Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 109 II 245



109 II 245

55. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 22. September
1983 i.S. Erben des Jakob Bommer-Hagen und Karl Flammer gegen Alfons
Bommer-Fuchs (Berufung) Regeste

    Grundbuchberichtigungsklage einer nach Art. 6 Abs. 1 EGG
vorkaufsberechtigten Person, die vom Verkauf des Grundstückes erst
nachträglich erfahren hat.

    1. Ermittlung des Streitwertes (E. 1).

    2. Vollzug des Verkaufs einer zu einem landwirtschaftlichen Gewerbe
gehörenden Parzelle trotz rechtsgültiger Geltendmachung des Vorkaufsrechtes
durch einen nach EGG Berechtigten, und zwar offensichtlich mit dem
Ziel, die Gesamtfläche des Gewerbes unter die für die Anwendbarkeit der
EGG-Bestimmungen über das Vorkaufsrecht erforderliche Limite sinken zu
lassen: In einem solchen Fall ist es bei der Beurteilung des Verkaufs
einer zweiten Parzelle so zu halten, wie wenn die erste Parzelle noch auf
den Namen des Eigentümers des landwirtschaftlichen Gewerbes im Grundbuch
eingetragen wäre (E. 4).

    3. Unter der "Mitteilung" im Sinne von Art. 14 Abs. 1 EGG ist diejenige
zu verstehen, die der Grundbuchverwalter den Vorkaufsberechtigten gemäss
Art. 13 Abs. 3 EGG zu machen hat (E. 6).

    4. Voraussetzungen, unter denen der Einrede der Verwirkung des
Vorkaufsrechtes (Art. 14 Abs. 2 EGG) entgegengehalten werden kann,
sieverstosse gegen Art. 2 ZGB (E. 7).

Sachverhalt

    A.- Der 1896 geborene Jakob Bommer war Eigentümer eines ursprünglich
5,27 ha Kulturland und Wald umfassenden Landwirtschaftsbetriebes in
St. Margarethen. Am 11. November 1974 verkaufte er 2,78 ha Kulturland
(Parzelle Nr. 312) an Max Bürge, worauf Alfons Bommer-Fuchs, einer seiner
Söhne, am 29. Mai 1975 dem Grundbuchamt Sirnach gegenüber vorsorglich
die Ausübung des Vorkaufsrechtes erklärte. Der Kaufvertrag zwischen Jakob
Bommer und Max Bürge wurde gleichwohl ins Grundbuch eingetragen.

    In der Folge erhob Alfons Bommer gegen die Erben seines inzwischen
verstorbenen Vaters und gegen Max Bürge Klage auf Änderung des
Grundbucheintrages in dem Sinne, dass Max Bürge als Eigentümer
der strittigen Liegenschaft zu löschen und an dessen Stelle die
Erbengemeinschaft bzw. gestützt auf die Ausübung des Vorkaufsrechtes
er selbst einzutragen sei. Nachdem das Bundesgericht am 24. April
1979 eine Berufung der Beklagtschaft gegen einen Rückweisungsentscheid
des Obergerichts des Kantons Thurgau abgewiesen hatte, erkannte das
Bezirksgericht Münchwilen mit Endurteil vom 1. April 1980, dass Max Bürge
als Eigentümer zu löschen und stattdessen Alfons Bommer einzutragen sei.

    Am 30. Juli 1976 hatte Jakob Bommer die Parzelle Nr. 115 im Halte von
10 415 m2 Kulturland für Fr. 4.--/m2 an Karl Flammer jun. verkauft. Das
Grundbuchamt liess Alfons Bommer keine Orientierung über diesen Kaufvertrag
zukommen. Im Januar 1977 wurden Pläne für ein Bauvorhaben von Karl Flammer
auf der Parzelle Nr. 115 öffentlich aufgelegt. Nachdem Jakob Bommer am
28. Januar 1977 gestorben war, leitete Alfons Bommer am 1. Februar 1977
durch Einreichung des Vorstandsbegehrens gegen dessen Erben und gegen
Karl Flammer das vorliegende Verfahren ein. Durch Schreiben vom 8. Februar
1977 erhielt er vom Grundbuchamt Sirnach auf Anfrage hin die Bestätigung
des Verkaufes der Parzelle Nr. 115 an Karl Flammer. Mit Eingabe vom
22. Februar 1977 an das Grundbuchamt machte Alfons Bommer alsdann das
Vorkaufsrecht bezüglich dieser Parzelle geltend.

