Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 109 II 273



109 II 273

59. Urteil der II. Zivilabteilung vom 18. Oktober 1983 i.S. F. S. und
Mitbeteiligte gegen Paula S. und Emil T. (Berufung) Regeste

    Art. 97 ZGB.

    Anforderungen an die Urteilsfähigkeit eines Heiratswilligen.

Sachverhalt

    A.- Paula S., geboren 1951, und Emil T., geboren 1934, leben
seit dem 21. August 1979 in gemeinsamem Haushalt. An diesem Tage
meldeten sie beim Zivilstandsamt G. ihr Eheversprechen an. Während des
Verkündverfahrens erhoben die Mutter sowie Geschwister und Verschwägerte
der Paula S. Einspruch. Dieser Eheeinspruch wurde von den Verlobten
nicht anerkannt, worauf die Einsprecher beim Amtsgericht Klage auf
Untersagung des Eheabschlusses erhoben. Das Amtsgericht wies am
24. September 1981 die Klage vollumfänglich ab. Es stellte gestützt auf
zwei psychiatrische Gutachten vom 5. März 1981 und 7. Juli 1981 sowie auf
ein Ergänzungsgutachten des Obergutachters vom 11. August 1981 fest, dass
Paula S. an Schwachsinn im Grenzbereich zwischen schwerster Debilität
und Imbezillität leide. Es befand jedoch, dass weder die Interessen
der Beklagten selbst noch jene anderer Personen einer Eheschliessung
entgegenstünden. Paula S. könne auf diese Weise vielmehr in ihrer
vertrauten Umgebung in geschütztem Rahmen leben. Eine Heirat mit Emil
T. liege offensichtlich in ihrem Interesse. Auch erbbiologische Gründe
stünden einer Eheschliessung nicht entgegen, nachdem die Gutachter davon
ausgingen, dass die Geistesschwäche der Paula S. nicht ererbt, sondern
erworben sei. Im Anschluss an die erste Begutachtung wurde bei Paula
S. eine Schwangerschaft festgestellt. Das Amtsgericht prüfte deshalb auch,
ob diese die nötigen Fähigkeiten für die Pflege und Erziehung ihres Kindes
habe. Es führte dazu aus: Da Paula S. bei der Erfüllung ihrer Pflichten
als Hausfrau und Mutter von Emil T. einige Hilfe erwarten könne und das
einfache, naturverbundene Leben auf dem Bauernhof sowie die Harmonie
zwischen den Beklagten einige erzieherische Mängel doch auszugleichen
vermöchten, könne nicht gesagt werden, dass die Kindesinteressen, soweit
sie überhaupt eine Rolle spielen könnten, dem Eheschluss der Beklagten
zwingend entgegenstehen würden.

    Auf Appellation der Kläger wies auch das Obergericht des Kantons
Luzern die Klage mit Urteil vom 15. März 1983 ab.

    Die Kläger haben gegen das obergerichtliche Urteil Berufung beim
Bundesgericht eingereicht. Sie beantragen die Aufhebung dieses Urteils
und verlangen, es sei den Beklagten wegen Eheunfähigkeit der Paula S. der
Eheschluss gerichtlich zu untersagen.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die Beklagten lassen am Schluss ihrer Berufungsantwort
vorbringen, es stelle sich die Frage, ob die Kläger an der Untersagung
eines Eheabschlusses überhaupt ein schützenswertes Interesse hätten. In
gesellschafts- und rechtspolitischer Hinsicht habe sich seit Erlass des
Zivilgesetzbuches viel geändert. Die Gesellschaft sei toleranter geworden,
weshalb die allgemeinen Begriffe der "Unfähigkeit" heute in einem andern
Lichte erschienen als noch vor 50 Jahren. In rechtspolitischer Hinsicht
sei beispielsweise im Kanton Luzern das Konkubinatsverbot aufgehoben
worden. Eine faktische Ehe (ohne Trauschein) könne demnach nicht verhindert
werden. Da die zuständige Behörde keine Veranlassung gesehen habe, im
Verkündverfahren Massnahmen zu ergreifen und sich auch im nachhinein
nicht am Einspruchsverfahren beteiligt habe, sei davon auszugehen, dass
den Klägern ein schutzwürdiges Interesse an der Eheuntersagung fehle und
die Berufung schon aus diesem Grunde abzuweisen sei.

