Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 109 III 87



109 III 87

24. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
vom 17. Juni 1983 i.S. Y. und Mitbeteiligte (Rekurs) Regeste

    Konkurs; Beschluss der Gläubigerversammlung, die Konkursverwaltung
zu ersetzen.

    1. Beschlüsse der zweiten und jeder weiteren Gläubigerversammlung
können nur wegen Gesetzesverletzung, nicht auch wegen Unangemessenheit,
angefochten werden (E. 2).

    2. Eine Auswechslung der Konkursverwaltung widerspricht grundsätzlich
dem Ziel des Gesetzes, wenn das Konkursverfahren praktisch vor
dem Abschluss steht und in Anbetracht des Verwertungsergebnisses
die Zweitklasse-Gläubiger zum grossen Teil und die Dritt- sowie die
Fünftklasse-Gläubiger gänzlich zu Verlust kommen (E. 2); vorbehalten bleibt
freilich der Fall, dass der amtierende Konkursverwalter aus irgendeinem
Grund nicht imstande sein sollte, das Verfahren zu seinem Abschluss zu
führen (E. 3b).

Sachverhalt

    A.- Nachdem im Konkurs des X. die Konkursmasse, soweit ins
Inventar aufgenommen, verwertet worden war und die Gläubigeransprüche
erwahrt und im Rahmen des Möglichen befriedigt worden waren (wobei
die Zweitklasse-Gläubiger zum grossen Teil und die Dritt- sowie die
Fünftklasse-Gläubiger gänzlich leer ausgehen sollten), stellte der
Gemeinschuldner das Gesuch um Durchführung eines Nachlassverfahrens
im Konkurs gemäss Art. 317 SchKG. In der vom Konkursverwalter hierauf
einberufenen Gläubigerversammlung wurde unter anderem beschlossen,
den bisherigen Konkursverwalter zu entlassen und durch eine neue
Konkursverwaltung zu ersetzen.

    Mit Entscheid vom 29. März 1983 hob die kantonale Aufsichtsbehörde
diesen Beschluss auf und setzte den bisherigen Konkursverwalter wieder
in sein Amt ein.

    Hiegegen wurde von verschiedener Seite an die Schuldbetreibungs-
und Konkurskammer des Bundesgerichts rekurriert.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Es trifft zu, dass mit Bezug auf Beschlüsse der zweiten
und auch jeder weiteren Gläubigerversammlung die Kognition der
vollstreckungsrechtlichen Aufsichtsbehörden insofern beschränkt ist, als
Beschlüsse der erwähnten Art nur wegen Gesetzesverletzung, nicht auch wegen
Unangemessenheit, angefochten werden können (BGE 101 III 54; 87 III 113;
86 III 103). Soweit die Vorinstanz unter Hinweis auf BGE 101 III 44 -
welches Urteil sich mit einem Beschluss der ersten Gläubigerversammlung
befasst - davon ausgeht, die vollstreckungsrechtlichen Aufsichtsbehörden
dürften auch bei Unangemessenheit einschreiten, ist ihr nach dem Gesagten
nicht beizupflichten.

    Eine Gesetzwidrigkeit liegt vor, wenn die zweite Gläubigerversammlung
bestimmte Verfahrensregeln oder Individualrechte der einzelnen Gläubiger
missachtet oder wenn sie eine mit dem Zweck des Konkurses offenkundig
unverträgliche Massnahme getroffen und damit die ihr durch Art. 253
Abs. 2 SchKG eingeräumten Befugnisse missbraucht hat (BGE 87 III 113
mit Hinweisen; FRITZSCHE, Schuldbetreibung und Konkurs, 2. A., II. Bd.,
S. 157-159).