    Nachdem am 23. Mai 1977 der Vermittlungsvorstand durchgeführt worden
war, reichte der Kläger beim Bezirksgericht Münchwilen mit Eingabe vom
22. Juni 1977 die Weisung ein. Der Prozess wurde bis zur Erledigung der
Grundbuchberichtigungsklage betreffend den Verkauf der Parzelle Nr. 312
an Max Bürge sistiert. Nach Wiederaufnahme des Verfahrens reichte der
Kläger unter dem 8. September 1980 die Klageschrift ein mit folgenden
Rechtsbegehren:

    "1. Es sei der Eintrag im Grundbuch St. Margarethen TG, d.d. 30. Juli

    1976, mit dem Beklagten Nr. 2 als Eigentümer von Parzelle Nr. 112
(richtig:

    Nr. 115) ... im Halte von 10 415 m2 Feld in der "Höhe", zu löschen, das

    Grundbuch entsprechend zu berichtigen und damit der Grundbuchstand
vor dem
   zu berichtigenden Eintrag mit den Beklagten Nr. 1 einschliesslich des

    Klägers (Rechtsnachfolger von Jakob Bommer, geboren 2. Februar 1899,
   verstorben am 28. Januar 1977, wohnhaft gewesen in
   Sedel-St. Margarethen) als Eigentümer wieder herzustellen.

    2. Das Grundbuchamt Sirnach sei anzuweisen und zu ermächtigen, den

    Grundbucheintrag gemäss Ziff. 1 zu löschen bzw. vorzunehmen.

    3. Dem Kläger sei das Nachklagerecht vorzubehalten."

    Das Bezirksgericht schützte in seinem Urteil vom 28. Januar 1982 die
Klage vollumfänglich, und eine von den Beklagten erhobene Berufung wies
das Obergericht des Kantons Thurgau am 14. September 1982 ab.

    Den obergerichtlichen Entscheid haben die Beklagten sowohl mit
staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV als auch mit
Berufung beim Bundesgericht angefochten. Mit der Berufung beantragen sie,
es sei das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen;
allenfalls sei die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz
zurückzuweisen.

    Der Kläger stellt den Antrag, auf die Berufung sei nicht einzutreten;
allenfalls sei sie abzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- In der Berufungsantwort wird mit beachtlichen Gründen geltend
gemacht, der Ertragswert der Parzelle Nr. 115 erreiche nicht Fr.
8'000.--. Daraus wird abgeleitet, dass der für eine Berufung erforderliche
Streitwert nicht gegeben sei.

    Nach Art. 36 Abs. 1 OG wird der Wert des Streitgegenstandes
durch das klägerische Rechtsbegehren bestimmt. Streitgegenstand ist
im vorliegenden Fall die vom Kläger verlangte Grundbuchberichtigung,
mit der die strittige Parzelle zunächst ins Eigentum der Erben des Jakob
Bommer-Hagen überführt werden soll, damit sie in der Folge aufgrund des
vorbehaltenen Nachklagerechts zum Ertragswert auf den Kläger übertragen
werden kann. Das Klagebegehren beruht auf dem Vorkaufsrecht, mit dem
der Kläger das vom Erblasser zum Preise von etwas über Fr. 41'000.-- an
den Zweitbeklagten verkaufte Grundstück zum Ertragswert an sich ziehen
will. Das klägerische Interesse besteht somit im Erwerb des strittigen
Grundstücks zum Ertragswert, während das Interesse der Beklagten darauf
gerichtet ist, dass es beim Verkauf des Landes zum Preise von rund Fr.
41'000.-- an den Zweitbeklagten bleibt. Das beklagtische Interesse
übersteigt somit dasjenige des Klägers bei weitem und liegt nicht nur
höher als Fr. 8'000.--, sondern auch höher als Fr. 15'000.--.

