten von Angehörigen ihrer
Geschäftsbetriebe jedenfalls dann entgegenhalten lassen, wenn wie hier
qualifizierte Mitarbeiter mit einem Konkurrenzunternehmen zu tun haben
und die geschäftlichen Beziehungen zwischen den Parteien sich über Jahre
erstrecken. Dass die Klägerin ein Grossunternehmen ist, rechtfertigt
keine Ausnahme, liefe eine andere Betrachtungsweise doch darauf hinaus,
sie wegen ihrer Grösse und der sich daraus ergebenden Arbeitsteilung zu
begünstigen (JÄGGI, N. 140 und 141 zu Art. 3 ZGB). Nach dem angefochtenen
Urteil hat die Beklagte sich bereits am 10. Juli 1970, also wenige Wochen
nach ihrer Gründung mit einem Bewerbungsschreiben für die Lieferung von
Leiterplatten an die Elektronik-Fabrik der Klägerin in Turgi gewandt. Die
geschäftlichen Beziehungen zwischen den Parteien dauerten bis ins Jahr
1979; die Beklagte hatte dabei vor allem mit den Abteilungen der Klägerin
für Zentraleinkauf, Buchhaltung, Rechnungswesen und Leiterplatten zu
tun. Diese Abteilungen wussten seit 1970 nicht nur um die Existenz
des Konkurrenzunternehmens, sondern auch, dass die Beklagte die Firma
"PPC Electronic AG" führte. Die Klägerin bestreitet das nicht. Sie wendet
vielmehr ein, ihre für Kennzeichnungsfragen zuständigen Mitarbeiter hätten
erst gegen Ende 1978 von den Rechtsverletzungen Kenntnis erhalten und
die Beklagte sodann mit Schreiben vom 19. Februar 1979 verwarnt; es sei
nicht Aufgabe anderer Abteilungen gewesen, verwechslungsfähige Kennzeichen
Dritter aufzuspüren und ihren Spezialisten für solche Fragen zu melden.

    Dieser Einwand vermag nach den angeführten Grundsätzen schon deshalb
nicht zu überzeugen, weil es um eine angebliche Verwechslungsgefahr
zwischen der Firma der Beklagten und dem Zeichen "BBC" geht, das
weltbekannt und daher allen Mitarbeitern und Abteilungen der Klägerin,
nicht bloss deren Spezialisten ein Begriff ist. Es ist verständlich,
dass die Klägerin grossen Wert darauf legt, ähnliche Abkürzungen
für Konkurrenzfirmen, die damit ihren guten Ruf ausnützen könnten,
nicht aufkommen zu lassen. Um so mehr durfte aber von ihr verlangt
werden, für eine zweckmässige Information innerhalb ihrer Betriebe zu
sorgen, damit solche Abkürzungen der für die Wahrung ihrer Firmenrechte
zuständigen Abteilung gemeldet werden. Dass die Klägerin allein für das
Gebiet der Schweiz über 80 Marken hinterlegt hat und ihre Abteilung für
Zentraleinkauf eine Unzahl von Marken Dritter, die Mehrzahl ihrer eigenen
jedoch nicht kennt, wie mit der Berufung behauptet wird, ändert daran
nichts; sie übergeht, dass sie seit Jahrzehnten zahlreiche Erzeugnisse
ihrer Geschäftsbetriebe im In- und Ausland mit ihrem Stammzeichen "BBC"
versehen lässt. Ebensowenig hilft ihr, dass JÄGGI (N. 141 zu Art. 3 ZGB)
das Gebot der Aufmerksamkeit auf Organpersonen beschränkt, die sich mit
der Sache befassen oder nach der internen Zuständigkeitsordnung damit
hätten befassen sollen; denn damit kann so oder anders keine mangelhafte
Ordnung gemeint sein.

