Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 109 III 90



109 III 90

25. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
vom 21. Juli 1983 i.S. Achermann (Rekurs) Regeste

    Arrestierung eines Erbanteils - Arrestort.

    Wohnt der Schuldner nicht in der Schweiz oder hat er keinen festen
Wohnsitz, so ist sein Anspruch auf den Liquidationsanteil an einer
unverteilten Erbschaft am Betreibungsort der Erbengemeinschaft gemäss
Art. 49 SchKG zu arrestieren, und zwar unabhängig davon, wo sich die
einzelnen zur Erbschaft gehörenden Vermögensstücke befinden.

Sachverhalt

    A.- Am 30. Juli 1982 erwirkte Dr. Franz Achermann beim Arrestrichter
des Bezirks Affoltern einen Arrestbefehl gegen Frank Hanselmann.
Der Arrestbefehl stützte sich auf Art. 271 Ziff. 1 und 4 SchKG
und erging an das Betreibungsamt Stallikon. Als Arrestgegenstand
wurde der Liquidationsanteil des Schuldners an der Erbengemeinschaft
Hanselmann-Pfister, namentlich der Verwertungserlös aus verschiedenen
Liegenschaften in der Gemeinde Stallikon, aufgeführt. Diese Liegenschaften
gehören zu je hälftigem Miteigentum der genannten Erbengemeinschaft und
Georg Schmidt. Der Arrest wurde fristgerecht durch Betreibung prosequiert
und der genannte Liquidationsanteil am 2. Februar 1983 bis zum Betrage
von Fr. 13'000.-- gepfändet. Nachdem der Gläubiger am 16. März 1983 beim
Betreibungsamt Stallikon das Verwertungsbegehren gestellt hatte, ersuchte
dieses das Bezirksgericht Affoltern am 21. April 1983, gemäss Art. 9 und
Art. 10 der Verordnung des Bundesgerichtes über die Pfändung und Verwertung
von Anteilen an Gemeinschaftsvermögen vom 17. Januar 1923 (SR 281.41;
VVAG) Einigungsverhandlungen durchzuführen. Das Bezirksgericht Affoltern
klärte in der Folge die erbrechtlichen Verhältnisse des 1960 verstorbenen
Walter Oskar Hanselmann ab. Dabei ergab sich unter anderem, dass der
letzte Wohnsitz des Erblassers in Stäfa gewesen war und dass die Erbschaft
unverteilt geblieben ist. Daraufhin trat das Bezirksgericht Affoltern als
untere Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs mit Beschluss vom
16. Mai 1983 auf das Begehren um Durchführung der Einigungsverhandlungen
nicht ein und hob Arrestvollzug und Pfändung wegen Unzuständigkeit des
Betreibungsamtes Stallikon von Amtes wegen als nichtig auf. Eine gegen
diesen Beschluss eingereichte Beschwerde wies das Obergericht des Kantons
Zürich als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und
Konkurs mit Beschluss vom 17. Juni 1983 ab. Dagegen rekurriert Achermann
an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts.

Auszug aus den Erwägungen:

                  Auszug aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Der Rekurrent macht zur Hauptsache eine Verletzung von
Art. 272 SchKG geltend. Nach dieser Bestimmung wird der Arrest von der
zuständigen Behörde des Ortes, wo sich das Vermögensstück befindet,
bewilligt. Im vorliegenden Fall ist der Anspruch des Schuldners auf
den Liquidationsanteil an der unverteilten Erbschaft von Walter Oskar
Hanselmann der einzige Arrestgegenstand. Wie die beiden kantonalen
Aufsichtsbehörden unter Hinweis auf BGE 91 III 19 zu Recht ausführten,
gehört ein solcher Anspruch zu den Forderungen und anderen Rechten. Diese
sind am Wohnsitz des Schuldners zu pfänden, beziehungsweise zu arrestieren,
selbst wenn sich das Erbschaftvermögen anderswo befindet (BGE 91 III 22
E. 1 mit Verweisen). Wohnt der Arrestschuldner und Titular der Forderung
oder des Rechts nicht in der Schweiz, so ist der Arrest nach ständiger
Praxis am Wohnort des Drittschuldners zulässig (91 III 23, 76 III 19,
75 III 27, 63 III 44). Drittschuldner ist hier die Erbengemeinschaft des
Walter Oskar Hanselmann. Betreibungsort ist daher gemäss Art. 49 SchKG
Stäfa, wo der Erblasser zur Zeit seines Todes hätte betrieben werden
können. Zuständig für die Bewilligung und den Vollzug des Arrests war
demnach die nach kantonalem Recht zuständige Arrestbewilligungsbehörde
von Stäfa beziehungsweise das Betreibungsamt Stäfa.

    Entgegen der Meinung des Rekurrenten handelt es sich dabei nicht
bloss um einen möglichen Arrestort. Gegenstand des Arrestes und der
Prosequierung sind nicht konkrete Vermögenswerte der Erbschaft, wie etwa
Liegenschaften, sondern einzig und allein der Anspruch eines Miterben auf
seinem Liquidationsanteil. Zuständig zur Pfändung und Arrestierung dieses
Anteilsrechts ist gemäss Art. 2 VVAG stets das gleiche Betreibungsamt,
unabhängig davon, wo sich die einzelnen zur Erbschaft gehörenden
Vermögenswerte befinden. Der vom örtlich unzuständigen Betreibungsamt
Stallikon vollzogene Arrest war demnach nichtig (BGE 103 III 88 mit
Verweisen), was von der unteren kantonalen Aufsichtsbehörde zu Recht von
Amtes wegen festgestellt wurde.

Erwägung 2

    2.- Was der Rekurrent ausserdem vorbringt, geht an der Sache vorbei.

    So ist die Frage belanglos, ob die Erbengemeinschaft sich gegenüber
jedem einzelnen Erben auf eine Bringschuld berufen könne. Denn im
vorliegenden Fall sind Wohnsitz und Aufenthalt des Schuldners unbekannt
und können deshalb die Zuständigkeit des Betreibungsamtes Stallikon sicher
nicht begründen.

    Auch die praktischen Schwierigkeiten, die der Rekurrent hervorhebt,
vermögen die dargestellte Lösung, wie sie sich aus Art. 272 SchKG
ergibt, nicht umzustossen. Im übrigen übertreibt der Rekurrent diese
Schwierigkeiten. Wer einen Erbanteil verarrestieren lassen will, braucht
bloss glaubhaft zu machen, dass sein Schuldner an einer unverteilten
Erbschaft beteiligt ist. Es ist nicht seine Aufgabe, die übrigen Mitglieder
der Erbengemeinschaft anzugeben, noch braucht er sich zu kümmern, ob
ein Testament vorhanden ist oder gar ob die Erben miteinander im Streit
liegen. Alle diese Fragen können nötigenfalls später, anlässlich des in
den Art. 9 ff. VVAG vorgesehenen Einigungsverfahrens, geprüft werden.