    Für den Fall, dass klägerisches und beklagtisches Interesse finanziell
nicht gleich hoch zu werten sind, bestimmt das Bundesgesetz über die
Organisation der Bundesrechtspflege nichts. WURZBURGER (Les conditions
objectives du recours en réforme au Tribunal fédéral, Diss. Lausanne 1964,
S. 136, Ziff. 190) ist der Ansicht, es müsse auf das höhere Interesse
abgestellt werden. Die gleiche Auffassung vertritt auch SCHULLER
(Die Berechnung des Streitwertes, Diss. Zürich 1974, S. 95). Bei der
Streitwertberechnung im Zusammenhang mit Grunddienstbarkeiten stellt das
Bundesgericht schon seit langem auf das höhere Interesse der Beteiligten
ab, und auch für den Fall der Einräumung eines Notwegrechts hat es
sich in diesem Sinne geäussert (vgl. BGE 92 II 65 E. 4 mit Hinweisen).
Es rechtfertigt sich, in einem Fall wie dem vorliegenden gleich zu
entscheiden. Auf die Berufung ist deshalb einzutreten.
   ...

Erwägung 3

    3.- Werden ein landwirtschaftliches Gewerbe oder wesentliche Teile
davon verkauft, so steht den Nachkommen, dem Ehegatten und den Eltern
des Verkäufers ein Vorkaufsrecht zu (Art. 6 Abs. 1 EGG). Unbestritten
ist im vorliegenden Fall, dass die verkaufte Parzelle zu einem
landwirtschaftlichen Heimwesen gehörte und dass der Kläger an sich
als eine der nach EGG vorkaufsberechtigten Personen gilt. Die Beklagten
beanstanden hingegen in grundsätzlicher Hinsicht, dass auf den am 30. Juli
1976 beurkundeten und ins Grundbuch eingetragenen Kaufvertrag zwischen
Jakob Bommer und dem Zweitbeklagten die Bestimmungen des EGG über das
Vorkaufsrecht überhaupt angewendet worden seien. Zu Unrecht habe das
Obergericht die verkaufte Parzelle Nr. 115 im Umfange von 10 415 m2 als
einen wesentlichen Teil des Heimwesens Bommer qualifiziert. Ferner habe der
Kläger sein Vorkaufsrecht zu spät ausgeübt, und zudem sei dieses verwirkt.

Erwägung 4

    4.- Gemäss Art. 16 Abs. 1 EGG können die Kantone für
landwirtschaftliche Gewerbe oder für Liegenschaften bis zu 3 ha die
Bestimmungen über das Vorkaufsrecht einschränken oder unanwendbar
erklären. Von diesem Vorbehalt hat der Kanton Thurgau in dem Sinne
Gebrauch gemacht, dass § 3 Abs. 1 des kantonalen EG zum EGG bestimmt,
das Bundesgesetz finde keine Anwendung auf Heimwesen unter 3 ha.

    a) Im Zeitpunkt der vorliegend angefochtenen Handänderung war als
Eigentümer der im Jahre 1974 verkauften Parzelle Nr. 312 noch immer Max
Bürge eingetragen. Das landwirtschaftliche Gewerbe des Jakob Bommer von
ursprünglich 5,27 ha umfasste somit aus dieser Sicht nur noch etwa 2,5 ha,
also weniger als 3 ha.