    a) Aus der Tatsache, dass sich der Zivilstandsbeamte weder gehalten
sah, die Verkündung zu verweigern, noch sich am Einspruchsverfahren zu
beteiligen, können die Beklagten nichts für sich herleiten. Gemäss Art. 107
ZGB ist das Gesuch der Verlobten um Verkündung abzuweisen, wenn ein Teil
nicht ehefähig ist, oder wenn ein gesetzliches Ehehindernis vorliegt. Geht
es um die Frage der Urteilsfähigkeit, darf der Zivilstandsbeamte die
Verkündung nur verweigern, wenn die Eheunfähigkeit wegen mangelnder
Urteilsfähigkeit offenkundig ist, d.h. sich aus einem Gerichtsurteil
oder einem eindeutigen Gutachten klar und unanfechtbar ergibt (BGE 77 I
236, 73 I 169 E. 2, 170 E. 3, GÖTZ, N. 6 zu Art. 107 ZGB, EGGER, N. 3
zu Art. 107 ZGB, GMÜR, N. 6 zu Art. 107 ZGB). Im Zweifelsfalle ist es
Sache des Einspruchsverfahrens, die Frage der Eheunfähigkeit zu prüfen
und zu entscheiden. Selbst Einspruch erheben oder sich am eingeleiteten
Einspruchsverfahren beteiligen muss die zuständige Behörde nur im Falle
eines Nichtigkeitsgrundes (Art. 109 ZGB). Im vorliegenden Fall aber,
wo jedenfalls nicht auf der Hand liegt, dass öffentliche Interessen zu
wahren sein könnten, bestand dafür kein Anlass.

    b) Gemäss Art. 108 ZGB hat der Einsprecher ein Interesse geltend
zu machen. Als schutzwürdiges Interesse am Nichtzustandekommen
der Ehe kommt ein vermögensrechtliches, vor allem erbrechtliches,
oder auch ein bloss persönliches, moralisches Interesse in Betracht
(GÖTZ, N. 2 zu Art. 108 ZGB, EGGER, N. 2 zu Art. 108 ZGB, GMÜR, N. 6
zu Art. 108 ZGB, TUOR/SCHNYDER, Das Schweizerische Zivilgesetzbuch,
9. Aufl. S. 142). Die Legitimation kann einem Einsprecher nur abgesprochen
werden, wenn er augenscheinlich kein begründetes Interesse im Sinne dieser
Bestimmung hat (GÖTZ, aaO; BGE 66 I 288). Es wird von den Beklagten nicht
behauptet, dass die Verwandten der Paula S., die sich auf deren besondere
Schutzbedürftigkeit berufen, kein schutzwürdiges Interesse im Sinne des
Art. 108 ZGB hätten. Was sie vorbringen, betrifft mehr gesellschafts-
und rechtspolitische Fragen, die sich im Zusammenhang mit der praktischen
Bedeutung von Art. 97 Abs. 1 ZGB stellen können, sowie die Tatsache,
dass eine allfällige Gutheissung der Berufung keine praktischen Folgen
haben könnte, weil sich auch mit einer Untersagung des Eheabschlusses
nichts daran ändern würde, dass die Beklagten nunmehr seit vier Jahren
zusammenleben, eine faktische Familie gegründet haben und wohl von
niemandem gezwungen werden könnten, ihre Lebensgemeinschaft aufzugeben.
Dieser Umstand allein vermag nichts an der Legitimation der Kläger
zu ändern.

    c) Die Kläger sind zumindest in prozessualer Hinsicht durch das
angefochtene Urteil beschwert (BIRCHMEIER, Bundesrechtspflege, S. 74/75).

Erwägung 2

    2.- Nach Art. 97 Abs. 1 ZGB müssen die Verlobten, um eine Ehe
eingehen zu können, urteilsfähig sein. Urteilsfähig im Sinne des Gesetzes
sind sie, wenn ihnen nicht wegen ihres Kindesalters oder infolge von
Geisteskrankheit, Geistesschwäche, Trunkenheit oder ähnlichen Zuständen
die Fähigkeit mangelt, vernunftsgemäss zu handeln (Art. 16 ZGB). Aus
den bei den Akten liegenden Gutachten, insbesondere demjenigen von
Dr. med. H. vom 28. Oktober 1982, ergibt sich, dass Paula S. infolge
ihres Schwachsinnes mittleren Grades auch heute noch den Anforderungen
der ersten Klasse Primarschule kaum gewachsen wäre und höchstens für den
Kindergarten genügen würde.