    c) Mit dem Einwand, die Beklagte habe ihre Firma bösgläubig gewählt,
ist dagegen zum vorneherein nicht aufzukommen, weil das Kantonsgericht
eine Absicht der Beklagten, durch eine nachgebildete Firma vom guten Ruf
der Klägerin profitieren zu wollen, ausdrücklich verneint hat. Es hielt
der Klägerin entgegen, der Versuch der Beklagten, schon kurz nach der
Gründung mit ihr ins Geschäft zu kommen, spreche nicht nur gegen eine
wissentliche Verletzung fremder Rechte, sondern auch gegen eine bewusste
Anmassung eines verwechselbaren Zeichens, zumal der Firmenbestandteil "PPC"
sich als Abkürzung für "Precision Printed Circuit" auf die Erzeugnisse
der Beklagten beziehe. Dieser Vorhalt betrifft tatsächliche Verhältnisse
und bindet das Bundesgericht, da er weder auf einer Ausnahme im Sinne
von Art. 63 Abs. 2 OG noch auf einem falschen Rechtsbegriff beruht
(vgl. BGE 107 II 423 mit Hinweisen). Entgegen der Auffassung der Klägerin
ist Bösgläubigkeit nicht schon anzunehmen, wenn objektiv ein unrichtiges
Verhalten oder eine Verwechslungsgefahr vorliegt (MERZ, N. 82 zu Art. 2
und JÄGGI, N. 35 ff. zu Art. 3 ZGB). Die Beklagte bemerkt zudem mit Recht,
dass sich ausnahmsweise selbst ein anfangs bösgläubiger Verletzter auf
Verwirkung eines Klagerechts berufen kann und dies namentlich zutrifft,
wenn der Verletzte durch langes Zuwarten bei der Gegenpartei das
berechtigte Vertrauen erweckt, er habe gegen ein an sich unzulässiges
Zeichen nichts einzuwenden oder sich mit dessen Gebrauch abgefunden
(BGE 81 II 290, 76 II 395).

    Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte
der Klägerin auch die positive Publizitätswirkung des Handelsregisters
entgegenhalten könnte, in dem ihre Firma seit Mai 1970 eingetragen ist
(BGE 106 II 351; JÄGGI, N. 104 und 145 zu Art. 3 ZGB; GUHL/MERZ/KUMMER,
OR 7. Aufl., S. 783).

    d) Das Kantonsgericht fand, die Beklagte habe bereits im Februar
1979, als sie von der Klägerin erstmals verwarnt worden sei, über einen
wertvollen Besitzstand verfügt. Seine Annahme stützt sich auf einen Bericht
des Marktforschungsinstitutes Gnostic vom 28. Dezember 1982 und auf einige
Zeitungsausschnitte aus den Jahren 1981/82. Aus dem Bericht ergibt sich
nach Auffassung des Kantonsgerichts, dass der Name "PPC" in Fachkreisen
mit der Vorstellung über eine "hochwertige Multilayertechnologie"
verbunden werde, bei den bekanntesten Unternehmen der elektrotechnischen
Branche "gut eingeführt" sei und sehr positiv bewertet werde; aus den
Zeitungsausschnitten sodann gehe hervor, dass die Beklagte auch ausserhalb
von Fachkreisen einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangt habe.

    Was die Klägerin dagegen vorbringt, erweist sich weitgehend als blosse
Kritik an der Beweiswürdigung der Vorinstanz sowie am kantonalen Verfahren
und ist daher nicht zu hören (BGE 109 II 31 mit Hinweisen); dies gilt
auch für ihre wiederholten Verweise auf Ausführungen in jenem Verfahren
(BGE 104 II 192 E. 1). Gewiss datieren Bericht und Zeitungsausschnitte aus
den Jahren 1981/82 und musste die Beklagte bereits vor ihrer Verwarnung im
Februar 1979 einen wertvollen Besitzstand erworben haben, um sich auf ihn
berufen zu können. Das ist dem Kantonsgericht jedoch nicht entgangen,
hielt es der Klägerin doch entgegen, dass der Aufbau eines solchen
Besitzstandes sich notwendig über längere Zeit erstrecke, die Beklagte
sich durch ihre Anstrengungen aber bereits vor der Verwarnung einen
beachtlichen Ruf bei führenden Unternehmen verschafft habe. Es handelt sich
um Rückschlüsse aus späteren Ermittlungen auf einen früheren Zustand und
damit um einen Indizienbeweis, der durch Art. 8 ZGB nicht ausgeschlossen
wird (BGE 104 II 75 und 102 II 10/11 mit Hinweisen). Die Auffassung des
Kantonsgerichts wäre selbst dann nicht zu beanstanden, wenn sie bloss auf
allgemeiner Lebenserfahrung beruhen würde und deshalb vom Bundesgericht
im Berufungsverfahren frei überprüft werden dürfte (BGE 107 II 274/75).