    b) Das Obergericht hält fest, es sei ihm aus dem Prozess betreffend die
Handänderung Bommer/Bürge bekannt, dass jener Verkauf ganz offenkundig
einzig und allein zu dem Zweck getätigt worden sei, den Kläger als
Vorkaufsberechtigten bzw. späteren Erben auszuschliessen. Wie es
nunmehr feststellen müsse, habe dieser Zweck durch zwei verschiedene
Mittel erreicht werden wollen; einerseits dadurch, dass der erwähnte
erste Kaufvertrag trotz des vom Kläger in rechtsgültiger Weise geltend
gemachten Vorkaufsrechtes vollzogen worden sei, und andererseits sollte
ganz offensichtlich durch die Zerlegung in mehrere Parzellen und durch
den widerrechtlichen Vollzug des Kaufvertrages mit Max Bürge das dem
Kläger zustehende Vorkaufsrecht, wenn nicht für das ganze Heimwesen, so
doch zumindest für den Restbetrieb ausgeschlossen werden. Die Vorinstanz
liess offen, ob jeder Restbestand eines landwirtschaftlichen Heimwesens,
das jemals 3 ha gemessen habe, dem EGG unterstehe. Sie hielt jedoch
dafür, dass in einem Fall, da in kurzen zeitlichen Abständen Parzellen
eines landwirtschaftlichen Heimwesens verkauft würden, anzunehmen sei,
dies geschehe zur Umgehung des Vorkaufsrechtes nach EGG und sei deshalb
rechtsmissbräuchlich; es sei deshalb davon auszugehen, dass dem Kläger
auch bezüglich des im vorliegenden Verfahren strittigen Grundstücks ein
Vorkaufsrecht zugestanden habe.

    c) Die Beklagten wenden hiegegen ein, sie hätten im erst- und
zweitinstanzlichen Verfahren sich mit Nachdruck darauf berufen und auch
zum Beweis verstellt, dass Jakob Bommer und der Zweitbeklagte beim
Abschluss und bei der grundbuchlichen Eintragung ihres Kaufvertrages
ohne die geringste Einschränkung gutgläubig gewesen seien und gehandelt
hätten. Indem das Obergericht ohne Abnahme der anerbotenen Beweise auf
Bösgläubigkeit von Jakob Bommer geschlossen habe, habe es sowohl Art. 3
als auch Art. 8 ZGB verletzt.

    Wie es sich damit verhält, braucht hier weiter nicht erörtert
zu werden. In seinem Entscheid 86 II 427 ff. hielt das Bundesgericht
fest, dass der Umgehung des Gesetzes Tür und Tor geöffnet wäre, wenn
der Eigentümer eines landwirtschaftlichen Gewerbes die Ausübung des
Vorkaufsrechtes nach EGG dadurch ausschliessen könnte, dass er den
Hof in Parzellen zerlegt und diese an verschiedene Personen verkauft;
die Auflösung eines Bauerngutes durch dessen Verkauf in Teilstücken
vermöge die Anwendung der Art. 6 ff. EGG nicht zu verhindern (S. 431). Die
Verhältnisse liegen in der vorliegenden Sache zwar nicht genau gleich wie
in jenem Fall, wo verschiedene Parzellen gleichzeitig hätten verkauft
werden sollen. Der zeitliche Abstand zwischen dem Verkauf an Max Bürge
(vom 11. November 1974) und demjenigen an den Zweitbeklagten (vom 30.
Juli 1976) ist jedoch nicht so gross, dass hier anders zu entscheiden wäre.
Vielmehr sind die Vorgänge um die beiden Verkäufe in ihrem Zusammenhang zu
würdigen. Dabei ist unter Hinweis auf die entsprechende Klausel im ersten
Vertrag (Ziffer 4) vor allem festzuhalten, dass es Jakob Bommer von allem
Anfang an darum ging, die Grundstücke an eine nicht vorkaufsberechtigte
Person zu veräussern. Andererseits war aber dem Kläger stets daran gelegen,
die Grundstücke zu erwerben.

    Nach dem Gesagten ist es so zu halten, wie wenn beim Abschluss des
strittigen Vertrages das an Bürge verkaufte Grundstück noch auf den Namen
von Jakob Bommer eingetragen gewesen wäre. Dabei mag offen bleiben, ob
anders zu entscheiden gewesen wäre, wenn die beiden Veräusserungen nicht
als Einheit zu betrachten gewesen wären. Das EGG ist demnach grundsätzlich
anwendbar.