Erwägung 3

    3.- Damit ist noch nicht gesagt, dass die Urteilsfähigkeit auch
im Blick auf Art. 97 ZGB verneint werden muss. Wie die kantonalen
Instanzen mit Recht dargelegt haben, lässt sich die Urteilsfähigkeit oder
-unfähigkeit nicht ein für alle Mal, abstrakt, feststellen, ohne jede
Rücksicht auf die besonderen Umstände. Dies folgt bereits aus Art. 16
ZGB und gilt auch für Art. 97 Abs. 1 ZGB (BINDER, Die Urteilsfähigkeit in
psychologischer, psychiatrischer und juristischer Sicht, 1964, S. 30/31).

    Geht es um die Urteilsfähigkeit im Sinne des Art. 97 Abs. 1 ZGB, so
ist nur zu entscheiden, ob die Verlobten im Hinblick auf den geplanten
Eheabschluss mit dem konkreten Partner die zur freien Eingehung der Ehe
nötige Reife haben und als fähig zu betrachten sind, auf vernünftige Weise
Wesen und Bedeutung der Ehe und der damit verbundenen Pflichten zu erfassen
(TUOR/SCHNYDER, aaO, S. 138). Dabei ist die Anforderung, die an die für
die Eheschliessung und -führung notwendige Urteilsfähigkeit gestellt werden
muss, zwar grundsätzlich höher als jene, welche an die Urteilsfähigkeit für
den Geschäftsverkehr erforderlich ist. Doch dürfen die Anforderungen auch
wieder nicht zu hoch geschraubt werden, soll nicht das verfassungsmässige
Recht auf Ehe für eine zu grosse Zahl von Menschen bedeutungslos werden
(BINDER, aaO, S. 59, 64). Während EGGER (N. 2 zu Art. 97 ZGB) noch davon
ausging, dass es sich bei der Eheschliessung um den wichtigsten Schritt im
Leben, um einen Vorgang von grösster Tragweite handle, bei dem Würde und
Bürde der Ehegatten auf dem Spiel stünden und deshalb hohe Anforderungen
an die Urteilsfähigkeit zu stellen seien (vgl. dazu auch das von DUKOR,
Das schweizerische Eheverbot für Urteilsunfähige und Geisteskranke, 1939,
S. 49/50 zitierte Urteil des Zivilgerichts Basel-Stadt vom 16. November
1935), stellen die jüngeren Autoren bescheidenere Ansprüche: Es wird
heute allgemein die Auffassung vertreten, dass an die Urteilsfähigkeit
insbesondere keine hohen Intelligenzansprüche gestellt werden dürfen
(BUCHER, N. 106 zu Art. 16 ZGB, GÖTZ, N. 1 zu Art. 97 ZGB, DUKOR, aaO,
S. 59, BINDER, aaO, S. 64 ff.). Es genügt, wenn die Verlobten eine gewisse
bescheidene Fassungskraft und Einsicht für die Bedeutung der Ehe im
allgemeinen besitzen (GÖTZ, N. 1 zu Art. 97), wenn sie fähig sind, ein
Verhalten zu zeigen, das im weiteren Sinne noch sozial akzeptiert wird
und die Führung einer Ehe nicht zum vorneherein ausschliesst (BUCHER,
N. 35 zu Art. 16 ZGB).

Erwägung 4

    4.- a) Ähnlich geht die Rechtsprechung davon aus, dass Urteilsfähigkeit
im Sinne des Art. 97 Abs. 1 ZGB immer vorliegt, wenn die Verlobten in der
Lage sind, das Wesen der Ehe und die den Ehegatten daraus erwachsenden
Rechte und Pflichten zu erkennen und sich dieser Einsicht gemäss zu
verhalten (BGE 77 II 105/106). Das bedeutet, dass die Verlobten einen
vernünftigen Grund für den beabsichtigten Eheschluss (Wunsch nach
eigenem Heim, nach Geborgenheit und Zuneigung) haben müssen; sie sollen
weiter wissen, was für Erwartungen und Pflichten mit dem Eingehen einer
durchschnittlichen Ehe verbunden sind, dass also wirtschaftliche Vorsorge
zu treffen, dass Haushaltsführung, allenfalls Kindererziehung nötig ist,
dass das Zusammenleben auch ein gewisses Mass an gegenseitiger Achtung und
Zuneigung verlangt. Die Verlobten müssen sodann auch den entsprechenden
Willen aufbringen.