    Nach den für die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer verbindlichen
Feststellungen der Vorinstanz im angefochtenen Entscheid steht das
Konkursverfahren ... praktisch vor dem Abschluss. Die Konkursmasse ist,
soweit ins Inventar aufgenommen, verwertet. Die Gläubigeransprüche sind
erwahrt und im Rahmen des Möglichen befriedigt worden. Dass der Konkurs
noch nicht abgeschlossen werden konnte, hat seinen Grund im wesentlichen
darin, dass der Gemeinschuldner einen Nachlassvertrag in Aussicht gestellt
hat. Zwar hat dieser ... in der Gläubigerversammlung vom 18. Februar
1983 vorbringen lassen, es seien noch Vermögenswerte vorhanden,
die vom Konkursbeschlag noch nicht erfasst worden seien. Indessen
hat die Vorinstanz mit Recht festgehalten, dass mit der Erhebung und
Verwertung dieser angeblichen Konkursaktiven ohne weiteres der bisherige
Konkursverwalter betraut werden könne. In der Tat müsste sich eine neue
Konkursverwaltung zunächst in das Verfahren einarbeiten und über die
im Zusammenhang mit der Feststellung der Masse und der Verwertung der
Aktiven getroffenen Entscheidungen ins Bild setzen. Eine Auswechslung
der Konkursverwaltung beim gegenwärtigen Stand des Verfahrens hätte
eine Verzögerung des Abschlusses zur Folge. Eine solche durch nichts
gerechtfertigte Verzögerung widerspricht aber dem Ziel des Gesetzes, das
Konkursverfahren so rasch als möglich durchzuführen und abzuschliessen
(vgl. Art. 270 SchKG).

    Sodann weist die Vorinstanz zu Recht darauf hin, dass es nicht
zu verantworten wäre, eine neue Konkursverwaltung zu Lasten der
für die Zweitklasse-Gläubiger noch verbleibenden 4000 bis 4500
Franken zu entschädigen. Anzustreben ist im Konkursverfahren,
dass vom Verwertungserlös möglichst viel den Gläubigern zukommt und
entsprechend möglichst wenig zur Deckung von Kosten aufgewendet werden
muss. Dieser Gedanke liegt beispielsweise auch Art. 231 SchKG (summarisches
Konkursverfahren) zugrunde. Der Beschluss der Gläubigerversammlung vom
18. Februar 1983, die Konkursverwaltung zu ersetzen, verstösst auch aus
dieser Sicht gegen das Gesetz.

    Die Wiedereinsetzung von A. als Konkursverwalter durch die Vorinstanz
ist deshalb nicht zu beanstanden.

Erwägung 3

    3.- ... b) Dass die Einsetzung einer neuen Konkursverwaltung kurz vor
Abschluss des Konkursverfahrens nach dem Gesagten grundsätzlich gegen
das Gesetz verstösst, schliesst selbstverständlich eine Auswechslung
nicht aus, wenn die amtierende Konkursverwaltung aus irgendeinem
Grund nicht imstande sein sollte, das Verfahren zu seinem Abschluss
zu führen. Dass letzteres bei A. der Fall wäre, machen die Rekurrenten
jedoch nicht geltend. Der Rekurrent Nr. 1 bringt vor, A. gefährde das
Zustandekommen des erwünschten Nachlassvertrages. Dieses Vorbringen findet
im angefochtenen Entscheid indessen keine Stütze. Den Ausführungen der
kantonalen Aufsichtsbehörde lässt sich vielmehr entnehmen, dass A. dem
Gemeinschuldner sehr entgegengekommen ist, indem er ihm zwei Entwürfe
eines Nachlassvertrages unterbreitete und ihn mehrmals einlud, die für
die Nachlassdividende erforderlichen Mittel zu hinterlegen. Des weitern
berief der Konkursverwalter sogleich die in Art. 317 SchKG vorgesehene
Gläubigerversammlung ein, als der Gemeinschuldner einen festen Vorschlag
eingereicht hatte. Dass in der Gläubigerversammlung vom 18. Februar 1983
ein Entscheid betreffend den in Aussicht gestellten Nachlassvertrag nicht
gefällt wurde, hat nicht der Konkursverwalter A. zu vertreten. Dieser
Umstand ist darauf zurückzuführen, dass Z. an der erwähnten Versammlung
eine Liste von angeblich neuen Aktiven einreichte. Nichts lässt den
Schluss zu, dass A. nicht bereit gewesen wäre, im Sinne von Art. 317
Abs. 2 SchKG die einem Sachwalter zufallenden Aufgaben zu übernehmen,
falls die Gläubigerversammlung nicht selbst die Vertagung des Traktandums
Nachlassvertrag beschlossen hätte.