Erwägung 5

    5.- Nach Art. 6 Abs. 1 EGG steht das Vorkaufsrecht den Berechtigten nur
dann zu, wenn mindestens ein wesentlicher Teil des landwirtschaftlichen
Gewerbes verkauft wird. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn Teile
veräussert werden, bei deren Wegfall der landwirtschaftliche Betrieb
seine wirtschaftliche Existenzfähigkeit und Selbständigkeit verliert (vgl.
JOST, Handkommentar N. 4b zu Art. 6 EGG; JOST, Die Vorkaufsrechte, in: Das
neue landwirtschaftliche Bodenrecht der Schweiz, S. 38). Das Bundesgericht
hat bereits in seinem Urteil vom 24. April 1979 in Sachen Erben des Jakob
Bommer und Max Bürge gegen den Kläger festgehalten, das EGG erfasse auch
den bäuerlichen Kleinbetrieb, und zwar selbst denjenigen, der für sich
allein einer Bauernfamilie keine ausreichende landwirtschaftliche Existenz
zu bieten vermöge (vgl. dazu auch BGE 97 II 282 f. E. 4 und 91 II 241
f. E. 1). Bei der Würdigung der vorliegend gegebenen Verhältnisse ist die
Vorinstanz angesichts der Ausführungen in Erwägung 4, die sinngemäss auch
hier gelten, zu Recht von einem Betrieb von gut fünf Hektaren ausgegangen,
und sie hat das ihr in diesem Punkt zustehende Ermessen weder missbraucht
noch überschritten, wenn sie festgehalten hat, die an den Zweitbeklagten
verkauften 10 415 m2 stellten einen beträchtlichen Teil davon dar.

    Die Beklagten werfen dem Obergericht in diesem Zusammenhang zwar eine
Verletzung von Art. 8 ZGB vor, weil es die von ihnen beantragte Expertise
nicht angeordnet habe. Was als wesentlicher Teil eines landwirtschaftlichen
Gewerbes im Sinne von Art. 6 Abs. 1 EGG gilt, ist weitgehend eine
Rechtsfrage. Im übrigen durfte die Vorinstanz auf ihre Kenntnisse
aus dem Prozess in Sachen Bürge sowie auf ihren eigenen Sachverstand
abstellen. Wo die kantonale Instanz über den massgebenden Sachverhalt
positive Feststellungen getroffen hat, ist die Rüge der Verletzung von
Art. 8 ZGB ohnehin gegenstandslos (vgl. BGE 98 II 86 mit Hinweisen).

Erwägung 6

    6.- Nach Art. 14 Abs. 1 EGG hat der Berechtigte das Vorkaufsrecht
binnen einem Monat, seitdem ihm die Mitteilung vom Abschluss
des Kaufvertrages zugegangen ist, durch Erklärung gegenüber dem
Grundbuchverwalter geltend zu machen. Im Unterschied zum Vorkaufsrecht
im Sinne von Art. 681 ZGB, wo die Frist auch mit einer zufälligen
Kenntnisnahme zu laufen beginnt (vgl. dazu BGE 83 II 519 E. 2), wird
der Beginn des Fristenlaufes hier ausdrücklich an die "Mitteilung
vom Abschluss des Kaufvertrages" geknüpft. Diese Regelung steht in
engem Zusammenhang mit den übrigen Bestimmungen des EGG betreffend
das Vorkaufsrecht. So schreibt Art. 13 Abs. 3 EGG vor, dass der
Grundbuchverwalter den vorkaufsberechtigten Personen die Anmeldung eines
Kaufvertrages unverzüglich mitzuteilen hat, und zwar unter Hinweis auf
die Frist zur Geltendmachung ihres Rechtes. Angesichts dieser Ordnung,
die dem Vorkaufsberechtigten die Ausübung seines Rechtes erleichtern soll
(vgl. JOST, Handkommentar N. 6 zu Art. 13 EGG), ist mit der Vorinstanz
davon auszugehen, dass unter der Mitteilung gemäss Art. 14 Abs. 1 EGG
diejenige des Grundbuchverwalters zu verstehen ist. Es ist daher in der
Tat unerheblich, ob der Kläger bereits anlässlich der Kenntnisnahme von
der Baupublikation habe davon ausgehen müssen, dass ein Vorkaufsfall
vorliege. In Anbetracht des klaren Wortlautes des geltenden Rechts sind
die Vorbringen der Beklagten betreffend die Entstehungsgeschichte des EGG
von vornherein unbehelflich. Das gleiche gilt für deren Hinweise auf die
Rechtsprechung. Die zu dieser Frage angeführten Urteile befassten sich
nämlich mit dem Vorkaufsrecht im Sinne von Art. 681 bzw. 682 ZGB.