    b) Art. 97 Abs. 1 ZGB will verhindern, dass Ehen eingegangen werden,
die ihrem Gehalt nach nicht wirkliche Gemeinschaften werden können
(GÖTZ, N. 7 zu Art. 97 ZGB). Sodann bezweckt diese Bestimmung, einen
Menschen, der infolge seiner Geistesschwäche die Konsequenzen einer
Eheschliessung nicht zu überblicken vermag und auch sich selbst vor
andern nicht genügend schützen kann, vor der Gefahr zu bewahren, dem
Ehepartner ausgeliefert zu sein. Zeigt es sich aber, dass es im Interesse
des weitgehend Urteilsunfähigen liegt, eine Ehe einzugehen, ist mit
Binder und anderen ausnahmsweise die Ehefähigkeit zu bejahen (BINDER, aaO,
S. 65). Die Ehe kann jedenfalls einer möglichen sozialen Verwahrlosung oder
auch einem Konkubinat mit der damit verbundenen Unsicherheit vorzuziehen
sein. Art. 97 Abs. 1 ZGB hat eine starke fürsorgerische Ausrichtung, die es
unter besondern Umständen rechtfertigt, die erforderliche Urteilsfähigkeit
selbst dann zu bejahen, wenn die Fähigkeit zum Erfüllen der ehelichen und
familiären Aufgaben stark herabgesetzt erscheint. Wenn die geplante Ehe
offensichtlich im Interesse des Nupturienten liegt und seinem Wohlergehen
dient, können an den Begriff der Urteilsfähigkeit im Sinne des Art.
97 Abs. 1 ZGB geringe Ansprüche gestellt werden (BINDER, aaO, S. 65 f. 109,
vgl. DUKOR, Ausgewählte, kritisch besprochene Beispiele zum Eherecht
der Geisteskranken, 1940, Beispiel 3, S. 9/10, das dem vorliegenden
Fall vergleichbar ist, auch Beispiel 7, vor allem S. 19/20). Würde
anders entschieden, so liefe dies gerade der ratio legis des Art. 97 ZGB
zuwider und würde zudem auf harte und auch lebensfremde Weise in höchst
persönliche, auch verfassungsmässig geschützte Rechte eingegriffen, ohne
dass ein solcher Eingriff vom öffentlichen Interesse oder vom Erfordernis
des Schutzes des einen oder andern Partners geboten wäre.

Erwägung 5

    5.- Die Vorinstanz hat für das Bundesgericht verbindlich festgestellt,
dass Paula S. als schwachsinnig bezeichnet werden muss. In Anlehnung an
DUKOR (Das Eheverbot) ..., S. 86/87) hat sie weiter festgestellt, dass
sie in intellektueller Hinsicht ein zwar bescheidenes, aber gerade noch
genügendes Verständnis für das Wesen der Ehe im allgemeinen habe. Es sei
ihr Wunsch, den Mann, den sie gern habe, zu heiraten und gemeinsam mit
diesem Kinder zu haben. Sie wisse, dass Kinder betreut und ein Haushalt
geführt werden müssten und dass dies Aufgaben seien, deren Erfüllung
auch von ihr verlangt würde. Sie erfülle denn auch diese Pflichten seit
bereits rund dreieinhalb Jahren, und zwar besser, als dies angesichts
ihres Schwachsinns zu erwarten gewesen wäre. Ihr Kinderwunsch sei
zudem normal. Es ginge nicht an, ausgerechnet von ihr die Einsicht zu
verlangen, dass sie angesichts ihres Schwachsinns auf Kinder verzichten
sollte. Ausserdem habe sie in Emil T. den für sie geeigneten Partner
gefunden, der ihr Halt, Geborgenheit und Führung gebe. Darauf sei sie
aber gerade angewiesen, nachdem bei ihr psychische Auffälligkeiten wie
Ängstlichkeit, mangelndes Selbstvertrauen und fehlende Selbständigkeit
festgestellt worden seien. Anhaltspunkte, dass Emil T. sie nur aus
finanziellen Gründen oder mit Rücksicht auf ihre Arbeitskraft heiraten
wolle, lägen keine vor. Er habe sie im Gegenteil trotz ihrer geistigen
Behinderung offensichtlich gern.

