Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 109 II 128



109 II 128

31. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 3. Mai 1983 i.S. Thönen
gegen Baukonsortium Vorderberg und Landeigentümer Vorderberg (Berufung)
Regeste

    Unzulässige Rückzahlung von Aktienkapital; Wiederaufleben der
Einlagepflicht des Aktionärs. Art. 680 Abs. 2 OR.

    Unzulässige Rückzahlung des Aktienkapitals in einem Fall, wo die
Gesellschaft den Gläubiger des Aktionärs befriedigt, der diesem für die
Liberierung des Aktienkapitals ein Darlehen gewährt hat.

Sachverhalt

    A.- Karl Peter Thönen, Hans Peter Baumann und Franz Suter gründeten am
27. März 1975 die Bauvision AG mit einem Aktienkapital von Fr. 50'000.--,
das voll einbezahlt wurde. Für den von Thönen gezeichneten Anteil von
98% des Aktienkapitals kam Baumann auf. Im Mai 1975 liess Baumann, der
einzige Verwaltungsrat, Fr. 48'000.-- vom Konto der Aktiengesellschaft
auf sein persönliches Konto überweisen. Die Bauvision AG fiel am 2. Mai
1977 in Konkurs.

    Das Baukonsortium Vorderberg und die Landeigentümer Vorderberg liessen
sich von der Konkursverwaltung eine Forderung gegen Thönen abtreten,
welche unter anderem Fr. 48'000.-- für angeblich nicht ordnungsgemäss
liberiertes Aktienkapital umfasste.

    Im Dezember 1978 klagten sie gegen Thönen auf Bezahlung von
Fr. 48'000.-- nebst Zins. Das Zivilgericht des Kantons Basel-Stadt wies
die Klage ab, das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt hiess sie
im Betrag von Fr. 37'000.-- gut. Der Beklagte hat gegen das Urteil des
Appellationsgerichts Berufung erhoben, welche das Bundesgericht abweist.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Nach Art. 680 Abs. 2 OR ist die Rückzahlung von Aktienkapital
an einen Aktionär, ausser bei der Herabsetzung des Aktienkapitals nach
Art. 732 ff. OR, unzulässig, und ein gleichwohl ausbezahlter Betrag
muss zurückerstattet werden (BGE 87 II 181 E. 9); die Einlagepflicht
des Aktionärs lebt in einem solchen Falle wieder auf (Urteil der
I. Zivilabteilung vom 14. Februar 1967 i.S. Geopa S.A. c. Mathey, E. 2
in SJ 1969, S. 155). Eine unzulässige Rückerstattung liegt auch dann vor,
wenn ein Aktionär für die Liberierung der von ihm gezeichneten Aktien
ein kurzfristiges Darlehen aufnimmt und ihm die Gesellschaft den Betrag
wieder zur Verfügung stellt, damit er jenes Darlehen zurückzahlen kann
(SJ 1969, S. 154).

    Nach den bindenden Feststellungen des Appellationsgerichts
hat Baumann dem Beklagten den für die Liberierung der gezeichneten
Aktien erforderlichen Betrag vorgeschossen, da er ihn nicht selber
aufzubringen vermochte, und dieser hat ihm das Geld nicht binnen jener
Frist zurückbezahlt, die er sich vorstellte. Baumann hat deshalb,
wie das Appellationsgericht weiter ausführt, in seiner Eigenschaft als
einziger Verwaltungsrat der Bauvision AG aus deren Aktienkapital kurzerhand
Fr. 48'000.-- abdisponiert, um sich so bezahlt zu machen, und der Beklagte
hat hievon wenig später Kenntnis erhalten, zur Wiederbeschaffung aber
nichts vorgekehrt. Hatte der eigenmächtige Kapitalabzug durch Baumann
zum Ziel, die dem Beklagten gegenüber bestehende Forderung zu tilgen, und
wusste der Beklage darum, so hat er diese Art der Schuldbegleichung durch
Baumann stillschweigend gebilligt, wenn er nichts unternahm, auch wenn sie
nach seiner Darstellung vorzeitig erfolgt sein soll. Die Auszahlung an den
Gläubiger des Aktionärs kommt unter solchen Umständen einer Leistung der
Gesellschaft zugunsten des Aktionärs gleich; im Ergebnis läuft sie auf
dasselbe hinaus, wie wenn an den Aktionär zurückbezahlt worden wäre und
dieser seinen Geldgeber befriedigt hätte. Damit aber ist eine unzulässige
Rückzahlung des Aktienkapitals gegeben, welche die Einlagepflicht des
Beklagten wieder aufleben lässt.