    Aufgrund des angefochtenen Urteils steht für das Bundesgericht
verbindlich fest, dass die grundbuchamtliche Mitteilung dem Kläger am
8. Februar 1977 zugegangen ist und dass dieser sein Vorkaufsrecht am
22. Februar 1977 ausgeübt hat. Die einmonatige Frist von Art. 14 Abs. 1
EGG wurde mithin eingehalten.

Erwägung 7

    7.- a) Nach Art. 14 Abs. 2 EGG erlischt das Vorkaufsrecht in jedem
Falle mit Ablauf von drei Monaten seit der Anmeldung des Kaufvertrages beim
Grundbuch. Wie beim rechtsgeschäftlichen Vorkaufsrecht handelt es sich um
eine Verwirkungsfrist (BGE 102 II 379 E. 2). Die Verwirkung tritt somit
selbst dann ein, wenn die Mitteilung des Grundbuchamtes gemäss Art. 14 Abs.

    1 EGG aus irgendeinem Grund unterblieben ist oder den Berechtigten
nicht erreicht hat. Es geht bei der erwähnten Frist darum, eine längere
Rechtsunsicherheit für Käufer und Verkäufer möglichst zu vermeiden
(vgl. JOST, Handkommentar N. 3 zu Art. 14 EGG). Die mit dem Vorkaufsrecht
des Art. 6 EGG verbundene zwingende Beschränkung der Vertragsfreiheit
des Eigentümers soll nicht unnötig lang bestehen bleiben. Die kurze
Verwirkungsfrist bringt freilich die Gefahr einer Benachteiligung
des Vorkaufsberechtigten mit sich. In Fällen, da eine rechtzeitige
Geltendmachung des Vorkaufsrechtes durch ein doloses Verhalten verhindert
wurde, kann der Verwirkungseinrede jedoch mit Art. 2 ZGB begegnet werden.

    b) Der zwischen Jakob Bommer und dem Zweitbeklagten geschlossene
Kauf wurde am 30. Juli 1976 ins Grundbuch eingetragen. Wird auf die
Erklärung vom 22. Februar 1977 abgestellt, ergibt sich, dass der Kläger
das Vorkaufsrecht weit mehr als drei Monate nach dem Grundbucheintrag
geltend gemacht hat. Die Vorinstanz ist indessen der Ansicht, es müsse
die Erklärung des Klägers vom 29. Mai 1975 betreffend die Ausübung
des Vorkaufsrechtes beim Verkauf der Parzelle Nr. 312 an Max Bürge auch
hinsichtlich des vorliegend strittigen Verkaufes als Ausübungserklärung
betrachtet werden. Von einer Versäumnis der dreimonatigen Verwirkungsfrist
könne deshalb nicht die Rede sein. Dem ist nicht beizupflichten. Die
Erklärung vom 29. Mai 1975 bezog sich ausdrücklich auf den am 11. November
1974 erfolgten Verkauf der Parzelle Nr. 312 an Max Bürge. Im damaligen
Zeitpunkt war noch völlig offen, ob Jakob Bommer weitere Anteile seines
Heimwesens verkaufen werde. Jedenfalls wurde der Kaufvertrag mit dem
Zweitbeklagten erst am 30. Juli 1976 öffentlich beurkundet und in das
Grundbuch eingetragen. Die Erklärung eines Vorkaufsberechtigten, das
gesetzliche Vorkaufsrecht ausüben zu wollen, setzt als rechtsbegründende
Gestaltungserklärung voraus, dass ein konkreter Kaufvertrag abgeschlossen
worden ist oder zumindest unmittelbar bevorsteht (vgl. BGE 108 II
193). Der Berechtigte wie der Verpflichtete müssen wissen, was für eine
konkrete Kaufsobligation überhaupt begründet werden soll. Die erwähnte
Erklärung muss bestimmt und eindeutig sowie bedingungslos sein und ist
unwiderruflich (vgl. BGE 81 II 245 E. 1; JOST, Handkommentar N. 4a zu
Art. 14 EGG; MEIER-HAYOZ, N. 224 zu Art. 681). Solange aber weder die
Verkaufsabsicht noch der Umfang des zu verkaufenden Grundstücks noch
grundsätzlich auch der Preis feststehen, kann eine Ausübungserklärung
diese Voraussetzungen gar nicht erfüllen.