    Das Obergericht hat der Beklagten auch zugestanden, dass sie
trotz ihres Unvermögens, Daten, Zeitablauf usw. zu erfassen, in dem
Umfeld, in welchem sie lebt, und im Blick auf den konkreten Partner,
ein genügendes Verständnis für das Alltägliche und Nächstliegende
habe. Sie sei in der Lage, einen einfachen Haushalt zu führen, auch
wenn ihr die Fähigkeit abgehe, gewisse Aufgaben, wie beispielsweise das
Einkaufen, selbständig auszuführen. Sie habe bisher auch die Betreuung
des am 19. Oktober 1981 geborenen Kindes zu bewältigen vermocht. Die
Säuglingsfürsorge habe sich auf wenig Kontrollgänge beschränken können.
Freilich sei nicht zu verkennen, dass ihre Geistesschwäche, zumindest
was die intellektuelle Seite anbelange, eine Kindererziehung praktisch
unmöglich mache. In dieser Hinsicht werde Emil T. eine wesentliche Rolle
übernehmen müssen, wobei auch hier wieder vorteilhaft sei, dass er als
Bergbauer im Haushalt mithelfen könne. Zumindest ebenso bedeutungsvoll
wie die intellektuelle sei die affektive Seite der Erziehung, und dafür
würde Paula S. den notwendigsten Anforderungen, wenn auch wegen ihres
Schwachsinns nicht allzu differenziert, genügen. Das schon vorhandene
Kind finde bei ihr, der eine warme, gemütvolle Art zu attestieren sei,
die erforderliche Nestwärme. Sie verstehe es zudem ausserordentlich gut,
im Zusammenwirken mit Emil T. ihren Schwachsinn zu verbergen. Dieser trete,
da offenbar nicht ererbt, auch nicht in ihrem Äussern in Erscheinung,
so dass das Kind erst im fortgeschrittenen Alter die geistige Schwäche
der Mutter in ihrer ganzen Tragweite realisieren werde. Es wäre daher
nicht gerechtfertigt, nur wegen der Tatsache, dass sie in intellektueller
Hinsicht geringe Voraussetzungen für die Kindererziehung mit sich bringe,
ihr die Ehe zu untersagen.

    In affektiver Hinsicht bejaht die Vorinstanz schliesslich, dass bei
der Beklagten achtenswerte Motive für die Eheschliessung vorlägen, dass
ihr Triebleben als normal zu bezeichnen sei und dass sich auch aus ihrer
psychischen Veranlagung heraus keine Schwierigkeiten ergeben hätten,
das Alltagsleben zusammen mit Emil T. zu bewältigen.

Erwägung 6

    6.- Aufgrund dieser für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen
kann nicht gesagt werden, die rechtliche Schlussfolgerung der Vorinstanz
verstosse gegen Bundesrecht, wonach Paula S. zwar minimale, aber unter
den gegebenen Umständen noch genügende intellektuelle und affektive
Voraussetzungen für das Eingehen und Führen der Ehe mit Emil T. mit
sich bringe. Paula S. kann daher im Sinne des Art. 97 Abs. 1 ZGB als
urteilsfähig bezeichnet werden, und ihre Ehefähigkeit ist von der
Vorinstanz zu Recht bejaht worden. Daran vermögen die Vorbringen der
Kläger nichts zu ändern. Alle Experten stimmten zwar darin überein,
dass Paula S. medizinisch-psychologisch gesehen wohl urteilsunfähig sei;
im Blick auf die gesamten Umstände und den konkreten Partner bejahten die
drei im bisherigen Verfahren beigezogenen Psychiater indessen ebenfalls
übereinstimmend die Ehefähigkeit. Von der Vorinstanz wird lediglich im
Zusammenhang mit der Kinderfrage festgehalten, dass Emil T. Mühe bezeuge,
den wirklichen Geisteszustand seiner Braut zu beurteilen. Aus seinem
Wunsch, mit seiner Braut allenfalls noch ein zweites Kind zu zeugen, -
was tatsächlich in Übereinstimmung mit den Gutachtern vor allem unter
dem Aspekt des Persönlichkeitsschutzes dieses gewollten Kindes (HAUSHEER,
in ZZW 42 (1974), S. 337 f.) als nicht ganz problemlos, aber doch nicht
völlig verantwortungslos zu bezeichnen ist - kann nicht geschlossen werden,
dass ihm ganz allgemein eine kompensierende, erhöhte Beurteilungsfähigkeit
auch in andern, alltäglichen Fragen abgehe. Soweit die Kläger jedoch die
auf der Würdigung der Gutachten basierenden vorinstanzlichen Feststellungen
kritisieren, sind ihre Vorbringen nicht zulässig (Art. 63 Abs. 2 OG).

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird abgewiesen, und das angefochtene Urteil des
Obergerichtes des Kantons Luzern vom 15. März 1983 wird bestätigt.