    Fragen kann sich nur, ob das Kantonsgericht den Begriff des
wertvollen Besitzstandes verkannt habe, wie die Klägerin mit ihrem
Einwand, der Bericht Gnostic befasse sich mit der Leistungsfähigkeit von
Leiterplatten-Fabrikanten, nicht mit der Verkehrsgeltung von Kennzeichen,
anzunehmen scheint. Das lässt sich ebenfalls nicht sagen. Nach dem
erwähnten Bericht, auf den das Kantonsgericht vor allem abstellte, hat
die Beklagte mit dem Firmenbestandteil PPC wegen der Qualitätsstufe ihrer
Erzeugnisse im Verlaufe der Jahre einen Rang in der Spitzengruppe der
europäischen Anbieter erreicht, sich ein ausgezeichnetes Image und einen
hohen Bekanntheitsgrad in mehreren Bereichen der elektrotechnischen Branche
geschaffen. Das kann nur heissen, dass sich ihr Kennzeichen als Firma im
Verkehr durchgesetzt hat, ihre Kunden es also nicht bloss mit bestimmten
Vorstellungen über die Herkunft und die Qualität der Ware verbinden,
sondern auch als Inbegriff des dabei erworbenen Rufes anerkennen.
Warum es für die Schweiz eines besonderen Beweises bedürfen sollte, ist
unerfindlich, zumal es sich bei den Kunden durchwegs um international
tätige und führende Unternehmen handelt, zu denen bis 1979 übrigens
auch die Klägerin gehörte. Dass die Beklagte in der Schweiz nach eigenen
Angaben keine grosse Werbung betrieben habe, ändert daran nichts.

    Aus der in BGE 108 II 216 ff. nicht veröffentlichten Erwägung 3 zur
Marke "LESS" kann die Klägerin nichts für ihre Auffassung ableiten. Die
Anforderungen an die Verkehrsgeltung eines gemeinfreien Zeichens, das
sich angeblich im Verkehr durchgesetzt hat und daher zu schützen sei,
lassen sich nicht auf die Frage übertragen, ob ein Mitbewerber durch den
unangefochtenen Gebrauch eines verwechslungsfähigen Kennzeichens einen
wertvollen Besitzstand erworben habe. Denn bei der Durchsetzung einer
Sachbezeichnung als Marke geht es um die Entbehrlichkeit eines Begriffes,
an dem kein Freihaltebedürfnis besteht (BGE 103 Ib 270 mit Hinweisen,
84 II 226), beim Erwerb eines Besitzstandes dagegen um die Frage, ob er
die Verwirkung eines Drittanspruches infolge Duldung des Kennzeichens
während längerer Zeit nach Treu und Glauben zu rechtfertigen vermag.