    c) Der Kläger hält der Verwirkungseinrede der Beklagten entgegen, sie
verstosse gegen Art. 2 ZGB. Die Vorinstanz hat diese Auffassung geteilt und
den klägerischen Anspruch auch mit dieser Begründung als nicht verwirkt
betrachtet. Sie stellte in diesem Zusammenhang fest, dass alle Beklagten
um die Vorkaufsberechtigung des Klägers gewusst hätten. Zumindest die
Erstbeklagten seien sodann ganz eindeutig darauf aus gewesen, den Kläger
an der Übernahme des väterlichen Heimwesens zu den günstigen Bedingungen
des EGG zu hindern. Auch dem Zweitbeklagten seien offensichtlich die
Absichten des Klägers bekannt gewesen. Den Beklagten sei ganz einfach
jedes Mittel recht gewesen, durch welches dem Kläger die Ausübung seines
Vorkaufsrechtes verunmöglicht werden sollte.

    Die Beklagten wenden ein, sie seien in jeder Hinsicht gutgläubig
gewesen. Indem das Obergericht sie nicht zum entsprechenden Beweis
zugelassen habe, habe es gegen Art. 8 ZGB verstossen. Ausserdem habe
die Vorinstanz auch Art. 3 ZGB verletzt, da sie zu Unrecht dem Kläger
nicht den Beweis für ihren bösen Glauben bzw. für rechtsmissbräuchliche
Verhaltensweisen des Jakob Bommer und des Zweitbeklagten zugeschoben
habe. Im übrigen hätten sie, die Beklagten, nicht die geringste Handlung
vorgenommen, welche darauf hinausgelaufen wäre, dass der Grundbuchverwalter
keine Mitteilung an den Kläger gemacht habe; sie hätten ja nicht einmal
in Erwägung gezogen, dass ein Vorkaufsfall gegeben sei.

    Dass sie gar nicht daran gedacht hätten, dem Kläger könnte ein
Vorkaufsrecht bezüglich der Parzelle Nr. 115 zustehen, scheinen
die Beklagten damit begründen zu wollen, dass nach dem Verkauf der
Parzelle Nr. 312 an Bürge die einschlägigen Bestimmungen des EGG auf das
landwirtschaftliche Gewerbe des Jakob Bommer gar nicht mehr anwendbar
gewesen seien. Insofern sind ihre Vorbringen jedoch von vornherein
unbehelflich. Wie aus Erwägung 4 erhellt, dürfen die beiden Verkäufe nicht
einzeln betrachtet werden. Was zudem die Erstbeklagten betrifft, so haben
sich diese als Rechtsnachfolger von Jakob Bommer dessen Wissen und Handeln
anrechnen zu lassen. Jakob Bommer muss nun aber gewusst haben, dass die an
Max Bürge verkaufte Parzelle Nr. 312 mit einem gesetzlichen Vorkaufsrecht
belastet war. Denn nur so lässt sich die Klausel im Vertrag mit Bürge
erklären, wonach jener nur gelte, wenn die Vorkaufsberechtigten gemäss EG
zum EGG auf die Ausübung des Vorkaufsrechtes verzichteten. Jedenfalls mit
Bezug auf Jakob Bommer ist aus dem Gesagten ohne weiteres zu schliessen,
dass es ihm von Anfang an darum gegangen war, den Kläger an der Übernahme
des väterlichen Heimwesens zu den günstigen Bedingungen des EGG zu
hindern. Ob das gleiche von den Erstbeklagten gesagt werden kann, mag
dahingestellt bleiben, da sie sich das Verhalten ihres Rechtsvorgängers
entgegenhalten lassen müssen.