    e) Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Klägerin sich das
Verhalten ihrer Mitarbeiter, die um die Firma der Beklagten seit 1970
gewusst, sie aber während nahezu neun Jahren widerspruchslos hingenommen
haben, anrechnen lassen muss. Ihre Verwarnung vom Februar 1979 sodann kam
zu spät, weil die Beklagte inzwischen nach dem, was das Kantonsgericht in
tatsächlicher Hinsicht für erwiesen hält, durch den Gebrauch ihrer Firma
einen wertvollen Besitzstand erworben hat, der ihr nach Treu und Glauben
im Geschäftsverkehr zu erhalten ist. Die Auffassung des Kantonsgerichts,
die Klägerin habe allfällige Ansprüche aus unlauterem Wettbewerb, Namens-
und Persönlichkeitsrecht verwirkt, ist daher bundesrechtlich nicht zu
beanstanden. Für den Einwand, dass eine über die Verwechslungsgefahr
hinausgehende Irreführung zu befürchten und die Verwirkung deswegen
strenger zu beurteilen sei, ist dem angefochtenen Urteil nichts zu
entnehmen; die Begründung des Einwandes erschöpft sich übrigens in einem
blossen Verweis auf Ausführungen im kantonalen Verfahren, womit die
Klägerin nicht zu hören ist (BGE 104 II 192 E. 1). Zu Bedenken besteht um
so weniger Anlass, als nach der unwidersprochen gebliebenen Behauptung der
Beklagten bisher während rund 13 Jahren keine Verwechslungen vorgekommen
sind; das ist zwar nicht entscheidend, aber doch ein erhebliches Indiz
dafür, dass die Gefahr von Rechtsverletzungen als eher gering einzuschätzen
ist.

Erwägung 3

    3.- Nach Auffassung der Klägerin hat das Kantonsgericht zu Unrecht
angenommen, sie habe ihre Rechte, gegen einen markenmässigen Gebrauch
des Zeichens "PPC" durch die Beklagte vorzugehen, ebenfalls verwirkt;
ihr Klagebegehren 2 könne jedenfalls insoweit nicht wegen Verwirkung
abgewiesen werden, als sie damit verlange, der Beklagten sei die Verwendung
von "PPC" zur Kennzeichnung von Waren zu verbieten.

    Ob das Klagebegehren 2 mindestens teilweise gutzuheissen wäre, weil
die Beklagte die Unzulässigkeit der Marke "PPC ELECTRONIC" sinngemäss
anerkannt habe, ist indes eine müssige Frage. Ein Unterlassungsbegehren
setzt ein aktuelles Rechtsschutzinteresse voraus, das auch noch zur Zeit
der Urteilsfällung bestehen muss und bei einer Klage auf Unterlassung
künftiger Rechtsverletzungen nur anzunehmen ist, wenn solche Verletzungen
ernstlich zu befürchten sind (BGE 104 II 133/34 und 97 II 108 mit
Hinweisen). Die Auffassung TROLLERS (Immaterialgüterrecht II, 2. Aufl.,
S. 1111) über den Sinn und Zweck der Unterlassungsklage steht dem nicht
entgegen. Für eine künftige Verletzungsgefahr durch einen markenmässigen
Gebrauch des Zeichens liegt hier nach der Annahme des Kantonsgerichts
aber nichts vor. Die Tatsache, dass die Beklagte das Bundesamt für
geistiges Eigentum am 23. Juni 1981 um Löschung der Marke "PPC ELECTRONIC"
ersucht und das Zeichen selbst bis dahin nicht markenmässig gebraucht hat,
spricht vielmehr gegen eine solche Gefahr. Dazu kommt, dass die Beklagte
im Prozess, so insbesondere in ihren kantonalen Rechtsschriften und in
der Berufungsantwort, wiederholt erklärt hat, sie wolle die Abkürzung
PPC nicht in Alleinstellung verwenden. Sie widersetzt sich dem Versuch
der Klägerin, ihr die markenmässige Verwendung des Zeichens verbieten
zu wollen, also zu Recht nicht mit der Einrede der Verwirkung. Das tut
auch das Kantonsgericht nicht; es hält der Klägerin vielmehr entgegen,
sie habe weder eine Verletzung ihrer Rechte durch eine solche Verwendung
noch eine künftige Verletzungsgefahr nachweisen können. Sein Urteil ist
daher auch in diesem Punkte zu bestätigen.