    Sodann ist darauf hinzuweisen, dass laut Entscheid des urteilenden
Gerichts vom 24. April 1979 in Sachen Bürge der Kläger seinem Vater Jakob
Bommer am 19. November 1974 mitgeteilt hatte, dass er die an Max Bürge
verkaufte Parzelle Nr. 312 seinerseits käuflich erwerben wolle. Mit
Schreiben seines Anwalts vom 29. Mai 1975 an das Grundbuchamt erklärte
der Kläger ferner vorsorglich, d.h. für den Fall, dass ein Vorkaufsfall
überhaupt eingetreten sein sollte, bezüglich der gleichen Parzelle das
Vorkaufsrecht auszuüben. Trotz dieser eindeutigen Haltung des Klägers
liess es Jakob Bommer zu, dass der Vertrag über den Verkauf der Parzelle
Nr. 312 an Max Bürge ins Grundbuch eingetragen wurde. Dieser Eintrag führte
dann dazu, dass die Fläche seines landwirtschaftlichen Gewerbes unter die
Drei-Hektaren-Limite sank und dass sich der Grundbuchverwalter deshalb
nicht mehr veranlasst sah, beim zweiten Verkauf die durch das EGG gebotenen
Massnahmen, insbesondere die Mitteilung an den Kläger, anzuordnen.

    Dass der Kläger vom Verkauf der Parzelle Nr. 115 an den Zweitbeklagten
zu spät erfuhr und sein Vorkaufsrecht nicht rechtzeitig geltend machen
konnte, ist nach dem Gesagten letztlich auf ein fehlerhaftes Verhalten
von Jakob Bommer zurückzuführen. Wenn die Erstbeklagten als dessen
Rechtsnachfolger die Einrede der Verwirkung erheben, verstossen sie deshalb
gegen Treu und Glauben (vgl. SPIRO, Die Begrenzung privater Rechte durch
Verjährungs-, Verwirkungs- und Fatalfristen, 2. Bd., S. 1056). Insofern
verletzt der angefochtene Entscheid kein Bundesrecht.

    Das Obergericht hält fest, die Absichten des Klägers seien auch
dem Zweitbeklagten offensichtlich bekannt gewesen. Diese Feststellung
der Vorinstanz reicht indessen nicht aus, auch dem Zweitbeklagten
entgegenzuhalten, die Einrede der Verwirkung verstosse gegen Art. 2
ZGB. Letzteres könnte nur dann gesagt werden, wenn der Zweitbeklagte vom
Verkauf der Parzelle Nr. 312 an Max Bürge Kenntnis gehabt und darüber
hinaus auch gewusst haben sollte, dass jene Handänderung den Zweck hatte,
im Sinne des oben Ausgeführten die Anwendbarkeit des EGG und damit das
Vorkaufsrecht des Klägers auszuschalten. Feststellungen darüber, was
der Zweitbeklagte über die Handänderung Jakob Bommer/Max Bürge konkret
gewusst habe, fehlen im angefochtenen Entscheid. Das Obergericht führt
zwar aus, den Beklagten - also sowohl den Erben des Jakob Bommer wie
auch Karl Flammer - sei ganz einfach jedes Mittel recht gewesen, um
dem Kläger die Ausübung seines Vorkaufsrechtes zu vereiteln. Darin kann
jedoch nicht eine tatsächliche Feststellung im Sinne von Art. 63 Abs. 2
OG erblickt werden, die für das Bundesgericht verbindlich wäre. Vielmehr
handelt es sich bei der vorinstanzlichen Feststellung um eine moralische
Wertung. Was den Zweitbeklagten betrifft, so ist nicht ersichtlich, worauf
sich das Obergericht hiebei gestützt hat. Die vorhandenen tatsächlichen
Feststellungen im angefochtenen Entscheid reichen nach dem Gesagten
nicht aus, den vom Kläger geltend gemachten Anspruch abschliessend
zu beurteilen. Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben und die
Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese im Sinne des oben
Ausgeführten das Wissen des Zweitbeklagten im Zusammenhang mit beiden
Handänderungen näher abkläre und hernach neu entscheide.